Deflation, Deleveraging, Geldschwemme
Seite 2 von 4 Neuester Beitrag: 27.03.09 20:03 | ||||
Eröffnet am: | 23.10.08 18:06 | von: Rosinenpicke. | Anzahl Beiträge: | 80 |
Neuester Beitrag: | 27.03.09 20:03 | von: Rosinenpicke. | Leser gesamt: | 17.459 |
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Hatte sich lange Jahre sowohl für Anleger als auch für Unternehmen gelohnt, sich in Währungen mit tiefen Zinsen zu refinanzieren, um die erlösten Mittel in Währungsräumen mit höheren Renditen zu investieren, so werden nun seit einigen Wochen genau diese Strategien mit hoher Geschwindigkeit und mit voller Wucht zurückgedreht.
Das führt dazu, dass Währungen wie der Dollar, der Yen und der Schweizer Franken massiv aufwerten, während andere, die in den vergangenen Jahren gut gelaufen waren, ebenso deutliche Kursverluste hinnehmen müssen. Einzelne Staaten wie Australien oder auch Ungarn versuchen inzwischen zwar, mit Interventionen oder massiven Zinserhöhungen gegen den rasanten Verfall der eigenen Währungen vorzugehen. Allerdings ist die Eigendynamik inzwischen viel zu groß, als dass solche Maßnahmen etwas bewirken könnten.
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Die Dynamik leitet sich aus verschiedenen Faktoren ab. Erstens zwingt die Kreditkrise aufgrund der knapper gewordenen Finanzmittel und im Wert fallender Sicherheiten hoch verschuldete Banken, Unternehmen und auch private Personen - seien es Anleger oder Konsumenten - dazu, die Verschuldung zu reduzieren. Das führt zu einer Verkaufswelle bei allen Vermögenswerten, die sich auf die Schnelle in noch gut funktionierenden Märkten liquidieren lassen.
Die erlösten Mittel werden dann in jene Währungen zurücktransferiert, mit welchen sie in den vergangenen Jahren finanziert worden waren. Das sind eben Yen, Franken und Dollar. Die amerikanische Währung hatte sich in den vergangenen Jahren nicht nur durch tiefe Zinsen ausgezeichnet. Sondern da alle Welt auf die Abwertung wettete, lohnte sich die Finanzierung in Dollar auch aus diesem Grund.
Nun gilt gerade das Gegenteil. Inzwischen hat die amerikanische Währung mit 1,2405 Dollar je Euro innerhalb weniger Wochen so etwas wie einen fairen Wert im Verhältnis zur europäischen Einheitswährung erreicht, nachdem sie zuvor deutlich unterbewertet gewesen war. Andere Währungen wie der australische Dollar, die isländische Krone, der polnische Zloty, der ungarische Forint, der südafrikanische Rand, der brasilianische Real und auch der südkoreanische Won haben in den vergangenen drei Monaten gegen den Dollar zwischen 31 und 38 Prozent ihres Wertes verloren. Innerhalb kürzester Zeit wurden Kursniveaus korrigiert, die sich zuvor über Jahre aufgebaut hatten.
In den kommenden Wochen dürften diese Währungen nun auf der anderen Seite überschießen und noch deutlich schwächer werden können. Denn sollte sich die Weltwirtschaft so dramatisch abkühlen, wie es derzeit den Anschein hat, und sollten sich die Energie- und Rohstoffpreise weiter zurückbilden, so dürften die Zentralbanken in Europa und in anderen Teilen der Welt die Leitzinsen weiter zurückschrauben. Die Zentralbank Südkoreas ging am Montag voran und reduzierte den Leitzins um 75 Basis- oder 0,75 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent. Allerdings geht sie damit ein hohes Risiko ein. Immerhin schwächt sie auf diese Weise die Währung des Landes weiter. Das kann über die Importschiene den Preisauftrieb zum Problem werden lassen, sollten die zu importierenden Rohstoffe nicht günstiger werden.
FAZ
=> Den Euro muß als vierte Möglichkeit gelten. Die Poteniale dieser vier Währung sind sehr unterschiedlich. Japan kann mit einem hohen Yen nicht leben und wird abwerten. Der Euro dürfte auf sicht gegenüber dem USD wieder aufholen, und wenn nicht bietet er für Staatsanleihen als einziges der vier Währungsräume noch Zinssenkungsphantasien. Der Schweizer Franken bietet für mich das größte Aufwertungspotential, das zwar erst zögerlich beginnt, aber dafür weiter tragen wird als der Dollar und die übrigen. Die Schweiz kann mit den Exportfolgen leben, auch weil es sein Image als Weltbank damit stärkt. Ich habe allerdings noch immer keine EUR/CHF Put-OS gefunden, die weit aus dem Geld sind. Hat jemand einen Vorschlag.
vor drei Tagen schrieb die TAZ noch:
Der globale Finanzcrash hat Pakistans kränkelnde Wirtschaft besonders schwer getroffen - und droht jetzt das Land in den Staatsbankrott zu treiben. Shaukat Tarin, der Finanzberater des Premiers, erklärte, das Land benötige innerhalb der kommenden 30 Tage drei bis fünf Milliarden Dollar, um die Kernschmelze seiner Finanzmärkte zu stoppen. Pakistan werde "als letzte Option" den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe bitten.
IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn erklärte, Pakistans Regierung habe "um Gespräche" gebeten. Islamabad wolle den "Zahlungsschwierigkeiten begegnen, denen sich das Land wegen der hohen Lebensmittel- und Treibsoffpreise sowie der weltweiten Finanzkrise ausgesetzt sieht.
Der Gang zum IWF ist in Pakistan umstritten, denn die Regierung müsste sich dafür strengen Auflagen unterwerfen. Doch Premier Yusuf Raza Gillani verdeutlichte den Ernst der Lage in einem Brief an Oppositionsführer Nawaz Sharif. Er schreibt, "der globale finanzielle Abschwung" habe den "Raum für Wachstum und eine Erholung" erdrückt.
2007 hatten sich zahlreiche ausländische Investoren aus Pakistan zurückgezogen. Der hohe Ölpreis und die weltweit gestiegenen Lebensmittelpreise taten ihr Übriges: Der Staat verlor in den vergangenen Monaten drei Viertel seiner Devisenreserven. Nun sollen der Verkauf von Staatsunternehmen wieder ausländisches Geld ins Land holen.
Pakistan bezahlt mit seinem finanziellen Beinahe-Kollaps für seine jahrzehntelangen Militärdiktaturen. Die 620.000 Mann starke Armee frisst ein Viertel des Staatshaushalts auf. Vor wenigen Monaten legten die Streitkräfte dem Parlament zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ihr Budget zur Abstimmung vor. Etliche Groß- und nahezu alle Staatskonzerne sind in der Hand hochrangiger Militärs. Diese haben zahlreiche Monopole geschaffen und sich daran bereichert - was zu Lasten des Wirtschaftswachstums ging.
Wegen dieser wirtschaftlichen Hiobsbotschaften ging eine bedeutende Resolution des Parlaments beinahe unter. Die Abgeordneten beider Kammern erklärten nach tagelangen Konsultationen über die Sicherheitslage des Landes am späten Mittwochabend, dass "Extremismus, Militanz und Terrorismus in allen Formen eine gravierende Gefahr für die Stabilität und Integrität des Nationalstaates" darstellten. Weiter heißt es: "Pakistans Territorium soll nicht in irgendeiner Weise für Angriffe auf andere Länder genutzt werden."
Damit reagierten die Abgeordneten auf die von Afghanistan erhobene Forderung, Pakistan solle Angriffe islamistischer Fanatiker von seinem Gebiet aus unterbinden. Die Medien und religiöse Instanzen sollten dazu beitragen, "einen öffentlichen Konsens gegen den Terrorismus zu schaffen".
Die Finanzkrise wird zur Staatenkrise: Nach Island, Pakistan, Ungarn und der Ukraine meldet nun Dänemark dringenden Finanzbedarf. Die EZB springt ein – und überweist zwölf Milliarden Euro nach Kopenhagen. Die dänische Währung war zuletzt stark unter Druck geraten.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hilft der dänischen Notenbank bei der Versorgung der angespannten Geldmärkte des Landes mit Euro. Dazu wurde ein Tauschgeschäft zwischen der EZB und der dänischen Zentralbank über zwölf Milliarden Euro abgeschlossen, teilte die EZB mit. Damit kann die Notenbank Dänemarks zusätzliche Euro-Mittel an die Banken geben. Dänemark hat den Euro nicht eingeführt, viele dänische Banken sind aber auf Euro angewiesen. Geschäftsbanken können sich von den Notenbanken frisches Geld geben lassen, müssen dafür aber Sicherheiten hinterlegen und Zinsen zahlen.
Dass die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) allein oder zusammen mit anderen Produzenten wie Russland das Ruder in ihrem Sinne herumreißen kann, gilt als immer unwahrscheinlicher. Selbst neuerliche Ankündigungen aus dem Kartell, die Förderung weiter zu senken, haben den Ölmarkt nicht beeindruckt. Hier herrscht nach wie vor die Überzeugung vor, dass zahlreiche Opec-Mitglieder eher mehr produzieren müssen, um die Preiseinbußen durch einen höheren Mengenabsatz aufzufangen. Dahinter stehen fiskalische Zwänge, denn die Einnahmenseite der Haushalte vieler dieser Länder gründet sich auf Ölpreise, die im Zuge der Baisse bis auf weiteres irreal geworden sind. Dies gelte auch und besonders für Russland, heißt es. Mittlerweile werden sogar Zweifel daran geäußert, dass Saudi-Arabien, der führende Produzent und Exporteur, über einen ausreichenden finanziellen Spielraum verfügt, um die missliche Lage anderer Kartellmitglieder mit einer nennenswert geringeren Förderung wenigstens etwas aufzufangen.
Die Saudis haben diese Rolle in den zurückliegenden Jahrzehnten wiederholt übernommen. Zugunsten der Opec könnte wirken, dass ungebundene, zu einem großen Teil teuer fördernde Produzenten inzwischen ihre Kosten nicht mehr erwirtschaften und daher die Förderung aus einer Reihe von Vorkommen aufgeben müssen. Es kursieren sogar Vermutungen, nach denen die Erschließung des riesigen Ölvorkommens vor der brasilianischen Atlantikküste gedrosselt oder hinausgeschoben werden muss, bis wieder höhere Preise erzielt werden können.
FAZ 30.10.2008
Nach Einschätzung von Experten können die IWF-, Fed- und EZB-Maßnahmen zur Unterstützung einzelner ausgewählter Länder das Gespenst einer weltweiten Rezession nicht vertreiben. Zudem richteten sich die Maßnahmen mitunter an Länder, die es gar nicht nötig hätten. „Es grenzt an Ironie, dass die meisten Zielländer der Hilfsaktionen im Besitz hoher Devisenreserven sind. Es stellt sich die Frage, warum diese Länder nicht fähig oder nicht willens sind, diese Reserven zur Stützung ihrer Währungen einzusetzen.“
Tatsächlich sind die Währungen Rumäniens, Indonesiens und auch Islands von Donnerstag auf Freitag wieder unter Druck geraten. 31.10.2008
Nachfolgend die aktuellen Meldungen zur AIG
US-Versicherers AIG droht ein Faß ohne Boden zu werden. Die staatlichen Hilfszusagen für AIG summieren sich mittlerweile auf mehr als 143 Milliarden Dollar (111 Mrd. Euro). Die US-Notenbank hatte dem Versicherer zunächst Mitte September in letzter Minute ein Darlehen von 85 Milliarden Dollar gewährt und erhielt dafür 80 Prozent der Konzernanteile. Seither kamen in zwei weiteren Schritten Kreditlinien von insgesamt 58 Milliarden Dollar hinzu. Der Konzern schöpfte die Gesamtsumme allerdings bisher nicht aus.
AIG hatte sich im Zuge der Kreditkrise mit Milliardenverlusten durch riskante Finanzgeschäfte an den Rand des Abgrunds manövriert. Zur Sanierung will der Versicherer umfangreiche Konzernteile verkaufen. Ein wesentlicher Grund für das Scheitern der Gesellschaft waren nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ unzureichende Risiko-Abschätzungen. Die Computermodelle für bestimmte Finanzgeschäfte des Konzerns hätten wesentliche Gefahren nicht berücksichtigt, so die Zeitung. Weil der Konzern die Verwendung der Mittel nicht offenlegt, wird befürchtet, dass das Geld bislang zur Absicherung bestehender Geschäfte bei Geschäftspartnern und nicht zur Lösung des Problems verwandt wurde.
„Wenn die Staatshilfe nicht neu strukturiert wird, wird der amerikanische Steuerzahler vermutlich große Verluste erleiden“, schrieb Ex-AIG-Chef und Aktionär Maurice Greenberg zuletzt an das Management und forderte es zur Offenlegung der Mittelverwendung auf. Dies lehnte AIG im Vorfeld des für Montag angesetzten Quartalsberichts ab. Am Kapitalmarkt stiegen daher in den vergangenen Tagen die Kosten für eine Versicherung gegen eine AIG-Insolvenz deutlich an und signalisierten so wachsende Unruhe auch in der Finanzgemeinde.
Mitte September hatte die US-Regierung die Investmentbank Lehman pleite gehen lassen, um statt dessen AIG mit einem 85 Mrd. Dollar Kredit aufzufangen. Vor allem Versicherungsgeschäfte (Credit Default Swaps, CDS) auf Subprimekreditportfolios, die die Londoner AIG-Finanzsparte unkontrolliert abgeschlossen hatte, hatten den Konzern an den Rand des Kollaps gebracht. Wie erst jetzt bekannt wurde, hatte die über Jahre hochprofitable Einheit zur Bewertung der CDS zwar ein Modell des renommierten Yale-Professors Gary Gorton verwandt.
Dabei hatten die Spezialisten aber wider besseren Wissens ignoriert, dass das Modell die Nachforderungen von Sicherheiten (Collaterals) durch Geschäftspartner in fallenden Märkten nicht berücksichtigt. Erst als AIG sich über CDS ein Risiko von über 80 Mrd. Dollar eingekauft hatte, sei das Modell Anfang 2006 aus dem Verkehr gezogen worden, sagte jetzt Gorton. Da war es aber bereits zu spät. Denn als die Subprimekredite Mitte 2007 in der Finanzkrise an Wert verloren, brauchte AIG immer mehr Geld für Sicherheiten. Im September 2008 bekam der Versicherungsriese erst 85 Mrd. Dollar, später weitere 38 Mrd. Dollar bewilligt. Zuletzt aber musste AIG-Chef Edward Liddy eingestehen, dass auch das nicht reichen könnte.
Der US-Versicherer AIG ist nicht das einzige Sorgenkind der USA-Regierung. Einem Zeitungsbericht zufolge wollen 1800 Finanzunternehmen Gelder aus dem 700 Milliarden schweren Rettungspaket in Anspruch nehmen. Dies verlaute aus dem Finanzministerium und der Bankenaufsicht, berichtete das „Wall Street Journal“. Die Unternehmen befürchten demnach, sie könnten im sich neu formenden Finanzsektor als Verlierer dastehen, wenn sie die Hilfen nicht annehmen.
MAJOR FOREIGN HOLDERS OF TREASURY SECURITIES
(in billions of dollars)
HOLDINGS 1/ AT END OF PERIOD
Aug Aug
Country 2008 2007
Japan 585.9 595.8
China, Mainland 541.0 471.2
United Kingdom 2/ 307.4 99.8
Oil Exporters 3/ 179.8 134.7
Carib Bnkng Ctrs 4/147.7 103.8
Brazil 146.2 107.7
Luxembourg 77.5 57.1
Russia 74.4 31.9
Hong Kong 61.2 53.2
Switzerland 45.3 37.4
Germany 41.5 42.3
Norway 41.3 6.4
Taiwan 40.6 39.5
Korea 37.9 42.6
Turkey 34.0 29.2
Mexico 33.5 30.2
Thailand 31.7 22.9
Singapore 31.0 37.8
Canada 27.7 18.8
India 14.2 12.1
Netherlands 14.1 16.6
Poland 13.7 10.5
Egypt 12.8 10.1
Sweden 12.7 15.7
Chile 12.4 7.6
Italy 12.1 13.2
Belgium 11.8 14.6
Ireland 11.6 16.8
All Other 139.2 137.9
Grand Total 2740.3 2217.5
Of which:
For. Official 1784.7 1595.1
Treasury Bills 244.7 180.0
T-Bonds & Notes 1540.0 1415.1
Department of the Treasury/Federal Reserve Board
October 16, 2008
1/ Estimated foreign holdings of U.S. Treasury marketable and non-marketable bills, bonds, and notes
reported under the Treasury International Capital (TIC) reporting system are based on annual
Surveys of Foreign Holdings of U.S. Securities and on monthly data.
2/ United Kingdom includes Channel Islands and Isle of Man.
3/ Oil exporters include Ecuador, Venezuela, Indonesia, Bahrain, Iran, Iraq, Kuwait, Oman, Qatar,
Saudi Arabia, the United Arab Emirates, Algeria, Gabon, Libya, and Nigeria.
4/ Caribbean Banking Centers include Bahamas, Bermuda, Cayman Islands, Netherlands Antilles and Panama.
Beginning with new series for June 2006, also includes British Virgin Islands.
Das mag zunächst vernünftig klingen. Allerdings ist sowohl die Finanz- als auch die Wirtschaftskrise die Folge regulatorischen und wirtschaftspolitischen Versagens der Vergangenheit, das in Vermögenspreisblasen und riesigen Ungleichgewichten mündete. Das heißt, es müssten drastische Schritte unternommen werden, um die strukturellen Schieflagen - starke Verschuldung, überdimensionierter Finanzsektor, einseitige Handelsströme aufgrund unfreier Währungen, zu tiefe Zinsen - zu bereinigten, statt die fehlerhafte Politik der vergangenen Jahrzehnte in gigantischen Ausmaß auf die Spitze zu treiben. Die finanzielle Gigantomanie zeigt sich daran, dass die Bilanzen der Zentralbanken in kürzester Zeit sehr stark aufquellen.
Selbst der Devisenmarkt scheint mit ausgeprägten Kursbewegungen wieder zu den Reflexen der vergangenen Jahre zurückzukehren: Der Dollar wertet in kürzester Zeit gegen den Euro, den Yen und vor allem auch die Hochzinswährungen ab. Am Dienstag verlor die amerikanische Währung im Verlauf eines Tages gegen den Euro so viel an Wert, wie noch nie zuvor seit der Einführung der europäischen Einheitswährung: Waren am Montag im Tagestief noch 1,2526 Dollar nötig gewesen, um einen Euro erwerben zu können, so sind dafür am Dienstag im späten europäischen Handel 1,3017 Dollar nötig. Das heißt, die amerikanische Währung hat alleine an einem Tag 3,7 Prozent gegen ihr europäisches Pendant verloren. Die gewaltigen Kursbewegungen legen die Vermutung nahe, dass die Finanzkrise ihr Ende noch nicht gesehen hat.
FAZ 4. Nov 08
HB FRANKFURT. In Reaktion auf teilweise unerwartet drastische Zinssenkungen europäischer Notenbanken sind die Kurse der europäischen Staatsanleihen am Donnerstag nach oben geschnellt. Der richtungsweisende Bund-Future kletterte in der Spitze um 94 Ticks auf 118,01 Zähler. Am Morgen hatte der Kontrakt noch 31 Ticks im Minus notiert. Die zehnjährige Bundesanleihe lag 70 Ticks im Plus bei 104,55 Zählern und rentierte mit 3,678 Prozent.
"Es hat sehr den Anschein, als wollten die Zentralbanken keine Zeit verlieren", kommentierte UniCredit-Analyst Kornelius Purps die Zinssenkungen von Europäischer Zentralbank (EZB), Bank of England (BoE) und Schweizerischer Nationalbank (SNB). Derart aggressive Zinssenkungen signalisierten, dass die Zentralbanken äußerst besorgt über die konjunkturellen Aussichten seien. "Insofern scheint es weiterhin viel zu früh zu sein, um auf eine breite Stabilisierung oder gar Erholung der Finanzmärkte zu setzen."
Die EZB senkte den Leitzins zwar erwartungsgemäß um 50 Basispunkte auf nunmehr 3,25 Prozent. Kurz zuvor hatte allerdings die Bank of England die Finanzmärkte mit einer drastischen Zinssenkung um 150 Basispunkte auf nun drei Prozent überrascht. Zuletzt hatte es einen solchen Schritt zu Zeiten der britischen Wirtschaftskrise zu Beginn der 90er Jahre gegeben. Die Schweizer Nationalbank SNB senkte vollkommen unerwartet zum zweiten Mal in vier Wochen den Leitzins um 50 Basispunkte auf 2,0 Prozent.
Nun warteten Marktteilnehmer auf die Erläuterungen von EZB-Chef Jean-Claude Trichet. "Die sich rasch und rapide eintrübenden Wachstumsperspektiven für die Euro-Zone und die sehr viel freundlicheren Aussichten in Bezug auf die Inflationsentwicklung sollten EZB-Präsident Trichet dazu veranlassen, die Tür für weitere Zinssenkungen in den kommenden Monaten sehr weit offen zu lassen", sagte Analyst Peter Müller von der Commerzbank voraus.
Handelsblatt 6.11.2008
Christian Hoyer/NY
Diese Daten leuchten alle noch rosarot. Es geht um keine Erkältung, sondern um eine multimorbide Ansammlung von Grippeviren. Bisher haben wir nur die Halsschmerzen gespürt und seit ein paar Monaten läuft die Nase. Der Husten mit blutigem Auswurf steht uns noch bevor. Die HSH Nordbank sucht übrigens seit Wochen einen Boden, um eine Auffanglinie zu definieren, bisher - wie man hört - wohl leider erfolglos. Und bei der WestLB hat man in ein paar abgelegenen Schublagen noch eine Reihe bisher unentdeckter Finanzkadaver entdeckt, deren Beerdigung wohl auch noch ein paar Köpfe von Lebenden kosten dürfte. Die Guilliotinen-Hersteller dürften derzeit ohnehin Sonderkonjunktur haben...
Die Abwertung des britischen Pfund nimmt dramatische Ausmaße an. Allein in den vergangenen zehn Tagen ist der Wechselkurs gegenüber dem Euro um fast 10 Prozent eingebrochen. Innerhalb eines Jahres hat die britische Währung damit 18 Prozent an Wert eingebüßt. Seit Mitte vergangenen Jahres, dem Ausbruch der Finanzkrise, verbilligte sich die britische Währung sogar um 27 Prozent.
Der dramatische Wertverfall in fast allen Segmenten des Finanzmarkts hat den Hedge-Fonds nach Angaben von HFRI Hedge-Fund Research in diesem Jahr bis Oktober einen Verlust von 15,5 Prozent beschert. Dies ist schon jetzt mit Abstand das katastrophalste Jahr der Branche überhaupt. Die Verluste bedeuten zudem, dass fast alle Fonds nur mit der Verwaltungsgebühr von 2 Prozent der Anlagemittel auskommen müssen, die die Fonds allenfalls kostendeckend operieren lässt.
Wegen der verlustreichen Entwicklung der Fonds versuchen zudem immer mehr Investoren, ihr Geld aus Hedge-Fonds abzuziehen. Nach Schätzungen von Morgan Stanley könnte dies bedeuten, dass die Vermögenswerte der Branche im vierten Quartal um 24 Prozent auf 1,3 Billionen Dollar fallen dürften. Die Branche wurde Ende dieser Woche mit einer neuen Kündigungswelle von Anlagegeldern konfrontiert.
Dies stürzt die Hedge-Fonds in einen Teufelskreis: Je mehr Gelder die Fonds an ihre Investoren zurückzahlen müssen, desto mehr liquide Anlagepositionen an den Finanzmärkten müssen sie auflösen. Dies beschleunigt den Preisverfall an den Aktienbörsen, Devisen- und Rohstoffmärkten. Was wiederum die Rendite der Fonds drückt und zu höheren Margen-Anforderungen ihrer Hausbanken führt. Das stürzt die Fonds in neue Liquiditätsengpässe und lässt manche Investoren aus Furcht um die Stabilität der Fonds noch mehr Mittel abziehen.
Zahlreiche Hedge-Fonds haben allerdings vertraglich vereinbarte Beschränkungen von Mittelabflüssen greifen lassen, sogenannte „Gates“. Sie erlauben nur eine bedingte und eingeschränkte Mittelrückzahlung. Diese „Gates“ sind in der Regel Bestandteil von Hedge-Fonds-Verträgen, um einen „Run“ auf die Fonds im Interesse aller Investoren zu verhindern.
Einige Hedge-Fonds haben inzwischen auch die radikale Aussetzung von Rückzahlungen verfügt. Diese Suspendierung von Rückzahlungen ist vertraglich für Extremfälle vorgesehen. Sie wird von Hedge-Fonds angewendet, um das Anlegerinteresse der Investoren zu schützen, die lieber abwarten wollen, ob sich die Situation wieder bessert - sich die Fonds also im neuen Jahr vielleicht wieder refinanzieren können und die Finanzmärkte erholen.
Hedge-Fonds weigern sich auch, Mittel auszuzahlen, nur weil Dachfonds ihren eigenen Anlegern monatliche Liquidität zugesagt haben - obwohl die Einzelfonds, in die die Dachfonds investieren, wesentlich längere Kündigungszeiten vereinbart haben.
Der Klimaindikator für die Weltwirtschaft ist auf den niedrigsten Stand seit mehr als 20 Jahren geschrumpft. Dies geht aus den Ergebnissen des Ifo World Economic Survey (WES) vom vierten Quartal 2008 hervor, die das ifo Institut für Wirtschaftsforschung am Donnerstag vorlegte. Insgesamt deuten die Daten auf eine globale Rezession hin. Die Abkühlung des Weltwirtschaftsklimas betraf dieses Mal nicht nur die großen Wirtschaftsregionen Nordamerika, Westeuropa und Asien, sondern auch Mittel- und Osteuropa, Russland, Lateinamerika und Australien.
China will seine Währung offenbar gegenüber einer Weltwährungskrise absichern. Gibt es einen Währungsschnitt, würde man sicherlich zunächst auf die Goldrelation abstellen müssen.
„Auf den internationalen Finanzmärkten muss die staatliche Ordnungsfunktion neu definiert und durchgesetzt werden“, sagte der Bundespräsident. „Ich plädiere für die Schaffung einer internationalen Aufsichtsorganisation, und ich halte es für richtig, dem Internationalen Währungsfonds die Wächterfunktion über die Stabilität des globalen Finanzsystems zu übertragen.“ Damit er diese Aufgabe wirksam erfüllen könne, solle der IWF mehr Unabhängigkeit bekommen. Köhler war selbst von 2000 bis 2004 Direktor des IWF, dessen Gründung auch 1944 in Bretton Woods beschlossen worden war.
Die Branche reagiert mit erheblichem Druck auf die Minengesellschaften, ihre Produktion von Rohdiamanten zu kürzen oder zumindest keine weiteren Rohdiamanten mehr auf den Markt zu geben, um drastische Preisnachlässe am Markt zu vermeiden. De Beers hat schon angekündigt, die Produktion in seinen beiden neuen kanadischen Minen um 10 bis 20 Prozent zu drosseln. Sergey Vybornov, der Präsident der größten russischen Diamantenmine Alrosa, sagte kürzlich, die Gesellschaft werde prüfen, ob die Produktion um bis zu 40 Prozent gesenkt werde.
Der Export von Rohdiamanten über Antwerpen brach im Oktober um 44 Prozent dem Volumen nach ein; der Import ging um 35 Prozent in die Knie. Indiens Staatsgesellschaft, die für den Im- und Export von Diamanten zuständig ist, die Gem and Jewellery Export Promotion Council (GJEPC), hat bekanntgegeben, dass das Land vom kommenden Dienstag an sämtliche Einfuhren von Rohdiamanten für zunächst einen Monat einstellen wird, um den Markt vor einer dramatischen Krise zu bewahren.
Schließlich stehen in den indischen Schleifzentren für Diamanten 800.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. „Die Situation am Markt ist alarmierend“, sagte Vasant Mehta, Chef der GJEPC. In die gleiche Richtung geht eine Äußerung von Freddy Hannard, Chef des Antwerpener Diamantenzentrums: „Die Marktsituation ist ohne bisherigen Vergleich; wir sind mitten in der Krise.“ Das Gefährlichste sei, dass dem Markt die Zuversicht fehle.
Die Diamantenproduktion wird von wenigen Großproduzenten wie De Beers und Alrosa dominiert, die über Lagerhaltung und Vermarktung versuchen, die Preise am Markt zu steuern. Anders als bei anderen Rohstoffen hat die Finanzkrise daher nicht zu einem Kollaps der Preise geführt wie zum Beispiel bei Platin. Aber im Oktober lag der Hauptindex für Diamantenpreise, gemessen an dem von ABN Amro unterstützten Index von Polishedprices, bei polierten Diamanten um 10,8 Prozent unter dem Rekord von August und um 6,1 Prozent unter dem Vorjahrespreis.
Die Preisrückgänge hätten im Oktober sämtliche Wertskalen betroffen: auch werthaltige, größere Steine, die Anfang Oktober sogar noch im Wert gestiegen seien, dann aber stark verloren. Preise für Diamanten von 0,5 Karat liegen bei schönen Schmucksteinen um 16 Prozent unter Vorjahreswert und bei Industriediamanten um 10 Prozent unter Vorjahreswert.
F.A.Z. 21.11.2009 Von Bettina Schulz
Die Aktien von Diamanten-Aktiengesellschaften sind sämtlichst noch viel stärker eingebrochen.
Die Industrie in der Euro-Zone hat ihre Talfahrt im November mit erhöhter Geschwindigkeit fortgesetzt. In fast allen Ländern fuhren die Unternehmen ihre Produktion so stark zurück wie nie zuvor, ergab der Markit-Einkaufsmangerindex. Auch die weltweite Nachfrage nach Investitionsgütern „Made in Germany' brach demnach dramatisch ein.
Besonders in den letzten Tagen des Monats dürfte sich die Lage bei den Unternehmen verschlechtert haben, wie aus dem am Montag veröffentlichten Markit-Einkaufsmangerindex hervorgeht. „Kein Land ist von den steigenden Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft unbeeinflusst geblieben“, sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. „Die Industrieproduktion fällt so stark wie nie seit Beginn der Erhebungen in allen Ländern der Euro-Zone, weil sowohl die Nachfrage aus dem Ausland als auch aus dem Inland eingebrochen ist.“
Der Einkaufsmanagerindex sank auf 35,6 Punkte von 41,1 Zählern im Oktober und ist so weit von der Wachstumsschwelle von 50 Punkten entfernt wie nie. Damit hält der Abschwung bereits sechs Monate in Folge an. In einer ersten Schätzung hatte das Barometer noch einen Stand von 36,2 Punkten angedeutet; weil sich seither aber alle Bestandteile eingetrübt hätten, dürfte sich die Situation für die Unternehmen zum Monatsende verschärft haben, schrieben die Forscher.
Die deutsche Industrieproduktion schrumpfte im November so stark wie nie zuvor seit Beginn der Umfrage im April 1996, wie aus dem Markit/BME-Einkaufsmanagerindex hervorgeht. Auftragseingang und Produktion gingen demnach im Rekordtempo zurück. „Zahlreiche Befragte berichteten, dass die striktere Kreditvergabepraxis der Banken und die globale Konjunktureintrübung dafür verantwortlich waren, dass die weltweite Nachfrage nach Investitionsgütern „Made in Germany' dramatisch eingebrochen ist“, schrieben die Experten zu ihrer Umfrage unter 500 Unternehmen.
In der Folge drosselten die Firmen ihre Produktion bereits den vierten Monat in Folge und bauten so viele Stellen ab wie zuletzt vor fünfeinhalb Jahren. Dabei waren alle drei Hauptbereiche der Industrie betroffen. Entlastung kam dagegen erneut von den sinkenden Preisen: Im Schnitt verbilligten sich die Einkäufe für die Firmen so kräftig wie zuletzt im Oktober 2001. Das veranlasste - zusammen mit der Nachfrageflaute - die Betriebe erstmals seit Dezember 2005 zu Preissenkungen.
Handelsblatt 1.12.2008