Das graue Gold ist knapp Die Photovoltaikindustrie steckt nach rasantem Wachstum in einem Rohstoffengpass 26.04.2005 Frankfurter Rundschau
Kaum eine Branche wächst derzeit so schnell wie die Photovoltaikindustrie. Seit 1998 hat sich die Produktion von Solarzellen aus Silizium, die mehr als 90 Prozent des gesamten Marktes ausmachen, mehr als verachtfacht. Der weltweite Umsatz der Photovoltaikindustriebetrug nach einer Schätzung der renommierten Anlageberatungsfirma Credit Lyonnais Securities Asia 2004 bereits sieben Milliarden Dollar.
Doch nun stockt das rasante Wachstum: 2005 wird für die Photovoltaikindustrie nicht viel mehr Silizium produziert werden als im vergangenen Jahr - weltweit nicht einmal 8000 Tonnen, schätzt Peter Woditsch, Vorstandsvorsitzender der Solar-World-Tochter Deutsche Solar im sächsischen Freiberg, einer der führenden Hersteller von Siliziumscheiben für Solarzellen. Dazu kamen 2004 noch etwa 2600 Tonnen Siliziumabfälle aus der Halbleiterindustrie. Lagerbestände, die im vergangenen Jahr noch vorhanden waren, dürften inzwischen weit gehend aufgebraucht sein.
Hohe Preise am Spotmarkt
Die Nachfrage bei den Siliziumherstellern sei erst Ende 2003 deutlich gestiegen, sagt Reimund Huber, Marketingleiter bei Wacker Polysilicon im oberbayerischen Burghausen, einem der weltweit führenden Hersteller. Der zusätzliche Bedarf, ausgelöst durch eine hier zu Lande höhere Vergütung für Solarstrom, konnten nicht so schnell wie erhofft befriedigt werden - zumal auch die Halbleiterindustrie 2004 um 28 Prozent wuchs. Denn es dauert etwa 18 Monate, um die Produktionskapazitäten für Silizium auszubauen.
Wacker, die beiden US-Unternehmen Hemlock Semiconductor und Solar Grade Silicon sowie der japanische Hersteller Tokuyama verfügen mit einer Gesamtproduktion von 7600 Tonnen Solarsilizium am Markt über eine starke Position. 2003 kostete das Kilogramm durchschnittlich noch 24 US-Dollar, doch "mittlerweile werden für Spotmengen sehr hohe Preise bezahlt - bis zu 50 Dollar", sagt Wacker-Experte Huber. Eine leichte Entspannung zeichnet sich erst vom nächsten Jahr an ab: Den Firmenankündigungen zufolge sollen 2006 etwa 10 300 Tonnen Solarsilizium auf den Markt kommen, 2007 rund 12 400 Tonnen.
Neue Verfahren in Entwicklung
Die Hersteller wollen den Ausstoß für die Photovoltaikindustrie mittelfristig aber nicht ausschließlich mit dem vergleichsweise teuren Standardverfahren erhöhen. Sie planen,von 2007/2008 an jährlich mehrere tausend Tonnen kostengünstiges Siliziumgranulat mit alternativen Methoden zu produzieren. Auch die Bonner Solar-World entwickelt in einem Joint-Venture mit dem Chemiekonzern Degussa, der Joint Solar Silicon, ein neues Verfahren zur Produktion von Solarsilizium. Am Degussa-Standort Rheinfelden bei Basel sei inzwischen eine Prototyp-Anlage fertig gestellt worden, teilte Solar-World mit. 2007 soll die Kapazität 800 Tonnen pro Jahr erreichen.
Vorratshaltung
Das Geschäft: Der Bonner Solarzellen-hersteller Solar-World hat sich nach eigenen Angaben bis 2017 die Lieferung von Solarsilizium gesichert. Die Konzerntochter Deutsche Solar, nach eigenen Angaben einer der weltweit größten Hersteller von Solarsilizium-Wafern, habe mit dem Siliziumhersteller Wacker einen zehnjährigen Rahmenvertrag über die Lieferung von Solarsilizium abgeschlossen, teilte Solar-World mit. Der Vertrag laufe von 2007 bis 2017.
Der Hintergrund: "Die tendenzielle Knappheit des Rohstoffs wird 2005 und 2006 das internationale Wachstum der Photovoltaikindustrie begrenzen", erklärte Deutsche-Solar-Vorstandssprecher Peter Woditsch. Sein Unternehmen werde aber wie geplant expandieren. Bis Ende 2006 sollen die Wafer-Kapazitäten auf 220 Megawatt (MW) von 120 MW Ende 2004 ausgebaut werden. "Infolge des starken Wachstums der internationalen Photovoltaikbranche stellt die Solarindustrie flächenbezogen bereits mehr Siliziumwafer her als die Elektroindustrie", sagte Woditsch. rtr
Dagegen wird der norwegische Elkem-Konzern, weltweit größter Anbieter von metallurgischem Silizium, in einer Pilotanlage vom Spätsommer 2005 an direkt beim Rohstoff ansetzen. Statt das metallurgische Silizium wie üblich energieintensiv über chemische Umwandlungsprozesse aufzubereiten, um es von Fremdstoffen zu befreien, will Elkem das Rohsilizium durch Behandlung mit Schlacken und Säuren reinigen.
Noch weiter geht ein niederländisch-skandinavisches Konsortium unter Federführung des Energieforschungszentrums der Niederlande (ECN): Es will metallurgisches Silizium aus so sauberem Quarz und Ruß erzeugen, dass es kaum noch gereinigt werden muss, um Solarsilizium-Qualität zu erreichen. Projektbetreuer Bart Geerligs vom ECN verweist darauf, dass die Photovoltaikindustrie vom Jahr 2010 an auf einen Siliziumbedarf von jährlich 50 000 Tonnen zusteuern wird.
Produktionsverfahren ohne aufwändigen chemischen Umweg, so ECN-Projektbetreuer Geerligs, seien "für das Wachstum der Photovoltaikindustrie wirklich notwendig
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