Helfen und beschimpft werden - Alltag in Basra
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 15.09.03 14:11 | ||||
Eröffnet am: | 15.09.03 10:49 | von: BeMi | Anzahl Beiträge: | 11 |
Neuester Beitrag: | 15.09.03 14:11 | von: Elefantman | Leser gesamt: | 941 |
Forum: | Talk | Leser heute: | 1 | |
Bewertet mit: | ||||
von Boris Kalnoky
Basra - Captain Steven Little von den Royal Engineers inspiziert eine eben fertig gestellte Schule. Für irakische Verhältnisse luxuriös, aber das war sie früher auch - von bundesdeutschen Firmen für deutsche Kinder gebaut, zu jener Zeit, als deutsche Firmen den Flughafen von Basra bauten und eine Reihe von Schnellstraßen. "Dorf der Flughafenarbeiter" heißt die Siedlung. Als die Deutschen Mitte der achtziger Jahre nach Hause gingen, brachte Saddam Hussein das Flughafenpersonal dort unter.
Nun ist die Schule renoviert, ein Quick Impact Project (Quip) des britischen Militärs. Eine mürrische Lehrerin zeigt die Räume und verlangt, den Bauherrn zu verklagen, weil die Farbe nicht gut sei. Weder die Soldaten noch die anwesenden Journalisten verstehen das, sieht alles prima aus, die Farbe scheint auch nicht abzureiben.
"Es ist nicht immer einfach", sagt Little. "Die Leute wollten zuerst, dass wir deutsche Materialien verwenden, weil die alte Elektrik von Siemens war. Das ist hier ein Zauberwort. Deutsche Wertarbeit, unseren britischen "Schrott" wollten sie nicht. Am Ende haben sie es zähneknirschend hingenommen."
Auf dem Schulhof liegt echter Schrott - alte Türen, Stühle und Bänke, gebrochene Fensterscheiben. Das neue irakische Bildungsministerium hat den Briten verboten, das zu entsorgen, weil es dem Ministerium gehört und angeblich noch verwertet werden kann. Nun weht eine irakische Fahne über dem Müll, an dem sich die Kinder leicht verletzen könnten.
Immerhin, das Schuljahr kann beginnen. Damit zufrieden, kehrt Little zu seinen Jeeps zurück. Doch die sind verschwunden - auf der Flucht vor den Kindern, die wie Heuschrecken über die Autos herfallen, um Lampen und Tankverschluss abzuschrauben. Man hat es nicht leicht.
Überall im Südirak leisten die Briten schnell und unbürokratisch Hilfe. Jedem, der damit beschäftigt ist, sieht man den Ehrgeiz an, der Bevölkerung zu helfen, professionell und flexibel. Aber immer wieder tauchen Probleme auf, die sich niemand hätte träumen lassen.
Zehn Kilometer nördlich von Basra, am Rand der Sümpfe des Schatt el Arab. Hier liegt ein Dorf von Schatt-Arabern, einer Volksgruppe, die zwölf Jahre lang von Saddam Hussein verfolgt und fast ausgerottet wurde. Auch hier sind die Briten voller guter Absichten. Sie haben in der Nähe eine Krankenstation gebaut. Zufrieden kam Captain Little in das Dorf namens Al Galira, um die frohe Nachricht zu überbringen. Er musste jedoch erfahren, dass den Menschen hier damit nicht geholfen ist. Sie sind vom Stamm der Schaganba. Die Krankenstation liegt im Gebiet des Gramscha-Stammes, der den Norden Basras dominiert.
Die Schaganbas liegen in Fehde mit dem Gramschas, und die Gramschas töten jeden Mann der Schaganbas, der sich bei ihnen blicken lässt. Seit Jahren gehen daher nur die Frauen der Schaganbas zum Markt nach Basra. Kurzum, wenn die Schaganbas Zugang zu ärztlicher Hilfe haben sollen, muss man eine andere Lösung finden.
Sie brauchen auch sauberes Wasser. Bislang kaufen sie Wasser vom Lastwagen und kippen es in Tröge, aus denen sowohl die Familie als auch das Vieh trinkt. Captain Little fand die Lösung: ein Wassertank im Dorf, unten ein Wasserhahn, aus dem man je nach Bedarf das kostbare Nass in eine Viehtränke laufen lassen kann oder in ebenfalls von Little gebrachte Plastikkanister. Bislang benutzten die Einwohner alte Öldosen.
Gut gedacht, aber nicht gut genug. Die Menschen in Al Galira gehören vier verschiedenen Klans an, die alle miteinander verfeindet sind und ihre Meinungsverschiedenheiten periodisch mit Kalaschnikows und gelegentlich auch schweren Maschinengewehren austragen. Nie würden sie Wasser miteinander teilen. Also müssen vier verschiedene Wassertanks her, für jeden Klan einen.
Die Schatt-Araber leiden darunter, dass Saddam ihre Sümpfe trockenlegen ließ, um die Menschen besser verfolgen zu können. Nun kommt das Wasser wieder - die Deiche in der Provinz Maysan wurden von Bauern durchbrochen, um Wasser und Fische zurückzubringen. Jetzt ist das Wasser da - aber in den vergangenen zehn Jahren haben die Menschen in Al Galira ihre Häuser auf dem trockenen Boden der früheren Sümpfe gebaut. Der Wassersegen droht alles zu zerstören. Im Grunde muss entweder das ganze Dorf neu und höher gebaut werden oder eine hohe Mauer muss her, um das Wasser fern zu halten.
Keine leichte Aufgabe für Little und seine Männer. Aber nach 513 Projekten sind sie es gewohnt, Lösungen für knifflige Probleme zu finden.
Dank jedoch hören sie selten. "Ich habe erst ein Mal die Worte "Danke schön" gehört", sagt Little. Eben kommt ein Greis herangehumpelt und schreit, die Briten würden immer nur Notizen nehmen und nie etwas tun. Little erklärt dem Alten genau, was er zu erwarten hat und wann und was nicht. Der sieht nicht besonders besänftigt aus. Alltag im Irak für die Briten - helfen und beschimpft werden.
Artikel erschienen am 15. Sep 2003
Die Welt
"Irak" in "Deutschland"
und
"Briten" in "Ausländerbehörde"
MfG
Waldy
Ps.
warum in die Ferne schweifen..............
dann bekommt die deutsche Wirtschaft vielleicht auch noch ein
Stückchen vom Kuchen ab.
Gruesse
MOB
Ich sehe kein Problem mit den Arabern, ich denke denen sind wir dort
mit Abstand mehr willkommen als alle, die jetzt schon da sind. Ich sehe
eher Probleme in der Art der Auftragsvergabe. Die Amis wissen schon,
warum sie solange dableiben, im Endeffekt gehen wieder 95% der Aufträge an
amerikanische Firmen und allen Anderen incl. D. wird die lange Nase gezeigt.
Gruesse
MOB
betrüger vom Irak, Iran & Co. an Terrorgeldern zum Wiederaufbau
Amerikas einfordern.
Spielen wir Weltpolitik mal andersrum ja ? :-)
Gruesse
MOB
PS.: ... und reales Szenario ?
Aber nach dem Völkerrecht wäre die Lösung natürlich auch legitim und eigentlich müßte die UNO sowas auch einklagen.