Hausbesuch bei Toten


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Neuester Beitrag: 05.12.03 12:53
Eröffnet am:17.01.03 08:21von: SahneAnzahl Beiträge:24
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8215 Postings, 8396 Tage SahneHausbesuch bei Toten

 
  
    #1
17.01.03 08:21

Hausbesuch bei Toten -
Makabrer Abrechnungsbetrug von Ärzten


Christa S. bekam
noch vor Monaten einen Hausbesuch von ihrem Arzt - laut Abrechnung. Der
Mediziner untersuchte sie gründlich, u.a. auch den "Ganzkörperstatus"
der Patientin. Makaber, denn die alte Dame war zu dem Zeitpunkt schon fünf
Jahre tot.

Insgesamt kassierte allein dieser Arzt bei 11 Patienten ab, die schon lange
beerdigt waren, so der Vorwurf der Sonderkommission der niedersächsischen AOK.
Er hatte einfach die Chipkartendaten der Patienten illegal abgespeichert und
jahrelang Behandlungen abgerechnet, die es nie gegeben hatte.


Eine Methode, die offenbar bei vielen Ärzten Usus ist. Denn insgesamt gingen
den Ermittlern der AOK bei stichprobenartigen Kontrollen 250 Mediziner ins Netz.
Sie alle sollen Abrechnungsbetrug begangen haben.


 


Presseerklärung:


PANORAMA: Ärzte kassieren für tote Patienten

AOK enthüllt makabren Abrechnungsbetrug - "Mehrere tausend Fälle"



Sonderermittler der AOK Niedersachsen haben einen makabren Abrechnungsbetrug
bei Ärzten aufgedeckt. Zahlreiche Mediziner hätten Untersuchungen und
Behandlungen an Patienten abgerechnet, die längst tot waren. Diesen Sachverhalt
bestätigte Klaus Altmann von der AOK Niedersachsen gegenüber dem ARD-Magazin
PANORAMA. Insgesamt ermittelte die AOK bei einer stichprobenartigen Kontrolle für
das vierte Quartal des Abrechnungsjahres 2001 mehr als 140 Tote allein in
Niedersachsen, für die Ärzte angebliche Leistungen in Rechnung stellten. Klaus
Altmann gegenüber PANORAMA: "Hochgerechnet auf das gesamte Bundesgebiet,
kommt man spielend auf mehrere tausend Tote, mit denen Ärzte noch ein Geschäft
machen."



So habe beispielsweise ein Allgemein- und Sportmediziner "Hausbesuche und
die Erhebung des Ganzkörperstatus" bei einer 72-Jährigen abgerechnet. Die
Patientin war allerdings zum Zeitpunkt der angeblichen Behandlung bereits fünf
Jahre tot. In einem anderen Fall wurde der Mediziner als Notarzt zu einer 96-jährigen
Patientin gerufen, die kurz danach verstarb. Mit ihren Chipkartendaten habe der
Arzt noch nach der Beerdigung mehrfach Behandlungen und Rezeptgebühren
abgerechnet, so die AOK Niedersachsen gegenüber PANORAMA.



Insgesamt soll allein dieser Arzt aus Wilhelmshaven Behandlungen bei elf toten
Patienten abgerechnet haben. Gegenüber PANORAMA wollte der Mediziner keine
Stellungnahme abgeben. Stattdessen prügelte er den Reporter und das Fernsehteam
aus seiner Praxis.



Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt jetzt gegen den Mediziner wegen
Abrechnungsbetrugs in über 400 Fällen. "Jede vierte Abrechnung des Arztes
war eine ‚Phantombehandlung', die nie stattgefunden hat", so
Oberstaatsanwalt Gerhard Kayser gegenüber PANORAMA. Nach Erkenntnissen der
Staatsanwaltschaft habe der Arzt die Chipkartendaten von Patienten illegal auf
seinem Praxiscomputer gespeichert und so jahrelang
"Phantombehandlungen" abgerechnet. Den Krankenkassen seien durch ihn
und viele andere ertappte Mediziner Schäden in Millionenhöhe entstanden



 



 

8215 Postings, 8396 Tage SahneHierzu Spiegelbericht:

 
  
    #2
17.01.03 08:28
Das gute Geschäft mit den toten Patienten

Mehrere Dutzend Ärzte haben nach Erkenntnissen einer Krankenkasse Behandlungen von toten Patienten abgerechnet. Allein in Niedersachsen soll es innerhalb von nur drei Monaten zu Betrügereien mit 140 "lebenden Toten" gekommen sein.

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,230992,00.html



Na Toll!  Diese Säcke stopfen sich die Taschen voll, und uns erhöhen sie die Beiträge.  

672 Postings, 7952 Tage chefvonsganzeDa fragt man sich schon, warum

 
  
    #3
17.01.03 08:47
Ärzte immer noch ein so hohes Ansehen bei uns geniessen.

Bei der GKV müsste nur eine Kopie der Rechnung an den Patienten gehen und schon wäre eine gewisse Kontrolle gegeben. Dann müssten sich vermutlich ein paar 1000 Ärzte arbeitslos melden...  

21368 Postings, 8343 Tage ottifantÜberall gibt es schwarze Schafe

 
  
    #4
17.01.03 08:52
Warum werden diese Kontrollen erst jetzt durchgeführt???  

8303 Postings, 8533 Tage maxperformancejetzt ist auch klar

 
  
    #5
17.01.03 08:53
warum die Ärzte die Rechnung an den Patienten
fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

Angeblich zu viel Aufwand - schon klar  

8215 Postings, 8396 Tage SahneDas schlimmste ist,

 
  
    #6
17.01.03 09:03
eigentlich sind die kassenärztliche Vereinigungen für die Kontrollen zuständig.
Weil nur die die ganzen Daten von Arzt und Patient haben.
Die blockieren aber mehr und schreien "Schmutzkampagne" wenn was ans Licht kommt.

99% der Betrügereien werden von den Krankenkassen aufgedeckt.

Kssenärztliche Vereinigungen, wozu braucht man die?
 

8215 Postings, 8396 Tage SahneKartell außer Kontrolle - Ärzte-Lobby vertuscht

 
  
    #7
17.01.03 09:52
Abrechnungsfehler.



Der zentrale Umschlagplatz für die Milliarden im Gesundheitssystem
hat zwei Buchstaben:
"KV", die Abkürzung für "Kassenärztliche Vereinigung".
Die KV rechnet die Leistungen der niedergelassenen Ärzte ab und treibt das
Budget dafür bei den Krankenkassen ein. Das Problem: Die KV ist gleichzeitig
die Interessensvertretung der Ärzte, Kritiker meinen: ihr Kartell.


Und einige gehen noch weiter: KV, so sagen sie, das stehe mehr für
"kriminelle" als für "kassenärztliche" Vereinigung. Der
Vorwurf: Die KV kontrolliere die Ärzte kaum, decke zuweilen sogar die Betrüger.
Dabei ist die KV die einzige Institution, die überhaupt die Möglichkeit hätte,
Ärzte genau überprüfen zu können. Denn wenn ein Patient zum Arzt geht und
seine Chipkarte eingelesen wird, ist dies im Prinzip wie ein Blankoscheck.



Weder der Patient noch die Krankenkasse wissen, ob richtig abgerechnet wird,
da die Daten nur an die KV gehen. Wenn die aber die Abrechnung nicht
kontrolliert, dann kann das Motto doch wohl nur heißen: Betrügen leicht
gemacht!

http://www.ndrtv.de/panorama/
 

19279 Postings, 8896 Tage ruhrpottzockerAlle Betrüger ab in den Knast !

 
  
    #8
17.01.03 09:54
Mit Freiheitsstrafen ohne Bewährung darf man nicht so zimperlich sein in solchen Fällen.  

21799 Postings, 8916 Tage Karlchen_IGenau: Und die Kassen sollten direkt mit den ...

 
  
    #9
17.01.03 09:58
Ärzten abrechnen - so ein Laden wie die KV ist überflüssig.  

19279 Postings, 8896 Tage ruhrpottzockerUnd die Patienten müssen gegenzeichnen !

 
  
    #10
17.01.03 10:06
Im Endeffekt zahlen sie die Zeche. Da sollten sie erfahren, wofür sie wieviel zahlen. Manche Rechnung ist schon sehr beeindruckend.  

8215 Postings, 8396 Tage SahneSeh' ich auch so, Karlchen,

 
  
    #11
17.01.03 10:14
@RPZ Genau, Gegenzeichnen oder eine Kopie der Rechnung an den Kunden (Patienten).
Mit einfachen Mitteln könnte man das abstellen.
Bin gespannt wie lange das noch so weitergeht...

Was machen die KVs eigentlich sonst?
haben die irgendeinen öffentlichen Auftrag o.ä.?  

672 Postings, 7952 Tage chefvonsganzeVermutlich sind solche Fälle auch nur die

 
  
    #12
17.01.03 10:22
Spitze des Eisberges. Die Gier der Ärzte muss schon so groß sein, dass sie Tote abrechnen - erst dann werden solche Fälle durch Zufall aufgedeckt. Ich möchte nicht wissen, was sonst so für Leistungen abgerechnet werden, die nie erbracht wurden.  

8215 Postings, 8396 Tage SahneIn der Sendung gestern hieß es,

 
  
    #13
17.01.03 10:53
das ca. 20% der Abrechnungen falsch ODER betrügerisch sind.

 

21799 Postings, 8916 Tage Karlchen_IHabe dieses Jahr auch so einen Fall gehabt. Bin...

 
  
    #14
17.01.03 10:58
privat versichert und kriege die Rechnungen also ins Haus. Da war eine dabei mit einer Beratung - die in Rechnung gestellt wurde. Allerdings war es so: Es war ein Arzttermin verabredet, der aber wieder abgesagt wurde. Trotzdem kam die Rechnung. Ich rufe da an: Ja, das machen wir immer so, wenn ein Termin verabredet ist.  

8215 Postings, 8396 Tage Sahne@Karlchen hast Du ihn angezeigt?

 
  
    #15
17.01.03 13:33
Ist doch Betrug, oder täusche ich mich?
 

21799 Postings, 8916 Tage Karlchen_INee - aber den Arzt gewechselt. o. T.

 
  
    #16
17.01.03 13:56

16763 Postings, 8288 Tage ThomastradamusAus der FTD vom 17.1.2003:

 
  
    #17
17.01.03 13:59
Ärzte kassieren für Behandlung toter Patienten
Von Philipp Jaklin, Berlin

Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Niedersachsen hat einen neuen Fall von Abrechnungsbetrug in Arztpraxen aufgedeckt. In 140 Fällen hätten Mediziner Leistungen für bereits tote Patienten abgerechnet, sagte am Donnerstag AOK-Sprecher Klaus Altmann.

"Es geht dabei um einige Dutzend Ärzte", so Altmann. Dieser Betrugsfall dürfte die Position der Ärztefunktionäre in der Auseinandersetzung mit SPD-Sozialministerin Ulla Schmidt schwächen. Kommende Woche wollen die Standesvertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ihre Protestmaßnahmen gegen die Honorarnullrunde dieses Jahres vorstellen.

Laut AOK Niedersachen haben die verdächtigten Ärzte die Patientendaten von der Chipkarte im Computer gespeichert und damit dann später erfundene Behandlungen abgerechnet. Altmann: "In viel mehr Fällen haben wir Betrug mit den Daten von Patienten festgestellt, die bereits aus der AOK ausgetreten waren."


Der finanzielle Schaden ist Altmann zufolge noch nicht bezifferbar. Nicht nachprüfbar sei, ob Ärzte auch mit den Daten nach wie vor in der AOK versicherter Patienten Missbrauch getrieben haben. "Wir haben in rund einem Dutzend Fällen Strafanzeige gestellt", sagte Altmann.



Bundesweite Betrügereien


Bundesweite Betrugsfälle mit falschen Abrechnungen für Zahnersatz der mittlerweile liquidierten Firma Globudent hatten zuvor in der Branche für Wirbel gesorgt. Schmidt forderte nun die Standesvertreter der Kassenärzte auf, ihre Information über Betrugsfälle vorzulegen. "Diese Vorwürfe müssen aus der Welt, denn sie schaden allen Ärzten", sagte die Ministerin. Bereits vergangenen Monat habe sie die KBV aufgefordert, ihr Zahlen zum Abrechnungsbetrug zur Verfügung zu stellen. Bisher habe sie keine Antwort erhalten.


Die Funktionäre reagierten gereizt auf die Vorwürfe der Ministerin und der AOK. Die Krankenkassen stellten sich als "Bastion der Saubermänner dar" und versuchten, die Kassenärzte "zu verunglimpfen", sagte KBV-Hauptgeschäftsführer Rainer Hess. Schätzungen, wonach die 140 Abrechnungen mit Toten in Niedersachsen auf den Bund hochgerechnet 1000 Fälle ergäben, seien "unseriös".


Aufgedeckt hatte die AOK den Betrug bei einer Prüfung von Abrechnungen aus dem Jahr 2001. Nach einem Bericht des Fernsehmagazins "Panorama" ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg allein gegen einen Allgemeinmediziner wegen des Verdachts auf Betrug in 400 Fällen.



© 2003 Financial Times Deutschland  

672 Postings, 7952 Tage chefvonsganzeErschreckend ist die Dreistigkeit mit der betrogen

 
  
    #18
17.01.03 14:18
wird. Da wird sich ja nicht mal mehr die Mühe gemacht zu schauen, ob eine gefälschte Abrechnung überhaupt Sinn macht. In Burgdorf bei Hannover ist mal eine Paxisgemeinschaft hochgegangen, die hatten untereinander die Patientendaten weitergegeben. Aufgeflogen ist das Ganze, weil auf die Krankenkassenkarte einer Frau eine Leistung abgerechnet wurde, die nur für Männer in Frage kommt. (Weiss leider nicht mehr was das war, Hodenkrebsvorsorgeuntersuchung o.ä. :-))

Gruß  

8215 Postings, 8396 Tage SahneDer vollständige Bericht:

 
  
    #19
17.01.03 15:29
PANORAMA Nr. 622 vom 16.1.2003




Hausbesuch bei Toten
         -§Makabrer Abrechnungsbetrug von Ärzten



Anmoderation
Anja Reschke:

Wer zum Arzt geht, gibt seine Chipkarte ab, wird dann hoffentlich gut kuriert, danach ist sein Part an der Behandlung abgeschlossen, zumindest wenn er Kassenpatient ist. Wie teuer der Doktorbesuch war und was der Arzt auf seiner Rechnung angibt, dafür interessiert sich kein Mensch, die Kasse zahlt ja. Und eben diese mangelnde Kontrolle haben einige Ärzte schamlos ausgenutzt. Sie haben Leistungen an Patienten abgerechnet, die seit Jahren tot sind.
Thomas Berndt und Jochen Graebert über Götter in Weiß, die noch über’s Grab hinaus behandeln.



Kommentar:
Sabine Stolz und ihr Bruder Peter besuchen das Grab der Mutter. Die alte Dame starb mit 72 Jahren. Vor ein paar Monaten noch hatte sie ihren letzten Arzttermin. Hausbesuch, Blutdruck messen, Untersuchung des „Ganzkörperstatus“, wie es hieß. Doch der Arzt konnte Christa Stolz nicht mehr helfen – zwangsläufig, denn sie war zu diesem Zeitpunkt längst verstorben, schon seit über drei Jahren. Der Hausarzt aber hatte nach ihrer Beerdigung munter weiter Behandlungen abgerechnet, die es natürlich nie gegeben haben kann.

0-Ton
Peter Okken:
(Sohn der Verstorbenen)
„Das ist meine Mutter gewesen, und ich hab‘ sie sehr geliebt. Als wenn man mich selber betrogen hätte, das ist halt für mich unfassbar.“

Kommentar:
Hier in der Wilhelmshavener Innenstadt praktiziert der Mediziner, Dr. M. Nachfragen zu toten Patienten sind ganz offensichtlich unerwünscht.

0-Ton
Interviewer:
„Wir hätten gern Herrn Dr. ... gesprochen.“

Dr. M.:
(Arzt)
„Raus!“


Interviewer:
„Wir wollten Sie fragen ....“

Dr. M.:
„Raus!“

(Tür wird zugeknallt.)

Kommentar:
Fragen hat inzwischen auch die Staatsanwaltschaft in Oldenburg. Nach einer Razzia von Praxis- und Privaträumen wird das ganze Ausmaß des Abrechnungsbetrugs offenbar. Das Ermittlungsverfahren läuft.

0-Ton
Gerhard Kayser:
(Staatsanwaltschaft Oldenburg)
„Dem Arzt in Wilhelmshaven wird Abrechnungsbetrug zum Nachteil der gesetzlichen Krankenkassen vorgeworfen. Er steht im Verdacht, im großen Umfang jeweils in den Quartalen der Jahre 2000, 2001 und 2002 fingierte Abrechnungsfälle abgerechnet zu haben.“

Kommentar:
Hier wurden die Ermittlungen ausgelöst. AOK Niedersachsen, Sonderkommission Abrechnungsbetrug. Bei einer Stichprobenkontrolle des vierten Quartals 2001 war auch die Praxis aus Wilhelmshaven ins Visier geraten.

0-Ton
Klaus Altmann:
(AOK Niedersachsen)
„Wir haben die Daten dieses einen Arztes aus Wilhelmshaven analysiert und festgestellt, dass er über mehrere hundert Fälle Abrechnungen eingereicht hat von Versicherten, die gar nicht mehr bei der AOK Niedersachsen sind. Und elf davon waren dann zu Lasten von Toten, und das auch nicht nur über ein Quartal, sondern über eine Reihe von Quartalen hinweg, obwohl die Patienten im Einzelfall schon mehrere Jahre lang tot waren.“

Kommentar:
Auch Lenchen Hensel ist eine dieser Toten. Nach ihrer Beerdigung hat Dr. M. sie noch drei Mal verarztet, Rezepte ausgestellt – laut Abrechnung. Und schlimmer: Er hatte die 94-jährige nur ein einziges Mal gesehen, als Notarzt. Da lag sie schon im Sterben – und dabei sackte er ihre Patientendaten ein.

Die Masche des Arztes – eine scheinbar todsichere Sache. Alles läuft über die Chipkarte. Normalerweise werden die Daten eines Patienten nur einmal pro Quartal eingelesen, danach automatisch wieder weggelöscht. Der Wilhelmshavener Arzt allerdings hat die Patientendaten einfach abgespeichert, mit Hilfe eines speziellen Softwareprogramms: „Chiparchiv pro“. So konnte er die Daten über Jahre immer wieder abrufen, um Scheinbehandlungen abzurechnen.


0-Ton
Klaus Altmann:
(AOK Niedersachsen)
„Es ist illegal, mit einer solchen Software zu arbeiten, weil die Daten am Ende eines Quartals gelöscht werden müssen. Sie dürfen nicht ein zweites Mal verwendet werden, ohne dass der Patient bei dem Arzt war. Das ist auch, denke ich, selbstverständlich.“

Kommentar:
Hier wurde das Chiparchiv entwickelt, eine der gefährlichsten Waffen von Abrechnungsbetrügern. Die aufstrebende Software-Schmiede Zemo bei Passau. Für die Krankenkassen ist die Software ein großes Ärgernis. Die Firma selbst hält ihr Produkt natürlich für völlig unbedenklich.

0-Ton
Ralf Sachling:
(Firma „Zemo“)
„Ich fühle mich nicht als Sündenbock. Ich denke, ich biete eine Datensicherungslösung an, und eine Datensicherungslösung hat den Sinn, Daten zu sichern und nicht missbräuchlich zu verwenden.“

Kommentar:
Der Missbrauch allerdings ist möglich. Und so wundert es umso mehr, dass „Chiparchiv pro“ ausgerechnet von der Kassenärztlichen Vereinigung KV, also eigentlich dem Kontrollorgan der Ärzte, auch noch zugelassen war.

0-Ton
Interviewer:
„Sie als Kontrollorgan auch der Ärzteschaft hätten ja die Zertifizierung zurückziehen können, wenn Sie merken, dass diese Firme mit der Software ....“

Rainer Hess:
(Kassenärztliche Bundesvereinigung)
„Sie konnte nicht zurückgezogen werden, weil sie den Zertifizierungsvorschriften damals entsprach. Dass sie illegal eingesetzt wird, liegt nicht unbedingt an der Software, sondern da gehört auch noch ein Arzt dazu, der die Software illegal benutzt.“

Interviewer:
„Aber es erleichtert ja den Abrechnungsbetrug.“

Rainer Hess:
„Es erleichtert den Abrechnungsbetrug, das ist richtig. Nur, das ist noch kein Grund, eine Software vom Markt zu nehmen.“

Kommentar:
Die Kriterien für eine erneute Zulassung der Software wenigstens werden jetzt verschärft.

Auch sie ein Opfer des Arztes aus Wilhelmshaven. Vor Jahren hat Janett Dekker die Kasse gewechselt, ihre alte AOK-Karte aber hatte Dr. M. auf seinem Computer heimlich abgespeichert und damit weiter abgerechnet: Beratungsgespräche, Hausbesuche und so weiter.

0-Ton
Janett Dekker:
„Auf jeden Fall bin ich seit 2000 nicht mehr Mitglied in der AOK gewesen, und das ist dann schon seltsam, dass da Abrechnungen gemacht worden sind und dass das auch überhaupt möglich ist.“

Kommentar:
Der raffgierige Arzt aus Wilhelmshaven – nur einer unter vielen. Denn die Fahnder der AOK entdeckten bei ihrer Stichprobe viele gewinnbringende Leichen. Allein in Niedersachsen geisterten 140 Tote durch die Abrechnungen von Medizinern. Jeder Fall eine teure und makabre Geschichte.

0-Ton
Klaus Altmann:
(AOK Niedersachsen)
„Wir haben zum Beispiel den Fall einer 74-jährigen, die ist vor drei Jahren gestorben, aber der Hausarzt ist also zu einem nächtlichen Hausbesuch zu ihr gekommen, hat auch noch Wegegeld abgerechnet und den Ganzkörperstatus erhoben. Wie gesagt, die Frau war drei Jahre tot. Wir haben den Fall eines 62-jährigen, bei dem hat der Hausarzt erkannt, dass er eine Rückenschule und eine Ernährungsberatung brauchte. Auch dieser Patient war bereits tot. Und wir haben dann einen 49-jährigen, bei dem hat der Hausarzt Krankengymnastik verordnet. Dieser Patient war ein halbes Jahr zuvor gestorben. In jedem Fall wurde natürlich auch die normale Hausarztpauschale und die Ordinationsgebühr berechnet, so dass alles in allem eine ganz schöne Summe an Punkten und damit auch an Geld zusammenkam.“

Kommentar:
Insgesamt 140 Tote allein in Niedersachsen, auf die Ärzte schamlos abkassierten. Bundesweit befürchten die Kassen einen Schaden in Millionenhöhe.

0-Ton
Klaus Altmann:
(AOK Niedersachsen)
„Wenn wir nur die 140 Patienten, die bei der AOK Niedersachsen in einem einzigen Quartal aufgefallen sind, mal hochrechnen auf das Bundesgebiet, dann kommen wir spielend auf mehrere tausend Fälle.“

Kommentar:
Sabine Stolz und ihr Bruder Peter haben mittlerweile ihren Arzt gewechselt. Kein Wunder, denn auch sie waren früher bei keinem geringeren in Behandlung als Dr. M.

0-Ton
Peter Okken:
(Sohn der Verstorbenen)
„Also ich war selber auch lange Zeit bei diesem Arzt, und ich hab‘ eigentlich immer ein gutes Gefühl bei ihm gehabt und bin dadurch noch viel mehr schockiert. Also ich kann es eigentlich gar nicht fassen, dass dieser Mensch das so gemacht hat, Menschen nach ihrem Tode noch so abzuzocken, das ist einfach eine Unglaublichkeit.“

Kommentar:
Zu all diesen Vorwürfen hätten wir Dr. M. gern befragt. Wie gesagt – hätten.

0-Ton
Interviewer:
„Wir hätten gern Herrn Dr. ... gesprochen.“

Dr. M.:
(Arzt)
„Raus!“

Interviewer:
„Herr Dr. ...., wir wollten Sie fragen......“

Dr. M.:
„Raus!“





Bericht:   Thomas Berndt, Jochen Graebert
Schnitt:    Ursula Cunis



 

8215 Postings, 8396 Tage SahneErmittlungen schon gegen mehr als 1100 Ärzte

 
  
    #20
07.02.03 08:00

Der Abrechnungs-Skandal um fingierten Leistungen für tote Patienten weitet sich offenbar dramatisch aus. Angeblich wird inzwischen gegen mehr als 1100 Ärzte ermittelt.

Hamburg - Die Ärzte stünden unter dem Verdacht, sich an dem Abrechnungsbetrug beteiligt zu haben, berichtete das ARD-Magazin "Panorama" unter Berufung auf Krankenkassenangaben. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) habe in einer Stellungnahme zu diesen neuen Enthüllungen "umgehende Aufklärung von den Kassenärztlichen Vereinigungen" gefordert und "diese Form der Betrügerei ganz entschieden" verurteilt.

Die "Panorama"-Redaktion hatte nach eigenen Angaben alle 305 gesetzlichen Krankenkassen nach deren Erfahrungen mit Ärztebetrug befragt. Bislang seien von 145 Medizinern Rückmeldungen eingegangen, von denen nur wenige nach eigenen Angaben über spezielle Kontrollabteilungen verfügten, berichtete das Magazin.

Derzeit werde gegen 1.138 Ärzte ermittelt, die im Jahr 2001 über die Chipkarten längst verstorbener Patienten Leistungen abgerechnet haben sollen. Allein die DAK habe bei ihrer ersten Überprüfung in diesem Jahr mehr als 600 Ärzte aufgespürt, die Behandlungen längst verstorbener Patienten abgerechnet hätten. "Da wurden Hausbesuche, Laborleistungen, Beratungsgespräche und Praxispauschalen in Rechnung gestellt", zitierte "Panorama" einen DAK-Mitarbeiter. "Es ist das ganze Spektrum der ärztlichen Leistungen."

Bei der Kaufmännischen Krankenkasse Hannover (KKH) liefen Ermittlungen gegen 271 Ärzte. Darunter ist einer Mediziner, der einen Patienten untersucht haben will, der bereits seit zehn Jahren verstorben war. Darüber hinaus liefen mehr als 6500 Ermittlungsverfahren gegen Ärzte und Zahnärzte wegen Abrechnungsbetrugs an lebenden Patienten.

 

1274 Postings, 8585 Tage roumataDer größte Betrug in der BRD

 
  
    #21
07.02.03 08:24
Wenn endlich die Leistungen beim Arzt gegengezeichnet werden, wird das ganze Ausmaß der Betrüger ersichtlich.
Plötzlich werden MRD. zu viel in der Kasse sein.
Wie peinlich für die Kassenärtzliche Vereinigung, wie peinlich für alle Ärzte.
Die Kassenärtzliche Vereinigung weiß das, wehrt sich wehemend um diesen riesen Skandal nicht ans Tageslicht zu lassen.

Es wird höchste Zeit: Gegenzeichnen von Leistungen beim Arztbesuch!
Wir werden MRD sparen!

Warum reagiert die SPD nicht endlich.  

8303 Postings, 8533 Tage maxperformanceglaube, dass

 
  
    #22
07.02.03 08:42
das jetzt sogar U.Schmidt eingesehen hat.
Ist glaube ich Bestandteil der Reformvorschläge.

Wirklich bringen tut es nur was wenn auch
eine Selbstbeteiligung mit eingeführt wird.
Hab was in Panorama von nem Feldversuch gesehen,
wo die Kassenpatienten die Belege nur widerwillig
oder gar nicht angenommen haben ("Was soll ich damit?!").
Erst wenn's an den eigenen Geldbeutel geht werden
die Leute sensibel.

Aber ein Fortschritt wär es allemal
Als Privatpatient hab ich da schon sehr findige
Ärzte erlebt. Wenn deren Dreistigkeit mal
in der ganzen Bevölkerung transparent wird könnte
der Druck auf die Abzocker groß genug werden.

Gibt aber auch viele korrekte Mediziner.  

8215 Postings, 8396 Tage SahneQuittung an Patienten ist geplant

 
  
    #23
07.02.03 09:16

Schmidt plant Gesundheitsreform zum Mai

Gesundheitsministerin legt "Eckpunkte" als Skizze vor. Kommissionschef Rürup lobt Entwurf. Hausarzt wird Lotse

BERLIN taz Nach langem SPD-internem Gezerre um Termin- und Organisationsfragen hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gestern verkündet, dass sie schon im Mai ein umfassendes Gesetzespaket zur Reform des Gesundheitswesens vorlegen wolle. Noch in diesem Jahr sollen die Einnahmen- wie die Ausgabenseite des Systems so umgebaut werden, dass die Beiträge ab 2004 unter Kontrolle sind.

Zusammen mit Bert Rürup, dem Vorsitzenden der Kommission zur Sanierung der Sozialsysteme, präsentierte sie eine Skizze der von ihr geplanten "Strukturreform", die Effizienzreserven im System erschließen soll. Diese "Eckpunkte" - im Wesentlichen aus dem rot-grünen Koalitionsvertrag bekannt - hatte sie zuvor auch der Arbeitsgruppe Gesundheit der Rürup-Kommission gezeigt. Rürup sagte: "Daraus kann ein sehr guter Wurf werden." Schmidts Reform sei "sehr mutig". Die Kommission wird nun bis Mai ihre Vorschläge zur Finanzreform erarbeiten. Nächster Sitzungstermin ist der 19. Februar.

Schmidts acht Punkte sehen vor, dass Patienten eine Quittung über die ärztlichen Leistungen erhalten sollen. Ein Patientenbeauftragter soll ihre Interessen vertreten, ein "Deutsches Zentrum für Qualität in der Medizin" sie unabhängig beraten. Der Hausarzt soll "Lotse" im Gesundheitswesen werden. Die Krankenkassen werden verpflichtet, Versicherte mit Bonus-Tarifen dafür zu belohnen, dass sie sich immer erst an den Hausarzt wenden.

Zuzahlungen für Medikamente sollen an "gesundheitsbewusstes Verhalten" gekoppelt werden. Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte sollen stärker zusammenarbeiten, die Einrichtung von Polikliniken möglich werden. Der Medikamentenhandel wird liberalisiert. Ärzte- und Kassenfunktonäre sollen Gehälter offen legen.

 

8215 Postings, 8396 Tage SahneSchon wieder!

 
  
    #24
05.12.03 12:53
SPIEGEL ONLINE - 05. Dezember 2003, 10:52
URL: 
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,276973,00.html

Betrugsverdacht
 
Ärzte sollen Tote abgerechnet haben

Neuer Medizin-Skandal in Hamburg: Acht Ärzte stehen unter dem Verdacht, Krankenkassen in großem Stil betrogen zu haben. In mehr als 100 Fällen sollen sie die Behandlung bereits verstorbener Patienten in Rechnung gestellt haben.

Hamburg - Die Polizei durchsuchte am Donnerstag sieben Arztpraxen in sechs Stadtteilen der Hansestadt, berichtet das "Hamburger Abendblatt". Bei den Razzien stellten die Fahnder Beweismaterial sicher. Die Ärzte sollen zwischen 2000 und 2002 fiktive Behandlungen abgerechnet haben, dazu Kilometerpauschalen und Taxikosten zu Patienten, die längst verstorben waren.

Sechs Allgemeinmediziner, ein Augenarzt und ein Psychiater sollen unter den Verdächtigten sein. Einer der Beschuldigten soll 23 Behandlungen an 15 Patienten abgerechnet haben, die bereits tot waren. Eine in einem Altenheim lebende Frau will er den Unterlagen zufolge noch elf Monate nach ihrem Tod untersucht haben.

Aufgeflogen ist der mutmaßliche Betrug nachdem die Kassenärztliche Vereinigung und einige Krankenkassen Daten über Patienten ausgetauscht hatten. Daraufhin waren Unstimmigkeiten aufgefallen. Um welchen Betrag die Kassen betrogen wurden, schreibt das Blatt nicht.

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Ein paar Daten ausgetauscht... so einfach könnte man sowas abstellen... PACK!

 

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