"An Ignoranz kaum zu überbieten"


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20.09.01 21:07
"An Ignoranz kaum zu überbieten"

Experten rügen mangelnde Qualität bei vielen Aktionärsbriefen

Von Alexander Antonoff

Frankfurt/Main - Schlechte Noten für Deutschlands Vorzeige-Konzerne: "Die Selbstdarstellung der Dax-Unternehmen in den Aktionärsbriefen ist mangelhaft und an Ignoranz kaum zu überbieten", kritisiert der Kommunikationsexperte und Fachautor Manfred Piwinger ("Die Praxis der Investor Relations") die Qualität der deutschen Aktionärsbriefe. Zusammen mit Helmut Ebert, Professor für Angewandte Sprachwissenschaften an der Universität Chemnitz, hat Piwinger in einer Studie die sprachliche und kommunikative Qualität der Aktionärsbriefe der Dax-Unternehmen untersucht. Fazit der Verfasser der Studie: Die überwiegende Mehrzahl der Dax-30-Unternehmen misst dem Aktionärsbrief "offenbar nur eine geringe Beachtung" bei. Und dies, obwohl der Aktionärsbrief als der am meisten gelesene und beachtete Text in einem Geschäftsbericht gilt. Anonym oder unpersönlich falle mehrheitlich die Sprache der Aktionärsbriefe aus. "Erfolge werden mit buchhalterischer Akribie aufgezählt, Misserfolge in der Regel verschwiegen oder schön geredet", bilanziert Ebert.
Lediglich der Aktionärsbrief der Allianz AG konnte die Kommunikationsexperten derart zufrieden stellen, dass sie diesen als einzigen mit der Note "sehr gut" auszeichneten. Gefolgt von SAP, Adidas Salomon, und der Commerzbank. Am unteren Ende der Liste finden sich die Aktionärsbriefe von FMC, Münchener Rück, RWE, Epcos und Infineon, die alle mit der Note "ausreichend" abschnitten. Nur ein Drittel der Dax-Unternehmen wurde bei der Untersuchung als mindestens "gut" bewertet. Untersucht wurden die Aktionärsbriefe nach insgesamt fünf Kriterien: Informationsgehalt und Überzeugungskraft, Briefhaltigkeit und Selbstdarstellung, Verständlichkeit, Lesemotivation und Appellgehalt.

"Aktionärsbriefe sind oft Texte ohne Verfasser - ausgewogen und abgeprüft bis zum letzten", kritisiert Piwinger. Den meisten Aktionärsbriefen sei anzumerken, dass sie nicht aus der Feder des Vorstandsvorsitzenden stammen, vermutet Ebert. Dabei biete aber gerade die persönliche Briefform die Chance, eine positive Beziehung zu den bereits engagierten und potenziellen Aktionären aufzubauen.

Die Möglichkeit, in einem individuellen Gesprächston eine Nähe zum Leser herzustellen, werde so vergeben. "Von zwei bis drei Ausnahmen abgesehen, haben wir den Eindruck, dass die Verfasser überhaupt nicht an den Adressaten denken, ja nicht einmal eine Vorstellung davon haben, mit wem sie es zu tun haben", beklagt Piwinger. Zahlen und Daten würden hier aus dem hinteren Teil des Geschäftsberichtes noch einmal aufgelistet, statt die Beweggründe zu vermitteln, die zu welchem Handeln geführt haben. Stattdessen dominierten zudem Aussagen mit Selbstbezug und Selbstlob, die sich an niemanden wendeten.

In keinem Aktionärsbrief fanden die Verfasser Hinweise auf die Verantwortung des Unternehmens vor der Gesellschaft im Allgemeinen oder gegenüber den Investoren, Kunden oder Lieferanten. Dabei biete dieser Platz die Chance, die Maßstäbe des eigenen Handelns in persönlicher Weise vorzubringen. "Die gröbsten Fehler werden jedoch auf der Gefühlsebene gemacht," kritisieren die Verfasser der Studie. Wer in seinem Aktionärsbrief von einer "weltweit anhaltenden Patientenpopulation" spreche, statt von Kranken auf der Welt, dem werde es schwer fallen, mit dem Aktionärsbrief Sympathien und Vertrauen bei den Lesern zu erwecken.

 

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