Wo bei Übernahmen satte Prämien locken


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Neuester Beitrag: 06.01.02 19:45
Eröffnet am:06.01.02 19:45von: 9745400lopiAnzahl Beiträge:1
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1282 Postings, 8493 Tage 9745400lopiWo bei Übernahmen satte Prämien locken

 
  
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06.01.02 19:45
Geldanlage: ...und raus bist du

Mit der Unternehmenssteuerreform, die Anfang Januar in Kraft tritt, wächst der Übernahmehunger der Investoren. Nun kommt es darauf an, die oft unterbewerteten Kandidaten auszumachen. M-Dax Werte gelten als sehr appetitlich

Grund dafür ist der frische Wind, der ab dem kommenden Jahr auf dem deutschen Aktienmarkt weht. Zum einen fällt im Rahmen der Steuerreform die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen für Beteiligungsverkäufe weg. Kapitalgesellschaften und auch Großaktionäre können künftig Beteiligungen verkaufen, ohne dass dabei entstandene Gewinne versteuert werden müssen. Dieser Vorzug war bislang nur Kleinaktionären vorbehalten, die mit dem Verkauf ihrer Aktien die einjährige Spekulationsfrist abwarteten. Anteilseigner mit einem Besitz von zehn Prozent und mehr gingen bislang leer aus.

Außerdem wird das Übernahmerecht in vielen Punkten vereinfacht. So kann ein Unternehmen, das mehr als 95 Prozent der Aktien eines Übernahmekandidaten in seinen Besitz bringt, die verbleibenden Anteilseigner zwingen, die restlichen Aktien ebenfalls zu verkaufen. "Squeeze-Out" heißt diese Regelung, die dafür sorgt, dass störrische Minderheitsaktionäre großen Akquisitionen nicht mehr im Wege stehen.

Kleinere Firmen im Fokus potenzieller Aufkäufer

Klaus Deutsch, Experte für Beteiligungsbesitz bei der Deutschen Bank, rechnet mit einem Beteiligungsvolumen im dreistelligen Milliardenbereich, den die Unternehmen als Folge der Steuerfreiheit verkaufen werden. Zwei Schwerpunkte zeichnen sich ab: Große Unternehmen, hauptsächlich Versicherungen und Banken, werden sich, soweit noch nicht geschehen, mehr und mehr von Unternehmensbeteiligungen trennen, die nicht im Zusammenhang mit ihrem Kerngeschäft stehen. Zum anderen geraten gerade kleinere Firmen in den Fokus potenzieller Aufkäufer, die das "Opfer" entweder in ihr eigenes Unternehmen eingliedern oder es zerschlagen wollen.

Peter-Thilo Hasler von der HypoVereinsbank hat insbesondere den MDax als lohnendes Revier ausgemacht, in dem künftig verstärkt gewildert wird. "Im Gegensatz zum Neuen Markt gibt es hier eine Reihe von Value-Stocks, die auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau notieren und reizvolle Übernahmekandidaten abgeben." Wichtigste Kennziffer ist dabei das Kurs/ Buchwert-Verhältnis. Ist dieses größer als eins, kann der Übernehmende - selbst ohne einen einzigen Euro versteckter Reserven angreifen zu müssen oder dem Zwang zu unterliegen, Synergieeffekte zu generieren - eine renditeträchtige Akquisition tätigen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Übernahme sind jeweils ein oder mehrere verkaufswillige Hauptaktionäre und/ oder ein großer Streubesitz (Free Float).

Aktienkäufe nur auf Grund von Übernahmespekulationen gehen meist daneben

Bei konservativen Eigentümerfamilien sieht das anders aus. Die lassen sich wohl auch mit den Steuervorteilen nicht ohne Weiteres zum Verkauf ihrer Anteile bewegen. Hasler wählt daher Kandidaten mit Großeigentümern aus, die durchaus geneigt sein könnten, im nächsten Jahr ihre Anteile zu verkaufen. So befinden sich AGIV , Beiersdorf , #Bilfinger + Berger#, Buderus , Continental , Deutz , Heidelberger Zement , MG Technologies , Phoenix und Salzgitter zu jeweils großen Teilen im Besitz von Banken und Versicherungsunternehmen. Babcock Borsig , Heidelberger Druck , Hochtief , #K+S# sowie Stinnes haben als Großaktionäre Industrieunternehmen, von denen ein Verkauf ihrer Beteiligungen erwartet werden kann.

Doch nicht immer ist die Übernahme auch für die Aktionäre des übernommenen Unternehmens eine lohnende Sache. Marc Schädler, Fondsmanager bei der Nordinvest: "Aktienkäufe nur auf Grund einer Übernahmespekulation gehen meistens daneben." Denn sowohl der Zeitpunkt als auch die Form der Übernahme kann nie vorausgesagt werden. Im Zweifelsfalle wartet der Aktionär bis zum St. Nimmerleinstag auf das heiß ersehnte Übernahmeangebot, das wiederum womöglich gar nicht so lukrativ wie erhofft ausfällt, weil etwa der Großteil des Deals zwischen Großaktionären stattfindet. Außerdem ist ein Unternehmen nicht automatisch ein Übernahmekandidat, nur weil es Großaktionäre gibt, die zum Verkauf gewillt sind. Ganz im Gegenteil: Wenn sich Banken oder Versicherungen von großen Beteiligungen trennen wollen, für die keine geeigneten Aufkäufer Interesse zeigen, "kann das für das veräußerte Unternehmen durchaus negative Performance-Auswirkungen haben", sagt Deutsche-Bank-Analyst Ingo Schmitz.

So empfiehlt Hasler derzeit auch nur Bilfinger + Berger, Koenig & Bauer sowie MG Technologies zum Kauf, während er Phoenix, IWKA , Hochtief und Heidelberger Zement trotz bestehender Übernahmefantasien als "Underperformer" sieht.

Chancen für den deutschen Aktienmarkt größer als Risiken

Dennoch dürften insgesamt gesehen die Chancen für den deutschen Aktienmarkt größer sein als die Risiken. Verkauft eine Bank ohne Rücksicht auf Verluste ihre Anteile, so verliert der verbleibende Teil schließlich an Wert. "Marktschonende Platzierung" heißt daher die Losung. Als Siemens den Verkauf einer großen Marge seiner Infineon -Aktien ankündigte, stieg der Kurs, anstatt zu fallen. Grund: Siemens-Chef Heinrich von Pierer äußerte bereits seit Monaten, dass er sich von Infineon langfristig trennen wolle und verhinderte damit negative Kursreaktionen. Schmitz: "Generell sollte die zunehmende Umschichtung von Beteiligungen zu effizienteren Nutzungen führen." Schließlich liegen die Kernkompetenzen von Banken und Versicherungen nicht unbedingt im Baugewerbe oder in der Metallverarbeitung.

Sven Oleownik von der Unternehmensberatung Wieselhuber & Partner sieht als die eigentlichen Gewinner im Übernahmepoker denn auch eher die "Branchenkonsolidierer", also jene im Markt gut positionierten Unternehmen, die über die Mittel verfügen, um andere Unternehmen aufzukaufen und die eigene Marktstellung noch weiter zu verbessern. Während in den Branche Chemie, Automobil und Telekommunikation schon größtenteils eine Konsolidierung einsetzte, steht der IT-Branche, den Maschinenbauern, der Baubranche und den Finanzdienstleistern das große Hauen und Stechen noch bevor.

Für Christian Bridts, Merger-and-Akquisition-Experte bei der HypoVereinsbank wird der Sturm noch auf sich warten lassen. "Bevor es zu einem Übernahmeeffekt kommen kann, muss sich die Börsensituation deutlich aufhellen." Die teilweise aktuell sehr niedrigen Kursniveaus motivieren die Eigentümer nicht gerade, sich von ihren Unternehmen zu trennen, selbst wenn Steuervorteile winken. Doch das muss ja nicht von Dauer sein.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD

Gruß Kostolmoney

 

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