Der unaufhaltsame Verfall der SPD
Gruß
Talisker
Die vier Beisitzer sind: Die frühere nordrhein-westfälische Ministerin Ilse Brusis (71), der Referatsleiter im NRW- Wissenschaftsministerium, Johannes Risse (57), der Richter am Oberverwaltungsgericht Thüringen, Thomas Notzke (44), sowie die Ministerialdirigentin im Stuttgarter Wirtschaftsministerium, Kristin Keßler (55).
Die Jungfrau aus Stuttgart übernehme ich!
Ein Landesverband kann ungehindert versuchen, den ehemaligen SPD-Vize Clement aus der Partei zu drängen. Es findet sich niemand, der einer politisch einfältigen Landeschefin das Anbandeln mit der Linken verbietet. Die SPD schielt – orientierungslos – Richtung Lafontaine. Und begibt sich auf Geisterfahrt.
Lässt man den Weg Revue passieren, den die deutsche Sozialdemokratie in den vergangenen fünfzig Jahren zurückgelegt hat, dann stellt sich Verwirrung ein. Handelt es sich wirklich, quer durch die Zeit hindurch, um ein und dieselbe Partei?
Um nur ein paar der Stationen zu nennen: Da war die noch recht marxistisch inspirierte, zudem außerordentlich national orientierte SPD Kurt Schumachers. Dann kam die seit Godesberg ideologisch abgerüstete Partei, die Arbeitern, aber auch Angestellten die Teilhabe an der Wohlstandsmaschine sichern wollte: Sie war fortschrittsfreundlich, antikommunistisch und nicht besonders minderheitenfreundlich.
Nur wenig später ließ sich die SPD vom Wagnis Demokratie inspirieren, fand an einem aberwitzigen Ausbau des Sozialstaats Gefallen und hielt es plötzlich lieber mit den Machthabern als mit den Dissidenten im Osten Europas. Sodann ging es genusswärts Richtung Toskana – bis der eiserne Doktor Schröder der Partei wirtschaftspolitische Vernunft und sozialstaatliche Kargheit verordnete.
Das ist nun auch wieder vorbei, die Partei sammelt sich am linken Rand, weil sie insgeheim hofft, dort eine Art Heimat und neues Gewicht zu finden. Das ist ziemlich viel für ein halbes Jahrhundert: viel Bruch und wenig Kontinuität für eine Partei, die auf ihre lange Tradition so stolz ist.
Man könnte dieses eigentümliche Schwanken mit Ralf Dahrendorfs Satz erklären, das Jahrhundert der Sozialdemokratie sei nun einmal vorbei – die Partei habe ihre ureigene Aufgabe, die soziale, gelöst. Fortan wäre sie dann ein Verein auf der Suche nach seinem Sinn. Doch ganz kann das nicht stimmen, denn soziale Fragen bleiben in einer Gesellschaft im Umbruch immer reichlich erhalten.
Es gibt noch einen anderen Grund, warum die SPD nicht mehr weiß, was sie will: Sie hat ihre Idee von Autorität, die ihr lange ein Kompass gewesen war, verloren. Deswegen ist es möglich, dass ein Landesverband ungehindert versuchen kann, einen ehemaligen Ministerpräsidenten, Bundesminister und stellvertretenden Bundesvorsitzenden vor die Tür zu setzen. Und deswegen auch gibt es niemanden mehr, der bereit und fähig wäre, einer politisch einfältigen Landesvorsitzenden das Zusammengehen mit der Linkspartei zu verbieten. Es gibt ein Autoritätsvakuum in der SPD.
Das ist deswegen so erstaunlich, weil die SPD die längste Zeit in ihrer Geschichte Autorität immer hochgehalten hat. Sie war zentralistisch und von früh an sehr darauf bedacht, nicht die Partei des Lumpenproletariats, sondern einer respektablen, nach oben sich streckenden und geschlossen auftretenden Arbeiterschaft zu sein. Der Drang, nach oben zu kommen, ja auch bürgerlich zu werden, gehörte zur Grundausstattung der Sozialdemokratie.
Was man nicht hat, das glänzt besonders hell. Die SPD war sehr erpicht, an der bürgerlichen Ordnung der Dinge, Verhältnisse und Menschen teilzuhaben – schien das doch eben die Lebenssicherheit und Selbstgewissheit zu garantieren, die den arbeitenden Klassen im 19. Jahrhundert so bitter fehlten. Es ist deswegen alles andere als ein Zufall, dass – von Bebel an – stets knorrige, der Masse der Mitglieder entrückte Autoritäten zum Bild der SPD gehörten.
Das ist vorbei. Die SPD ist mit dem Verblassen des Klassenhorizonts auf eigentümlich unspektakuläre Weise ihrer Autoritäten verlustig gegangen. Schon Willy Brandt war in Wahrheit eine gespielte, eine inszenierte Autorität, fast eine Replik. Die Sozialdemokratie kannte einmal das Pathos des Ziels und das Pathos des Wegs, sie war eine Exodus-Partei, der dank ihrer reformerischen Nase das Messianische weithin abging. Jetzt ist da nicht mehr viel. Die Partei ist auf ideenarme Weise antiautoritär. Dazu passt Kurt Becks Vorsitzendenzögerlichkeit ebenso wie Frank-Walter Steinmeiers behäbiges, lauerndes Abwarten.
So ist die SPD empfänglich geworden für den puren Willen zur Macht. Das ist wohl der Grund dafür, dass so viele Kompassnadeln der Partei auf Oskar Lafontaine zuzittern.
URL: http://www.welt.de/politik/arti2279535/...ihren_Kompass_verloren.html
Ein Kommentar von Claus Christian Malzahn
Die Clement-Krise scheint überwunden, nun droht der Ypsilanti-Putsch: Trotz aller Warnungen will sich die hessische SPD-Chefin offenbar mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Der Kernspaltungsprozess in der SPD geht weiter, das politische Zentrum der Partei kollabiert.
Berlin - Die Krise um den SPD-Parteiausschluss von Ex-Minister Wolfgang Clement scheint nach dessen Charmeoffensive vorerst überwunden. "Entschuldigungen nimmt man an", sagt einer der schärfsten Clement-Kritiker, der hessische Energie-Politiker Herrmann Scheer, unmittelbar nach dessen Auftritt in Bonn.
Hessens SPD-Chefin Ypsilanti: Der inneren Stimme folgen
Für ein paar Tage können Kurt Beck, Frank-Walter Steinmeier und Hubertus Heil jetzt durchatmen - ein Parteiausschluss Clements ist wohl vom Tisch. Wäre der ehemalige NRW-Ministerpräsident bei seiner kompromisslosen Haltung geblieben, hätte das nicht nur ihn das Parteibuch gekostet, sondern auch die ohnehin angeschlagene SPD-Führung schwer beschädigt, die sich demonstrativ an seine Seite gestellt hatte.
Der Kernspaltungsprozess der SPD ist mit der Schließung der Akte Clement aber nicht überwunden, sondern nur kurzfristig unterbrochen. Bereits in der nächsten Woche wird die Krise und das damit verbundene Gezänk wieder ausbrechen - wenn sich nach der SPD-Landesvorstandssitzung in Hessen herauskristallisiert, dass Andrea Ypsilanti im Herbst einen zweiten Anlauf zur Wahl als Ministerpräsident unternehmen will.
Ypsilanti will an die Macht - auch auf Kosten der Bundes-SPD
Denn inzwischen stellt sich in Hessen nicht mehr die Frage, ob, sondern wann die Spitzenkandidatin ihre Pläne zur Bildung einer von der Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung in Wiesbaden öffentlich macht. So bleiben der linken Sozialdemokratin nur zwei Möglichkeiten: Neuwahlen - mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr politischer Untergang und ein Comeback für Roland Koch.
Oder eben die Machtübernahme im Parlament mit Hilfe der Linken um den Preis ihrer politischen Glaubwürdigkeit. Die rechnerisch möglichen Optionen von Jamaika - Ampel- oder Großer Koalition lassen sich realpolitisch nicht umsetzen.
Dass Ypsilanti mit einer solchen Entscheidung die Wahlchancen der SPD im Bund deutlich schmälern und vor allem ihren nächsten Kanzlerkandidaten quasi zum Abschuss freigeben würde, scheint in Hessen kein hinreichender Grund zu sein, den zweiten rot-rot-grünen Anlauf abzublasen. Je stärker, ja flehentlicher die Warnungen aus Berlin vor so einem abenteuerlichen Bündnis in Wiesbaden klingen, desto entschlossener scheint die Spitzenkandidatin zu sein, nur ihrer inneren Stimme zu folgen und es endlich zu versuchen.
Nie auf Berliner Linie
Aus ihrer Sicht ist das logisch. Andrea Ypsilanti war nie auf Berliner Parteilinie und ist damit ziemlich weit gekommen. Auch in den kommenden Wochen und Monaten wird sie sich selbst die Nächste sein. Beck, Struck, Steinmeier und Co. werden sie laut und vernehmlich warnen – verhindern können sie den Linksrutsch in Hessen nicht. Denn die Warnungen aus Berlin allein werden sie nicht aus dem strategischen Dilemma befreien, in das sie sich freilich selbst und ganz ohne Berliner Zutun begeben hat.
Am Ende kann Ypsilanti nur hoffen, dass das Wahlvolk den Betrug vergisst und sich an die Ministerpräsidentin gewöhnt. Das ist auch dem ostdeutschen Sozialdemokraten Reinhard Höppner schon gelungen, dessen rot-grüne Regierung sich 1994 von der PDS tolerieren ließ und der 1998 – gegen entschiedenen Widerstand des damaligen Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder – das PDS-Tolerierungsmodell auch ohne die Grünen verlängerte. Die Wahlen gewann Schröder dann trotzdem - weil sich tatsächlich niemand vorstellen konnte, dass die SPD im Bund bereit wäre, mit den SED-Nachfolgern zu kooperieren.
Das ist heute anders. Gysi und Lafontaine sind Aktivposten der deutschen Politik, keine Randfiguren. Doch in Hessen geht es um die Macht - und Ypsilantis letzte Chance. Roland Koch hat seine politischen Gegner mit seinem aggressiven Wahlkampf bis heute zusammengeschweißt. Der politische Wille zum Wechsel ist da. Und da, wo der Wille groß ist, können die Schwierigkeiten nicht groß sein – wusste schon der Philosoph der kalten Macht, Nicollo Machiavelli.
Aber dessen bestechende Weisheiten stammen aus der Zeit der Fürstentümer. Ein Land, in dem es in der Politik aus Sicht der Akteure immer nur Sieger und aus Sicht der Wähler immer nur Betrüger und Verlierer gibt, hätte er sich wohl kaum vorstellen können. Es ist ein Land, in dem eine Frau Andrea Ypsilanti und ein Herr Wolfgang Clement in derselben, kopflosen Partei sind. Irgendetwas muss irgendwann schief gelaufen sein. Aber wann? Wo? Wer war's?
Helden für einen Tag
Natürlich gibt es viele Probleme, die der SPD zu schaffen machen, der unausgesprochene Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen Globalisierung und sozialer Gerechtigkeit zum Beispiel, die als Brudermord empfundene Agenda 2010, die lästige Koalition mit der Union. Aber manchmal liegt es eben auch an Menschen, die nicht mehr da sind.
Niemand fehlt der SPD so sehr wie Franz Müntefering. Morgen wird er seine Frau zu Grabe tragen. Als er im Oktober 2005 als Parteichef zurücktrat, verlor die SPD endgültig ihren Halt. Müntefering hatte qua Amt und Charisma mühsam zusammengebunden, was heute von mächtigen Fliehkräften getrieben auseinander driftet.
Die zersprungenen Fraktionen sind heute täglich im Medienzirkus zu betrachten, jeder Akteur mit seiner ganz privaten Nummer: mal Herr Clement, mal Frau Ypsilanti, demnächst vielleicht Herr Wowereit oder Herr Gabriel oder Frau Nahles: alle immer bloß Helden für einen Tag, manchen reichen auch ein paar Minuten.
Zirkusdirektor Beck hat gerade seine Biografie geschrieben. Es muss ein Buch sein wie in "Shining" von Stanley Kubrick: Da schreibt Jack Nicholson immer denselben Satz. Er lautete in der deutschen Filmversion: Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen, was Du heute kannst besorgen."
URL:
* http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,570709,00.html
DIESE PARTEI KANN KEINER MEHR WÄHLEN !!!!
Wolfgang Clement legt sich erneut mit der SPD an
Wolfgang Clement kann es nicht lassen. Die SPD habe in Fragen der Atomenergie keine Meinungsfreiheit kritisierte der ehemalige SPD-Bundesminister erneut seine Partei. Parteikollegen reagierten empört. Clement rede Unsinn. CDU-Generalsekretär Pofalla warf der SPD-Spitze Unfähigkeit vor.
Er hat es schon wieder getan: Wolfgang Clement kritisierte in einem Zeitungsbeitrag fehlende Meinungsfreiheit in der SPD.
Ein Meinungsbeitrag des von einem Parteiausschluss bedrohten früheren NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD) in der Monatszeitschrift „Cicero“ sorgt erneut für Wirbel in der Partei.
Darin bezichtigte Clement die SPD der fehlenden Meinungsfreiheit in Fragen der Atomenergie. „Clement redet Unsinn“, sagte daraufhin der SPD-Linke und mögliche hessische Wirtschaftsminister, Herrmann Scheer, der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“.
Es gehe bei dem Ausschlussverfahren nicht um Meinungsfreiheit, stellte Scheer klar. Die sei in der SPD, wie man täglich sehe, besonders ausgeprägt. Es gehe vielmehr um den Aufruf, die eigene Partei nicht zu wählen. Niemand wolle Clement wegen seiner Meinung zu Energiefragen ausschließen. Gleichzeitig hatte Clement erstmals in diesem Beitrag angedeutet, dass auch ein Parteiaustritt eine Option sein könnte.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte dazu der „Rheinischen Post“: „Jeder muss selbst wissen, wo er hingehört. Ich habe Wolfgang Clement so verstanden, dass er Sozialdemokrat bleiben will.“
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla kritisierte die SPD-Spitze unter Parteichef Kurt Beck als unfähig. Pofalla sagte der „Berliner Zeitung“: „Wir erleben bei der SPD eine Parteispitze, die entweder keine Führung wahrnimmt oder sich nicht durchsetzen kann, wenn sie es versucht.“ Der Erosionsprozess der SPD sei atemberaubend. Die Stabilität der Bundesrepublik, die immer davon gekennzeichnet gewesen sei, dass es zwei große Volksparteien gab, scheine es so nicht mehr zu geben.
http://www.welt.de/politik/arti2350315/..._erneut_mit_der_SPD_an.html
Selbst in seiner Heimat kann sich Kurt Beck nicht mehr auf die Wähler verlassen: In Rheinland-Pfalz liegt die CDU laut Umfragen nun vor der SPD. Der Parteichef ist als Ministerpräsident immer noch beliebt, wird aber kaum als Kanzlerkandidat gesehen.
Mainz - Die SPD schwächelt jetzt auch in Rheinland-Pfalz. Könnten die Bürger dort am kommenden Sonntag den Landtag neu wählen, müsste die SPD in der Heimat von Kurt Beck Verluste von fast zehn Punkten einstecken und käme mit 36 Prozent nur noch auf den zweiten Platz hinter der CDU (38 Prozent). Das ist nach einem Bericht des Südwestrundfunks (SWR) das Ergebnis der aktuellen repräsentativen Umfrage "PoliTrend".
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URL:
* http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,576285,00.html
Becks Memoiren
Ex-Kanzler Schröder weiß wie es ist, wenn man in der deutschen Politik die "wohl schwerste Last zu schultern hat". Deshalb stellt er nun gerne die Autobiografie von Kurt Beck vor. Auch ein prominenter Vorgänger des SPD-Chefs geht unter die Autoren.
Gerhard Schröder (SPD) werde das Buch von Beck am 26. September in Berlin vorstellen, bestätigte das Büro des Ex-Kanzlers am Donnerstag. Schröder habe eine entsprechende Anfrage sofort und gerne angenommen. Das vom Münchener Pendo-Verlag seit Wochen angekündigte Beck-Buch mit dem Titel "Ein Sozialdemokrat. Die Autobiographie" hatte wegen der ungeklärten Kanzlerkandidatenfrage in der SPD wiederholt für Spekulationen gesorgt.
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http://www.ftd.de/politik/deutschland/...t-Becks-Memoiren/409616.html
Schizo-Partei Deutschlands
Von Reinhard Mohr
Die SPD ist zwei Parteien. Wer daran noch zweifelte, bei Maybrit Illner wurde es bewiesen: Die eine Hälfte träumt von Lafontainismus, die andere von Schröderei. Linke dieses Landes, vereinigt Euch doch einfach - dann hättet Ihr wieder 40 Prozent!
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URL:
* http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,577807,00.html
Soll der Seeheimner Flügel in die CDU emigrieren und der Nahles-Flügel in die Lafo-Truppe eintreten, dann hätten wir klare politische Verhältnisse in der BRD.
Gruss, der blaue Planet
"Wir müssen die Sache jetzt hier ans Laufen kriegen", sagte "der Münte" am Telefon – und man darf annehmen, dass Andrea Ypsilanti zustimmte. Zumindest plauderte die hessische SPD-Chefin in dieser Woche geschlagene sieben Minuten angeregt und offen über die Probleme mit der Linkspartei und die Situation in der hessischen SPD – mit einem Radioreporter. Jochen Krause, Stimmenimitator beim niedersächsischen Radiosender ffn, hatte einfach mal in Wiesbaden angerufen: "Hier spricht SPD-Chef Franz Müntefering."
Dort wurde er direkt zu Ypsilanti durchgestellt, berichtet der Stimmenimitator in einem Video auf der Homepage des Radiosenders: "Schwupp, da war sie." Dann habe es ein "nettes Gespräch über politische Inhalte" gegeben, "sie hat Franz zu mir gesagt" und den wollte sie "sowieso gleich anrufen". Mehr sagte der Radiomann nicht – Ypsilanti untersagte nämlich anschließend die Ausstrahlung des Gesprächs.
Trotzdem sickern immer mehr Details der laufenden Verhandlungen über eine rot-grüne Minderheitsregierung mit Hilfe der Linken durch. Ypsilantis Sprecher Frank Steibli bestätigte am Freitag WELT ONLINE, dass die SPD über einen vorgezogenen Termin für Ypsilantis Wahl zur Ministerpräsidentin nachdenkt.
weiter hier: http://www.welt.de/politik/article2435327/...-Ypsilanti-Zeitplan.html
Die SPD will Antworten von ihrem Bruder Lehman
Endlich bricht jemand mal eine Lanze für Hans Martin Bury. Na, klingelt da was bei Ihnen, lieber Leser? Genau! Jener talentierte SPD-Politiker, der schon im Alter von 33 Jahren als Staatsminister unter Gerhard Schröder im Kanzleramt arbeiten durfte. Bury schied 2005 aus dem Bundestag aus, hat aber weiter Karriere gemacht. Inzwischen ist er - Achtung! - im Vorstand der deutschen Vertretung von Lehman Brothers. Jener Investmentbank, die so viel Geld verzockt und in Amerika Insolvenz angemeldet hat.
Leute wie Bury werden ja seitdem überall angefeindet, zum Beispiel von Kleinanlegern, die ihr Vermögen verloren haben. Aber wenigstens in seiner Partei gilt der Mann noch was. Die Netzwerker, eine Gruppe selbsternannter Pragmatiker in der SPD, haben ihn zu ihrer Jahrestagung am 13. November eingeladen.
Man will "sozialdemokratische Antworten" auf die Krise finden. Ein Anruf bei der Bundestagsabgeordneten und Sprecherin der Netzwerker, Nina Hauer: Wie sozialdemokratisch können Antworten eines Lehman-Vorstands denn sein? Hauer wehrt gereizt ab. Bury sei ein "sehr intelligenter Politiker und ausgewiesener Finanzfachmann". Und überhaupt: "Ihre Frage überrascht mich doch sehr. Darf ein Sozialdemokrat etwa kein Bankvorstand sein?"
Doch, schon. Aber Lehman ist ja nicht irgendeine Bank, sondern inzwischen fast schon ein Symbol für Finanz-Zockerei. Jetzt wird Hauer unwirsch, gibt sich empört: Sie verstehe das nicht. Erst heiße es, Banker sollten sich stellen, jetzt tue das einer, und dann sei das auch wieder nicht recht. "Schauen Sie sich doch mal die ganzen CDU-Fritzen an, die sich in ihren Banktürmen verkriechen!"
Dann noch der Hinweis: Hans Martin Bury sei immerhin auch noch Mitherausgeber der "Berliner Republik", wie das publizistische Zentralorgan der Netzwerker heißt. Na dann, liebe Pragmatiker, warten wir gespannt auf die sozialdemokratische Krisenanalyse. Und sicher hört auch die SPD-Linke ganz genau hin. Dort möchte man "irgendwelche Veranstaltungen" übrigens nicht kommentieren.
Quelle: http://www.faz.net/s/homepage.html
Zitat von Clement:
Der ehemalige SPD-Bundeswirtschaftsminister und Ypsilanti-Gegner Wolfgang Clement: "Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube. Ich bin froh, dass der Kelch an uns vorüber gegangen ist.“ "Ich habe nie verstanden, dass die SPD-Führung sich nie klar zur Sache geäußert hat. Ich freue mich, dass die Vier den Mut hatten, dies zu tun. Mir ist unbegreiflich, wie man in diesen Zeiten den Ausbau des Flughafens verzögern kann, zum energiepolitischen Programm habe ich meine Ablehnung schon klar deutlich gemacht. Die Vorstellung, bei einer aufkommenden Rezession diese Art von Regierungspolitik betreiben zu können, treibt mir Schauer über den Rücken.“
http://www.welt.de/politik/article2667857/...-ein-Gewissen-bekam.html
Mit vereinten Kräften gegen Andrea Ypsilanti: Vier SPD-Abgeordnete haben heute der hessischen SPD-Chefin die Gefolgschaft aufgekündigt. Sie berichteten von ungeheuren Gewissensqualen und dem "Druck, das Falsche zu tun". Ein Hauptkritikpunkt: Ypsilanti habe die Bedenken nicht ernst genug genommen.
Die Gesichter in den Fluren der hessischen SPD-Fraktion im Wiesbadener Landtag hätten versteinert nicht sein können. Am Morgen war genau die Bombe geplatzt, vor der sich hier seit Wochen alle gefürchtet hatten. Vor einem Heckenschützen hatte die Partei gezittert – am Ende waren es vier, drei neue und eine alte. Dagmar Metzger, Jürgen Walter, Carmen Everts und Silke Tesch kündigten am Montagmittag an, SPD-Chefin Andrea Ypsilanti am Dienstag bei der Wahl zur Ministerpräsidentin ihre Stimme zu verweigern.
Von Dagmar Metzger hatte man es vorher gewusst, schließlich hatte die Darmstädter SPD-Abgeordnete bereits im März mit ihrem Nein den ersten Anlauf Ypsilantis zur Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung mit Hilfe der Linkspartei gestoppt. Seitdem hatte Metzger keinen Zweifel daran gelassen, dass sie auch bei einem erneuten Anlauf mit Nein stimmen würde. Für die große Überraschung sorgten die anderen Drei.
Mit versteinerten Gesichtern marschierten sie am Mittag gemeinsam in einen Sitzungsraum des Dorint-Hotels in Wiesbaden ein. Fünf Bodyguards schirmten die vier Abtrünnigen von den Fotografen ab, es schien, als klammerten sich die vier förmlich aneinander. Tatsächlich räumte Parteivize Jürgen Walter offen ein, es seien Everts und Tesch gewesen, die nach dem Parteitag am Samstag in Fulda auf ihn zugekommen seien – und deren "Mut" auch den Ausschlag zu seinem Schritt gegeben habe. Schon auf dem Parteitag hatte Walter für Wirbel gesorgt, als er seine Zustimmung zu dem Koalitionsvertrag mit den Grünen verweigerte. Doch da hatte der 40-Jährige noch offen gelassen, wie er sich am Dienstag verhalten wolle.
Nun sagte Walter: "Ich kann diesen Weg meiner Partei nicht mitgehen." Er wisse genau, was diese Entscheidung bedeute, er sei aber mit sich "heute vollständig im Reinen". Walter räumte ein, er sei in den vergangenen Monaten "permanent hin- und hergerissen" gewesen zwischen seinen "Freunden in der Partei" und seiner "tiefen Überzeugung", dass eine von der Linken tolerierte Regierung "dem Land Hessen und meiner Partei schaden würde". Das sei zurecht als Wankelmütigkeit kritisiert worden, sagte Walter, dieses "Bild der Zerrissenheit" habe "mein Bild in der Öffentlichkeit bestimmt". Heute wisse er, es sei "ein großer Fehler" gewesen, "dass ich mich nicht bereits im März neben Dagmar Metzger gestellt und sie unterstützt habe", fügte er hinzu.
Metzger selbst war davon sichtlich erleichtert. "Ich fühle mich in meiner Entscheidung im März bestätigt", sagte die Darmstädterin durchaus zufrieden. Die heutige Entwicklung belege, dass die Zweifel und Bedenken hinsichtlich einer solchen Regierungsbildung, "doch von sehr viel mehr Menschen geteilt werden, als die Fraktionsspitze zur Kenntnis nehmen wollte". Tatsächlich bestand einer der Hauptkritikpunkte der vier Abweichler darin, es sei nicht genügend auf sie eingegangen worden. Dass trotz der geäußerten Bedenken nicht das persönliche Gespräch gesucht worden sei, "das war auch ein Teil des Problems", sagte Everts.
Die SPD wies das zurück: Die Partei habe "klare Entscheidungen" auf ihrem Parteitag getroffen, SPD-Chefin Andrea Ypsilanti mit allen Beteiligten persönliche Gespräche geführt, sagte SPD-Generalsekretär Norbert Schmitt, "Auch danach kam immer das Signal: geht diesen Weg", fügte er hinzu. Der Generalsekretär stand bei seinem Statement ausgerechnet vor einem Bild der gesamten SPD-Fraktion, wie sie geschlossen im Landtag Platz nimmt. Dem Vertrauten Ypsilantis war die Entgeisterung deutlich anzusehen. "Da haben manche das Gewissen sehr spät entdeckt", sagte er mit deutlicher Wut in der Stimme. Das Verhalten der Vier sei "unverantwortlich" und verstoße "gegen die Grundprinzipien der SPD, gegen die Solidarität der SPD und gegen das Prinzip der menschlichen Fairness", sagte er.
Tatsächlich mussten auch die vier Abweichler einräumen, sie hätten sich sehr spät entschieden. Dass es den Plan gegeben habe, am Dienstag bei der geheimen Wahl gegen Ypsilanti zu stimmen, wiesen indes alle vier entrüstet zurück. Das Bild der Wahlkabine habe sie aber regelrecht verfolgt, bei Tag und bei Nacht, sagte Everts. Mit dem Bild der Wahlkabine vor Augen sei ihr klar geworden, dass sie der Regierungsbildung nicht zustimmen könne. "Du gehst mit Rückgrat in die Wahlkabine und kommst ohne Rückgrat wieder heraus", sagte sie. Es gehe "um die Zukunft dieses Landes", um "den Respekt vor meinen Grundüberzeugung" und vor dem Willen der Wähler, die eine rot-grüne Minderheitsregierung nicht gewählt hätten und weiter zutiefst ablehnten. Dieser "Druck, das Falsche zu tun ", sei am Ende übermächtig geworden: "Ich kann das nicht", fügte sie hinzu.
Und, sagte Everts weiter, ihr gehe es auch, um eine "in der Mitte der Gesellschaft verankerte Sozialdemokratie", die sich von der Linken deutlich abgrenze. "Unser Wählerauftrag ist weiter die Ablösung der Regierung Koch", sagte Everts, eine Regierungsbildung mit der CDU sei deshalb für sie ausgeschlossen. Da gab es dann Hohngelächter aus den Reihen der anwesenden Linken. Die hielten Schilder hoch mit der Aufschrift: "Mein Gott Walter – Lügner, Verräter, Spalter." Und der linke Landtagsvizepräsident Hermann Schaus sprach von "Heuchelei" und wiederholte in jede Kamera, wer so Politik mache, "beschämt die Politik insgesamt und schadet ihr weit über Hessen hinaus". Auch Linksfraktionsvize Janine Wissler schüttelte entgeistert den Kopf. Der angestrebte Politikwechsel sei jetzt "tot", bekundete sie ihre "tiefe Enttäuschung".
Eine Partei zerlegt sich selbst: Vier Abweichler haben Andrea Ypsilantis Regierungsträume in Hessen jäh beendet und die SPD zutiefst getroffen. Die Entscheidung der Abtrünnigen und die Sorglosigkeit der Parteichefin könnten sich bei Neuwahlen bitter rächen.
Wiesbaden – Abends um halb sieben tritt Andrea Ypsilanti vor die Presse. Mit gedrückter Stimme und hängenden Schultern schildert die Chefin der Hessen-SPD ihre Sicht des Tages. Eines Tages, an dem ihr umstrittenes Linksbündnis am Widerstand von vier Abgeordneten scheiterte – und die hessische SPD zu einer Partei mutierte, die sich selbst zerstört.
Hessens SPD-Chefin Ypsilanti: "Dramatischer Tag"
Ypsilanti spricht nur sehr kurz am Montagabend: Es sei ein "dramatischer Tag", alle Sozialdemokraten seien "maßlos enttäuscht" und sie habe sich "immer um breite Kommunikation" ihres Kurses bemüht. Es sind müde, inhaltsleere und hoffnungslose Sätze, die ihre ganze Verzweiflung offenbaren. Von einem Rücktritt sagt sie – noch – nichts.
Die hessische Sozialdemokratie war einmal eine stolze Partei, 49 Jahre regierte sie das Land. Im November 2008 sind die Genossen am Ende. Egal, wie es weitergeht, ob Neuwahlen kommen, eine Große Koalition oder ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen – die SPD wird sich von diesem historischen Scheitern nicht so schnell erholen.
Und alle wissen es. Morgens im Landtag herrschte auf den Fluren der SPD bereits Ausnahmezustand. Einige nahmen die kaum vorstellbare Nachricht mit Galgenhumor auf, anderen fiel es schwer, ihre riesige Wut auf Jürgen Walter, Carmen Everts und Silke Tesch zu verbergen.
Gespenstische Atmosphäre im feudalen Saal
Als bekannt wurde, dass die drei samt Dagmar Metzger, von der das schon lange bekannt war, Ypsilanti am Dienstag nicht wählen werden, flogen Bürotüren mit lautem Knall ins Schloss und panische Telefonate folgten. Ein Referent brüllte voller Wut: "Diese Drecksschweine! So etwas Hinterhältiges."
Als Walter, Everts und Tesch am Mittag ihre Beweggründe schildern – gemeinsam mit Dagmar Metzger - , scheint ihnen klar zu sein, dass ihre politische Karriere beendet ist. Es herrscht eine gespenstische Atmosphäre im feudalen Saal des "Dorint-Hotels". Das Königsmörder-Quartett ist blass, mit versteinerten Mienen lassen sie ein minutenlanges Blitzlichgewitter der Fotografen über sich ergehen.
Dann Erklärungsversuche: Sie könnten Ypsilantis Weg "nicht mittragen". Nach langen Abwägen hätten sie sich für diesen Weg entschieden, der – dessen müssen sie sich bewusst sein – die SPD in eine historische Krise stürzt. Auf kritische Nachfragen der Reporter reagieren sie unsicher, fahrig und inkonsequent.
Walter wirkt wie die Karikatur eines Politikers
Die traurigste Figur macht dabei wohl der einzige Mann der Runde: Jürgen Walter, einstiger Wortführer der Parteirechten. Wochenlang hatte er gelästert und den starken Mann markiert, dabei aber nie wirkliche Entschlossenheit gezeigt und sich so unglaubwürdig gemacht. Nun wirkt er nur noch wie die Karikatur seiner selbst.
Müde versucht Walter sein Vorgehen zu begründen. Er sei sich bewusst, dass sein Verhalten Beobachtern als "wankelmütig" erscheine. Und dann sagt er, die beiden Frauen hätten ihn überzeugt, "ihr Mut" habe ihn "bestärkt".
Tatsächlich kann Walter sich so hinter den Abgeordneten Tesch und Everts verstecken. Denn ihm – dem lavierenden Taktiker – kauft in der SPD niemand eine Gewissensentscheidung ab. Er habe "Angst vor dem, was jetzt kommt", sagt Walter noch. Die SPD wolle er aber freiwillig nicht verlassen.
Doch auf eine Trennung wird es wohl hinauslaufen. Der Schaden, der Walter seiner Partei zugefügt hat, ist gigantisch.
Koch ist der strahlende Sieger
Zweifellos hat auch Ypsilanti Fehler gemacht. Sie hat es nicht verstanden, die Fraktion auf ihren Kurs einzuschwören. Doch die Partei stand – anders als es die Abweichler glauben machen wollen – hinter ihr. In Fulda sprachen sich 95 Prozent der Delegierten für die Minderheitsregierung aus, bei zahlreichen Regionalkonferenzen und Parteiveranstaltungen unterstützte die Mehrheit Ypsilantis Vorhaben.
Die Parteichefin agierte allerdings zu sorglos. Lange schon hätte sie wissen können, dass auf Walter kein Verlass ist. Ihre Vertrauten streuen seit Monaten, dass dem Noch-Stellvertreter die Partei "eigentlich völlig egal" sei. Wenn sie dies aber wusste, hätte sie ihn stärker unter Druck setzen oder sich klar machen müssen, dass ihre Mehrheit nicht ausreicht.
Strahlender Sieger des SPD-Debakels ist Roland Koch. Der geschäftsführende Ministerpräsident wird sich nun daran machen, neue Konstellationen auszuloten. Mit einer dermaßen atomisierten Sozialdemokratie wird allerdings eine ernsthafte Zusammenarbeit kaum möglich sein, weiß Koch. Auch die Grünen können kaum über Nacht die 180-Grad-Drehung vollziehen und sich nach Jamaika flüchten. Neuwahlen erscheinen also die wahrscheinlichste Variante.
Al-Wazir sieht Neuwahlen "ein Stück näher gerückt"
Während einer Pressekonferenz am späten Nachmittag zeigte sich Grünen-Chef Tarek Al-Wazir bemerkenswert unaufgeregt. Er lachte, als er den Raum 307W im hessischen Landtag betrat - und beantwortete gelassen die drängenden Fragen der Journalisten. Ja, sagt er, Neuwahlen seien "ein Stück näher gerutscht".
Fast scheint es, als sei Al-Wazir wenig überrascht von der Implosion seines Wunschpartners. Tatsächlich sagt der 37-Jährige, der Fuldaer Parteitag habe bei ihm große Zweifel genährt an der Verlässlichkeit der SPD. In einer Runde mit Parteikollegen habe er sich am Samstagabend gefragt: "Irgendwas stimmt hier doch nicht?"
So erklärt sich auch sein Auftritt vom Sonntag: Beim Parteitag in Frankfurt am Main setzte Al-Wazir sich deutlich von der SPD ab . Nun spricht er von einem "Versagen" der SPD-Führung, die "nicht in der Lage war, die unterschiedlichen Flügel zusammenzuhalten". Er kritisierte aber auch, dass die drei Rebellen bei der Probeabstimmung noch ihre Unterstützung für das Linksbündnis erklärt hatten. Deshalb habe er "keinerlei Verständnis" für ihr Verhalten.
Und dann spricht der Grünen-Chef einen bemerkenswerten Satz. Auf die Frage, ob er denn nun für alle Zukunft eine Zusammenarbeit mit der SPD ausschließe, antwortet Al-Wazir: "Die Ausschließeritis ist ein großer Teil der hessischen Krankheit."
Das kann Andrea Ypsilanti inzwischen vermutlich voll unterschreiben.
URL:
* http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,588236,00.html
Von Thomas Holl, Wiesbaden
16. November 2008 Die hessische SPD hat in den ersten sechs Monaten einen erheblichen Mitgliederverlust zu verkraften. Nach parteiinternen Zahlen, die dieser Zeitung vorliegen, verlor allein der SPD-Bezirk Hessen-Süd vom 1. Januar bis zum 1. Juli 2008 unter dem Strich 949 Mitglieder.
Während die südhessische SPD Anfang des Jahres noch 43.842 Mitglieder zählte, waren es sechs Monate später nur noch 42,893. An Austritten verzeichnete die Partei dort 1008, während nur 588 der SPD neu beitraten.
Steigende Zahlen nach Wortbruch Ypsilantis
Einen deutlichen Anstieg der Austrittszahlen verzeichnete die Partei im zweiten Quartal, nach dem Wortbruch Frau Ypsilantis und dem Druck der SPD-Spitze auf die Abgeordnete Dagmar Metzger, die SPD wegen ihres Neins zum Linkskurs zu verlassen und ihr Mandat zurückzugeben.
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mehr:
http://www.faz.net/s/...1EADD01ED648ADD677~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Von Tobias Rösmann
Elke Tafel-Stein, bisher führend in der SPD, wirft der Partei Kungelei vor. Ihre neue politische Heimat ist die FDP
14. November 2008 Es dauert ziemlich lange, bis sich Elke Tafel-Stein zum ersten Mal verspricht. Es wird der einzige Moment bleiben, in dem sie „SPD“ sagt, aber „FDP“ meint. Tafel sitzt auf einem Stuhl in der FDP-Geschäftsstelle im Römer, links von ihr grinst der FDP-Vorsitzende Dirk Pfeil, rechts von ihr lächelt die FDP-Fraktionsvorsitzende Annette Rinn. Ein bisschen viel Liberalismus für eine sozialdemokratische Parteilinke. Was will Tafel-Stein hier? Sie will berichten von einer „der schwierigsten Entscheidungen, die man im Leben trifft“. Die 43 Jahre alte Frau mit den kurzen Haaren möchte sagen, dass sie nach 21 Jahren Mitgliedschaft die Sozialdemokratische Partei Deutschlands verlassen hat. Und dass sie nun der FDP angehört und auch Teil der Fraktion wird.
Klaus Oesterling, der SPD-Fraktionsvorsitzende, hat es zwei Stunden vor der Presse erfahren. Per E-Mail. So wie der Unterbezirksvorsitzende Gernot Grumbach. Beide riefen sofort bei Tafel-Stein an. Ihre Versuche, die stellvertretende Parteichefin und planungspolitische Sprecherin der Fraktion umzustimmen, scheiterten. Die Journalisten waren schon eingeladen. „Das hat mich total überrascht“, sagt Oesterling. Er wolle nicht nachtreten, habe aber eine Bitte: Tafel-Stein möge das Mandat zurückgeben, das sie bekommen habe für eine linke Politik.
Die SPD trifft es knüppeldick
Die SPD in Frankfurt trifft es knüppeldick. Vor einigen Monaten erst hatte die Stadtverordnete Silke Seitz Partei und Fraktion verlassen. Begründung: Die Genossen seien „neoliberal“. Und das in einer Stadt und einem Land, in der die von Flügelkämpfen gepeinigte Partei ganz sicher eher links steht als sonst wo. Seitz trat folgerichtig der nicht ganz so neoliberalen Linkspartei bei.
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Wer von "Mandat zurückgeben" spricht, meint aber in Wirklichkeit "Mandat niederlegen", damit die eigene Partei es neu besetzen kann. Das Mandat wurde aber nicht von der Partei gegeben, sondern vom Wähler, wenn auch auf Vorschlag und Empfehlung der Partei.
Wer von "Mandat zurückgeben" spricht, hat wesentliche Grundprinzipen eines parlamentarischen demokratischen Systems nicht begriffen.
ich würde ein solches Mandat der Partei zurechnen, nicht der Person
Der Begriff "zurechnen" ist mir zu schwammig. Ein Eigentumsrecht wirst Du sicher nicht meinen, oder? Was dann?
Wenn das Mandat aber nicht von der Partei _gegeben_ wurde, wie läßt sich dann der Anspruch auf _Rückgabe_ (an die Partei) rechtfertigen?
Du kennst das vermutlich viel besser als ich selbst.
Aber klar ist doch, daß die Zweitstimmen die proportionale Zusammensetzung der Parlamente festlegen und die Stärke einer Fraktion bestimmen (und die Zweitstimme damit quasi eine "Parteistimme" = Stimme für eine Partei ist) , während die Erststimme "personenbezogen" als sog. "Wahlkreisstimme" vergeben wird und auf diese Weise herausragende Einzelpersonen, die ansonsten über die Liste evt. keine oder nur eine geringe Chance auf einen Parlamenstssitz hätten, doch ins Parlament kommen können (zb Ströbele).
Die Frage ist insoweit nicht, w e r die Stimme(n) gibt (das ist natürlich der Wähler...), sondern w e m er sie gibt (der Partei oder der Person).
Btw:
Der Wähler gibt seine Stimme(m) ab (d.h., er ist sie dann los... deshalb "Stimmabgabe" im doppelten Sinn -- die Amis sagen ja auch "cast a ballot" = Stimme weg- bzw. abwerfen), er erwirbt sich damit aber keine Rechte.
2. Ich meine, Du siehst den Wirkungsmechanismus bei der Listenwahl nicht in der richtigen Reihenfolge. Deine Argumentation könnte ich evtl. noch verstehen, wenn tatsächlich mit der Zweitstimme die Partei gewählt würde und sie _anschließend_ in freiem Ermessen die auf ihre Wählerstimmen entfallende Zahl von Abgeordneten bestimmen würde.
Das ist aber nicht so. Die Reihenfolge ist umgekehrt: Die Partei hat zunächst in freiem Ermessen (durch Parteitage) die _Kandidaten_ bestimmt, die sie dem Wähler präsentiert. Sie ist _anschließend_ vor den Wähler getreten und hat gesagt: "Hier, liebe Wähler, sind die Kandidaten, die wir Euch zu wählen empfehlen. Bitte, wählt unsere Partei, damit diese Kandidaten in der Reihenfolge der Listenplätze die zur Verfügung stehenden Mandate besetzen können". Die Partei bietet also nicht einen Pool von Kandidaten an, aus dem sie später selbst auswählt, sondern eine Reihenfolge, an die sie gebunden ist.
Danach und unter den genannten Voraussetzungen hat der Wähler gewählt. Nun werden manche Leute sagen, daß die Listenkandidaten ohne die Unterstützung der Partei gar nicht gewählt worden wäre. Das ist in sehr vielen Fällen richtig, würde aber auch für Direktkandidaten gelten. Es gibt aber auch die andere Wirkungsrichtung: Besonders beliebte Kandidaten ziehen häufig mehr Stimmen an, als für die Eroberung eines Mandats benötigt werden. Der Kandidat ist also nicht die Kreatur der Partei, sondern der Wahlkampf ist ein Vorgang, bei dem sich Partei und Kandidat gegenseitig unterstützt haben. Wer sieht, wie sich Listenkandidaten während des Wahlkampfes für ihre Partei abrackern, wird auch von daher schwerlich behaupten können, das später errungene Mandat (auch das Listenmandat) sein ihnen _von der Partei_ verliehen worden.
Wer von Rückgabe der Mandate an die Partei spricht, sieht die Mandatsträger nicht als eigenständig handelnde Volksvertreter, sondern nur noch als ausführende Organe ihrer Partei. Man fragt sich dann, warum statt eines Parlamentes mit vielen Abgeordneten nicht gleich eins mit ganz wenigen Abgeordneten einführt, nämlich mit einem pro vertretener Partei. Der hat dann ein Stimmgewicht entsprechend dem Stimmanteil seiner Partei. Wozu das führen kann, muß ich wohl nicht erläutern.
Boah, was kann ich stur sein! Aber ich hoffe, daß diese Sturheit Dir ein wenig Stoff zum Nachdenken gegeben hat. Nichts für ungut.