Der Kampf der Generationen
Seite 1 von 2 Neuester Beitrag: 06.11.02 11:05 | ||||
Eröffnet am: | 05.11.02 16:26 | von: Hiob | Anzahl Beiträge: | 48 |
Neuester Beitrag: | 06.11.02 11:05 | von: lutzhutzlefut. | Leser gesamt: | 2.900 |
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Der unvermeidbare Kollaps des Rentensystems
Von Vlad Georgescu
Die Anhebung der Rentenbeiträge erweist sich als Schritt in die verkehrte Richtung und Tropfen auf den heißen Stein zugleich: Wissenschaftler rechnen mit einem kompletten Zusammenbruch der Rentenversicherung und prophezeien Beitragssätze von über 40 Prozent.
Hamburg - Die Zahlen beschäftigen derzeit die Republik, doch wenn es nach den Berechnungen von Herwig Birg, Direktor am Institut für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik (IBS) der Universität Bielefeld geht, ist das erst die Spitze des Eisberges: Auf 19,5 Prozent soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung im nächsten Jahr steigen, damit die beschlossene Rentenanhebung 2003 Jahr stattfinden kann. Zugleich werde die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 4500 auf 5100 Euro angehoben und die Schwankungsreserve weiter reduziert, verkündete die aus SPD und Grüne bestehende Koalitionsrunde am gestrigen Montagabend in Berlin. Zwar hätte der Beitrag gemessen am prognostizierten Wachstum "minimal darunter" liegen können, erklärte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering heute im Deutschlandfunk - und verkannte damit wie Politiker aller Couleur die bittere Wahrheit: Das Rentensystem steht am Anfang vom Ende.
Die Charts, die das belegen, basieren auf der demografischen Entwicklung in der Bundesrepublik. Seit Jahren legt Birg das Datenmaterial vor - ohne in der Politik Gehör zu finden. Die Vergreisung der Gesellschaft hierzulande, erklärt der Wissenschaftler unverblümt, werde das soziale System der Bundesrepublik in wenigen Jahrzehnten kollabieren lassen. "Die Alterung der Gesellschaft ist keine Option, die sich durch gesellschaftliches und politisches Handeln gestalten lässt", sagt Birg, der auch als Berater des Bundesverfassungsgerichts und der Vereinten Nationen tätig ist, "sie wird ablaufen wie ein Uhrwerk".
Mit mathematischer Präzision sei demnach voraussagbar, dass bis 2080 der Anteil der Menschen über 60 weiter steigt. Der Grund: Jede Frau gebärt heute - statistisch betrachtet - lediglich 1,3 Kinder in ihrem Leben. Selbst wenn wieder mehr Kinder das Licht der Welt erblicken würden, könnte Birg keine Entwarnung geben. Grund für die programmierte Baby-Baisse ist die generationenbedingte Verzögerung des Bevölkerungswachstums, denn weniger Kinder zeugen weniger Nachkommen. Weil die Lebenserwartung des Einzelnen indes steigt, ist der Effekt für die Gesellschaft unausweichlich: Sie vergreist.
So wird bis zum Jahr 2050 die Zahl der über 60-Jährigen in Deutschland um 9,9 Millionen zunehmen, der Anteil der 20- bis 60-Jährigen jedoch um 16 Millionen zurückgehen. Damit steht aber schon heute fest, dass die vor knapp 150 Jahren zu Bismarcks Zeiten eingeführte Rentenversicherung faktisch tot ist. Der Grundgedanke nämlich, die Rentenbeiträge im sogenannten Umlageverfahren direkt und ohne zeitliche Verzögerung für die Rentenauszahlungen an die heutigen Rentner zu verwenden, wird bereits 2050 nicht mehr umzusetzen sein. Während im Jahr 2000 auf 100 Menschen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren noch 43 zu Versorgende über 60 fielen, werden es in fünfzig Jahren über 90 sein. Zu viel, um das System am Leben halten zu können. Genau drei Möglichkeiten stehen Birg zufolge Politikern zur Verfügung, um diesen gordischen Knoten zu lösen - und alle drei sind politisch nicht durchsetzbare Varianten. Nach einer ersten Berechnung müsste sich der Beitragssatz zur Rentenversicherung im Jahr 2050 auf knapp 42 Prozent verdoppeln, um das heutige gängige Rentenniveau von 64 Prozent halten zu können. Alternativ müssten Rentner in Zukunft mit Rentenniveaus von 30 Prozent leben müssen, wollte man den Beitragssatz, wie heute üblich, bei rund 20 Prozent konservieren. Korrekturen dieser Art werden indes gerne ignoriert. "Sozialpolitiker, die selbst für die demographisch schwierigen Jahre nach 2020 nur wenig steigende Beitragssätze versprechen, verkennen die Brisanz der weiter steigenden Lebenserwartung", meint auch Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank Gruppe, und urteilt: "Sie wird in vielen Bevölkerungsprognosen - auch in der offiziellen des Statistischen Bundesamtes - nur unzureichend erfasst."
Auch die zweite Handlungsoption erscheint wenig charmant. Denn wollte Vater Staat den Rentnern auch in 20 Jahren noch ihr wohlverdientes Ruhegehalt auf heutigem Niveau zahlen, müssten die nachfolgenden Generationen einen Großteil ihres letzten Lebensdrittels in der Firma verbringen. Schon 2018 würden Berufstätige dann tatsächlich bis zum 65., im Jahr 2074 gar bis zum 73. Lebensjahr arbeiten.
Die bereits heute oft nur auf dem Papier existierende Renteneintrittszeit von 65 Jahren wäre demnach in Zukunft die untere Latte des Renteneintrittsalters - darunter ginge nichts. Vorruhe mit 58, oder gar Austritt aus dem Arbeitsleben mit 55 Jahren bei entsprechender Abfindung und anschließender Vorruhestandsregelung, wie heute von Unternehmen und Staat vielfach praktiziert, wären dahin. Vor allem Personalmanager dürften auf die längere Lebensarbeitszeit verstimmt reagieren - zumal die Wirtschaft bereits heute viel Wert auf Jung-Dynamik und aktuelles Know-how legt.
Die Ängste der Politiker, die Gunst ihrer Wählergemeinde zu verlieren, schürt auch Lösungsvorschlag Nummer drei. Weil sich das deutsche Volk bis 2080 keineswegs aus eigenem Antrieb heraus selbst verjüngen kann, müssten junge Einwanderer ins Land, um die Renten zu sichern. Die benötigte Zahl freilich dürfte jedem Kanzler den Schweiß auf die Stirn treiben: Insgesamt 188 Millionen Menschen müssten bis 2050 nach Deutschland einwandern, um den Anstieg des Altersquotienten zu stoppen. Sogar diese Menschenflut hätte jedoch nur einen vorübergehenden Effekt, weil die jungen Migranten eines Tages selbst vergreisen würden. Als flankierende Maßnahme müsste die Lebendgeburtenrate auf 3,8 Kinder je Frau steigen - sogar in den Entwicklungsländern liegt sie derzeit im Durchschnitt bei lediglich 3,0.
Die aktuelle Beitragserhöhung sei trotz der erdrückenden Fakten der falsche Weg, sagt Walter: "Wir leben noch in einer demographischen Schönwetterperiode." Tatsächlich dürfte die unaufhaltsame Vergreisung erst ab 2020 auch für Laien erkennbar einsetzen. Bis dahin, rät der Deutsche Bank Chefvolkswirt der Politik, bliebe noch ausreichend Zeit für das Durchforsten des Rentensystems nach veralteten Leistungen.
So könne beispielsweise die Frühverrentung ebenso wie die nahezu alljährliche Anhebung der Renten gestrichen werden. Auf letzteres zu verzichten indes hieße freilich, für jede Bundesregierung, rund 18 Millionen Wählerstimmen zu riskieren. Doch gravierender als der potenzielle Stimmenverlust sei es, die kommenden Generationen durch Ignorieren der Tatsachen bewusst zu betrügen, meint Walter: "Sie zahlen heute ein und bekommen am Ende nichts."
D.h. der Betrag pro Rentenanwartsschaftspunkt soll konstant bleiben.
In Kombination mit Hiobs Vorschlag koennten die Beitraege (bei guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen) unter 25% bleiben.
Bei schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gehe ich in 20 Jahren (mit 58) in den Vorruhestand. Wobei ich allerdings nur kurze Zeit Arbeitslosengeld bekomme, danach muss ich meine Ersparnisse angreifen und mit 68 Jahren bekomme ich dann eine Minirente auf ca. Sozialhilfeniveau.
Logain
@ich1: es waere schoen, wenn man so einfach aus der GRV aussteigen koennte - ich wuerde sogar auf saemtliche bereits erworbene Ansprueche (ca. 25 Punkte) verzichten um da herauszukommen
Da bleibt natürlich die Fage: wer bezahlt für die, wenn sich alle aus dem Generationenvertrag davonstehlen?
best wishes
HIOB
man muß etwas riskieren.
natürlich müßte für die jetzigen "rentner" eine lösung gefunden werden. ich spendiere meine gesamten einzahlungen.
mal im ernst mit dem jetzigen rentensystem wird es für die zukunft nicht funktionieren. 19,2% oder 19,5% es wird nicht reichen und glaubt doch nicht, dass nächstes jahr nicht wieder erhöht wird. selbstverständlich wird erhöht und dann heißt es wir hatten nicht geahnt und die konjunktur und bla bla bla und bla bla bla und immer so weiter
einer überalternden und schrumpfenden
Gesellschaft.
Hier zeigen sich die Folgen natürlich zuerst,
weil dank Vater Staat eine negativen
Rendite erzielt wird.
Aber auch die vielbeschworene private Vorsorge,
die sich jeder Pflichtversicherte (wie ich)
sehnlichst wünscht wird Probleme bekommen.
Da alle Industrienationen eine mehr oder weniger
ungünstige Alterspyramide aufweisenm, wird sowohl
die Nachfrage nach den meisten Produkten abnehmen,
als auch die Vorsorge durch den Kauf von
Fondsanteilen u.ä. abnehmen. Dies führt zu langfristig
sinkenden Aktienkursen, damit sinkenden Renditen der Privatvorsorge
und vertärkt den Finanzbedarf bei der zu versorgenden
Generation.
Selbst die Flucht in Sachwerte wie Immobilien erscheint nur auf den
ersten Blick die richtige Wahl. Durch die abnehmende Bevölkerung
wird die Nachfrage nach Wohnraum massiv zurückgehen, so dass
positve Renditen in diesem Bereich nur noch für
wenige verbleibende Wachstumsstandorte zu erwarten sind.
Das alles in einem zunehmend deflationärem Umfeld.
Also die Spirale wird sich nach unten drehen
Lieber jetzt richtig leben, denn später wird's so oder so Scheiße
Da war sone Sache mit einem Satz getan!! Und alle waren davon entzückt!!
27.12.95
Zum Jahreswechsel steigt der Beitragssatz zur Rentenversicherung von 18,6 % auf 19,2 %......
Aus Bonner Kreisen war zu erfahren, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung 1997 um einen vollen Punkt auf 20,2 % steigen soll. Außerdem werden der Verkauf von Immobilien der Landesversicherungsanstalt (LVA) sowie die Abschaffung der Sozialversicherungsgrenze für geringfügige Nebenjobs diskutiert.
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm räumte ein, dass der Rentenbeitragssatz im kommenden Jahr von 19,2% auf 20,3% steigen wird. Er begründete diesen Anstieg mit der um 500.000 gestiegenen Arbeitslosenzahl
Spiegelartikel
Gute Nacht Deutschland
R.
wird es auch in Zukunft bleiben.
Früher war es so,
dass die Alten direkt von den Jungen
unterhalten worden sind. Ohne Versicherung und ohne Staat.
Die Privatrente a la Riester als Kapitalertrag
wird angesichts der zukünftigen Renditen
eine Illusion bleiben bzw. einigen wenigen Reichen
vorbehalten. Meine Prognose: die Riester-Rente wird das Jahr 2020
nicht überstehen. Gründe: fehlende Rendite
und fehlende Staatsknete.
Fazit: Die Modalitäten der Beitragsrente
werden sich ändern müssen. Nicht aber
das Eintreten der Jüngeren für die Älteren.
Der Kampf der Generationen dagegen
sollte eine Fiktion bleiben.
Eine solidarische Gesellschaft bekämpft
die Ursachen, nicht die Symptome! Und das
hieße schlicht und einfach Entkoppelung der Rente
von der allgemeinen Wertentwicklung und parallel
dazu Aufbau sozialer Netze.
Es gibt immer eine (menschliche) Lösung.
Wir müssen sie nur wollen!
MfG Schepper
Riester wird sicherlich ein Rohrkrepierer und der weitere Ausbau sozialer Netze, man sieht ja wohin das führt!
Warum hat man damals eigentlich beim Startschuß der RV gleich Beträge ausgeschüttet, obwohl noch niemand Beiträge gezahlt hatte? Hätte man die damals nicht aus den Steuern bezahlen können? Wenn von Anfang an das Geld der Beitragszahler angelegt um dann mit 65 ausgeschüttet zu werden, gäb´s jetzt kein Problem.
Warum zieht man jetzt keinen Schlußstrich, sagt jeder müsse nach seinem persönlichen Anliegen private Vorsorge betreiben, und diejenigen, die jetzt noch drin sind erhalten zumindest das Eingezahlte wieder raus? Kann doch so schwierig nicht sein, finanziert werden kann das, durch Einsparungen (z.B. Verwaltungsabbau durch Steuerreform, Subventionsabbau, Kürzung der Arbeitslosengelder etc. pp.) und was ist eigentlich mit der Goldreserve der BB.
Es muß sich nur einer zutrauen, den Stecker aus dem bisherigen System zu ziehen, und wenn sich das weiterhin keiner zutraut, werden radikale Parteien sicherlich zukünftig einen großen Zuwachs haben, das kennen wir schon aus der Vergangenheit...