Der DORIS ihrem MANN sein FINANZMINISTER


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Neuester Beitrag: 30.10.04 07:59
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2728 Postings, 7978 Tage anarch.Eichel noch nicht verfassungskonform

 
  
    #76
25.06.03 13:31

HAUSHALT 2004

Ulla Schmidt lässt Eichel auflaufen

Eigentlich wollte Finanzminister Eichel heute die Eckdaten für den Bundesetat 2004 präsentieren. Daraus wird nun nichts: Gesundheitsministerin Schmidt hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Unterdessen haben Kanzler Schröder und CDU-Chefin Merkel den Zeitplan für ihre Gespräche über die künftige Gesundheitspolitik bestätigt.

Berlin - Gerhard Schröder und Angela Merkel haben nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa in einem persönlichen Gespräch den Ablauf der Verhandlungen über eine gemeinsame Gesundheitsreform vereinbart. Beide trafen sich am Mittwochvormittag im Bundestag in Berlin. Demnach sollen die Verhandlungen bis Mitte Juli abgeschlossen sein. Falls noch Fragen offen seien, wäre ein weiteres Spitzengespräch möglich, sagte Regierungssprecher Bela Anda. Daran sollten dann auch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden teilnehmen.

Nach Andas Angaben wurde bei dem Treffen von beiden Teilnehmern der Wille bekräftigt, zu einer schnellen Einigung bei der Gesundheitsreform zu kommen und die Verhandlungen dafür zügig zu führen. Am Dienstag hatte sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mit Vertretern der Union unter Führung des stellvertretenden Unions-Fraktionschefs Horst Seehofer bereits grundsätzlich auf die Gespräche verständigt.

Inzwischen macht Ulla Schmidt ihrem Kabinettskollegen das Leben schwer: Die Gesundheitsministerin sträube sich nach wie vor gegen das von Hans Eichel vorgegebene milliardenschwere Einsparvolumen in ihrem Ressort, hieß es in Regierungskreisen. Deshalb konnte der Finanzminister noch keinen verfassungskonformen Haushaltsentwurf für das kommende Jahr präsentieren. Inzwischen beraten Vertreter beider Ministerien weiter über Möglichkeiten, den Konflikt zu lösen.

Am Wochenende will die Koalition bei einer Kabinettsklausur im brandenburgischen Neuhardenberg über ein Vorziehen der dritten Steuerreformstufe von 2005 auf 2004 entscheiden. Endgültig verabschieden will Eichel dann seinen Haushalt vor diesem Hintergrund im Kabinett am 2. Juli.

Spiegel online, 25.06.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Ruck Zuck und Basta - diesmal aus Neuhardenberg

 
  
    #77
25.06.03 22:42

Das bisschen Haushalt

Von Markus Deggerich

Dem Kanzler geht es um die große Geste, seinem Finanzminister um grausame Zahlen. Der Haushaltsentwurf 2004 steht zwar mit Ach und Krach, wird aber bald wieder fallen.


Berlin - "Martyrium" nannte Willy Brandts Finanzminister Möller sein Amt, Hans Apel sprach schon deutlicher von einem "Scheißjob". Was Hans Eichel (SPD) zurzeit über seinen Arbeitsplatz als Finanzminister denkt, ist nicht überliefert. Aber vergnügungssteuerpflichtig ist die Aufgabe derzeit sicherlich nicht.

Einsparungen von sieben Milliarden Euro im Sozial- und Gesundheitsetat hatte der Finanzminister von seiner Kabinettskollegin Ulla Schmidt (SPD) verlangt. Doch die Superministerin ließ Eichel am Mittwochmorgen auflaufen und legte die geforderten Eckdaten ihres Haushaltes einfach nicht vor. Daraufhin machte Kanzler Schröder (SPD) den Fall zur Chefsache. Doch als Eichel und Sozialministerin Ulla Schmidt am Mittwoch nach der Kabinettssitzung zum klärenden Gespräch ins Kanzleramt fuhren, war die Niederlage des Hessen bereits besiegelt. Denn Sparen hat für den Kanzler derzeit keine Priorität. Optimismus ist angesagt.

Am späten Nachmittag meldeten die Agenturen, dass sich Schröder, Eichel und Schmidt in den strittigen Haushaltsfragen geeinigt hätten. Dabei musste Eichel aber deutliche Abstriche machen an der ursprünglich von ihm geforderten Spar-Summe. Details waren zunächst nicht bekannt.

Darüber hinaus verlautete, im Bundeshaushalt für das nächste Jahr sei ein Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit von rund vier Milliarden Euro vorgesehen. Außerdem werde mit dem Abbau der Eigenheimzulage begonnen. Finanzminister Eichel hatte zudem erklärt, er habe im Haushalt 2004 deutliche Einschnitte bei den Subventionen für den Steinkohlebergbau und die Landwirtschaft vorgesehen.

Noch vor gut einem Monat wähnte Eichel sich auf der Siegerstraße. "Wir leben über unsere Verhältnisse", sagte er bei jeder Gelegenheit. Denn kurz zuvor hatten die Steuerschätzer errechnet, dass in den nächsten Jahren über 100 Milliarden Euro Steuereinnahmen in den öffentlichen Kassen fehlen werden. Das sollte ihm ausreichend Argumente liefern, um seinen Sparkurs durchsetzen zu können. Allein für das Jahr 2004 müssen deshalb im Bundeshaushalt 15 Milliarden eingespart werden, errechneten Eichels Finanzbeamte. Je größer der Druck, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich die erschrockene Öffentlichkeit auf seine Seite schlägt, hoffte der Minister. Aber wieder mal war es der Wankelmut des Kanzlers, der Eichels Kalkulation zerstörte.

Weil Schröder nicht öffentlich widersprach und noch auf Wolke 2010 schwebte, wähnte Eichel ein Mandat für das Kürzen von Subventionen und Einsparungen bei allen Etats. Doch dann erklärte Schröder mal eben die Ressorts Verteidigung, Bildung, Entwicklungshilfe und Verkehr für unantastbar.


Streichkonzert mit Misstönen

Mit Innenminister Otto Schily von der SPD und seiner grünen Kollegin Renate Künast aus dem Agrarressort hatte Eichel noch relativ leichtes Spiel. Der Dienstherr aller Beamten im Bund findet es ohnehin richtig, nächstes Jahr Weihnachts- und Urlaubsgelder zu kürzen, damit man die Personalkosten in den öffentlichen Verwaltungen auch nur ansatzweise in den Griff bekommt. Und Renate Künast bot vorsichtshalber von sich aus Einschnitte bei den Bauernzuschüssen an, um zu verhindern, dass Eichel in Etatposten herumstreicht, die sie für ihre ökologische Agrarreform braucht.

Also nahm Eichel Ulla Schmidt ins Visier. Sie sollte fast die Hälfte der Einsparsumme aufbringen durch Nullrunden bei den Rentnern und Erhöhung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung. Da dämmerte es den Beratern des Kanzlers: Keine Rentenerhöhung, Kürzungen bei der Eigenheimzulage, vielleicht sogar Einschnitte bei den Steinkohle-Subventionen, teurerer Agrardiesel für die Bauern und keine Weihnachtsgeschenke für die Beamten? Das sorgt für viel schlechte Stimmung. Und weil Schröder davon überzeugt ist, dass die Stimmung die Lage bestimmt beschloss er fröhlich zu sein und Geld zu verteilen. Geißelte er früher gerne den Marsch in den Schuldenstaat, so will er nun antizyklisch denken: Schulden machen und investieren in Zeiten der Schwäche, Optimismus auf Pump. Schröder entdeckte einen neuen Hoffnungsstern am Horizont: Das Vorziehen der Steuerreform.


Schröder lässt Eichel zappeln

Und damit brachte er Eichel noch mehr in Verlegenheit. Doch der erlag zum zweiten Mal einem Irrtum: Wenn der Kanzler zusätzlich 18 Milliarden Euro verteilen will, statt 15 Milliarden einzusparen, werde der doch nun endgültig helfen, dieses Geld woanders aufzutreiben. Doch Schröder verkündete immer nur, was nicht geht: Steuervergünstigungen für Nachtarbeit abbauen? Njet.

Schröders neue Marschroute lautet: Agenda 2010 durchsetzen, dann Steuern senken. Und wenn die Union im Bundesrat nicht zustimmt, dann wissen die Menschen ja, bei wem sie sich bedanken können, dass die Steuern nicht sinken. So ähnlich wird die Botschaft lauten, die Schröder nach seiner Klausursitzung am Wochenende vom Schloss Neuhardenberg aus verkünden will.


Schönrechnerei

Taktisch mag das klug sein, nur Eichel bringt es überhaupt nichts. Der zimmert nun mit Mühe und Not einen Haushaltsentwurf zusammen, der vermutlich bereits im Herbst Altpapier ist. So wird der Zuschuss zur Arbeitslosenversicherung erneut äußerst knapp kalkuliert, Koalitionskreise erwarten rund vier Milliarden Euro. Das war schon im vergangenen Jahr schief gegangen als man sogar null Euro veranschlagte und am Ende zehn Milliarden zuschießen musste. Und nicht wenige rechnen damit dass die Arbeitslosigkeit noch in diesem Jahr an der Fünf-Millionen-Euro-Marke kratzt.

Zudem setzt die Regierung auf die Steueramnestie, die Anfang 2004 in Kraft treten soll. Mehreinnahmen von mindestens zwei Milliarden Euro verspricht sich Eichel davon. Aber offen ist, ob das Schwarzgeld jemals nach Hause kommt. Im Haushaltsentwurf wird die Summe freilich schon mal fest eingeplant.


Der Haushalt ist nur Papier

Noch vor der Klausurtagung der Bundesregierung am kommenden Wochenende soll der Haushalt stehen. Im Entwurf wird die Neuverschuldung dann knapp niedriger sein als die Summe der Investitionen, womit der Etat verfassungskonform wäre. Aber das alles beantwortet nicht die Frage, wie die Regierung das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 finanzieren will und wie man dann nächstes Jahr die Löcher stopft, die auf dem Papier jetzt noch schöngerechnet werden.

Für die Haushaltsaufstellung jetzt sollen die schnellen Steuersenkungen aber noch keine Rolle spielen. Das in der Regierung geplante Szenario sieht vielmehr so aus: Spätestens im Herbst wird klar, dass die Wachstumsprognose für 2004 von zwei Prozent und damit auch die Etatplanung Makulatur ist. Dann bleibt noch zur "Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes" nach Paragraf 115 des Grundgesetzes die Möglichkeit mehr Schulden aufzunehmen, wie es SPD-Fraktionschef Franz Müntefering bereits andeutet. Im Klartext: Die Steuerreform wird auf Pump finanziert und nicht wie von Eichel gewünscht, zumindest zum Teil durch Einsparungen finanziert.


Eichel setzt auf die Grünen

Ganz so wird es doch nicht kommen, hofft Eichel immer noch. Er setzt dabei inzwischen mehr auf die Grünen als auf seine Parteifreunde. Nach Angaben der Grünen-Haushaltssprecherin Antje Hermenau wird die Neuverschuldung mit etwa 23 Milliarden Euro äußerst knapp unter den Investitionen liegen, weshalb kreditfinanzierte Steuersenkungen nicht möglich seien. Sonst sei den Bürgern klar, dass die Entlastung "als neue Steuererhöhung in zwei oder drei Jahren auf sie zurückkommt". Damit wäre ein Glaubwürdigkeitsverlust der Regierung verbunden. "Das muss auch Franz Müntefering wissen", sagte Hermenau zur Position des SPD-Fraktionschefs, der eine Ausweitung der Neuverschuldung befürwortet. Die Gegenfinanzierung müsse allein durch Subventionsabbau und Privatisierungen geleistet werden, fordert die Grüne.

Das will auch Eichel. Er hofft dann den unbeliebten Subventionsabbau mit der Steuerentlastung verknüpfen zu können. Konkrete Vorschläge will die Regierung frühestens im Herbst vorlegen, wenn darüber mit der Union im Bundesrat verhandelt werden muss.

Bis dahin ist es fast egal, ob Eichel Ulla Schmidt noch drei oder sieben Milliarden abhandeln kann. Sein 1000 Seiten starker Haushaltsentwurf wird bis zum Herbst von Opposition, Ländern und Gemeinden noch verhandelt und von der Realität überholt. Schröder will nur bis zu diesem Wochenende keine schlechten Nachrichten: Denn von Neuhardenberg soll, wieder mal, ein Ruck ausgehen.


Spiegel online, 25.06.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.The show must go on

 
  
    #78
27.06.03 09:24

„Ihr Haushalt ist auf Sand gebaut“

Von allen Seiten hagelt es Kritik am Bundeshaushalt des Finanzministers. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) warf Hans Eichel (SPD) vor, der Etat sei nicht solide kalkuliert: „Ihr Haushalt ist auf Sand gebaut“, sagte er am Donnerstagabend.


Die Prognosen Eichels seien in den vergangenen Jahren „allenfalls ein viertel Jahr wert“ gewesen, so Milbradt weiter. An den Bundesfinanzminister gewandt meinte er deshalb: „Ich bin der festen Überzeugung, schon im Herbst sieht Ihr Haushalt ganz anders aus“.

Der designierte Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters, warnte die SPD vor Wahlniederlagen, sollte sie wirklich die Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seiner Ministerriege fortsetzen. Es komme darauf an, Politik zu machen, für die man auch gewählt werde, sagte Peters der „Leipziger Volkszeitung“ vom Freitag. „Der Parteitag hat dem Kanzler grünes Licht gegeben. Da ist es nicht von Bedeutung, wie viel Leute die Faust in der Tasche hatten.“ An der Basis werde an vielen Orten ganz anders gedacht.

EZB-Präsident Wim Duisenberg rief die rot-grüne Bundesregierung zum Schuldenabbau auf. Die derzeitige Entwicklung mache ihm Sorgen, sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank am Donnerstagabend im „heute journal“. Die Schulden müssten abgebaut und der europäische Stabilitätspakt eingehalten werden.

Duisenberg verlangte zudem, einmal gegebene Versprechungen einzuhalten, damit die Konsumenten und Investoren wieder Vertrauen schöpfen könnten und die Konjunktur an Fahrt gewinnen könne. Die Regierungen und Behörden müssten alles dafür tun, damit die Menschen wieder Vertrauen in ihre Zukunft setzten, forderte der scheidende EZB-Präsident.


Eichel verteidigt sein Werk

Eichel selbst verteidigte in der ZDF-Sendung „Berlin Mitte“ den Bundeshaushalt 2004. Zwar sei es kein ausgeglichener Haushalt, aber er halte sich „im Rahmen der Verfassung“, betonte Eichel. Im Hinblick auf seine Tragfähigkeit, sagte der Finanzminister: „Er steht dann, wenn wir im nächsten Jahr zwei Prozent Wachstum haben.“

Das Kabinett habe mit der Agenda 2010 und dem Haushalt 2004 die Grundlage für mehr Wachstum geschaffen, meinte Eichel. „Das darf nicht ein Haushalt der Mutlosigkeit sein.“. Die Diskussion um Deflation hält Eichel für falsch, sie sei „sachlich nicht berechtigt“ und „nicht angemessen“. „Was uns drohen kann, ist, dass wir eine längere Stagnationsphase haben“, sagte Eichel.


Pendler und Rentner zahlen die Zeche

Bringt Eichel seinen Etat-Entwurf für 2004 durch, kommen auf die Deutschen schon wieder kräftige Einschnitte zu. Anders kann der Finanzminister keinen verfassungskonformen Bundeshaushalt für 2004 auf die Beine stellen. Nach dem am Donnerstag vorgelegten Etat-Entwurf sind vor allem Berufspendler, Rentner und Bauherren betroffen.

Die Entfernungspauschale werde künftig nur noch von 20 Kilometern an steuerlich anerkannt, teilte das Bundesfinanzministerium mit. Die Eigenheimzulage solle wegfallen und durch ein familiengerechtes Städtebauförderungsprogramm ersetzt werden. Das Weihnachtsgeld für Pensionäre solle auf 50 von derzeit 86 Prozent gekürzt werden. Das Weihnachtsgeld für aktive Beamte werde auf 60 Prozent reduziert.


Nullrunde für Rentner

Eichel kündigte außerdem an, dass die Rentner im kommenden Jahr keine Erhöhung der Bezüge erhalten. Die für den 1. Juli 2004 geplante
Rentenanpassung um ein halbes Jahr verschoben wird. Außerdem sei vorgesehen, dass die Rentner künftig mehr in die gesetzlichen Krankenkasse einzahlen müssen. Es sei geplant, dass sie künftig
53 und nicht mehr wie bisher 50 Prozent der Beiträge bezahlen müssen. Durch die beiden Maßnahmen werde der Bundeshaushalt um zwei Milliarden Euro entlastet, sagte Eichel.


Kein ausgeglichener Haushalt 2006

Eichel gab außerdem das Ziel auf, 2006 einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen. Das geht aus der am Donnerstag veröffentlichten Tabelle des Finanzministeriums zur mittelfristigen Finanzplanung hervor.


Focus online, 27.06.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Und diesmal prophezeiht uns EICHEL:

 
  
    #79
27.06.03 15:13


2%
Wirtschaftswachstum
2004

o.T.



 

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Und jetzt: Das undankbare Fußvolk

 
  
    #80
30.06.03 08:15

Aufschrei gegen Steuergeschenke auf Pump


Die Bundesregierung kann mit ihrem vorgelegten Konzept zum Vorziehen der Steuerreform in der jetzigen Form nicht mit Kooperation der Union rechnen. „Wenn ein Kanzler nach zwei Tagen Klausur vor das deutsche Volk tritt und sagt, er will die Steuersenkung vorziehen, weiß aber nicht, wie er es bezahlt (..), dann haben wir es mit einer Regierung zu tun, die einräumt, dass sie am Ende ist“, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Chef Jürgen Rüttgers der „Kölnischen Rundschau“ vom Montag. „Das Beste wäre, die Regierung würde abtreten“, fügte er hinzu. Die geplante Gegenfinanzierung der vorgezogenen Steuerreform über weitere Neuverschuldung sei grundgesetzwidrig. Rüttgers empfahl der Union daher, eine Verfassungsklage anzustrengen.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kritisierte, dass die Bundesregierung wesentlich mehr Schulden machen müsse. Dies sei schon ohne das Vorziehen der Steuerreform unausweichlich, sagte er am Sonntagabend im ZDF. Er warf Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) vor, an unrealistischen Wachstumszahlen festzuhalten.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte der in Hannover erscheinenden „Neuen Presse“ vom Montag, Gerhard Schröders Milliardengeschenk lenke davon ab, dass er ohnehin keinen verfassungsgemäßen Haushalt hinbekomme. „Da werden Menschen 2004 18  Milliarden Euro einmalig geschenkt, aber anderswo Jahr für Jahr – etwa bei der Abschaffung des Kilometergeldes für Berufspendler oder der Eigenheimzulage – mehr Milliarden weggenommen“, fügte er hinzu.

CDU-Chefin Angela Merkel hatte bereits am Sonntag unmittelbar nach der Entscheidung der Regierungsspitze erklärt, das Ergebnis der Kabinettsklausur auf Schloss Neuhardenberg sei „angesichts der Lage des Landes eine große Enttäuschung“. Die Union sei zwar nach wie vor bereit, ein Vorziehen der Steuerreform mitzutragen. Sie hätte aber erwartet, dass Schröder „konkrete Angaben macht, wie das Vorziehen finanziert werden kann“, so Merkel. Stattdessen seien vom Kanzler nur vage Ausführungen gekommen. Seine Aussagen zur Neuverschuldung seien für die Union „inakzeptabel“. Derzeit sehe sie keinen Weg für eine seriöse Gegenrechnung. „Mit Sicherheit stimmen wir so, wie das vorgelegt ist, nicht zu“, sagte auch CSU-Chef Edmund Stoiber.


Die Union muss ein Vorziehen der Steuerreform im Bundesrat mittragen.

Länder pochen auf Ausgleich

Auch SPD-geführte Länder beharren weiter auf einem Ausgleich des ihnen entstehenden Einnahmeausfalls. Wie zuvor bereits der nordrhein-westfälische SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück bekräftigte sein Stellvertreter, Bauminister Michael Vesper (Grüne), die Ablehnung der Landesregierung gegen den Beschluss des Bundeskabinetts. Der Bund bleibe bei der Gegenfinanzierung „wolkig“, sagte Vesper der Bielefelder Zeitung „Neue Westfälische“ vom Montag. „Davon können wir uns nichts kaufen.“

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erklärte regierungsintern, dass das Land seinen Steuerverlust von 260 Millionen Euro nicht durch zusätzliche Einsparungen kompensieren könne, wie die „Lausitzer Rundschau“ berichtete. Der Innenminister seiner rot-schwarzen Koalition, CDU-Landeschef Jörg Schönbohm, sagte laut der Zeitung, Brandenburg könne im Bundesrat nur zustimmen, wenn der Einnahme-Ausfall ausgeglichen werde.


Weniger Einkommensteuer, mehr Schulden

Vor allem auf Pump und mit einem rigorosen Subventionsabbau will die Regierung die Bürger im kommenden Jahr um zusätzlich 18 Milliarden Euro entlasten. Die Spitzen von SPD und Grünen hatten bei ihrer Klausur am Sonntag im brandenburgischen Neuhardenberg beschlossen, die für 2005 geplante letzte Stufe der Steuerreform auf 2004 vorzuziehen.

Dies sei ein wichtiges Signal für mehr Wachstum in Deutschland, sagte Schröder zum Abschluss der dreitägigen Kabinettsklausur. Steuerzahler müssten ab 2004 zehn Prozent weniger Einkommensteuer zahlen. Kleinere Einkommen würden prozentual stärker entlastet als höhere. Der Mittelstand werde um zehn Milliarden Euro entlastet.

Zur Gegenfinanzierung würden Subventionen gekürzt und Privatisierungserlöse genutzt, so der SPD-Chef weiter. Der Rest werde über höhere Schulden finanziert. Zur Höhe der Kredite äußerte sich Schröder nicht.

Der Kanzler kündigte einen beispiellosen Subventionsabbau an. Bis 2010 wolle allein der Bund Aufwendungen von 45 Milliarden Euro einsparen. Hinzu kämen Einsparungen bei Beamten und auf allen öffentlichen Ebenen.


Skepsis auch bei den Grünen

Kritik an dem Beschluss, die Steuerreform vorzuziehen, kam auch aus den Reihen der Grünen. Die haushaltspolitische Sprecherin Antje Hermenau sprach sich im Gegensatz zu Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt gegen neue Schulden aus. „23,8 Milliarden Euro sind genug“, sagte sie. Die EU-Kommission werde Deutschland keinen weiteren Verstoß gegen die Euro-Stabilitätskriterien „durchgehen lassen“.


Westerwelle auf Schröders Seite

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte Schröder dagegen Unterstützung zu. „Wir sind an fünf Landesregierungen beteiligt. Wir werden eine Blockade im Bundesrat nicht zulassen“, betonte er.


Nullrunde für Rentner offen

Offen ließ das Kabinett, wie die 20 Millionen Rentner zum Stopfen der Haushaltslöcher beitragen sollen. Die Entscheidung über eine Nullrunde bei der Rentenanpassung wurde auf den Herbst vertagt. Nach den Worten Schröders muss Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zwei Milliarden Euro sparen und dafür sorgen, dass der gesetzliche Krankenkassenbeitrag auf 13 Prozent sinkt und der zur Rentenkasse bei 19,5 Prozent stabil gehalten wird.  


Focus online, 30.06.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch."Wahrheit, Vorherigkeit und Vollständigkeit "

 
  
    #81
30.06.03 15:35

Bundesregierung soll unverzüglich einen Nachtragsetat einbringen
Haushalt

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung soll unverzüglich einen Nachtragshaushalt in den Deutschen Bundestag einbringen. Dies fordert die CDU/CSU-Fraktion in einem Antrag (15/1218). In dem Nachtragsetat soll die aus heutiger Sicht wahrscheinliche Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben erfasst und die zu erwartende Neuverschuldung realistisch abgebildet werden. Nur so könne die Bundesregierung den Haushaltsgrundsätzen von Wahrheit, Vorherigkeit und Vollständigkeit gerecht werden, heißt es weiter. Zudem fordert die Union, den allgemeinen Staatsverbrauch (zum Beispiel sächliche Verwaltungsausgaben) mit einer Haushaltssperre zu belegen und zusammen mit dem Nachtragsetat ein umfassendes Haushaltssicherungsgesetz einzubringen, mit dem staatliche Leistungen, etwa im Bereich der Subventionen, deutlich zurückgeführt werden sollen.

Die Fraktion stellt in ihrem Antrag fest, dass nur zwei Monate nach Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2003 im April die Regierung den haushalts- und finanzpolitischen Offenbarungseid leisten müsse. Die Nettoneuverschuldung werde in diesem Jahr mit rund 40 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch ausfallen wie ursprünglich geplant. Dieses Rekorddefizit werde im Wesentlichen durch massive Steuermindereinnahmen und explodierende Ausgaben zur Finanzierung der gestiegenen Arbeitslosigkeit verursacht. So sei bei den Steuereinnahmen allein des Bundes ein Minus von rund 7 Milliarden Euro zu verkraften. Der Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit werde rund 10 Milliarden Euro ausmachen und die Mehrausgaben bei der Arbeitslosenhilfe würden voraussichtlich 2 Milliarden Euro betragen. Darüber hinaus ist die Bundesregierung mit 0,75 Prozent von einem zu positiven realen Wirtschaftswachstum ausgegangen, heißt es in dem Antrag weiter. Die Bundesregierung verletze in gravierender Weise die Haushaltsgrundsätze von Vorherigkeit, Wahrheit, Klarheit und Vollständigkeit. Verstöße gegen diese Grundsätze lägen besonders vor bei den entgegen der Annahme der meisten Sachverständigen von Beginn an wesentlich zu hoch geschätzten Steuereinnahmen und bei der Nichtveranschlagung von Mitteln an die Bundesanstalt für Arbeit. Schließlich verstoße die Bundesregierung auch gegen die Begrenzung der Nettoneuverschuldung auf die Höhe der Investitionen, so die Union. Werde der Nachtragshaushalt erst zum Jahresende vorgelegt, verliere der Haushalt insgesamt seine Funktion als Planungs- und Kontrollinstrument. Damit nehme die Bundesregierung dem Haushaltsgesetzgeber jegliche politische Gestaltungskraft und degradiere den Haushalt zu einem reinen Vollzugsinstrument.


hib - "Heute im Bundestag", 30.06.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Nachhilfe aus Brüssel - Teil 2

 
  
    #82
01.07.03 07:07

Schröders Kurs beunruhigt EU

Währungskommissar Solbes verlangt von Berlin genaue Auskunft über Gegenfinanzierung der vorgezogenen Steuersenkung


BRÜSSEL/BERLIN, 30. Juni. Die Europäische Kommission erwartet von der Bundesregierung ein schlüssiges Konzept für die Gegenfinanzierung der vorgezogenen Steuerreform. EU-Währungskommissar Pedro Solbes sagte der Berliner Zeitung, er wolle bei seinem Besuch in Berlin an diesem Dienstag Auskunft darüber erhalten, wie Deutschland den Stabilitätspakt einzuhalten gedenke. "Ein wesentlicher Punkt ist dabei die Gegenfinanzierung der geplanten Steuersenkungen." Die EU-Kommission mache sich Sorgen über die Finanz- und Wirtschaftsentwicklung in Deutschland.

Solbes bezeichnete die am Wochenende von der Koalition vereinbarten Steuererleichterungen als einen wichtigen Baustein, "aber nicht die wirkliche Priorität der EU-Kommission". Entscheidend sei vielmehr die Umsetzung der angekündigten Reformen auf dem Arbeitsmarkt, im Gesundheits- und im Rentensystem. "Wenn das nicht geschieht, wird Deutschland nicht vorankommen", warnte der spanische EU-Kommissar. Er regte an, zum Ausgleich sinkender Steuereinnahmen die Staatsausgaben weiter zu kürzen.

Auch Deutschland müsse die Defizitgrenze des Stabilitätspaktes respektieren, machte Solbes deutlich. "Die Regeln sind klar. Wenn die Drei-Prozent-Grenze nicht eingehalten wird, beginnt ein neues Verfahren mit Empfehlungen der EU-Kommission." Bundeskanzler Gerhard Schröder hat wiederholt signalisiert, dass die Regierung in Berlin einen neuerlichen Verstoß gegen die Stabilitätskriterien notfalls in Kauf nehmen würde. Das für 2004 in Deutschland prognostizierte Wirtschaftswachstum von zwei Prozent nannte Solbes "ein wenig optimistisch". Es bestünden Risiken und Unwägbarkeiten, sagte er im Interview. Der europäische Währungskommissar will am Dienstag in Berlin mit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) über den Reformkurs der Regierung und über das deutsche Haushaltsdefizit sprechen.


Berliner Zeitung, 01.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts

 
  
    #83
02.07.03 12:24

Steuerreform: Eichel erhöht Neuverschuldung auf 30,8 Milliarden Euro

Das Bundeskabinett hat den Haushaltsentwurf für 2004 verabschiedet. Die Steuerreform wird vorgezogen, die Neuverschuldung wird noch stärker erhöht als bisher angenommen.

Finanzminister Hans Eichel (SPD) hat im Etatentwurf 2004 den Ansatz für die Neuverschuldung auf 30,8 Milliarden Euro erhöht. Dies teilte der Minister in Berlin mit. Die Anhebung um sieben Milliarden Euro im Vergleich zu den noch vergangene Woche von Eichel genannten Zahlen entspricht dem voraussichtlichen Bundesanteil an den Einnahmeausfällen aufgrund des von der Regierung beschlossenen Vorziehens der Steuerreform.

Es handele sich jedoch um eine «technische Veranschlagung», sagte Eichel. Die nun eingeplante Summe solle durch Privatisierungerlöse und Subventionsabbau noch verringert werden. Er erwarte eine umfassende Kooperation mit der Union, fügte Eichel hinzu. Diese könne sich nicht auf das Vorziehen der Steuerreform beschränken sondern müssse auch die Umsetzung der Agenda 2010 einschließen.

Durch die geplanten Konsolidierungsmaßnahmen sei sichergestellt, dass der Haushalt verfassungskonform sei, so Eichel. Eine Überschreitung der Kreditobergrenze 2004 sei gerechtfertigt, da sonst mit einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu rechnen sei.

Für das Haushaltsjahr 2003 geht Eichel statt von der veranschlagten Neuverschuldung von 18,9 Milliarden Euro nun von einem Betrag von rund 35 Milliarden Euro aus.

Vorgesehen sind Einsparungen von 8,4 Milliarden Euro. Diese sollen unter anderem durch Streichungen bei der Eigenheimzulage und den Wohnungsbauprämien sowie durch Änderungen bei der Entfernungspauschale zusammenkommen. Im Gespräch ist außerdem eine Aussetzung der Rentenanpassung. (nz)


netzeitung,02.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Ist uns Hans gar noch breit?

 
  
    #84
02.07.03 21:08

Eichel spielt va banque

Der Finanzminister setzt alles auf eine Karte: Zieht die Opposition beim Abbau von Subventionen und Steuerprivilegien nicht mit, ist sein Haushalt verfassungswidrig - auch ohne die Belastungen der vorgezogene Steuerreform. Und die Union versucht, den Kanzler in die Defensive zu zwingen
von Dorothea Siems



Bundesfinanzminister Hans Eichel hat ein Geheimnis preisgegeben. In seiner Jugend habe er nicht nur die Rolling Stones bewundert, sondern auch mal einen Joint geraucht. Doch der junge Hans war vom Cannabis enttäuscht. "Es hat nicht gewirkt." Vielleicht wirkt das Rauschgift ja mit einigen Jahrzehnten Verspätung. Denn was Eichel gestern als einen "soliden Haushaltsentwurf" vorlegte, entpuppt sich bei nüchterner Betrachtung als ein Luftschloss aus Zahlen.

Noch in der vergangenen Woche hatte der Finanzminister in einem ersten Entwurf eine Neuverschuldung von 23,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Jetzt ließ er sich vom Kabinett vorsorglich 30,8 Milliarden Euro neue Schulden genehmigen. Das am Wochenende beschlossene Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform von 2005 auf 2004 würde damit auf Seiten des Bundes vollständig über neue Kredite finanziert. "Der Haushalt ist klar verfassungswidrig", monierte denn auch der Haushaltsexperte der Union, Dietrich Austermann. Denn die gesamten Investitionen würden mit 24,8 Milliarden Euro deutlich unter der veranschlagten Nettoneuverschuldung liegen. Nach Berechnungen der Union wird das Defizit sogar noch weit über die von Eichel genannte Marke hinausschießen. Der Bund werde 40 bis 45 Milliarden Euro neue Schulden machen müssen, prophezeite Austermann, und damit den "absoluten Rekord seit 1945 erreichen". Das Bild vom Eisernen Hans dürfte dann endgültig zerstört sein.

Führende Ökonomen warnen vor dem Marsch in die Verschuldung. Martin Hüfner, Chefvolkswirt der Hypo-Vereinsbank, begrüßt zwar das Vorziehen der Steuerreform. "Zusammen mit der Agenda 2010 ist das ein wichtiger Schritt, um endlich Reformen in Deutschland voran zu bringen." Es sei aber wichtig, dass die geplanten Steuererleichterungen nicht durch neue Schulden, sondern vor allem durch einen möglichst großen Subventionsabbau gegenfinanziert würden. Ins gleiche Horn stieß Industriepräsident Michael Rogowski: "Es hat doch keinen Sinn, dass wir heute die Steuern senken, und auf der anderen Seite machen wir neue Schulden." Die Industrie sei bereit, Subventionskürzungen anzunehmen, meinte der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.

Eichel selbst setzt darauf, dass es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu einer Einigung mit der Union über den Abbau von zahlreichen staatlichen Beihilfen und Steuerprivilegien kommt. Ein Vabanquespiel. Denn gelingt ihm dies nicht, ist sein Etat selbst dann verfassungswidrig, wenn es doch nicht zu der für kommendes Jahr in Aussicht gestellten Steuerentlastung kommt. Noch ist völlig offen, ob sich Koalition und Union etwa darauf verständigen, die Eigenheimzulage zu streichen. Dies würde insgesamt zehn Milliarden Euro an Mehreinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden bedeuten. Hessens Ministerpräsident Roland Koch aber droht bereits damit, dieses Sparvorhaben im unionsgeführten Bundesrat zu kippen. Auch Eichels Plan, die Pendlerpauschale für die ersten zwanzig Kilometer abzuschaffen, stößt bei etlichen Länderchefs auf Widerstand.

Der Finanzminister setzt aufs Prinzip Hoffnung. Die Aussicht auf zusätzliche Steuereinnahmen soll die Länder locken. Immerhin bringt Eichels Giftliste den Bundesländern 7,2 Milliarden Euro an Mehreinnahmen. Weil sie das geplante Vorziehen der Steuerreform nur 6,2 Milliarden Euro koste, ergäben sich für die Länder unter dem Strich sogar Mehreinnahmen, rechnet das Finanzministerium vor. Somit dürfte es für die Union schwer werden, eine stabile Ablehnungsfront gegen die Steuersenkung und den Subventionsabbau aufzubauen. Zumal die Haushaltslage in den meisten Bundesländern ähnlich katastrophal aussieht wie auf Bundesebene. Eichel weist den Länderchefs denn auch geschickt eine aktive Rolle zu. Die Verhandlungen der Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Koch (CDU) und Steinbrück (SPD), die sich seit Monaten gemeinsam für den Abbau von Subventionen stark machen, sollen einen "offiziellen Status" erhalten. Eichel will außerdem in einer neuen Arbeitsgruppe von Bund und Ländern über Sparvorschläge verhandeln. Im Finanzplanungsrat, wo Bund, Länder und Gemeinden üblicherweise ihre Haushaltsplanung abstimmen, unterbreitete Eichel gestern seinen Vorschlag für eine große Konsensrunde. Mehrere Unions-Finanzminister lehnten jedoch prompt ab. Sie wollten für eine "Steuersenkung auf Pump nicht die Hand reichen". Scharfe Kritik an Eichels Entwurf kam auch vom FDP-Haushaltsexperten Rexrodt. Er warf dem Minister "Realitätsferne und Chaos" vor. Eichel ignoriere Wirtschaftsflaute und Beschäftigungsmisere. Für den Liberalen ist der einst so biedere Kassenwart zum "finanzpolitischen Hasardeur" mutiert.


Die Welt, 03.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Angst, Verantwortung zu übernehmen

 
  
    #85
05.07.03 23:35

Dramatischer Appell Eichels an die Union: Gemeinsam Steuern senken

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will noch in der Sommerpause mit der Opposition über die Finanzierung der vorgezogenen Steuersenkung verhandeln

 
Berlin  -  In WELT am SONNTAG richtete Eichel einen dramatischen Appell an die Union, jetzt gemeinsam die Steuern zu senken. "Wir sind zur Zusammenarbeit bereit. Wenn wir uns jetzt gemeinsam über alle Parteigrenzen hinweg auf das Notwendige - Steuersenkungen, Strukturreformen und Subventionsabbau - konzentrieren, können alle Menschen in Deutschland gewinnen. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung!"

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer reagierte darauf: "Die Bundesregierung und Herr Eichel sollen endlich mit dem Gequatsche aufhören." Die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) fordern als Voraussetzung für Gespräche konkrete neue Steuerdaten der Bundesregierung.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle will dagegen eine neue überparteiliche Steuer-Klausur in der Sommerpause. "Die Regierung soll die nächsten beiden Wochen nutzen, um konkrete Vorschläge zu Privatisierung, Subventionsabbau und zum Bürokratieabbau zu erarbeiten und auf dieser Basis den Haushalt 2004 völlig neu durchzurechnen. Anschließend schlage ich vor, dass der Bundeskanzler im Interesse Deutschlands die Partei- und Fraktionsvorsitzenden zu einer Klausur über die Regierungsvorlage einlädt", sagte Westerwelle dieser Zeitung.

Nach Ansicht des FDP-Chefs beginnt jetzt erst die eigentliche Arbeit. Sein Vorschlag: "Dieses Jahr fällt die Sommerpause aus. Wir brauchen diese Klausur für Deutschland. Eine überparteiliche Mehrheit der Vernunft muss jetzt gemeinsam die verkrusteten Strukturen in unserem Land aufbrechen, damit der Aufschwung kommt."

Die Steuersenkung will Eichel "auch von Länderseite" mitfinanzieren lassen. Länder-Forderungen nach finanziellem Ausgleich vom Bund lehnt er als "sachlich nicht begründet" ab, weil die Länder von den Berliner Entscheidungen profitieren würden: "Allein im nächsten Jahr summieren sich die entsprechenden Einsparungen für Länder und Kommunen daraus auf rund neun Milliarden Euro."

Ganz anders sieht das sein Parteifreund Jochen Dieckmann. Der nordrhein-westfälische Finanzminister verlangte gestern gegenüber dpa konkrete Vorschläge des Bundes zur Gegenfinanzierung. Die Subventionskürzungen, die derzeit von Nordrhein-Westfalen und Hessen erarbeitet würden, stünden zum Ausgleich der Steuersenkungen nicht zur Verfügung: "Die Landeshaushalte befinden sich auch ohne diese zusätzlichen Belastungen in einer Schieflage."

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) besteht ebenfalls "auf einer seriösen Gegenfinanzierung: Sonst können wir nicht zustimmen."  fwm/rgr


Welt am Sonntag, 06.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Gut für den Papierkorb

 
  
    #86
09.07.03 16:17

REFORMDEBATTE

Prügel für Eichel - diesmal von Müntefering

Die Ruhe hielt nicht lange. Nachdem der Kanzler seine Genossen mit Mühe auf seinen Reformkurs gebracht hatte, brandet abermals Streit in der SPD auf. Kein Geringerer als der Fraktionschef prescht mit neuen Vorwürfen gegen Finanzminister Eichel vor. Nach der Wahl hätte man dessen Sparliste in den Papierkorb werfen sollen.


Berlin - Fraktionschef Franz Müntefering hat eingeräumt, dass sich die rot-grüne Koalition nach der Wahl im September zu lange an falsche Wachstumshoffnungen geklammert hat. Zugleich warf er Hans Eichel in einem Interview der "Zeit" indirekt vor, bei den Koalitionsverhandlungen den Blick auf Strukturveränderungen versperrt zu haben. Rot-Grün habe sich von einer Liste Eichels beeindrucken lassen, die nur fiskalisch orientiert gewesen sei, aber Strukturveränderungen nicht berücksichtigt habe. "Es war ein Fehler, dass keiner das Ding in den Papierkorb geschmissen hat."

Eichel, den Müntefering nicht direkt nannte, hatte bei den Koalitionsverhandlungen Sparlisten vorgelegt. Bereits in den Verhandlungen hatte dies für Unmut in der Koalition gesorgt. Der schlechte Start der rot-grünen Bundesregierung und die Wahlschlappen der SPD bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen im Februar werden in der SPD Eichels Vorhaben mit angelastet.

Die Pläne Eichels scheiterten im März im Bundesrat an der Unions-Mehrheit. Im Rahmen der Haushaltsplanung für 2004 hat der Finanzminister die Pläne, wie die Kürzung der Eigenheimzulage, teilweise wieder vorgelegt.

Müntefering sagte weiter, vor der Wahl habe er die Notwendigkeit von Reformen nicht gesehen. Die jetzt geplanten Einschnitte hätte er damals abgelehnt. Erst zum Jahreswechsel 2002/2003 sei der Regierung klar geworden, dass es nicht ausreiche, auf eine Verbesserung der Konjunkturentwicklung zu hoffen. Man habe dann erkannt: "Wir müssen einen Befreiungsschlag versuchen."

Die Regierung plant unter anderem Einschnitte in Kranken- und Rentenversicherung. Der Bundestag muss den Vorhaben noch zustimmen. Müntefering sagte, die nun geplanten Reformen seien erst der Anfang in einem längeren Prozess: "Sie sind erst der Türöffner." Konkrete Angaben über weitere Schritte machte er nicht.


Spiegel online, 09.07.2003  

Clubmitglied, 50264 Postings, 8707 Tage vega2000Endlich mal eine gescheite Überschrift für diesen

 
  
    #87
09.07.03 16:25
Thread *gg*  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Wann hast Du Dein Auto verkauft?

 
  
    #88
09.07.03 16:30

Clubmitglied, 50264 Postings, 8707 Tage vega2000Welches ?

 
  
    #89
09.07.03 16:31
Ich habe Fünf ?  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Den roten Schrotthaufen mit Aufschrift.

 
  
    #90
09.07.03 16:36

Clubmitglied, 50264 Postings, 8707 Tage vega2000Der ist unverkäuflich

 
  
    #91
09.07.03 16:39
Schrotthaufen ? Frechheit  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Schade

 
  
    #92
09.07.03 16:40

Clubmitglied, 50264 Postings, 8707 Tage vega2000Sag bloss du suchst einen Daimler ?

 
  
    #93
09.07.03 16:42

mobile.de  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Flasche leer

 
  
    #94
14.07.03 16:13

Eichel will offenbar Steuerreform auf Pump

Nach einem Zeitungsbericht will der Bundesfinanzminister zunächst keine neuen Vorschläge zur Gegenfinanzierung der Steuerreform machen. Union erwartet „nichts Konsensfähiges“


Berlin -  Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will das Vorziehen der Steuerreform offenbar weitgehend durch neue Schulden und Privatisierungen finanzieren. Er werde zunächst keine neuen Vorschläge für einen weiteren Subventionsabbau machen, berichtet die „Berliner Zeitung“ unter Berufung auf Regierungskreise. Eichel sei der Ansicht, er habe bereits umfangreiche Vorschläge zur Gegenfinanzierung der Steuerreform vorgelegt. Damit würde der Finanzminister die Forderung der Union ignorieren, ein umfassendes Finanzierungskonzept vorzulegen.

Die Union erwartet Eichel „nichts Konsensfähiges“ zur Gegenfinanzierung der um ein Jahr vorgezogenen Steuerreform. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte der Haushaltsexperte der Unions-Bundestagsfraktion, Dieterich Austermann (CDU), Eichel könne bis zur angekündigten Vorlage der Eckpunkte am Mittwoch „überhaupt nichts Neues erarbeiten und präsentieren“. Der Bundesfinanzminister werde nur längst Bekanntes präsentieren: Je ein Drittel Subventionsabbau, Neuverschuldung und Privatisierung. Insofern sei die entsprechende Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) „ein großer Bluff“.

CSU-Chef Edmund Stoiber kündigte unterdessen eine rasche Antwort der Union auf die für Mittwoch erwarteten Regierungs-Eckpunkte an. Alle Unions-Länder wollten die dritte Stufe der Steuerreform vorziehen. „Das ist überhaupt keine Frage“, fügte der CSU-Politiker hinzu.

Doch wie die vorgezogenen Steuersenkungen finanziert werden sollen, darüber ist die Union weiter uneins. Ungeachtet aller Appelle zur Geschlossenheit war am Wochenende keine einheitliche Linie erkennbar. Parteichefin Angela Merkel rief die CDU abermals auf, ihrer Linie zu folgen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) lehnte indes entgegen Absprachen mit der Parteispitze Steuersenkungen „auf Pump“ erneut strikt ab. Ein weiterer Anstieg der Schulden sei „nicht vertretbar“.  WELT.de/ddp/dpa



Die Welt, 14.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Eichel immer orientierungsloser

 
  
    #95
14.07.03 16:40

Eichel zum Rücktritt aufgefordert

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel wirft Hans Eichel vor, den Überblick über seinen Haushalt verloren zu haben – und fordert dessen Rücktritt.


Die neuen Ankündigungen von Finanzminister Hans Eichel (SPD) werden von der Opposition scharf kritisiert. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel nannte dessen Vorschläge zum Subventionsabbau in München «völlig unzureichend».

Goppel sagte, der Bundesfinanzminister habe offenbar durcheinander gebracht, womit er seinen Haushalt und womit er das Vorziehen der Steuerreform 2004 finanziere. Die geplante Streichung der Eigenheimzulage und die Kürzung der Pendlerpauschale brauche Eichel bereits, um einen verfassungsgemäßen Haushalt 2004 vorlegen zu können - die vorgezogene Steuerreform nicht eingerechnet.

Der CSU-Generalsekretär warf Eichel vor, er habe den Überblick über seinen Haushalt «komplett verloren». Offensichtlich könne der Finanzminister «seinen Haushaltsentwurf 2004 nicht mehr von den Planungen für das Vorziehen der Steuerreform unterscheiden».

Zudem seien diese Initiativen «Luftbuchungen», weil mehrere Bundesländer nicht zustimmen wollten. Eichels «öffentliche Verwirrung» sei inakzeptabel, so Goppel. «Ein in einem solchen Ausmaß verwirrter Finanzminister sollte seinen Hut nehmen.» (nz)


netzeitung, 14.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.SPD Sommerspiele

 
  
    #96
14.07.03 19:17

SPD Sommerspiele

Goldesel und Pechmarie

Von Markus Deggerich


Wie locke ich jemanden mitten im Sommer aufs Glatteis? Eigentlich wollte Bundeskanzler Gerhard Schröder nur die Union ins Schwitzen bringen, als er ankündigte, sein Kassenchef werde noch diese Woche erklären, wie die Steuerreform finanziert wird. Aber offensichtlich hat er auch Hans Eichel damit kalt erwischt.

Bisher war der Wunsch Vater des Gedankens. Der Bundeskanzler verkündete aus der Neuhardenberger Idylle heraus das Geldgeschenk für die Menschen. So sollte per Steuersenkung die Binnenkonjunktur anspringen und die Opposition zum Mitmachen gezwungen werden. Wer kann dazu schon nein sagen?

Einige in der Union konnten es. Edmund Stoiber sagte erst nein, dann ja. Roland Koch sagte laut nein, später etwas leiser "nein, aber" und Merkel erklärte erst laut "nein", dann ein entschiedenes "Ja, aber". Diese Kakofonie, die Schröder sonst aus den eigenen Reihen kennt, gefiel dem Kanzler. So entstand der Eindruck von einem Kanzler, der es anpacken will, und einer rumdrucksenden Opposition, die nicht weiß, was sie will.

Der wunde Punkt war, dass Rot-Grün tatsächlich nicht so richtig erklärt hatte, wie man die Steuermindereinnahmen ausgleichen wolle. Man warf zwar ein paar Oberbegriffe in die Runde, ein Mix aus Privatisierungen, Krediten und Subventionsabbau sollten die Löcher stopfen. Aber so richtig ins Detail gehen wollte keiner.

Also erklärte Angela Merkel gebetsmühlenartig, es könne nicht sein, dass die Regierung den beglückenden Goldesel spielt und die Opposition den Menschen die schlechte Nachricht zu bringen habe, wer dafür bluten muss. Und da inzwischen auch einige SPD-Ministerpräsidenten nachgerechnet hatten, wurden die ebenso nervös. Heide Simonis erkannte gar, dass ihr Finanzminister unter dem Schreibtisch sitzt und weint.

Schröder musste also fürchten, dass er im Sommerloch vom Antreiber wieder zum Getriebenen wird und verkündete etwas überraschend, noch diese Woche werde Hans Eichel offen legen, welche Pläne die Regierung hat - wenn sie welche hat. Überrascht war auch Hans Eichel.


Alter Wein in neuen Schläuchen

Der will zur Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform zunächst keine neuen Vorschläge zum Abbau von Subventionen machen, hieß es am Montag. Denn das sind ja die Nachrichten, die wehtun. Eichel will das Geldgeschenk offenbar weiter hauptsächlich über neue Schulden und Privatisierungen finanzieren. Unions-Haushaltsexperte Dietrich Austermann warf Bundeskanzler Gerhard Schröder deshalb einen großen Bluff vor.

An den Details der "Ideen" werde noch gearbeitet, sagte Eichels Sprecher Jörg Müller am Montag etwas kleinlaut: "Wir werden sehen, ob wir das bis Mittwoch hinbekommen." Bis zum geplanten Kabinettsbeschluss am 13. August werde jedenfalls definitiv ein Vorschlag auf dem Tisch liegen. Müller bekräftigte, dass die Vorschläge auf dem beabsichtigten Mix aus Privatisierung, Kreditaufnahme und "dem von uns nach wie vor favorisierten Subventionsabbau" beruhen würden.


Eine Interpretationsfrage

Die "Interpretation", Eichel wolle das Vorhaben offenbar weitgehend mit neuen Schulden und Privatisierungen bezahlen und zunächst keine neuen Vorschläge zum Abbau von Subventionen machen, könne er "so nicht teilen".

In Eichels Haus ist man der Ansicht, bereits umfangreiche Vorschläge vorgelegt zu haben, wie die Streichung der Eigenheimzulage und eine Kürzung der Pendlerpauschale. Davon profitierten auch die Länder. Würden sie diese und weitere Vorschläge Eichels im Bundesrat mittragen, könnten sie zusammen mit den Gemeinden fast neun Milliarden Euro sparen. Das übersteige sogar die Ausfälle durch die vorgezogenen Steuersenkungen, die sich auf rund 8,5 Milliarden Euro beliefen.


"Blanker Hohn"

"Das ist blanker Hohn", behauptet hingegen CSU-Generalsekretär Thomas Goppel. Diese Maßnahmen brauche Eichel schon ohne vorgezogene Steuerreform allein für einen verfassungsgemäßen Haushalt. Unions-Haushaltsexperte Dietrich Austermann ist sich deshalb sicher, Eichel könne bis Mitte dieser Woche überhaupt nichts Neues erarbeiten und werde nur längst Bekanntes präsentieren: je ein Drittel Subventionsabbau, Neuverschuldung und Privatisierung.

Aber vielleicht wollte Schröder auch gar nicht viel mehr, als alten Wein in neuen Schläuchen präsentieren. Denn das vorrangige Ziel war, die Aufmerksamkeit wieder auf die Union zu lenken, weil man dort bei genauerer Betrachtung eben keine gemeinsame Position in Steuerfragen erkennen kann.

So setzte am Montag wieder der Ja-Nein-Aber-Chor ein. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, stellte Bedingungen für seine Zustimmung. "Wenn es keine Gegenfinanzierung gibt, stimme ich nicht zu", sagte der CDU-Politiker. Sachsen-Anhalt koste das 260 bis 270 Millionen Euro. Deshalb sei eine Kompensation notwendig, wenn auch nicht in vollem Umfang. Böhmer signalisierte Zustimmung zu einer Kürzung der Entfernungspauschale. Auch über die steuerfreien Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit müsse man reden. Die Gelder aus der Eigenheimzulage solle man nicht streichen, sondern für den Stadtumbau verwenden, schlug Böhmer vor.


Stimmenvielfalt in der Union

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber machte sich jedoch - schließlich steckt er im Wahlkampf - für beschleunigte Steuersenkungen mit Hilfe der Union stark. "Die Union wird das mit Sicherheit ermöglichen und mitgestalten", sagte der CSU-Chef. Dies gelte, "wenn der Kanzler vernünftige Vorschläge unterbreitet und nicht alles über die Neuverschuldung machen will und auch einspart und zeigt, wie er mit eventuellen Ausgleichsmaßnahmen den Ländern hilft". Natürlich werde die Union auf die Regierungseckpunkte "sehr schnell" antworten und auch eigene Vorschläge machen.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch lehnte entgegen Absprachen mit der Parteispitze weiterhin Steuersenkungen "auf Pump" erneut strikt ab. Ein weiterer Anstieg der Schulden sei "nicht vertretbar".


Hilfe aus Frankreich

Das will Eichel eigentlich auch nicht so gern. Aber sein Chef Schröder hat sich längst mit neuen Schulden angefreundet und bekam dafür am Montag noch Schützenhilfe aus Frankreich. Präsident Jacques Chirac hat wegen der Wachstumsschwäche in Europa eine vorübergehende Lockerung des Stabilitätspakts vorgeschlagen und damit die Debatte über die Haushaltsregeln angeheizt. In einem Fernsehinterview sagte Chirac am Montag wenige Stunden vor dem Brüsseler Treffen der Finanzminister der Euro-Zone, es gehe ihm nicht um eine Änderung des Stabilitätspaktes. "Es geht vielmehr darum, die Vertreter der Länder der Euro-Zone dazu zu bringen, gemeinsam die Bedingungen für eine temporäre Lockerung der Regeln zu prüfen."

Das schmeckte den Eichel-Mitarbeitern gar nicht, die postwendend verkündeten, der Stabilitätspakt sei ausreichend flexibel, Chiracs Äußerungen besäßen "keine neue Qualität". Deshalb darf man gespannt sein, welche neue Qualität die Eckpunkte aus dem Hause Eichel dann haben werden. Denn in Regierungskreisen wird ja zugegeben, um was es bei Schröders Versprechen eigentlich ging: "Wir müssen jetzt den Druck auf die Unionsländer aufrechterhalten."


Spiegel online, 14.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen

 
  
    #97
16.07.03 14:52

Hoffen auf 2% Wirtschaftswachstum - Schröder jongliert mit Milliarden-Krediten

Die Bundesregierung plant Steuerentlastungen auf Pump. Fast zwei Drittel der 7,5 Milliarden Euro, die das Vorziehen der Steuerreform kostet, sollen durch neue Kredite finanziert werden. Kanzler Schröder und Finanzminister Eichel stellten ihr Konzept am Mittag in Berlin vor.



Berlin - Schröder und Eichel halten an der in Neuhardenberg abgesprochenen Entscheidung fest, die von 2005 auf 2004 vorgezogene Steuerreform durch einen Mix zu finanzieren: mehr Schulden, weniger Subventionen, mehr Privatisierung.

Auf einer Pressekonferenz in Berlin legten sie die Eckpunkte der geplanten Steuerpolitik dar. Dabei wurde klar, dass der Großteil der Mindereinnahmen des Bundes über neue Schulden finanziert werden soll. Etwas mehr als sieben Milliarden Euro wird die vorgezogene Steuerreform kosten. Davon will die Bundesregierung knapp fünf Milliarden über eine zusätzliche Kreditaufnahme finanzieren. Zudem sollen rund 2 Milliarden Euro aus Privatisierungserlösen erzielt werden, der Rest aus weiterem Subventionsabbau.

Zwei Milliarden Euro will der Bund durch Privatisierungen einnehmen. Sie sollen zur Tilgung der neu zu machenden Schulden genutzt werden. Eichel kündigte an, die Veräußerungen im nächsten Jahr zu marktüblichen Bedingungen tätigen zu wollen.

Bei den Finanzhilfen des Bundes will die Regierung fünf Prozent einsparen. Der Subventionsabbau soll den Bundeshaushalt im kommenden Jahr um 300 bis 350 Millionen Euro entlasten. In den folgenden drei Jahren wird dieser Betrag gestaffelt voraussichtlich weniger werden.

Schröder wies darauf hin, dass etwa die Beihilfe für die Steinkohle kräftig abgebaut würden. Von derzeit 28 Millionen Tonnen Kohle sollen bis zum Jahr 2012 nur noch rund 16 Millionen gefördert werden. Es sei notwendig, den Subventionsabbau "mit aller Kraft voranzubringen", sagte Schröder. Dabei gehe es auch um die Eigenheimzulage und die Pendlerpauschale. Er hoffe, die Opposition erschöpfe ihre Position nicht im Nein sagen.

Eichel erklärte, dass künftig die landwirtschaftlichen Betriebe wie alle anderen Betriebe behandelt werden. Reformiert werden soll auch die Besteuerung der Baubranche. Durch steuerliche Veränderungen soll der so genannte Karussellbetrieb verhindert werden.

Der Kanzler wies darauf hin, dass die Agenda 2010 "mit Hochdruck" umgesetzt werde. Noch in dieser, spätestens in der kommenden Woche erwarte er eine Einigung in der Gesundheitsreform. Am 13. August soll das Haushaltsbegleitgesetz im Kabinett beschlossen werden. Zu diesem Paket gehöre auch eine Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Durch die strukturellen Veränderungen verspricht sich der Kanzler eine Entlastung des Bundeshaushaltes bis 2010 um 50 Milliarden Euro.

Eichel und Schröder erklärten übereinstimmend, die vorgezogene Steuerreform diene dem Wachstum der Wirtschaft. Eichel sagte, die zusätzlichen Investitionen müssten zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts getätigt werden. Der Kanzler verwies darauf, dass die Maastricht-Kriterien eingehalten werden können, wenn sich die Voraussetzungen der jetzigen Berechnungen nicht negativ veränderten.


Spiegel online, 16.07.2003  

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Eichel - das heißt Hardcore auf der ganzen Linie

 
  
    #98
16.07.03 15:07

Auszug von

http://www.bundesfinanzministerium.de/...6.13737/Pressemitteilung.htm


Zitat:

"Zur den Vorschlägen der Union zur Finanzierung der Hochwasserhilfen erklärt der Bundesminister der Finanzen, Hans Eichel:

"Eine solide Finanzierung der Hochwasserhilfen ist unabdingbar. Deshalb ist die Verschiebung der nächsten Stufe der Steuerreform um ein Jahr der finanzpolitisch richtige und gerechteste Weg zur Finanzierung der Schäden. Dabei handelt es sich auch nicht um Steuererhöhungen, sondern lediglich um die Verschiebung einer Steuerentlastung, keiner hat deswegen weniger Geld in der Tasche als dieses Jahr. Das Geld, das dadurch bei Bund und Ländern eingespart wird, kann in 2003 für die schnelle und notwendige Wiederaufbauhilfe in den Hochwassergebieten verwendet werden.

Aktuelle Ausgaben müssen heute finanziert werden und dürfen nicht zu Schulden und damit zu höheren Belastungen künftiger Generationen führen. Der im Frühjahr 2002 an den Bund ausgeschüttete Bundesbankgewinn ist in Höhe von 3,5 Mrd. EUR in den Bundeshaushalt geflossen. Die zusätzlichen Bundesbankgewinne in Höhe von 7,7 Mrd. EUR sind gemäß gesetzlicher Verpflichtung zur Schuldentilgung in den Erblastentilgungsfonds geflossen. Im Erblastentilgungsfonds sind die Schulden zusammengefasst worden, die durch die Wiedervereinigung entstanden sind. Die Forderung der Union, einigungsbedingte Verpflichtungen nicht zu tilgen, bedeutet höhere Schulden. Dies würde zu einem Anstieg des Maastricht-Defizits führen und von Brüssel nicht akzeptiert werden.

Die CDU macht da weiter, wo sie 1990 angefangen und 1998 aufgehört hat: Lasten sollen in die Zukunft verschoben werden, damit weicht man einer aktuellen Lösung der Probleme aus und verschiebt sie in die Zukunft. Motto: nach uns die Sintflut. Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Dies widerspricht dem Prinzip der Generationengerechtigkeit auf der einen Seite und macht den Staat handlungsunfähig für Investitionen und Zukunftsaufgaben auf der anderen Seite. Weder finanzwirtschaftlich noch ökonomisch machen diese Vorschläge einen Sinn.?"
*BLUBB*


Bundesfinanzministerium
 

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Heute ist "Steuerzahler-Gedenktag"

 
  
    #99
16.07.03 15:14

Seit heute arbeiten die Steuerzahler nur noch für sich

Berlin (dpa) - Fast 200 Tage haben die Steuerzahler in diesem Jahr rein rechnerisch nur für Steuern und Abgaben gearbeitet. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler ist heute die Wende erreicht - das Geld fließt nun ins eigene Portemonnaie. Am von ihm so genannten "Steuerzahler-Gedenktag" kritisierte Verbandspräsident Karl Heinz Däke, dass dieser Tag erneut weit in der zweiten Hälfte des Jahres liege. Dies sei ein Beleg für die überzogene Steuer- und Abgabenlast in Deutschland.


RZ-Online, 16.07.2003
 

2728 Postings, 7978 Tage anarch.Verfassungswidriger Haushalt

 
  
    #100
16.07.03 17:57

Verfassungswidriger Haushalt
Kleine Tricks erhalten die Freundschaft

Von Markus Deggerich


Gerhard Schröder und Hans Eichel haben verkündet, die Steuerreform hauptsächlich über neue Schulden zu finanzieren. Aber das letzte Wort ist da noch lange nicht gesprochen. Die überraschende Präsentation ihres Finanzkonzeptes mitten im Sommerloch hatte ein ganz anderes Ziel.

Sie hatten ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis. Hans Eichel bekam Geleitschutz vom Chef, als er am Mittwoch in Berlin seine "Konzept" genannten Vorschläge zur Finanzierung der Steuerreform präsentierte. Nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder überraschend angekündigt hatte, dass die Regierung noch in dieser Woche die Eckpunkte der Haushaltsbegleitgesetze zur Steuerreform verraten wolle, hatte Eichels Haus zunächst wenig Begeisterung dafür gezeigt. Zuletzt musste sich auch SPD-Fraktionschef Franz Müntefering mit dem Hinweis einschalten, die SPD erwarte die Vorlage der Fakten in dieser Woche.
Immerhin begleitete also der Chef seinen zum Zahlen-Jagen getragenen Kassenwart. Das sollte auch ein Zeichen sein: Gemeinsame Auftritte von Chef und Ressortleiter signalisieren die zuletzt oft bezweifelte Verbundenheit und zeigen, dass es beim Thema um Gewichtiges geht.

Zumindest letzteres bestätigten dann auch beide. Die Steuerentlastung soll der große Wurf werden, der die Deutschen zum Konsum antreibt, die Wirtschaft hoffnungsfroh stimmt, die Regierungskoalition aus dem Jammertal trägt und vor allem die mäkelnde Opposition unter Zugzwang bringt.


Politisches Zeichen

So war die Präsentation auch eher ein politisches Zeichen als eine inhaltliche Überraschung. Dass die Bundesregierung das Vorziehen der geplanten Steuerentlastungen zu zwei Dritteln durch zusätzliche Schulden finanzieren will, auf mindestens zwei Milliarden Euro durch den Verkauf staatlicher Beteiligungen hofft und mit weiterem Abbau von Steuervergünstigungen im Bau- und Agrarbereich die zusätzlichen Zinskosten bei Bund, Ländern und Gemeinden auszugleichen gedenkt, war bereits durchgesickert.

Überraschend war dann eher, dass Eichel immer noch das Ziel formuliert, für das er mal als Sparminator angetreten war: Trotz der geplanten höheren Schulden gelte weiter das langfristige Ziel, zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. In der aktuellen schwachen Wachstumsphase sei aber eben ein Konjunkturimpuls nötig: "Wir müssen raus aus der Stagnation, sonst werden wir die Konsolidierung nicht hinbekommen".


Verfassungswidriger Haushalt

Doch mit dem Schuldenstand, der mit jetzt noch mal knapp fünf Milliarden Euro die Nettokreditaufnahme des Bundes 2004 auf knapp 29 Milliarden Euro hochtreibt, liegt Eichel über den Investitionen - was formal verfassungswidrig ist. Für Schröder und Eichel kein Problem, denn das alles sei nur für ein Jahr so, dann werden all die Reform- und Beglückungsmaßnahmen greifen und den Haushalt wieder entlasten. Der Kanzler verwies auf die eingeleiteten strukturellen Reformen, die den Bund bis 2010 um rund 50 Milliarden Euro sowie die Länder und Gemeinden um 65 Milliarden Euro entlasten würden.

Vielleicht wird es aber auch belastend. Die Bundesregierung plant bereits im Haushaltsentwurf 2004 erhebliche Einschnitte zur Konsolidierung und damit verbunden einen massiven Subventionsabbau. Im Etatentwurf 2004 wird ein Defizit von 2,3 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) unterstellt. Doch um das zu erreichen, müssten alle Annahmen, auf denen der Etatentwurf basiert, eintreffen. Doch genau das bezweifeln viele, auch SPD-Haushaltspolitiker.


Luftbuchungen

Eichel unterstellt ein Wachstum von zwei Prozent, doch die Mehrheit der Ökonomen erwartet mittlerweile nur noch ein Plus von rund einem Prozent. Der Minister kalkuliert mit einer durchschnittlichen Jahresarbeitslosigkeit von 3,8 Millionen, andere Experten erwarten bereits diesen Winter 4,5 Millionen Arbeitslose. Entsprechend seien die unterstellten Einnahmen zu hoch und die Zahlungen etwa für die Arbeitslosigkeit zu gering angesetzt, kritisiert die Opposition.

Eichel hat auch Einsparungen etwa bei der Eigenheimzulage und der Pendlerpauschale schon eingerechnet, denen der Unionsdominierte Bundesrat erst noch zustimmen muss. Und diese Zustimmung ist keineswegs sicher. Viele Länderchefs starren jetzt schon auf leere Kassen und wollen vorgezogenen Steuersenkungen nur zustimmen, wenn der Bund ihnen einen Ausgleich anbietet.


Spiegel online, 16.07.2003  

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