Culture Club
Seite 21 von 2442 Neuester Beitrag: 21.11.24 15:21 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.12 21:13 | von: Fillorkill | Anzahl Beiträge: | 62.026 |
Neuester Beitrag: | 21.11.24 15:21 | von: Fillorkill | Leser gesamt: | 6.508.811 |
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Gehört dieses Jahr mit zu meinen Lieblingsneuentdeckungen.
(kommt btw ebenfalls aus Kanada)
Wobei ich Radiohead, obwohl viele ihrer Alben ohne Frage bahnbrechend und absolut stilbildend waren, immer nur nett fand. Ging trotz aller Qualität und einem Genre das mir besonders liegt irgendwie an meinem Sentiment vorbei, keine Ahnung.
bewirkt, sondern lediglich seine zeitgemässe Form hervorbringt. Walter Benjamin würde auch hier daneben liegen...
Benjamin stellt die Reproduktion dem originalen Kunstwerk gegenüber und sieht dessen Echtheit in der Einmaligkeit und dem Hier und Jetzt des Gegenstands. Er trägt seine Geschichte als Kulturerbe in sich und ist orts- und zeitgebunden, die Echtheit ist nicht reproduzierbar. Die modernen technischen Möglichkeiten der Reproduktion hingegen führen sowohl zur Massenhaftigkeit wie zur Beweglichkeit des Kunstwerks. Seine geschichtliche Zeugenschaft gerät ins Wanken und es verliert seine Autorität: „Was im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verkümmert, das ist seine Aura.“[9] Mit der Lösung des Reproduzierten aus dem Bereich der Tradition geht eine gewaltige Erschütterung des Tradierten einher, die wiederum im engen Zusammenhang mit den zeitgenössischen Massenbewegungen steht. Deren „machtvollster Agent“ ist der Film, da seine kathartische Seite im positiven wie im negativen „die Liquidierung des Traditionswertes am Kulturerbe“ ist.
Im dritten Kapitel führt Benjamin die These aus, dass sich im historischen Prozess mit Veränderung der Daseinsweise auch die Art und Weise der Sinneswahrnehmung der menschlichen Kollektiva verändert. Er verweist dabei auf die Erkenntnisse der Wissenschaftler der Wiener Schule und bemerkt, dass diese nicht die gesellschaftlichen Umwälzungen berücksichtigt haben, die in den Veränderungen der Wahrnehmung ihren Ausdruck fanden. „Und wenn Veränderungen im Medium der Wahrnehmung […] sich als Verfall der Aura begreifen lassen, so kann man dessen gesellschaftliche Bedingungen aufzeigen.“[10]
In der im vierten Kapitel folgenden Erläuterung definiert Benjamin den Begriff der „Aura“, sowohl auf natürliche Gegenstände wie auf Kunstwerke bezogen, als „einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“. Die Aura besteht gerade aus der Einmaligkeit und der in sich getragenen Geschichte eines Kunstwerks. Sowohl diese Einmaligkeit wie die Ferne werden durch die Reproduzierbarkeit untergraben. Damit beruht der Verfall der Aura sowohl auf dem Anliegen „der Massen im heutigen Leben“, sich die Dinge räumlich und menschlich näherzubringen, wie auf der Tendenz der Überwindung des Einmaligen „durch die Aufnahme von deren Reproduktion“.
So aber hat sich die Kunst von ihrem Ursprung gelöst, die im religiösen Ritual und der sich beständig wandelnden Tradition liegt. Kunstwerke waren in ihrem Ursprung und in ihrer Geschichte Bestandteil und Ausdruck kultischer Veranstaltungen. Auch im Wandel der Säkularisierung behielten sie ihren „Kultwert“, wie es zum Beispiel in der Lehre vom l’art pour l’art als eine ihr eigene „Theologie der Kunst“ erkennbar ist. Mit der Reproduzierbarkeit verschiebt sich der „Kultwert“ zum „Ausstellungswert“ des Kunstwerks: „Wie nämlich in der Urzeit das Kunstwerk durch das absolute Gewicht, das auf seinem Kultwert lag, in erster Linie zu einem Instrument der Magie wurde, […] so wird heute das Kunstwerk durch das absolute Gewicht, das auf seinem Ausstellungswert liegt, zu einem Gebilde mit ganz neuen Funktionen, von denen die uns bewußte, die künstlerische, als diejenige sich abhebt, die man später als eine beiläufige erkennen mag.“[11] (wiki)
Wie immer eine sehr feine empathische Diagnostik der KT, deren Implikation jedoch - wie meist - invers gelesen werden sollte...
#507 Du bist ein sehr anregender und interessanter Gesprächspartner, was übrigens auch makro gilt, auch und villeicht sogar gerade, wenn wir da häufig quer liegen.
Wobei ich mir nicht genau vorstellen kann, wie Du das meinst, die Implikationen von Adorno invers zu lesen, der mit seiner negativen Dialektiv wiederum die Implikationen von Hegel invertiert. Wäre man dann nicht wieder bei einer positiven Dialektik angelangt?
Mein grundsätzliches Problem mit der negativen Dialektiv ist dabei, dass ich sie in hohem Maße für selbstwidersprüchlich halte, ein Unding an sich.
Hier mal Four Tet alleine:
Der Cap enthält als einzige historische Gesellschaftsformation seinem Wesen nach diese Möglichkeit, nichtidentisch zu sein. Denn um hier - etwas verkürzt ausgedrückt - reüssieren zu können, erfolgreich zu sein, bedarf es der Difference zu allen anderen, die das ihre versuchen. Reine Konformität unterliefe hingegen den Imperativ 'Erfolg'. Der Cap hat so Sklaverei, Rassismen ethnischer, sexueller und kultureller Fasson tendenziell überwunden, er hat die Popkultur und letztlich auch Adornos Philosophie hervorgebracht. Diesen emazipatorischen Gehalt zu referieren bedeutet jedoch nicht, die gleichzeitig existierenden Zwänge und Härten zu leugnen...
Über Dich bin ich da nun allerdings doch neugierig geworden und habe mich ein bisschen damit in der letzten Zeit befasst.
Interessant und feinsinnig ist sie ohne Frage, wobei sie mir nicht besonders zugänglich ist, was allerdings vielleicht weniger mit ihrer Kompliziertheit, zu tun haben mag, als mit dem Umstand, dass mir die methodologische Denkweise an sich nicht besonders liegt.
Vielleicht fehlen mir aber auch einfach einige 1.000 Seiten Lektüre, um sie besser zu verstehen.
Auf die Selbstwidersprüchlichkeit der neagtiven Dialektik stösst man dabei allerdings m.E. doch relativ schnell.
Das ganze soll das Unwahre sein, da ihn ihm ein riesiger Verblendungszusammenhang erblickt wird. (Einer der Schlüsselsätze der KT)
Eine Aussage, die selber eine Ganzheit behauptet und auch nur als Ganzes gedacht werden kann. Sie muss sich demnach nach der eigenen Logik selbst um etwas Unwahres handeln.
Dieser Widerspruch im Denken setzt sich dann m.E. auch in anderen Dingen fort. Es geht darum, in diesem ominösen Ganzen darin verborgene Herrschaftstrukturen und Totalitarismen aufzudecken. Es ist eine antitotalitäre Denkweise, was mir vom Anspruch her sehr sympatisch ist. Bei diesem Versuch werden jedoch durch die absolute Negativität, dem absoluten Beharren auf dem Nichtidentischen des Ganzen, bei dem anders als im Denken Hegels keine Versöhnung im Sinne eines "Es ist und es ist nicht"gefunden werden kann, selber neue Totalitarismen geschaffen.
Einem Versuch, den Dualismus zu überwinden, wenn man so möchte, was dann wiederum über die aristotelische Logik hinaus geht und ohne eine metaphysische Komponente nicht zu denken ist.
Ist das Nichtidentische das Wahre, so ist das Ganze genauso das Wahre wie das Einzelne und ist es zugleich nicht, da sie im gegenseitigen Bezug gleichermaßen Identisches und Nichtidentisches aufweisen.
Wenn dann noch das Medium der Sprache hinzukommt, kommt noch die Problematik der Identität/Nichtidentiät von Signifikat und Signifikant hinzu.
Im Beschriebenen liegt immer eine Nichtidentität der Beschreibung zu dem Gegenstand der Beschreibung vor. Die Beschreibung mag zutreffend sein und doch kann sie den Gegenstand in seiner Gesamtheit nicht wiedergeben, da sie eben nicht der Gegenstand ist.
'Aufklärung schlägt um in Mythos' dialektisch gelesen bedeutet, Aufklärung wird im Mythos transportiert und fortgeschrieben. Dies ist für den Cap 'wahr', weil hier alle umlaufenden ideologischen Narrative einer limitierten Halbwertszeit ausgesetzt sind, diese also regelmässig entwertet werden. Ähnliches gilt für den Dissens, der im Cap stets reproduziert wie reintegriert wird. Das 'wahre' oder nichtidentische ist also im ganzen falschen enthalten. Dies gilt jedoch nur für den Cap, der von der KT nicht sauber unterschieden wird von anderen Gesellschaftsformationen...
Ich denke, der Impact der KT ist unterschwellig nachwievor da, weil sie die im Cap centrale Frage nach den Bedingungen stellt, Individuum zu sein. Diese Frage kann eine Philosophie, die grundsätzlich affirmativ operiert, jedoch nicht beantworten. Im moralischen Kern eine metaphysische Freiheitsphilosphie, die sich mit den Gesetzen formaler Logik nicht wirklich blamieren lässt. Auch das lässt sich dialektisch lesen: 'Es gibt keine objektive Wahrheit' (da Herrschaftsdiskurs) ist formaler Logik nach falsch, weil selbst objektive Gültigkeit beanspruchend. Methaphysisch trifft jedoch beides zu....