Das Depot des Teufels
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Eröffnet am: | 05.01.03 23:06 | von: Kicky | Anzahl Beiträge: | 6 |
Neuester Beitrag: | 09.01.03 01:34 | von: Kicky | Leser gesamt: | 19.125 |
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von Sven Parplies, Euro am Sonntag 01/03
Dan Ahrens ist Katholik. Und er geht in die Kirche. Doch wenn der Finanzprofi sein Büro betritt, wechselt er die Fronten. Dann dient er dem Bösen. Glücksspiel, Alkohol, Tabak, Waffen - das ist seine Welt.
Ahrens ist kein Mafia-Pate, sondern Fondsmanager. Mit seinem Kollegen Eric McDonald betreut er für die US-Fondsgesellschaft Mutals.com den Vice Fund. Der "Laster-Fonds", so die wörtliche Übersetzung, ist der einzige Investmentfonds der Welt, der ausschließlich in "sozial unverantwortliche" Aktien investiert. Frei nach dem Motto: Böse ist besser. Zumindest an der Börse.
Ahrens und McDonald lassen sich natürlich nicht von finsteren Mächten leiten, sondern von klaren Fakten. In den vergangenen Jahren, so haben sie errechnet, haben sich die Aktien von Glücksspiel-, Alkohol- und Rüstungsunternehmen deutlich besser entwickelt als der marktbreite amerikanische Standardindex S&P 500.
Ausgerechnet in der Weihnachtszeit mussten die Investoren des Vice Fund büßen: Der Laster-Fonds verlor im letzten Quartal des Jahres 2002 im Vergleich zum S&P 500 sieben Prozent. Der Fluch der bösen Tat? Nein, behauptet Berufssünder McDonald und klingt dabei fast so siegessicher wie einst TV-Fiesling J.R. Ewing, der ebenso wie Mutals.com im texanischen Dallas zu Hause ist. Die Schwäche des Fonds sei nur vorübergehend, langfristig werde sich das Böse behaupten.
Der bislang einzige bekennende Fonds des Bösen stemmt sich dem Heer der Weltverbesserer und Gutmenschen entgegen. Ethik- und Nachhaltigkeitsfonds sind das am schnellsten wachsende Segment der Fondsbranche. Das Deutsche Aktieninstitut hat errechnet, dass in den USA bereits jeder zehnte Dollar nach ethischen Kriterien investiert wird. In Europa gibt es inzwischen rund 250 sozial, ethisch oder ökologisch ausgerichtete Fonds. Indexanbieter Dow Jones hat sogar ein eigenes Segment für Unternehmen zusammengestellt, die nachhaltig wirtschaften, den Dow Jones Sustainability.
Reich mit reinem Gewissen? Schön wär’s. Ein Blick in die EURO-Datenbank zeigt: Rund zwei Drittel aller &ko-Fonds schnitten im vergangenen Jahr schlechter ab als der Dow Jones Sustainability. Und der wiederum hat sich rund fünf Prozent schlechter entwickelt als der Dow Jones Industrial, der keine Rücksicht nimmt auf ethische Auswahlkriterien. Ist böse also grundsätzlich besser? Die Masse der Finanzexperten jedenfalls zeigt sich offen für die Verlockungen der sündigen Aktien. "Tabak und Alkohol sind klassische Value-Werte, die sich in Zeiten schlechter Konjunktur besser entwickeln als Wachstumswerte", bekennt Christian Jasperneite, Stratege bei M.M. Warburg.
Die Top-Titel unter den Laster-Papieren gewinnen sogar in jeder Börsenphase. So dürften die Aktionäre des amerikanischen Brauerei-Riesen Anheuser-Busch weder ein schlechtes Gewissen haben, noch schlaflose Nächte durchleiden. Seit knapp zehn Jahren können sie sich Über stetig steigende Kurse erfreuen. Dank seiner Top-Marke "Budweiser" ist Anheuser-Busch mit einem Jahresausstoß von rund 160 Millionen Hektolitern der größte Bierkonzern der Welt. Trotz weltweiter Wirtschaftskrise wollen die Promille-Profis 2003 erneut einen zweistelligen Gewinnzuwachs erzielen. Der Aktienkurs hat sich innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt.
Solche Zahlen lassen die Moralpredigten der Abstinenzler schnell vergessen. "Der typische Investor achtet nicht auf ethische Kriterien. Er ist daran interessiert, dass er mit seiner Aktie Gewinne erzielt", weiß Stratege Jasperneite. Aber Vorsicht: Wenn schon Laster, dann auch richtig. Falsch hat es der britische Spirituosen-Konzern Diageo gemacht. Bis vor kurzem versorgte Diageo seine Kundschaft nicht nur mit teuflisch guten Promille-Bomben wie dem Smirnoff-Wodka und Johnny-Walker-Whisky, sondern servierte als Besitzer der Fastfood-Kette Burger King auch noch fettige Pommes und Buletten-Brötchen. Eine Mischung, die den Aktionären in den vergangenen Monaten heftige Magenbeschwerden bereitete. Analysten vermissten im "Gemischtwarenladen" eine klare Konzernstrategie. Inzwischen haben die Briten Burger King an eine amerikanische Investorengruppe verkauft. Mit einer klaren Ausrichtung auf den Alkohol will Diageo jetzt an der Börse wieder auf Touren kommen. In Finanzkreisen wird der Wert bereits als Turnaround-Kandidat gehandelt. Nach Ansicht der Strategen von Helaba-Trust ist die Aktie ein attraktives Investment. Diageo werde auf Grund der "innovativen Produktpalette" mit einer "hohen Gewinndynamik" glänzen.
Wem Bier und Schnaps zu langweilig ist, der versucht sein Glück mit den einzig wahren Zockerpapieren - Glücksspiel-Aktien. Die Stars der vergangenen drei Jahre finden Anleger im Dow Jones Casino Index, der ein Plus von rund 80 Prozent aufweist. Wer in Aktien wie die des amerikanischen Casino- und Hotelbetreibers MGM Mirage investiert, der sitzt mit am Spieltisch, trägt aber damit auch ein entsprechend hohes Risiko. Viele Laster-Aktien sind halt nichts für sensible Gemüter
Das gilt, wenn auch aus einem anderen Grund, ebenso für die Papiere des Tabakkonzerns Philip Morris. Bei weltweit 1,2 Milliarden Rauchern darf sich der Arbeitgeber des berühmten Marlboro-Cowboys auch in wirtschaftlich schweren Zeiten Über treue Kundschaft freuen. Trotz der Pläne zum Verbot von Tabakwerbung in der Europäischen Union, braucht sich die Branche um den Nachwuchs keine Sorgen zu machen - jeder dritte Raucher ist jünger als 25 Jahre.
Fälle krebskranker Raucher, die im Gerichtssaal mit Tränen in den Augen ihr Schicksal schildern, wie zuletzt im Fall der 64 Jahre alten Betty Bullock, können allerdings selbst hart gesottene Laster-Investoren nachdenklich machen: Ist Profit bei einem Investment denn wirklich das Einzige, was zählt?
Ja - jedenfalls haben die meisten Finanzprofis offenbar keine Bedenken - in Fonds renommierter Gesellschaften wie dem DWS Akkumula oder dem Morgan Stanley Global Value zählt Philip Morris zu den Top-Titeln im Portfolio.
Hoch im Kurs stehen Aktien der Rüstungskonzerne spätestens seit den Anschlägen auf das New Yorker World Trade Center. Im Kampf gegen den Terror will die Regierung von US-Präsident George W. Bush den Verteidigungsetat von zurzeit 378 Milliarden bis auf 451 Milliarden Dollar im Jahr 2007 erhöhen. Nicht nur der neue Kampfjet "Joint Strike Fighter", sondern auch das ambitionierte Projekt eines Raketenabwehrsystems im Weltraum sichern Rüstungskonzernen wie Lockheed Martin und United Technologies stetig steigende Gewinne. Zynismus hin oder her: Kursphantasie garantiert auch ein Militärschlag gegen den Irak. Und für die Zeit nach Saddam ist ebenfalls gesorgt - mit Nordkorea und dem Iran, nach Überzeugung von US-Präsident George W. Bush möchte in der "Achse des Bösen", haben die Vereinigten Staaten bereits die nächsten Feinde ins Visier genommen.
Doch ausgerechnet Rüstungstitel sorgen beim Überzeugten Laster-Investor derzeit für Verwirrung. Schuld ist jedoch nicht nur die inzwischen hohe Bewertung der entsprechenden Aktien, die viele Börsianer abschreckt, sondern auch eine grundsätzliche Frage: Sind Rüstungsaktien gar nicht böse? Anlass der Debatte: Für einige Verfechter des ethisch korrekten Investments haben die Waffenschmieden der USA im Kampf gegen den Terrorismus ihren Makel verloren.
Der streng christlich orientierte "Ave Maria Catholic Value"-Fonds der amerikanischen Investment-Gesellschaft Schwartz erteilt der Rüstungsbranche mittlerweile die Absolution und hat die Aktien von General Dynamics, Northrop Grumman und Esterline Technologies in seine Portfolios aufgenommen. Das alles mit dem Segen des Detroiter Erzbischofs, der höchstpersönlich über die moralische Reinheit der Fondsbestände wacht.
Der "Ave Maria"-Fonds, so erklärt Investment-Chef George Schwartz, stehe halt nicht nur für Leben, Ehe und Familie - sondern auch für die Freiheit und den Stolz der Vereinigten Staaten. Aber die Freunde des unmoralischen Investments, die sich angesichts der neuen Waffenbrüder aus Detroit lieber nach alternativen Investments umschauen, müssen jedoch nicht verzweifeln. Eric McDonald vom Vice Fund hat längst einen neuen Geheimtipp: Microsoft! Der Software-Riese steht unter Beschuss, weil er nach Überzeugung seiner ethisch korrekten Kritiker die Fast-Monopolstellung seines Betriebssystems Windows aggressiv ausnutzt, um Wettbewerber zu behindern und seine Kunden auszuspionieren. "Microsoft", meint McDonald, "ist ein beeindruckendes Unternehmen. Es ist die perfekte Laster-Aktie!"
DIAGEO habe ich jedenfalls inzwischen auf meiner Watchlist.
Wholesaler sales-to-retailers grew 1.6 percent for the full year, the company said, although they declined 0.3 percent in the fourth quarter reflecting "a difficult comparison to fourth quarter 2001 sales that were up 5 percent due to unseasonably warm weather and the resumption of consumer activity after the September 11 tragedy."
Shares of Anheuser-Busch (BUDwere among the few winners in the alcohol booze sector Wednesday, closing up 19 cents at $49.30.
ausserdem besagt eine Studie im New England Journal of Medicine's Jan. 9 dass geringe Mengen von Alkohol wie Wein und Bier gut gegen Herzkrankheiten sind