Depression als europäisches Gemeinschaftsprojekt


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Eröffnet am:01.08.10 17:59von: vega2000Anzahl Beiträge:6
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Clubmitglied, 50614 Postings, 8846 Tage vega2000Depression als europäisches Gemeinschaftsprojekt

 
  
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01.08.10 17:59
Liebe Mods,
der Artikel stammt aus einem I-Bloh, kopieren mit Quellenangabe erlaubt. Also bitte nicht löschen oder kürzen.

Danke

http://www.weissgarnix.de/2010/08/01/...meinschaftsprojekt/#more-5708

Depression als europäisches Gemeinschaftsprojekt

von Gastautor am 1. August 2010

Gastautor: Stephan Schulmeister

Im November 1996 erschien in der ZEIT ein Artikel von mir, der den „langen Zyklus“ seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahren nachzeichnete und die weiteren Etappen auf dem Weg in eine neue Systemkrise skizzierte („Zehn Etappen zum Abgrund“). Zunächst fasse ich die Entwicklung bis 1996 zusammen.

Aus den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise und gefördert durch den „Kalten Krieg“ wurde nach 1945 das Modell der Sozialen Marktwirtschaft entwickelt. Es ermöglichte gemeinsam mit dem Weltwährungssystem von Bretton Woods und der Liberalisierung des Welthandels ein anhaltend hohes Wachstum. Die wichtigsten Komponenten dieses „Prosperitätsmodells“ waren:

   * Eine neue ökonomische Theorie, welche den systemischen Charakter des Wirtschaftens ins Zentrum rückte, der Keynesianismus.
   * Dieser bildete die Basis für die Vollbeschäftigungspolitik, den Ausbau des Sozialstaats und die enge Kooperation zwischen Unternehmern und Gewerkschaften.
   * Das Zinsniveau wurde von den Notenbanken unter der Wachstumsrate gehalten, auch die Wechselkurse blieben stabil, insbesondere jener des Dollars als „Ankerwährung“, und (deshalb) auch die in Dollar notierenden Rohstoffpreise.

Das Gewinnstreben – die „Kernenergie“ im Kapitalismus – wurde so systematisch auf die Realwirtschaft gelenkt. Gleichzeitig wollten die Menschen permanent über ihren Verhältnissen leben, also jedes Jahr mehr kaufen als im letzten. Der stete Anstieg der Nachfrage machte wiederum das Produzieren für die Unternehmer (höchst) profitabel.

Makroökonomisch bedeutete dies: Der Unternehmenssektor übernahm das Sparen der Haushalte (Überschüsse) in Form von Investitionskrediten (Defizit) und verwandelte es in Realkapital und Arbeitsplätze. So konnte der Staat einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen oder sogar Überschüsse, nicht zuletzt, weil sich auch die Leistungsbilanz verbesserte (die Summe aller vier Finanzierungssalden einer Wirtschaft ist Null): Die Staatsschuldenquote ging 20 Jahre lang zurück, obwohl (weil?) der Sozialstaat stetig ausgebaut wurde.

Das realkapitalistische Modell war so erfolgreich, dass in Europa schon Anfang der 1960er Jahre Vollbeschäftigung herrschte. Nun stellten die Gewerkschaften neue Forderungen: Umverteilung zugunsten der Löhne sowie mehr Mitbestimmung. Beides wurde großteils durchgesetzt, insbesondere durch die Verdreifachung der Streiks. Dazu kamen der Aufstieg der Sozialdemokratie, das Jahr 1968, die drohende “Abwanderung” der Intellektuellen ins linke Lager und schließlich die Ökologiebewegung. All dies machte die Unternehmer wieder empfänglich für die neoliberale Verheißung, Gewerkschaften und Sozialstaat zurückzudrängen.

Zum wichtigsten Mittel zu diesem Zweck wurde die Ent-Fesselung der Finanzmärkte. Für diese hatten die neoliberalen „master minds“ Friedman und Hayek schon lange gekämpft. Sie prägte die einzelnen Etappen auf dem langen Marsch in die große Krise (nun ein paar Zitate aus dem ZEIT-Artikel): „Der Übergang des wirtschaftswissenschaftlichen und -politischen ‚mainstream’ vom Keynesianismus zum Neo-Liberalismus markiert die erste ‚Etappe’“.

„Die zweite ‚Etappe’ bestand in der Aufgabe des Systems fester Wechselkurse (1971/73) (…) Die zwei ausgeprägten Entwertungen des Dollar 1971/73 und 1977/78 waren der wichtigste Grund für die beiden Ölpreisverteuerungen 1973 und 1979, die nachfolgenden Rezessionen und den dadurch verursachten Anstieg der Arbeitslosigkeit.“

„Der Übergang zu einer monetaristisch motivierten Hochzinspolitik (1979/81) markiert die dritte ‚Etappe’: Steigende Dollarzinsen zogen eine enorme Dollaraufwertung nach sich, wodurch auch die Dollarschulden der Entwicklungsländer ‚aufgewertet’ wurden; die internationale Schuldenkrise (1982) dämpfte das Welthandelswachstum nachhaltig, Arbeitslosigkeit und Budgetdefizit in den Industrieländern nahmen auch deshalb weiter zu.“

„Die vierte ‚Etappe’ besteht im Anwachsen des Problems ‚Staatsverschuldung’: Als Folge der Hochzinspolitik der Notenbanken liegt der Zinssatz seit Ende der 1970er Jahre permanent über der Wachstumsrate, während er davor darunter gelegen war. Unter diesen Umständen haben die Unternehmen – verständlicherweise – ihr Finanzierungsdefizit gesenkt, um zu verhindern, dass ihre Schulden rascher wachsen als ihre Umsätze. Sie haben also ihre Investitionen von Real- zu Finanzanlagen verlagert (auch deshalb, weil letztere relativ profitabler geworden waren). Dies dämpfte Produktion und Beschäftigung, die Zahlungen an Arbeitslose stiegen, die Steuereinnahmen blieben hinter den Erwartungen zurück, die Budgetdefizite nahmen zu und damit auch die Staatsverschuldung.“

„Die fünfte ‚Etappe’ wurde durch die Hochzinspolitik der deutschen Bundesbank geprägt (1989/93): diese war nicht nur der wichtigste Grund für das Ausmaß der Rezession 1993, sondern auch für den Zusammenbruch fester Wechselkurse in Europa.“

Diese Entwicklung „spaltete die EU in einen zentralen Hartwährungsblock und die Weichwährungsländer (sechste ‚Etappe’) und verschärfte so die Konkurrenz der einzelnen Länder gegeneinander im Kampf um immer knappere Arbeitsplätze.“

„Die siebente ‚Etappe’ bestand in der durch den Maastricht-Vertrag ‚gleichgeschalteten’ Sparpolitik der EU-Regierungen, also dem Versuch, Budgetdefizit und Staatsverschuldung bei einem anhaltend positiven Zins-Wachstums-Differential zu reduzieren. Da die Unternehmer unter dieser Finanzierungsschranke nicht bereit sind, ihr Defizit auszuweiten, kann der Staat sein Defizit nur dann ‚wachstumsschonend’ senken, wenn er gleichzeitig die Überschüsse der privaten Haushalte reduziert, also die Einkommen der besser Verdienenden zu seinen Gunsten umverteilt (diese senken bei Einkommenseinbußen eher ihr Sparen als ihren Konsum). Dies erfordert eine primär einnahmenseitige Konsolidierungsstrategie…….Wegen des ‚Spardogmas’ versuchten die EU-Regierungen aber, ihre Budgets primär ausgabenseitig zu konsolidieren, insbesondere durch Kürzung von Sozialausgaben: Da diese überwiegend einkommensschwächeren Schichten zufließen, wurden so der Konsum und damit die Umsätze der Unternehmen gesenkt.“

Es folgt mein 1996er-Ausblick in die (damalige) Zukunft.

„In der (kommenden) achten ‚Etappe’ werden manche Regierungen die Symptomkur intensivieren und insbesondere die Unterstützungszahlungen an Arbeitslose massiv kürzen (…) Da Arbeitslosengelder zur Gänze in den Konsum fließen, wird sich die Wirtschafts- und Budgetlage dadurch weiter verschlechtern.“

„In der (wahrscheinlich kommenden) neunten ‚Etappe’ wird versucht werden, die Nominallöhne zu senken; gefördert wird diese Tendenz durch Standortverlagerungen im Zuge der Globalisierung (…) sowie durch das neo-liberale Dogma, dass letztlich nur so die Arbeitslosigkeit verringert werden kann (…) Im Zuge dieses Prozesses werden sich die Konflikte zwischen Unternehmern (‚Realkapitalisten’) und Arbeitnehmern weiter verschärfen, (…) Hauptgewinner dieser Entwicklung werden (…) die Rentiers (‚Finanzkapitalisten’) sein, also die Besitzer großer Finanzvermögen.“

„Bis die Unternehmer begriffen haben, dass die Rentiers zwar nützliche Verbündete im politischen Kampf gegen Gewerkschaften und Sozialstaat sind, gleichzeitig aber die genuin unternehmerischen Tätigkeiten wie Investition und Außenhandel durch hohe Zinssätze und schwankende Wechselkurse beeinträchtigen, werden einige Krisenjahre vergehen.“

„In der zehnten ‚Etappe’ werden die neo-liberalen Experimente so gründlich gescheitert sein, dass ihre Theoretiker in eine ‚Sinnkrise’ und ihre Praktiker in eine politische Krise stürzen. Erst dann werden eine neue, ‚systemisch’ orientierte Wirtschaftstheorie und eine darauf basierende wirtschaftspolitische Gesamtstrategie entwickelt werden können. Gemeinsam mit einer wieder engeren Kooperation zwischen Unternehmern und Gewerkschaften werden sie das Fundament für den Beginn eines neuen Wachstumszyklus bilden.“

Im Frühjahr 2010 stehen wir unmittelbar vor der Etappe 10. Mit dem Ausbruch der großen Krise sind wir zwar am Ende der finanzkapitalistischen Sackgasse angekommen und damit am Anfang einer neuen Talsohle im „langen Zyklus“ (etwa analog zu 1930/31). Für das finale Scheitern des Neoliberalismus braucht es aber noch ein „Großexperiment“: Das gemeinsame Sparen aller EU-Länder.

Dieses wird schon vorbereitet, ja der Stabilitäts- und  Wachstumspakt soll sogar noch verschärft werden: Nach 35 Jahren der Ausbreitung des neoliberalen Smogs in den Köpfen der Eliten, können sie den systemischen Charakter des Problems Staatsverschuldung und seine Verknüpfung mit anderen Problemen wie Arbeitslosigkeit, Armut, Umweltverschlechterung nicht begreifen. Vielmehr halten sie sich an ihrer symptomorientierten Sicht fest. Erstens: „Wo ein Problem in Erscheinung tritt, dort liegen auch seine Ursachen“. Die Staatsverschuldung soll daher durch einen Sparkurs bekämpft werden, die Arbeitslosigkeit durch Lohnzurückhaltung, etc. Zweitens: Jedes Problem bedarf einer „Spezialtherapie”.

Konkret lautet die Symptomdiagnose hoher Staatsschulden: Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt und müssen nun den Gürtel enger schnallen (wer ist „wir“?). Tatsächlich lebt die deutsche Wirtschaft seit 35 Jahren unter ihren Verhältnissen: Es wird viel weniger nachgefragt als produziert werden könnte, ersichtlich an Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und unausgelastetem Realkapital.

In systemischer Sicht liegt der Hauptgrund für die Lage der Staatsfinanzen in den finanzkapitalistischen Rahmenbedingungen auf Grund neoliberaler Empfehlung („Haltet den Dieb!“): Bei instabilen Wechselkursen, Rohstoffpreisen, Aktienkursen und Zinssätzen senkten die Unternehmen ihre Realinvestitionen und damit ihr Finanzierungsdefizit. Die privaten Haushalte sparten aber fleißig weiter, ihr Überschuss blieb hoch. Damit musste der Staat langfristig ein höheres Defizit „erleiden“ (durch höhere Arbeitslosigkeit und geringere Steuereinnahmen). Einzelnen Ländern wie Deutschland mag es gelingen, einen Teil des Problems ins Ausland (den vierten Sektor) zu verschieben, indem man selbst einen (Leistungsbilanz)Überschuss erzielt, aber dann haben eben die anderen Länder ein höheres Defizit.

Überdies liegt der Zinssatz seit 30 Jahren über der Wachstumsrate. Bei dieser Konstellation dürfen die Schuldnersektoren „Unternehmen“ und „Staat“ nur weniger Kredite aufnehmen als sie an Zinsen für die Altschulden zu bezahlen haben – sie müssen also Primärüberschüsse erzielen. Die Unternehmen „drehten“ daher schon vor 30 Jahren ihren Primärsaldo in einen Überschuss, und zwar durch Senkung der Realinvestitionen. Aber auch die Hauhalte erziel(t)en weiterhin Primärüberschüsse: Sie sparen (viel) mehr als ihre Zinserträge. So konnte es dem Staat nicht gelingen, selbst langfristige Primärüberschüsse zu erzielen. Also musste die Staatsschuldenquote steigen.

Fazit: Der Staat hat es allein nicht in der Hand, seinen Haushaltssaldo und seine Schuldenquote zu bestimmen, diese sind Resultat der Interaktion aller Sektoren, konkret der finanzkapitalistischen „Spielanordnung“. Die neoliberalen Geistesgrößen aber denken schlicht: „Der Schuldner ist schuld“. Dieser – gut gemeinte – Unsinn wurde im Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU „verewigt“ und soll nun ausgeweitet werden.

Also müssen jetzt alle EU-Staaten sparen und gemeinsam die Krise vertiefen: Die Unternehmer sind ja noch keinesfalls bereit, ihre Investitionen stark auszuweiten, die Haushalte sparen eher mehr als weniger (auch aus Angst vor Sozialabbau), und die Leistungsbilanzüberschüsse gehen zurück. Konkret: Die den „CubMed-Ländern“ verordneten „Super-Sparpakete“ werden besonders die deutschen Exporte in diese Region einbrechen lassen (der gestrenge „Weltmeister“ hat am meisten zu verlieren). Gleichzeitig schwächen sich auch die Importe der USA und von China ab (dort bricht gerade der Immobilien- und Aktienboom zusammen). Im Klartext: Alle Sektoren versuchen nun zu sparen. Wenn dann der Stabilitätspakt noch verschärft wird, werden wir uns gegenseitig in eine Depression geißeln („sparst du an mir, spar ich an dir“ – in der Makroökonomie kann man immer nur krank schrumpfen, nie gesund).

Die Alternative: Das Problem der Staatsverschuldung wird durch eine expansive Strategie bekämpft, gemeinsam mit den anderen systemisch bedingten Problemen wie Arbeitslosigkeit, Armut, Umweltverschlechterung, also durch einen „New Deal“ für Europa (mehr dazu in einem Buch, das Ende Juni erscheinen wird):

   * Zusätzliche Aufträge an die Unternehmen mit hohen Multiplikatoreffekten, insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels (thermische Gebäudesanierung, Verkehrsinfrastruktur, Energie- und Umwelttechnik, alternative Antriebstechnik für Individualverkehr): Dies stärkt die Investitions-, Kredit- und Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen.
   * Massive Investitionen ins Bildungswesen, insbesondere auch im Hinblick auf Integration und Qualifikation der (jungen) Menschen mit Migrationshintergrund.
   * Bessere Absicherung der Hauptopfer der Krise wie Arbeitslose und (sonstige) Menschen an/unter der Armutsgrenze: Dies stärkt den Konsum, aber auch den sozialen Zusammenhalt.
   * (Anschub)Finanzierung durch Beiträge der sozial best Gestellten, insbesondere der Besitzer großer Finanzvermögen (Finanztransaktionssteuer, Abgabe auf Wertpapierdepots, Erhöhung der Kapitalertrags/Abgeltungssteuer auf 35%, temporäre Erhöhung des Spitzensteuersatzes): Dies verteilt Sparen zum Staat um, der Konsum wird kaum gedämpft.
   * In Deutschland ließen sich so ohne soziale Härten die Staatseinnahmen um 100 bis 150 Mrd. € erhöhen (jawohl). Auch möge man bedenken: Die Mageren können den Gürtel kaum enger schnallen, den „Leistungsträgern“ täte eine Verschlankung gar nicht schlecht, sie brauchten dann weniger zu schleppen.

Wenn die „Reichen an Geld“ hingegen darauf bestehen, dass der Staat seine Schulden an sie durch Verringerung seiner Ausgaben abzahlt, dann verlangen sie eine logische Unmöglichkeit: Die Deckung der Staatsschuld besteht ja im künftigen Wirtschaftswachstum – eine kollektive Sparpolitik führt aber in die Krise.

Endstation: Umschuldung aller EU-Staaten. Das wird die „Reichen an Geld“ viel teurer zu stehen kommen als jetzt zu einem „New Deal“ beizusteuern. Dieser gäbe den Arbeitnehmern die Chance, gemeinsam mit den Unternehmern die Schulden des Staates gegenüber den „Reichen an Geld“ abzutragen.

Genau so bekämpfte Roosevelt die große Krise: Zwischen 1933 und 1936 stieg das US-BIP um fast 40%, finanziert wurde der „New Deal“ durch massive Erhöhung der Steuern der Spitzenverdiener und Vermögenden. Reichskanzler Brüning aber hatte versucht, Deutschland und seine Finanzen durch eine Sparpolitik zu kurieren.

Heute stehen wir vor einem ähnlichen Scheideweg: Obama plant Steuererhöhungen für Personen mit mehr als 250.000 $ Jahreseinkommen im Ausmaß von 6% des BIP (für Deutschland wären dies etwa 150 Mrd. €). Damit möchte er eine expansive Strategie zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, des Klimawandels und der Schwächen des Gesundheitssystems finanzieren. In Europa aber fordern die Eliten unter deutscher Führung das kollektive Sparen ein, also, sich wechselseitig das Wasser abzugraben wie anno dazumal (…).

Während ich dies schreibe, befinde ich mich auf der Insel Patmos. In meinem Weltempfänger höre ich die Stimme von Frau Merkel: Deutschland müsse bis 2015 den Gürtel enger schnallen, das Land hätte zu lange über seine Verhältnisse gelebt. Und mir kommt Hölderlin’s Patmos-Gedicht in den Sinn: ” (…) wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch  (…)” Diesmal wohl zu spät für sehr viele.

Und dann höre ich Merkel’s Trost: An Bildung, Forschung und Kinderbetreuung werde nicht gespart, das seien Ausgaben für die Zukunft. Für welche Zukunft? Wenn wir den Kindern eine miese Umwelt hinterlassen, die Infrastruktur in Städten und Gemeinden verkommen lassen, und das Sozialsystem immer löchriger wird, wenn wir also den Kindern die Bedingungen für ein „gut Leben“ verschlechtern, nur weil wir zu furchtsam sind, auch den Vermögenden höhere Beiträge abzuverlangen, mit denen man die Lebensbedingungen verbessern und Arbeit schaffen könnte, ja dann, finde ich, sollte man auch an den Kindern sparen. Damit es eine runde Sache wird.

Was Haushaltsdefizit und Staatsverschuldung betrifft, denkt Merkel wie Reichskanzler Brüning. Der war ein anständiger Zentrumspolitiker, Frau Merkel ist es auch. Doch ihr gemeinsamer Berater war und ist der gleiche, der unbeirrbare deutsche Einheitsökonom: Aus neoliberalen Luftschlössern leitet er Empfehlungen ab für die Menschen am Boden der Realität, was seine Empfehlungen anrichten, verdrängt er, und ökonomische „Wahrheiten“ verzapft er mit großer Selbstgefälligkeit.

Dieser Einheitsökonom sollte in Etappe 11 zur Rechenschaft gezogen werden: Wegen erwiesener Denkfaulheit gepaart mit mangelnder Anteilnahme. Denn als Ökonom wird man Neues und Nützliches nur finden, wenn man konkret denkt und dazu gehört auch eine „emotionale Resonanz“. Nachzulesen bei Adam Smith oder auch – und gerade – bei John M. Keynes.

Stephan Schulmeister ist Wirtschaftsforscher in Wien.

75 Postings, 5243 Tage Insider9ohmann

 
  
    #2
01.08.10 18:09

wer liest son schinken aufm Sonntag Nachmittag?

 

25 Postings, 5239 Tage Hermann Joseph# vega

 
  
    #3
01.08.10 18:10
ist logisches denken hier ein Problem?

was du da einstellst ist gesunder Menschenverstand und ganz ehrlich verstehe ich nicht warum man das unterstreichen soll.

Ein Revolutionär wirst du nicht!  

Clubmitglied, 50614 Postings, 8846 Tage vega2000Revolution?

 
  
    #4
01.08.10 22:59
Davon rede ich nicht, aber Schulmeister klärt auf & zeigt die nächsten Schritte (zugegeben sehr ausführlich) auf.

Mehr nicht!

5 Postings, 5235 Tage klaushungervega glaube mir

 
  
    #5
1
01.08.10 23:19
es ist lächerlich über Prinzipien zu schreiben, entweder du hast sie verinnerlicht oder du bleibst ein Student!  

5 Postings, 5235 Tage klaushungerna Lars

 
  
    #6
01.08.10 23:26
sollte man was ändern bezüglich der Anmeldung?

Beweg mal deinen Arsch!  

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