"Dem Dollar winkt der Bernanke-Test"


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Neuester Beitrag: 05.01.06 15:49
Eröffnet am:04.01.06 23:02von: EinsamerSam.Anzahl Beiträge:2
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24466 Postings, 7137 Tage EinsamerSamariter"Dem Dollar winkt der Bernanke-Test"

 
  
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04.01.06 23:02
„Dem Dollar winkt der Bernanke-Test”

04. Januar 2006 Die amerikanische Währung verblüffte in den vergangenen Monaten viele jener Anleger, die davon ausgegangen waren, sie würde den Abwertungstrend der Vorjahre fortsetzen. Der Greenback konnte nicht nur gegen den Euro, sondern auch gegen viele andere Währungen zum Teil deutlich zulegen.

Das muß aber für die Zukunft nicht viel bedeuten. Denn es gibt viele Argumente, die gegen den amerikanischen Dollar sprechen. Axel Merk, Fondsmanager des Merk Hard Currency Fund in Kalifornien, bringt sie im folgenden Interview auf den Punkt. Er rechnet nicht nur kurzfristig im Rahmen des Übergangs der Fed-Präsidentschaft von Greenspan zu Bernanke mit Turbulenzen, sondern mittel- und langfristig mit einer anhaltenden Abwertung der Währung.

Aus diesem Grund ist sein Fonds auch wenig darauf ausgerichtet, eine überdurchschnittliche Performance zu erzielen. Er soll vor allem amerikanischen Anlegern eine Diversifikationsmöglichkeit bieten.

Sie verwalten einen Fonds, der sich Hard Currency Fund nennt und vor allem in internationale Geldmarktpapiere investiert. Wie soll ich das als Anleger verstehen?

Der Fonds ist zugeschnitten auf einen Anleger der in Amerika anlegt, der besorgt ist über einen fallenden amerikanischen Dollar und der denkt, die traditionellen Assetklassen wie Immobilien, Aktien oder auch Rentenpapiere seien zu teuer geworden. Traditionell würde dieser Anleger in Cash investieren. Was macht er aber dann, wenn auch das Cash nicht mehr sicher ist?

Gibt es denn gute Gründe für all diese Annahmen?

Es gibt sogar dringende Gründe dafür. So ist der amerikanische Immobilienmarkt überteuert, der in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Finanzierung der amerikanischen Wirtschaft beigetragen hat. Höhere Immobilienwerte haben höhere Hypotheken möglich gemacht, die wiederum den Konsum gefördert haben. Der Konsum steht für 70 Prozent des Wirtschaftsgeschehens, das folglich stark abhängig ist vom Verbraucherverhalten. Das Vertrauen und das Leistungsbilanzdefizit des Landes zusammen stimmen mich skeptisch für den Dollar.

Wie funktioniert die Transmission?

Die Zinsen sind in den vergangenen Jahren im Trend nur gefallen. Gleichzeitig haben sich die Konsumenten immer stärker verschuldet. Tiefe Zinsen und immer innovativere Finanzierungsformen machen einerseits einen hohen Lebensstandard möglich. Viele Konsumenten haben Häuser, Autos und andere Dinge auf Ratenbasis erworben. Die amerikanische Wirtschaft ist auf diese Weise deutlich sensibler denn je geworden für Schwankungen im Zinsbereich. Sollte es zu einem externen Schock kommen, liegen viele Verbraucher relativ „schnell auf der Nase”. Verliert jemand seinen Job oder läßt sich scheiden, so kann das schnell zu einem Desaster führen. Insgesamt ist zur Zeit nicht nur die Jobsicherheit in Amerika tief, sondern der Verbraucher ist finanziell auch „ausgelaugt”, unter anderem aufgrund der hohen Energiepreise.

Woran läßt sich das ablesen?

Zum Beispiel an den Preiszugeständnissen bei den Automobilunternehmen. Ferner mußten zu Beginn der Weihnachtszeit die Einzelhändler Preisdiscounts von bis zu 40 oder gar 60 Prozent geben, weil sie fürchten mußten, die Konsumenten würden sonst nicht in die Geschäfte kommen. Die Ertragszahlen, die Wal Mart vor kurzem vorgelegt hat, waren auch nicht sehr erfreulich.

Welche Konsequenzen würde ein schwächelnder amerikanischer Konsum mit sich bringen?

In diesem Fall gibt es weniger Gründe für den Rest der Welt, im Dollarraum zu investieren. Dann wird das Handels- und Leistungsbilanzdefizit, das angeblich niemanden stören soll, doch relevant. Diese Defizite machen solange nichts aus, solange die Ausländer Dollar kaufen. Bisher war das der Fall, weil es das Interesse gab, den Dollar hoch zu halten.

Und das ändert sich?

Es gibt Anzeichen dafür. Die Dollarkäufe im vergangenen Jahr hatten ein anderes Profil als zuvor. Waren es bis vor einem Jahr vor allem die ausländischen Zentralbanken, die Dollar gekauft hatten, so haben in den vergangenen Monaten vor allem die asiatischen Länder versucht, ihre Dollarreserven breiter zu streuen. Sie haben nicht mehr nur Treasuries erworben, sondern vor allem auch „Real Assets”. Ein Beispiel war der Versuch Chinas, ein amerikanisches Ölunternehmen zu kaufen. Solche Transaktionen haben sie in Kanada, Lateinamerika und Australien tatsächlich durchgeführt.

Dagegen beruhten die Dollarkäufe im vergangenen Jahr vor allem auf Steuereffekten, da amerikanische Unternehmen Gewinne steuergünstig repatriieren konnten. Gleichzeitig spielte auch der Zinsvorteil eine Rolle. Diese temporären Effekte sind ausgelaufen oder laufen aus. Schaut man sich die Leistungsbilanzdaten genauer an, so zahlen Amerikaner inzwischen zum ersten Mal in der Geschichte des Landes mehr Zinsen an Ausländer, als sie von ihren Investitionen im Ausland erhalten. Das Land befindet sich auf dem Weg zum Status eines „Drittweltlandes”.

Gibt es auch weitere Faktoren?

Ja. Alle Gründe, die in den vergangenen Jahren für Investitionen in den Vereinigten Staaten gesprochen haben, haben sich inzwischen umgedreht. Bisher waren die Investitionen auf den amerikanischen Verbraucher ausgerichtet. Da der nun ausgelaugt ist, fällt dieser Grund weg. Gleichzeitig kommen immer mehr asiatische Firmen wie LG Electronics hoch, die sich nicht nur den asiatischen Markt erschlossen haben, sondern zunehmend auch in Amerika expandieren. So kommen amerikanische Firmen nicht nur von der Rohstoffseite unter Druck, sondern sie können auch ihre Preise nicht erhöhen. Sie sind gezwungen die variablen Kosten weiter zu senken. Dazu zählen in Amerika auch die Arbeitskosten. Damit sind wir wieder beim amerikanische Arbeitsmarkt, der trotz des ausgewiesenen Wachstums nicht nur schwach ist, sondern die realen Löhne steigen nicht.

Gilt das für alle Unternehmen?

Es gibt Firmen wie Google, die können damit leben. Eine GM kann damit jedoch nicht leben. Ein großer Teil der amerikanischen Wirtschaft besteht eben nach wie vor aus der „Old Economy”.

Ist die amerikanische „Old Economy” überhaupt noch international wettbewerbsfähig?

Der große Vorteil der amerikanischen Wirtschaft ist ihre Flexibilität. Wenn die Leute damit rechnen müssen, bei unter Umständen hohen Schulden auf der Straße zu stehen, müssen sie einfach einen neuen Job finden. Gleichzeitig ist jedoch die Globalisierung und der Trend zum „Outsourcing” durch tiefe Zinsen und Steuern beschleunigt worden. Damit können viele amerikanische Firmen nicht zurecht kommen, da sie nicht mehr oder kaum mehr wettbewerbsfähig sind. Das gilt auch für viele europäische Firmen.

… alles Gründe, die gegen die amerikanische Wirtschaft und damit gegen den Dollar sprechen.

Ja. Man kann es aber auch aus einer anderen Perspektive sehen: Der Dollar ist das einfachste Ventil für die ganzen Probleme. Wenn wieder ein Paul Volcker in die Zentralbank käme und die Ungleichgewichte angehen würde, wäre der Dollar vielleicht nicht einmal gefährdet. Wir haben jedoch eine Regierung, die kurzsichtig auf das Wachstum fixiert ist und wir haben eine Zentralbank, die das gefördert hat und wohl auch unter Bernanke weiter fördern wird.

Berücksichtigt man auch die unterfinanzierten Pensionskassen und ähnliche Punkte in Amerika, so gibt es keinen politischen Konsens über Lösungsmöglichkeiten. Am einfachsten scheint es zu sein, den Leuten vorzugaukeln, man würde ihnen ihre Benefits geben. Das macht man am besten, indem man sie zwar nominal bezahlt, indem man aber gleichzeitig die Kaufkraft deutlich reduziert.

Sind denn die Amerikaner so naiv, das nicht zu sehen?

Amerikaner reagieren grundsätzlich pragmatisch auf die Gegebenheiten. Wenn sie denken, sie werden morgen mehr verdienen, werden sie sich entsprechend mehr leisten. Der größte Problemteil sind die ins Rentenalter kommenden Baby-Boomer, die noch nie langfristig geplant haben und noch nie die Verantwortung dafür übernommen haben, was sie gemacht haben. Sie denken, irgendwas werde schon da sein, um davon leben zu können. Sie sind in der Regel für ihr Alter gesund und denken, nichts könne sie „umhauen”. Ich sehe sie in zehn, 20 Jahren arbeiten bis ins hohe Alter, weil sie dazu gezwungen sein werden. Und sie werden noch stolz darauf sein.

Betrachten wir die andere Seite, die asiatischen Exporteure mit ihren Handelsbilanzüberschüssen und zum Teil riesigen Dollarreserven. Sie werden doch nicht zufrieden sein können mit einem Dollar, der immer weniger wert wird!

Sie sind auch nicht zufrieden. Sie versuchen zu diversifizieren. Ich war jüngst auf einer Konferenz in China. Thema war: Wie können wir unsere Exporte nach Europa steigern. Das Motto scheint zu sein: „Wenn unser amerikanischer Kunde krank ist, wie können wir uns andere Kunden erschließen”.

Ist nicht der Kern des Problems, daß die asiatischen Währungen unterbewertet sind?

Das ist richtig. Sie sind aber unterbewertet, weil die Asiaten das so wollen.

Müssen nicht die Europäer protektionistisch darauf reagieren?

Das mag sein und ich sehe auch entsprechende Tendenzen in Amerika. Sollte es jedoch in Amerika zum Protektionismus kommen, dann beginnen die Dollarprobleme erst recht. Denn dann kommt es zu einer inflationären Entwicklung, da sie nicht mehr weiter die billigen Güter aus Asien importieren können. Das heißt, auf dieser Weise würde der amerikanische Verbraucher noch weiter in die Defensive gedrängt werden.

Sie betrachten den Dollar skeptisch und investieren nach eigenen Angaben in so genannte „Hard Currencies. Wo finden Sie diese denn - ist der Euro etwa besser als der Greenback?

Ja, auf jeden Fall. Denn in Europa wird mit offenen Karten gespielt. Dem europäischen Verbraucher wurde schon vor Jahren gesagt, wie schwach es um die Rentenkassen steht. Wie reagiert er darauf - er spart mehr. Wie reagiert der amerikanische Verbraucher - er nimmt mehr Schulden auf die Kreditkarte. Die Strukturreformen in Europa sind zwar langsam, aber es gibt sie. Die europäischen Unternehmen schlagen sich trotz des schwierigen Umfeldes hervorragend. Auch die Europäische Zentralbank hat vernünftig agiert und zumindest in den größten Teilen der Region so etwas wie eine Immobilienblase vermeiden können.

Was sind die entscheidenden Kriterien?

„Sound monetary Policy”, vor allem Preisstabilität. Die relevanten Länder sollten in der Vergangenheit nur eine geringe Neigung gezeigt haben, interventionistisch einzugreifen. Damit setze ich vor allem auf Europa, auf rohstoffreiche Staaten wie Australien, Neuseeland, Kanada und zur Zeit auch stark auf das Gold. Denn in einer Welt mit einer globalen Überproduktion brauchen wir Rohstoffe. Neben dem Dollar schließe ich vor allem die asiatischen Währungen aus. Denn diese Länder wollen alle schwache Währungen haben, um ihre Exporte zu stützen. Wenn sie schwache Währungen haben wollen, werden sie sie auch irgendwann erhalten. Ich möchte außerdem nicht wissen, wie diese Länder in einer Währungskrise reagieren werden. Gerade bei den Japanern bin ich überzeugt, daß sie irgendwann ihre Währung zerstören werden, weil sie so massiv versuchen, ihre Wirtschaft voranzutreiben, daß das langfristig nicht gut gehen kann. Der Yen ist eine reine Spekulationswährung.

Sind sie ein „Goldbulle”?

Ja, es gibt verschiedene Argumente für das Metall, nicht zuletzt ist Gold die „ultimative Währung”.

Solche Argumente wirken vor allem mittel- und langfristig. Wagen sie auch eine kurzfristige Prognose.

Bei jedem Übergang von einem Fed-Präsidenten zum nächsten kam es in der Vergangenheit zu Turbulenzen. Aus diesem Grund rechne ich in den kommenden Monaten mit zunehmender Volatilität. Der Markt wird Ben Bernanke testen.

Quelle: faz.net

...be invested
 
Der Einsame Samariter

 

8970 Postings, 7508 Tage bammielangfristig anhaltende Abwertung des Dollars

 
  
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05.01.06 15:49
Endlich ein interessanter Artikel dazu, der kaum gelesen wurde.

Der Euro wird den Dollar vom Thron stoßen. Und das wiederum wird auch die Geldmenge ärgern, welches verständlicherweise nicht veröffentlicht wird.


greetz bammie  

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