Innovativ? Salesforce.com hat einen Hund als CLO
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 14.11.03 13:38 | ||||
Eröffnet am: | 13.11.03 16:12 | von: BRAD PIT | Anzahl Beiträge: | 5 |
Neuester Beitrag: | 14.11.03 13:38 | von: BRAD PIT | Leser gesamt: | 641 |
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Von Thomas Hillenbrand, Paris
Marc Benioff verwendet Buddhismus als Führungsinstrument, lässt seine Manager mit Delfinen schwimmen und hat seinen Hund zum Chief Love Officer ernannt. Mit einer Mischung aus großspurigen Auftritten und innovativer Technologie hat er sein Unternehmen Salesforce.com zum derzeit heißesten Startup des Silicon Valley gemacht.
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Salesforce.com verkauft Software.
Im Jahr 1999 hat Benioff die Firma gegründet, und dass sie immer noch da ist, könnte man schon als Leistung werten. Aber sie schreibt neuerdings sogar schwarze Zahlen. Salesforce.com verkauft Unternehmenssoftware für das Management von Kundenbeziehungen (CRM, siehe Kasten). Dieses Jahr wird die Firma einen Umsatz von 100 Millionen Dollar erwirtschaften. Nach dem Suchmaschinenanbieter Google.com, der demnächst an die Börse will, ist Salesforce.com nach eigenen Angaben die größte in Privatbesitz befindliche Softwarefirma des Valley. Das Magazin "Fortune" hat Benioff kürzlich zu einem der zehn einflussreichsten US-Unternehmer unter 40 gewählt. Zu seinen Geldgebern gehören Leute wie Oracle-Chef Larry Ellison oder John Freidenreich, einer der Nestoren der Venture-Capital-Szene. "Wir sind", so Benioff unbescheiden, "das letzte Dotcom."
Es sind diese großspurigen Sprüche und die schräge Anti-Software-Werbung, die für Benioffs Bekanntheit in der Branche verantwortlich sind. Gelernt hat er diese Masche beim Zampano der IT-Branche: Larry Ellison. Nach einer frühen Programmierer-Karriere an der High School, wo er für die Atari-Spielekonsole Titel wie "Crypt of the Undead" zusammenstoppelte, arbeitete Benioff 13 Jahre lang bei Oracle. Dort galt er Verkaufstalent - und wurde ziemlich schnell ziemlich reich. Mit 31 konnte Benioff sich eine Auszeit in Indien und einen Zweitwohnsitz auf Hawaii leisten. Dort geht er heute gerne samt Managern mit Delfinen plantschen.
Partymeister des Valleys
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Benioff lässt es gerne richtig knallen, erstens aus Marketing-Kalkül, und zweitens, weil es ihm persönlich Freude bereitet. Mal kauft er alle Karten für die Vorpremiere von Terminator 3 und Arnold Schwarzenegger als Türsteher gleich dazu. Mal mietet er das Baseball-Stadion der Giants und engagiert David Bowie oder die B-52s für die musikalische Untermalung. Das alles erinnert an die Dotcom-Exzesse der späten Neunziger. Doch Benioff wiegelt ab: "Ich finde eine Anzeige im 'Wall Street Journal' wesentlich exzessiver als unsere Parties."
Schließlich verzichte Salesforce.com dafür komplett auf den sonst üblichen Schnickschnack. "Wir machen keine Postwurfsendungen, schalten keine Anzeigen und veranstalten keine Seminare", so Benioff. Der Rest der Branche, höhnt er, produziere "Deponien voll mit Unternehmensbroschüren", die niemand lese. "Wir haben", sagt der Dalai-Lama-Bewunderer, "effizientere Wege gefunden, um ein Bewusstsein zu schaffen". Angeblich kosten die Salesforce-Sausen lediglich drei bis vier Prozent des Umsatzes. Die meisten Softwarefirmen geben mehr Geld für ihr Marketing aus. "Wir laden die Leute in eine hawaiianische Bar ein. Wir machen keine Diavorträge." Lieber ernennt Benioff seinen Golden Retriever Koa zum Chief Love Officer, denn damit kommt man preiswerter in die Medien. "Wir sind gute Verkäufer", sagt Benioff mit dem ihm eigenen Mangel an Bescheidenheit und versucht dabei, nicht zu grinsen.
Buntes Image, graues Produkt
Gutes Marketing tut Not, denn schließlich versucht Benioff etwas zu verkaufen, was man im Jargon der Branche "CRM als ASP" nennt. Letzteres heißt in der Langversion Application Service Providing, was die Sache weder verständlich noch spannend macht. Im Kern geht es darum, dass Software normalerweise auf einen Rechner aufgespielt werden muss, bevor sie verwendet werden kann. Dazu braucht man EDV-Leute, die den ganzen Kram installieren, teure Berater, die ihn konfigurieren und dann wieder die EDV-Leute, die herausfinden, warum das System ständig abschmiert.
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Benioffs Software muss man nicht installieren. Sie läuft über den Internetbrowser, der User benötigt nur einen PC mit Breitbandanschluss. Die Daten der Kunden liegen auf einem Salesforce-Rechner in Kalifornien. "Die Idee kam mir bei Amazon.com", so Benioff. "Das ist ein Produkt mit vielen Funktionen und es ist einfach zu benutzen. Warum kann nicht alle Software so funktionieren?"
Mit dem Konzept, Softwareanwendungen über den Internetbrowser laufen zu lassen, hat Benioff wohl einen Nerv getroffen. Für Unternehmen, die schlechte Erfahrungen mit den früheren IT-Großprojekten gemacht haben, klingt sein Konzept verlockend: 70 Dollar pro Nutzerlizenz und Monat, alles inklusive.
Auch mit der Wartung hat der User nichts zu schaffen: Europachef Steve Garnett erzählt, die Salesforce-Software habe vergangenes Jahr ein Problem mit der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit gehabt. Normalerweise müsste ein Softwareunternehmen in solch einem Fall ein Korrekturpatch erstellen und bei allen Kunden vor Ort aufspielen. Weil Salesforce.com komplett webbasiert ist, konnten die Programmierer das Problem beseitigen, ohne dass die Kunden überhaupt etwas davon mitbekamen.
Möchtegern-Dell der Software-Branche
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Das alles hat unverkennbar den arroganten Unterton der Dotcom-Ära. Die anderen - das sind in diesem Fall Hersteller von Unternehmenssoftware wie Siebel Systems , SAP oder PeopleSoft - sind nach Benioffs Urteil in alten Denkmustern gefangen, sie sind zum Aussterben verurteilte Dinosaurier, die in einigen Jahren keiner mehr kennen wird. Auch Ziehvater Larry Ellison, mit dem sich Benioff nicht mehr so gut versteht, bekommt sein Fett weg. Ellison hat kürzlich das Ende des Silicon Valley und den Tod der Innovation verkündet. Benioff dazu: "Ich verstehe das nicht. Wir sind in einer völlig neuen Welt. Vielleicht hat Larry damit ja Oracle gemeint. Amazon.com dient heute als Web-Plattform für mehr Geschäfte und Transaktionen als alle von Oracles E-Commerce-Anwendungen zusammen."
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Derzeit hat Benioff auf jeden Fall noch Oberwasser und vermutlich wird er Salesforce.com an die Börse bringen, solange die Stimmung gut ist. Darauf angesprochen verweist er auf die Vorschriften der US-Börsenaufsicht SEC: "Amerikaner dürfen nicht über Börsengänge reden." Auch eine Antwort.
Erleuchtete User
Bis dahin muss er weiter den durchgeknallten Aloha-CEO geben, denn dadurch bleibt seine Firma im Gespräch. Allerdings sind Benioffs Gaga-Aktionen auch mit gewissen Risiken verbunden. Erst Anfang September produzierte er einen mittleren PR-Gau: In San Francisco lud er zu einer Party, um den hunderttausendsten "erleuchteten" Salesforce-User zu feiern. Als besonderes Bonbon für die Gäste hatte Benioff bei der American Himalayan Foundation im Gegenzug für eine Spende in Höhe von 75.000 Dollar 500 Karten für eine Rede des Dalai Lama erstanden.
Damit hätte er bewenden lassen können. Benioff ließ jedoch zusätzlich Plakate mit dem Konterfei des religiösen Oberhaupts der Tibeter kleben. Aufschrift: "Auf dem Pfad zur Erleuchtung gibt es keine Software". Zahlreiche Buddhisten sahen ihre religiösen Gefühle verletzt, die Himalayan Foundation protestierte und Benioff musste die Party absagen. Spott und Häme ließen nicht lange auf sich warten: Der von Larry Ellison mitfinanzierte Salesforce-Konkurrent NetLedger versah das Programm für eine seiner Parties mit dem Hinweis, dass "der Dalai Lama, Arnold Schwarzenegger und Moses nicht teilnehmen können".
Die Erfahrung scheint bei Benioff allerdings keine bleibenden Schäden hinterlassen zu haben. Am vorvergangenen Freitag sponsorte er anlässlich der Eröffnung der europäischen Salesforce-Stiftung den Black Cat Halloween Ball des britischen Kinderhilfswerks Barnardo's. Für die Feier wurde das Natural History Museum in London angemietet. Auch wenn Salesforce.com keine Broschüren verteilen ließ, zeigte Benioff den versammelten IT-Managern dennoch sehr deutlich, was er vom traditionellen Geschäftsmodell der Branche hält: Die Gäste dinierten in einer Halle, die von einem gigantischen Dinosaurierskelett dominiert wurde.
Ey...das ist ein HARTER Job...bei den ganze
läufigen Tippsen.......
Waldy CLO