Adultshop: Die Enthüllung des Sex-Schwindels


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12.01.03 10:37  
 
Adultshop: Die Enthüllung des Sex-Schwindels    
 
Ein Buch, das im Frühjahr auf den Markt kommt, sorgt schon jetzt für Wirbel. Inhalt: Wie man Börsianer auszieht und wertlose Aktien pusht. Der Autor weiß, wovon er schreibt. Er war Manager des börsennotierten Internet-Sexversands Adultshop.com.

von Jens Castner

Erst kamen anonyme Anrufe, dann fanden sich Drohbriefe mit einem geheimnisvollen weißen Pulver in der Post seines Verlags. Spätestens da fühlte der angehende Bestsellerautor, dass es klug war, seine wahre Identität zu verbergen. Der Mann mit dem Pseudonym Marcus Starck hat zwei Namen, mehrere Berufe und viele Feinde. Der gebürtige Österreicher war bis vor zwei Jahren Manager beim australischen Internet-Sexversand Adultshop.com. Jetzt hat er die australische Staatsbürgerschaft und einen neuen angelsächsisch klingenden Namen angenommen. Heute arbeitet er als Journalist und Schriftsteller.

Starcks erster Roman heißt „Sex DotCom“, soll im Frühjahr 2003 auf den Markt kommen – und sorgt in Australien schon vorab für Wirbel. Die Story: Unter dem Börsenmantel einer australischen Minengesellschaft entsteht ein Internet-Unternehmen. Anlegern wird starkes Wachstum versprochen, was den Kurs der Aktie in die Höhe treibt. Am Ende entpuppt sich alles als heiße Luft. Die Aktie landet nach ihrem Höhenflug wieder dort, wo sie hergekommen ist. Wer früh genug dabei ist, macht ein Vermögen, wer zum Höchstkurs einsteigt, erleidet Totalverlust. Genau wie im richtigen Leben.

Starck betont, die Geschichte sei frei erfunden. Seine Erfahrungen bei Adultshop.com seien lediglich „hilfreich“ gewesen. Die Aktionäre australischer Pennystock-Gesellschaften glauben dagegen eher an einen Tatsachenbericht. Auch hier zu Lande tappten Anleger reihenweise in die Falle. Die Minen-Aktien waren mit Gerüchten und schönfärberischen Prognosen noch leichter nach oben zu kriegen als die Titel vom Neuen Markt, weil die Kurse in aller Regel unter einem Euro notierten, was naturgemäß Zocker anlockt.

Professionelle Pusher – in Starcks Buch ein Schweizer Finanzkonsortium – sorgten vor allem in deutschen Internet-Boards für den nötigen Nachrichtenstrom. Noch heute geistern immer wieder die Namen Dr. Dr. Andreas Reitmeier und Hans-Rudolf Moser (Verwaltungsratsmitglied bei Adultshop.com) durch die Chat-Räume, in denen sich langsam Unsicherheit breit macht.

Im Brustton der Überzeugung beteten die Chat-Teilnehmer Reitmeiers utopische Kursziele für ehemalige Bergwerksgesellschaften wie die Beteiligungsgesellschaft Adelong (heute Orchid Capital), den medizinischen Online-Beratungsdienst Global Doctor oder das Glücksspiel-Unternehmen MyCasino.com nach. Heute diskutieren die Teilnehmer über die Frage, ob es dem Kurs nicht doch abträglich sein könnte, wenn die Alpen-Connection ihre Finger im Spiel hat.

Ober-Guru Reitmeier – übrigens ein Österreicher und kein Schweizer, wie in Starcks Buch – soll seine Karriere als Laufbursche des legendären Heinz H. Hensley-Piroth begonnen haben, der mit seiner Effekten- und Edelmetallberatungsgesellschaft (EFB) deutsche Anleger um mindestens 100 Millionen Euro geprellt haben dürfte. Als prominentestes Opfer soll der ehemalige Fußballprofi Paul Breitner dem Finanzberater Hensley-Piroth, der 1991 in Florida geschnappt wurde, auf den Leim gegangen sein. Ausgezeichnete Referenzen also für Reitmeier?

Nun ja. Ob Reitmeier, Adultshop-Boss Malcolm Day oder einfach gefrustete Kleinaktionäre hinter den Drohbriefen und -anrufen stecken, darüber will Autor Marcus Starck nicht spekulieren. Day zumindest, einst im Telefonsex-Gewerbe tätig, war nicht persönlich an der Strippe. Die Stimme hätte Starck erkannt. Schließlich feuerte ihn der Chef persönlich. „Weil ich mich weigerte, den Büro-Abwasch zu machen“, erklärt Starck. Für eine Firma, deren erklärtes Ziel es ist, die Weltmarktführerschaft im Online-Erotikhandel zu übernehmen, ist es nicht gerade imagefördernd, hochrangige Manager abspülen zu lassen. Und ein deutliches Alarmsignal für Anleger, wenn kein Geld für eine Spülmaschine da ist.

Immerhin machte sich Adultshop – im Gegensatz etwa zu Adelong alias Orchid Capital (heute gerade mal einen Cent wert) – wenigstens die Mühe, ein operatives Geschäft aufzubauen. Unter www.adultshop.de bietet das Unternehmen auch deutschen Paaren allerlei Hilfsmittel an, um die Libido zu steigern. So erfolgreich wie Day, Moser und Konsorten es darstellten, lief das Geschäft dann aber wohl doch nicht. Am 5. September musste der australische Hugh Hefner, wie Day sich selbst gerne bezeichnet, der verdutzten Anlegerschaft beichten, dass 2002 statt der ursprünglich angekündigten 11,6 Millionen australischen Dollar Gewinn wohl doch ein Verlust herauskommen werde. Wenige Tage später stellte sich heraus, dass einige Großaktionäre in den Wochen vor dieser Ankündigung massiv Bestände abgebaut hatten und Day seiner Lebensgefährtin Bree Maddox ihre Bemühungen als Webmasterin mit schlappen 1,6 Millionen Dollar (rund 860000 Euro) vergütet hatte. Zudem sollen auch in der Bilanz fürs abgelaufene Geschäftsjahr Unregelmäßigkeiten aufgetaucht sein.Zwar hat Adultshop.com von sich aus die Aussetzung der Aktie vom Handel beantragt – aber dieses Vorgehen ist im Land der Kängurus und Koalas üblich, um die zwangsweise Suspendierung zu vermeiden. Fest steht, dass die Firma bis zum 17. Oktober 2002 Licht in die Vorfälle bringen und eine überarbeitete Jahresprognose vorlegen wollte, dies aber bis zum heutigen Tage schuldig blieb. Da das Ermittlungsverfahren der Börsenaufsicht andauert, ist auch noch nicht klar, wann der Handel wieder aufgenommen werden wird.Einige Glücksritter hier zu Lande glauben immer noch an ein Comeback des Papiers und wettern in Chartboards über Marcus Starck. „Malcolm sollte ihm die Fresse einschlagen“, ist da zu lesen. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass wütende Kleinaktionäre hinter den Drohbriefen stecken, weil sie befürchten, die Veröffentlichung von „SexDotCom“ könnte den Kurs noch weiter in den Keller schicken. Viel haben sie sowieso nicht mehr zu verlieren: Der letzte Kurs, bevor Adultshop vom Handel ausgesetzt wurde, belief sich auf vier Cents.

Und auch der Drohbrief-Schreiber scheint nicht gerade im Geld zu schwimmen: Das weiße Pulver entpuppte sich als Mehl – ein No-Name-Produkt, heißt es.

„SexDotCom“ von Marcus Starck erscheint im Frühjahr im Maas Verlag Berlin. Preis: rund elf Euro. Vorbestellungen: www.maasmedia.de


 

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