Der konservative Autofahrer gewinnt
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 22.01.05 23:59 | ||||
Eröffnet am: | 22.01.05 21:28 | von: AbsoluterNe. | Anzahl Beiträge: | 2 |
Neuester Beitrag: | 22.01.05 23:59 | von: NPDWÄHLE. | Leser gesamt: | 758 |
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Für Autofahrer zahlt es sich nicht aus, hektisch auf Meldungen zu reagieren.
Wie reagieren Autofahrer auf den Verkehrsfunk?
Köln - Stauprognosen sind vor allem eines - „selbstzerstörerisch“, sagt Verkehrsforscher Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg: „Sie stimmen nur selten.“ Entweder weicht der gewarnte Autofahrer auf die Landstraße aus - und landet dort im Stau. Oder er wechselt hektisch und vermeintlich strategisch zwischen Autobahn und Umgehungsstraße hin und her - und ist am Ende doch nicht schneller als der Sattelschlepper auf der Lastwagenspur. „Das große Manko der Stauprognosen ist, dass sie nicht einkalkulieren, wie der einzelne Fahrer auf die Meldungen reagiert“, so Schreckenberg.
Um zu verstehen, wie der Autofahrer tickt, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 640 000 Euro die „Survive“-Studie der Universitäten Bonn (Institut für Wirtschaftswissenschaften) und Duisburg-Essen (Theoretische Physik) über „das Wesen des Autofahrers“ gefördert, die Ergebnisse wurden gestern vorgestellt. Das wichtigste Fazit der Wissenschaftler um den Nobelpreisträger Reinhard Selten lautet: Wer seiner geplanten Route auch nach Fahrtantritt treu bleibt, Verkehrsmeldungen weitestgehend ignoriert und nicht unruhig von einer Fahrspur auf die andere wechselt, der kommt am zügigsten durch den Stau. „Stoisch-konservativ“ nennen die Forscher diesen Verhaltenstypus (siehe „Direkte ...“).
„Unangefochtener Sieger unserer Versuchsläufe am Computer war ein Proband, der in allen 200 Verkehrssimulationen stets die gleiche Strecke gefahren ist, keine Umleitungen benutzt und kaum Fahrspurwechsel vorgenommen hat“, sagt Schreckenberg. Andere Versuchsteilnehmer, die wegen Staus oder Baustellen fortwährend ihre Route verändert und Spuren gewechselt hätten, seien nicht nur langsamer gewesen, sondern hätten auch „extreme Unruhe“ in den Verkehrsfluss gebracht und den Stau verlängert.
„Autofahrer können durch ihr Verhalten Kurzfristprognosen ad absurdum führen“, hat Schreckenberg herausgefunden. Ein Beispiel: Wird im Radio ein Stau auf der Autobahn gemeldet, umfahren viele diesen Streckenabschnitt, wodurch sich der Stau plötzlich auflöst, während nunmehr die Umgehungsstraßen verstopft sind. „Die Autofahrer sollten möglichst genau über den Gesamtzustand der Verkehrssituation informiert werden“, fordert Schreckenberg. Wer etwa wisse, dass er zwar auf der Landstraße freie Fahrt habe, aber wegen des Umwegs länger ans Ziel brauche, der bliebe gleich im Stau auf der Autobahn. „Besseres Wissen trägt zu einem gleichmäßigeren Verkehrsfluss bei“, so Schreckenberg.
Ab März will der Duisburger Stauprofessor ein neues so genanntes „Post-Trip-Informationssystem“ ins Internet stellen. „Wir kriegen immer mehr Anfragen von Menschen, die sich so etwas wünschen.“ Via „Post-Trip“ soll sich der Autofahrer im Nachhinein online vergewissern können, ob die von ihm gewählte Strecke tatsächlich die schnellste war beziehungsweise wie viel Zeit er mit einer Alternativroute gespart hätte. Nachteil dieser Spielerei: Viele Nutzer könnten auf Basis dieser Information ihre Streckenplanung für den nächsten Tag nochmal überdenken. Und Michael Schreckenberg weiß: „Je mehr Informationen der Fahrer hat, desto mehr Entscheidungen muss er treffen und desto häufiger wird er diese ändern. Post-Trip wird zusätzlich Unruhe in den Verkehrsfluss bringen.“ Was aus Autofahrersicht eher ärgerlich klingt, ist aus wissenschaftlicher Perspektive ein Grund zur Freude. Schreckenberg: „Post-Trip wird ein Riesenexperiment.“
(KStA)
Absoluter Neuling
Kultur des Todes
von Manfred Spieker
Seit 30 Jahren schleicht die Kultur des Todes durch Deutschland. Sie gibt vor, Leben zu schützen, die Menschenwürde zu respektieren und die Selbstbestimmung zu fördern. In Wirklichkeit ist sie angetreten, Leben zu vernichten, die Menschenwürde zu relativieren und Ungeborene sowie Sterbende, die der Wellness-Gesellschaft zur Last fallen, zu entsorgen. Kultur des Todes ist ein sperriger Begriff. Sie hat nichts zu tun mit der ars moriendi, jener Kunst des Sterbens eines reifen Menschen, der dem Tod ebenso bewußt wie gelassen entgegengeht, ja, ihn wie Franz von Assisi als Bruder begrüßt. Sie hat auch nichts zu tun mit Mord und Totschlag, die es unter Menschen gibt, seit Kain Abel erschlug, auf denen aber immer der Fluch des Verbrechens lag. Kultur des Todes meint vielmehr ein Verhalten einerseits und gesellschaftliche sowie rechtliche Strukturen andererseits, die bestrebt sind, das Töten gesellschaftsfähig zu machen, indem es als medizinische Dienstleistung oder als Sozialhilfe getarnt wird. Die Kultur des Todes will das Töten vom Fluch des Verbrechens befreien.
Die Abtreibungsstatistik scheint sich auf den ersten Blick nicht dazu zu eignen, die Kultur des Todes zu fördern. Schließlich gelten Zahlen als objektiv, Meldevorschriften als kontrollierbar und Statistische Ämter als Behörden ohne politische Interessen. Aber auch die Abtreibungsstatistik dient der Kultur des Todes. Schon die 1976 eingeführte Meldepflicht wurde derart mißachtet, daß das Statistische Bundesamt jedes Jahr mit der gleichen Vorbemerkung vor den eigenen Zahlen warnte: „Die Ergebnisse sind hinsichtlich ihrer Größenordnung und Entwicklung mit Vorbehalt zu betrachten, weil verschiedene Indizien darauf hindeuten, daß nicht alle Ärzte ... ihrer Meldepflicht nachkommen; ferner muß mit einer gewissen Zahl von illegalen Abbrüchen gerechnet werden.“
Da auch die niedrigsten Zahlen der Abtreibungsstatistik immer noch geeignet waren, bei dem einen oder anderen Erschrecken auszulösen, und der Streit um die richtigen Zahlen immer wieder aufflammte, verfiel der Bundestag bei seiner dritten Reform des Paragraphen 218 am 26. Juni 1992 auf die Idee, das Problem der Statistik dadurch zu lösen, daß er die Meldepflicht ganz abschaffte. Dem schob das Bundesverfassungsgericht schon am 4. August 1992 einen Riegel vor, indem es in einer einstweiligen Verfügung die Fortführung der Meldepflicht anordnete und in seinem Urteil später erklärte, der Staat sei auf eine zuverlässige Statistik angewiesen, wenn er die Effektivität seiner Maßnahmen zum Schutz des neugeborenen Lebens überprüfen wolle. So wurde die Meldepflicht in die vierte Reform 1995 wieder aufgenommen und das Meldeverfahren sogar verbessert.
Aber zuverlässig ist die Abtreibungsstatistik deshalb noch lange nicht. Auch in den folgenden fünf Jahren erklärte das Statistische Bundesamt regelmäßig, die Abtreibungszahlen seien nicht vollständig, weil bei den Landesärztekammern „keine oder nur unzureichende Erkenntnisse“ über die Ärzte vorlägen, die Abtreibungen vornehmen, weil die Wahrhaftigkeit der Antworten der Ärzte nicht überprüfbar sei und bei Tests auch Antwortverweigerungen zu verzeichnen waren. Außerdem fehlten die unter einer anderen Diagnose abgerechneten und die im Ausland vorgenommen Abtreibungen.
Die rot-grüne Bundesregierung hat es offenkundig für inopportun gehalten, der eigenen Statistik mit derartiger Skepsis zu begegnen. Seit 2001 fehlt diese Erklärung, obwohl sich weder die Rechtsgrundlagen der Abtreibungsstatistik noch die Meldeverfahren geändert haben. Die neue Behauptung in den Vorbemerkungen der Statistik, es sei dem Statistischen Bundesamt nun möglich, „die Einhaltung der Aus-kunftspflicht zu kontrollieren“, wird durch Fakten nicht gedeckt. Es werden auch keine Gründe genannt, die einsichtig machen würden, wie die früher beklagten Defizite beseitigt werden.
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Kultur des Todes meint ein Verhalten und gesellschaftliche sowie recht-liche Strukturen, die bestrebt sind, Töten gesellschaftsfähig zu machen, indem es als medizinische Dienstleistung oder als Sozialhilfe getarnt wird.
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Nach wie vor muß die jährlich gemeldete Zahl der Abtreibungen verdoppelt werden, will man der Realität nahekommen. Das bedeutet, 260.000 Abtreibungen entsprechen eher der Wirklichkeit als die 131.500, die das Statistische Bundesamt im Durchschnitt der Jahre seit 1996 meldete. Ein geringfügiger Rückgang der Abtreibungen 2003 auf 128.030 bedeutet noch keinen Rückgang der Abtreibungshäufigkeit, da auch die Zahl der Frauen im gebär-fähigen Alter zwischen 15 bis 45 seit 1996 um rund 310.000 zurückgegangen ist.
In den 30 Jahren seit der Freigabe der Abtreibung 1974 sind somit nach der Statistik des Statistischen Bundesamtes in der Bundesrepublik 4,2 Millionen Kinder getötet worden, nach plausiblen Schätzungen aber mehr als acht Millionen. Der Bundestag wurde durch das Bundesverfassungsgericht 1993 zu einer Erfolgskontrolle seines Paradigmenwechsels verpflichtet. Wäre er an dieser Erfolgskontrolle wirklich interessiert, müßte er nicht nur das Meldeverfahren vereinheitlichen und konsequent kontrollieren, sondern auch wissenschaftliche Untersuchungen in jenen Fallgruppen der Abtreibungen, die sich der Meldepflicht ganz entziehen, in Auftrag geben.
An zuverlässigen Zahlen aber ist er einstweilen nicht interessiert. Sie könnten ihn an den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts erinnern, das Gesetz zu korrigieren und nachzubessern, wenn sich nach angemessener Beobachtungszeit herausstellt, daß das vom Grundgesetz geforderte Maß an Schutz des ungeborenen Lebens nicht gewährleistet ist. Zehn Jahre sind eine unangemessene Beobachtungszeit. Zuverlässigere Zahlen könnten die Illusion zerreißen, die Reform von 1995 diene dem Le-bensschutz. Nicht nur die rot-grüne Koalition, auch die Mehrheit der Opposition folgt lieber der Devise „Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“.
Die bei weitem wirkungsvollste Tarnkappe, deren sich die Kultur des Todes in Deutschland bedient, ist der Bera-tungsschein. Die abtreibungswillige Schwangere muß sich diesen Schein in einer anerkannten Beratungsstelle besorgen und dem Abtreibungsarzt vorlegen. In diesem Fall ist „der Tatbestand des Paragraphen 218 ... nicht verwirklicht“. Der Beratungsschein gleicht somit schon fast einem Zaubermittel. Er verwandelt die Straftat der Tötung eines unschuldigen Menschen in eine medizinische Dienstleistung, deren Kosten der Staat übernimmt. Der Schein ist, daran führt kein Weg vorbei, eine Tötungslizenz, deren der Arzt bedarf, um gesetzeskonform zu handeln. Die Tötungslizenz tarnt sich als Nachweis einer Beratung, die nach Paragraph 219 dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen und der Frau bewußt machen soll, „daß das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat“, die gleichzeitig nach Paragraph 5 das Schwangerschaftskonfliktgesetzes aber „nicht belehren und bevormunden“ soll.
Vom eigenen Lebensrecht des unge-borenen Kindes bleibt in der mit dialektischer Raffinesse konzipierten Be-ratungsregelung der Reform von 1995 nichts mehr übrig. Der Vorrang, der dem Schutz seines Lebens dienen soll, ist eo ipso die Bedingung seiner nicht nur straflosen, sondern staatlich geförderten Tötung. Der Tatbestandsausschluß des Paragraphen 218a, Absatz 1, Satz 1, der die Abtreibung zur „Nichtabtreibung“ erklärt, sprengt die Rechtsordnung. Der Beratungsschein garantiert den Vorrang des Selbstbestimmungsrechts der Schwangeren vor dem Lebensrecht des Kindes. Er öffnet der nackten Gewalt des Stärkeren den Weg nicht nur zur zivilrechtlichen Anerkennung, sondern zur sozialrechtlichen Förderung, die sich in der Verpflichtung der Bundesländer zur Bereitstellung eines flächendeckenden Netzes von Abtreibungseinrich-tungen und zur Erstattung der Abtreibungs-kosten niederschlägt. Um diesen Freibrief zur Gewaltanwendung zu erhalten, braucht sich die abtreibungswillige Schwangere nicht einmal auf eine Beratung einzulassen. Es genügt, wenn sie sich bei der Beratungsstelle vorstellt. Das Bundesverfassungsgericht hat ihr in seinem Urteil zum Bayerischen Schwan-gerenhilfeergänzungsgesetz vom 27. Oktober 1998 dieses Recht auf den Beratungsschein ausdrücklich zugesprochen auch dann, wenn „sie die Gründe, die sie zum Schwangerschaftsabbruch bewegen, nicht genannt hat“.
An diesem Beratungskonzept mitzuwirken, ist, beugt man sich nicht dem dezisionistischen Tatbestandsausschluß des Paragraphen 218a, Beihilfe zur Straftat der Tötung eines ungeborenen Kindes. Kommt die Schwangere, wie in rund einem Drittel der Fälle, nicht aus eigenem Entschluß, sondern aufgrund des Druckes ihres Mannes, Freundes, Arbeitgebers oder ihrer Eltern, dann ist die Ausstellung des Beratungsscheins auch noch Beihilfe zur Nötigung. Daß manche Schwangeren, die in eine Beratungsstelle kommen, den Beratungsschein dann doch nicht verlangen oder später nicht als Abtreibungslizenz benutzen, weil sie sich für ihr Kind entscheiden, rechtfertigt nicht die Mitwirkung an diesem Beratungskonzept, da das Gebot, keine Beihilfe zur Tötung eines Unschuldigen zu leisten, von größerer Unbedingtheit ist als die Pflicht, Abtreibungen zu verhindern. Die Absicht, Abtreibungen zu verhindern, rechtfertigt nicht in einem einzigen Fall die Beihilfe zur Tötung durch die Ausstellung der Tötungslizenz. Dieses Beratungssystem und seinen Schein als „Geschenk des Lebens“ zu tarnen, wie es der Verein Donum Vitae seit dem päpstlichen Nein zum Beratungsschein zu tun pflegt, ist die Kapitulation vor der Kultur des Todes.
Wie die Abtreibung gehört die Euthanasie zu den klassischen Themen des Lebensschutzes. Jahrzehntelang war sie in Deutschland tabu, weil sie während der Herrschaft der Nationalsozialisten in großem Stil betrieben wurde. Sie war Teil der nationalsozialistischen Rassenideologie und zielte auf die Beseitigung von Behinderten, unheilbar Kranken und Schwachen, deren Leben als lebensunwert und die Volksgemeinschaft belastend galt. Ihre Tötung wurde als Tat der Liebe und des Mitleids oder - wie von Hitler selbst in seinem T4-Erlaß im Oktober 1939 - als Gnadentod deklariert. Daß sie in der Gesellschaft auf größere Akzeptanz stoßen würde, nahmen aber selbst die Nationalsozialisten trotz jahrelanger Indoktrination nicht an. Sie unterlag höchster Geheimhaltung, die Kardinal Galen mit seinen Predigten im Juli und August 1941 in St. Lamberti in Münster mutig und klug durchbrach. Der nationalsozialistischen Euthanasie fielen in Europa insgesamt 200.000 bis 300.000 Menschen zum Opfer. Allein die T4-Aktion im Krieg kostete 70.000 Menschen, darunter 20.000 KZ-Häftlinge und 5.000 Kinder das Leben.
Die Euthanasie im nationalsozialistischen Deutschland war freilich nicht wie ein Gewitter aus heiterem Himmel über das Land gefallen. Sie war auch nicht nur eine nationalsozialistische Untat. Sie war vielmehr seit der Jahrhundertwende vorbereitet durch eine Ideologie, in der sich Rassenhygiene, Sozialdarwinismus und Medizin mischten, durch vieldiskutierte Bücher wie jenes von Karl Binding und Alfred Hoche, „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ (1920), und durch den Göbbelschen Propagandafilm „Ich klage an“, der die Tötung einer unheilbar erkrankten, schwer leidenden Pianistin als Tat der Nächstenliebe ihres Gatten präsentierte.
Die ein halbes Jahrhundert währende Tabuisierung der Euthanasie ging zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit der Verabschiedung der Euthanasiegesetze in den Niederlanden (2001) und in Belgien (2002) zu Ende. Zwar wurden beide Gesetze von Vertretern aller Parteien im Bundestag scharf kritisiert, zwar gibt es Stellungnahmen des Deutschen Ärztetages, die die Euthanasie unmißverständlich ablehnen, und auch die Kirchen haben sich wiederholt in großer Eintracht gegen die Euthanasie ausgesprochen, aber demoskopische Untersuchungen zeigen ernüchternde Ergebnisse: Überwältigende Mehrheiten sprechen sich für die Euthanasie aus. In einer Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung im Dezember 2002 lehnten 76 Prozent der Befragten die Aussage ab „Aktive Sterbehilfe darf auch bei Todkranken nicht angewendet werden“. Nur 18 Prozent stimmten der Aussage zu, und 4 Prozent wußten nicht, was sie antworten sollten.
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Mit ihrem Einsatz für eine Kultur des Lebens kämpft die katholische Kirche nicht für ein konfessionelles Sondergut, sondern für die Existenzbedingung des säkularen Staates und auch einer pluralistischen Gesellschaft.
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Selbst wenn man die Frage unglücklich formuliert findet, weil sie beim Befragten den Eindruck hinterlassen kann, er müsse Todkranke bei Ablehnung der aktiven Sterbehilfe allein lassen und weil sie die Alternativen der Palliativmedizin und der Hospizbetreuung nicht in den Blick rückt, so bleibt auch auf Grund anderer Untersuchungen das harte Faktum, daß rund zwei Drittel der Deutschen die Euthanasie bejahen. In einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie im März 2001 sprachen sich 70 Prozent für und nur 12 Prozent gegen die Euthanasie aus bei 18 Prozent Unentschiedenen. Die Befürworter einer ärztlichen Todesspritze für Schmerzkranke auf Verlangen stiegen von 53 Prozent 1973 auf 67 Prozent 2001, die Gegner halbierten sich im Zeitraum von 33 Prozent auf 16 Prozent. In Mitteldeutschland bejahen sogar 80 Prozent die Euthanasie. Selbst von den Katholiken sprechen sich nach der Befragung der Konrad Adenauer-Stiftung 73 Prozent, von den Protestanten gar 78 Prozent für die Euthanasie aus.
Die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe muß unvermeidlich dazu führen, daß aus dem Recht zum assistierten Selbstmord eine Pflicht wird. Der Pflegebedürftige, Alte oder Kranke hat nämlich alle Mühen, Kosten und Entbehrungen zu verantworten, die seine Angehörigen, Pfleger, Ärzte und Steuern zahlenden Mitbürger für ihn aufbringen müssen und von denen er sie schnell befreien könnte, wenn er das Verlangen nach aktiver Sterbehilfe äußert. „Er läßt andere dafür zahlen, daß er zu egoistisch und zu feige ist, den Platz zu räumen. - Wer möchte unter solchen Umständen weiterleben? Aus dem Recht zum Selbstmord wird so unvermeidlich eine Pflicht“ (Robert Spaemann).
Die Erfahrungen in den Niederlanden bestätigen die Vermutung, daß die Euthanasie nicht Hilfe für Schwerkranke, sondern Mittel einer unblutigen Entsorgung der Leidenden ist, daß sie nicht Zuwendung zum Sterbenden, sondern Verweigerung des medizinischen und pflegerischen Beistandes ist. Sie verweisen „auf die schwindende Plausibilität des Tötungsverbotes“.
Eine Trendwende ist einstweilen nicht in Sicht. Im Gegenteil, in der beginnenden Euthanasiedebatte in Deutschland zeichnet sich eher eine Verschlechterung des Lebensschutzes ab. Um auch für Sterbende, für Schwerkranke und Pflegebedürftige einen besseren Lebensschutz zu ermöglichen, sind eine Verstärkung der Palliativ-medizin in Forschung und Lehre sowie eine Ausweitung der Hospizbewegung zur stationären oder ambulanten Begleitung Sterbender unverzichtbar.
Die katholische Kirche der USA hat gezeigt, daß der kompromißlose Kampf der Bischöfe für das Lebensrecht, ihre Bereitschaft auch zur Konfrontation mit katholischen Politikern und Wahlkandidaten des Pro-Choice-Lagers und ihr Bündnis mit der Lebensrechtsbe-wegung zu einer gesellschaftlichen und legislativen Trendwende beitragen können. Papst Johannes Paul II. hat den Kampf für mehr Lebensschutz immer wieder als Aufgabe aller Christen in Erinnerung gerufen, zuletzt in seinem Apostolischen Schreiben Pastores Gregis an die Bischöfe. Sein Aufruf „Habt keine Angst“, der zum Kennzeichen seines ganzen Pontifikats wurde, gilt auch dem Einsatz gegen eine Kultur des Todes und für eine Kultur des Lebens.
Mit ihrem Einsatz für eine Kultur des Lebens kämpft die Kirche nicht für ein konfessionelles Sondergut, sondern für die Existenzbedingung des säkularen Staates und auch der pluralistischen Gesellschaft. Wenn die Unantastbarkeit der Menschenwürde das Fundament unverletzlicher und unveräußerlicher Menschenrechte und somit auch „die Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ ist (Art. 1, Abs. 2 GG), dann bedeutet die Infragestellung der Menschenwürde und die Anmaßung, sie nach selbst definierten Kriterien zu- oder aberkennen zu können, zugleich eine Gefährdung jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Auch in einer pluralistischen Gesellschaft gibt es unverhandelbare Prinzipien, die um des Schutzes der Menschenwürde und des Rechtsstaates willen einzuhalten sind.
Zu diesen unverhandelbaren Prinzipien gehört das Verbot, Unschuldige zu töten. Deshalb ist der Einsatz, ja der Kampf gegen die Abtreibung, die embryonale Stammzellforschung, die Präimplantationsdiagnostik und die Präna-taldiagnostik, das Klonen und meines Erachtes auch gegen die In-Vitro-Fertilisation die Voraussetzung für ein Kultur des Lebens.
Prof. Dr. Manfred Spieker lehrt Christliche Sozialwissenschaften am Institut für Katholische Theologie der Universität Osnabrück. Bei seinem Text handelt es sich um einen gekürzten Vortrag, den er am 23. Oktober 2004 bei einer Mitgliederversammlung der Christdemokraten für das Leben (CDL) in Regensburg gehalten hat.
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