Werbe-Aktionswochen bei ARIVA


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Neuester Beitrag: 15.11.03 15:11
Eröffnet am:12.11.03 09:51von: Happy EndAnzahl Beiträge:4
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95441 Postings, 8521 Tage Happy EndWerbe-Aktionswochen bei ARIVA

 
  
    #1
12.11.03 09:51
Jaaa, hallooo? Stahnke-Stiftung für Persönliche Popularität, Dr. Steffens am Apparat?

Ach, Herr..., Herr..., Herräääh..., Herr Dingeskirchen...

Ja. Schön, das Sie anrufen...

...unser Angebot liegt Ihnen vor?...

...ja...

...ja...

...ja...

Jaaaa, doch, persönlich, vertraulich und exklusiv... Wenn ich's Ihnen doch sage, Herräääh Dingeskirchen.

Doch.

Dooooch.

Tja, die Preise,... da sprechen Sie natürlich gleich ein heikles Thema an... Sehr aufmerksam von Ihnen... Ich sag ja schon immer zu meiner Frau: "Unsern Volksvertretern", sag ich immer... "Unsern Volksvertretern kann man nun wirklich nicht nachsagen, das sie nicht aufpassen!", sag ich immer. Nicht wahr? Ja? Hähähä.

"Und rechnen", sag ich auch immer zu meiner Frau. "Und rechnen können die auch. Natürlich nicht die Rentenformel, aber das kriegen die ja auch später...", sag ich immer zu meiner Frau. Kleiner Scherz... Sie verstehen... nicht wahr?

...

Ja.

...

Ja, wo waren wir denn stehen geblieben? Ach ja, unsere Preise.

Ja, Herräääh Dingeskirchen, natürlich ist mir bewusst, dass wir uns hier im oberen Preissegment bewegen. Ja,... doch,... das geb ich gerne zu...

Aber sehen Sie mal. Wir bewegen uns schließlich auch im oberen Leistungssegment... Soll heißen: Sie kriegen ja auch was für Ihr Geld, Herräääh Dingeskirchen.

...

Wie?

...

Nein...

Nein, ... Wissen Sie, es widerstrebt mir ja, über den Wettbewerb herzuziehen... Aber vielleicht haben Sie das ja mitgekriegt... Neulich... In Düsseldorf... da hat der Oberbürgermeister... vielleicht kennen Sie den ja: ein gewisser Erwin Jochimsen... Was?... Wie?... Joachim Erwin?... Parteifreund von Ihnen?... Neulich erst getroffen?... Na, wenn Sie es sagen...

...jedenfalls hat ihr Parteifreund da erst neulich die Schirmherrschaft für eine Aktion übernommen... war natürlich auf Empfehlung von unserem Wettbewerb, aber das bleibt ja unter uns, nech?... für so ein Aktionsbündnis "Düsseldorfer gegen Darmkrebs"...

Ja, klingt doch erst mal gut, nicht wahr?...

War wohl auch ziemlich billig...

Nun, was soll ich sagen? Die haben natürlich die ganze Stadt vollgepflastert mit Plakaten "Düsseldorfer gegen Darmkrebs" und so...

Nun, Ihnen kann ich es ja sagen... Wir haben die Aktion mal von unserer Mafo in den üblichen Peer Groups abtesten lassen... und, was soll ich sagen?... Achtzig Prozent der Testgruppe reagierten mit der Frage: "Wie, sind die Kölner etwa dafür?"

Tja, das ist unser Wettbewerb...

...ja... doch... aber das bleibt ja unter uns, nech?...

Gut, aber was kann ich nun für Sie tun?

Ja?

Ja?

Kommunalwahlen? Ja, das kennen wir...

Kommendes Jahr?... kein Problem...

Jaaa, was können wir denn da machen?...

Was?...

Ach so... Öffentliche Darmspiegelung... im Fernsehen... hat Ihnen gut gefallen?... freut mich natürlich... ist auch ein sehr beliebtes Produkt... aber lassen Sie mich mal nachsehen... da geht's nicht... da auch nicht... da haben wir erst das Küblböck... tja... sieht schlecht aus... ziemlich lange Wartelisten... könnte eng werden... aber warten Sie mal... hier hab ich was... bei CNN könnte ich sie noch reinschieben...

Was?

Nein, nicht Ted Turner!... Wo denken Sie hin?... Nein: Cable News Neunkirchen...

Ja: Neunkirchen...

Im Saarland...

Nicht so Ihr Ding?... tja... pömmmpömmmpömmmpömmm... Was können wir denn da sonst machen...

Darf ich mich kurz nach ihrem Vater erkundigen?...

...hmmm...

War auch schon Bürgermeister... und in allen möglichen Vereinen?... das auch noch!...

Also keine Probleme an dieser Stelle... hmmm...

...und Sie?... Gab's da irgendwann mal... wie soll ich sagen?... ein jugendliches Aufbegehren?... eine Rebellion im Familienkreis?... mit der Harley über die Dörfer gefahren?... Nix?...

Ach so: Großes Latinum... hmmm... Abitur... Jurastudium... erstes Staatsexamen...

Tja,... an der Stelle kommen wir wohl nicht weiter...

Hmmm...

... tja... römmmpömmmpömmmpömmm...

Was? Ach so, Hohmann und Nitzsche... ja, da sind wir schon ganz schön stolz drauf... Wie bitte?... Ach... Persönliche Empfehlung... Tjaaaa...

Das hätten Sie aber auch schon eher sagen können... na gut, dann sehen wir mal nach, was wir da haben... Tätervolk?... hatten wir schon... Hand abfaulen?... hatten wir auch schon...

Wie wär's denn damit: "Den Norwegern soll der Arsch abfallen, wenn sie Grönland besetzen"?... Ist natürlich noch ein erster Draft, aber das kriegen wir schon hin...

...Wie?...

...ja, glauben Sie etwa, wir hätten das mit dem Hand abfaulen so einfach aus der Schublade gezogen?... Neeneeneee, nix da... da muss erst mal ein Kreativteam dran, damit das schön rund wird... aber keine Angst, das kriegen wir schon hin...

Ja?

Ja.

Jaaa... tjaaaa. dann lassen Sie mich mal rechnen... erster Draft... Präsentation... zwei Korrekturläufe... Spätfolgenabschätzung... Hmmm...

... tja...

...römmmpömmmpömmmpömmm...

Und Sie kommen auf persönliche Empfehlung?...

...na gut, weil Sie es sind: Ich würd mal sagen so um die Neunfünneff... istnatürlichnochsoausmbauch... konkretes Angebot reichen wir schleunigst nach... naja so fuffzehn Prozent nach oben und unten sind da natürlich noch drin...

Wie?

Ach so: Nein, die Herren Hohmann und Nitzsche, das waren unsere Aktionswochen... "Los Wochos", hab ich noch zu meiner Frau gesagt...

Nein...

Nein... Ich würd's ja gern machen... aber können Sie sich vorstellen, was mir unser Beirat erzählt?... Na bitte...

Tja... was hätten wir denn noch... In einer Bratpfanne durch den Eiskanal?...

...mit dem Gabelstapler von der Sprungschanze?...

Auch nicht Ihr Ding?...

Doch,... kann ich verstehen...

Hmmm...

... tja...

...römmmpömmmpömmmpömmm...

Ja! Jetzt hab ich's... das müsste genau passen...

...nein, nix sportliches...

...doch, ist auch ziemlich preiswert, da können wir wohl ne Mischkalkulation aufmachen...

Wie wär's, wenn Sie sich live im Fernsehen plastinieren lassen?

Doch, Prof. von Hagens hat da wohl noch was frei...

Ja?

Gut. Unser Angebot geht noch diese Woche raus...

Bis die Tage, Herräääh Dingeskirchen...

Ja, und Empfehlung daheim... ja... ja... Sie mich auch...

Ciaociao.  

95441 Postings, 8521 Tage Happy EndSchon angerufen?

 
  
    #2
12.11.03 13:29

95441 Postings, 8521 Tage Happy EndDas Merkel in der Uckermark

 
  
    #3
14.11.03 15:44
Bunte TV - Die Promiseuche im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hat einen neuen Höhepunkt erreicht

Darauf hat die Fernsehnation gewartet: Die Königin der deutschen Klatschpresse hat angebandelt mit dem Ersten Deutschen Fernsehen und geht heute Abend in Gestalt von Bunte TV erstmals auf Sendung - präsentiert von Bunte-Chefredeakteurin Patricia Riekel höchstselbst. Weil Prominente nicht mit Hinz und Kunz reden und sie erst recht nicht in ihre Privaträume reinlassen. Dass Hinz und Kunz die Aufzeichnung von Riekels Promi-Besuchen auf dem heimischen Bildschirm sehen könnten, tut nichts zur Sache.

In der ersten Sendung besucht Patricia Riekel die CDU-Chefin. Das Merkel in der Uckermark! In seinem Biotop sozusagen! Da wird sich die  Titanic-Redaktion aber freuen. Apropos Satire: Erinnert sich noch jemand an Ruby Wax und ihre Talk-Show  Ruby Wax Meets? In einer Episode besucht sie Imelda Marcos im Exil, lässt sich von der Diktatoren-Gattin a.D. durch alle Räume führen und nimmt hinter Imeldas Rücken mal eben Platz auf dem Klo. Brennend vor Neugier und etwas verschämt zugleich. In den Gesprächen selbst führt diese Mischung zu unverschämt erhellenden Situationen. Weil Ruby Wax im Plauderton hoch brisante Fragen stellt - und ihre Gesprächspartner auf diese Weise aus der Reserve lockt.

Bei Bunte TV ist mit solchen Szenen und Situationen nicht zu rechnen. Patricia Riekel wird sich garantiert nicht auf die Toilette von Angela Merkel setzen und schnell mal runterspülen. Weil sie sich - zumindest teilweise - zu ihrem Vorbild Margret Dünser und deren 'VIP-Schaukel' bekennt; einer Promi-Show der Siebziger Jahre, die auch unter Spätgeborenen Kultstatus genießt - und in der nächtlichen ZDF-Sendereihe "Vor 30 Jahren" vereinzelt  wiederholt wird. Gegenüber der  Süddeutschen Zeitung erklärte Patricia Riekel: "Zum Teil ist Frau Dünser tatsächlich ein Vorbild: Sie hat das sehr elegant gemacht und ist bei aller Nähe diskret geblieben."

Ob es bei Merkels wenigstens was zu essen gibt? Vermutlich nicht. Riekel macht ja keine Kochshow und bekleckern will sie sich auch nicht. Sie weiß, dass es im Fernsehen "vor allem um die Optik" geht. Was alles schief gehen kann, verrät sie in einem Interview

Die Haare sitzen nicht, sind am Hinterkopf flach wie bei Amelie Fried, die Hosen rutschen wie bei Frau Christiansen. Stottere ich oder habe ich einen zu romantischen Augenaufschlag wie Frau Maischberger? Man weiß es nicht. Sie werden verstehen, dass es mir als Journalistin, die sich stets darüber definiert, was sie schreibt, etwas schwerer fällt, mich als Fernsehdame auf das zu konzentrieren, was ich optisch präsentiere. Das ist auch ein Experiment.
SZ


Aha, ein Experiment. Vielleicht für Patricia Riekel, aber leider nicht für den Zuschauer. Der hat schon jetzt die Qual der Wahl, wenn es um Promis geht. Die tauchen schließlich nicht nur bei Kerner, Maischberger, Beckmann und Co. auf, sondern auch in Kochstudios, im Boxring, in Quizsendungen und in Homestories sowieso. Wer braucht das Merkel in der Uckermark, wenn er regelmäßig bei den  Osbournes abhängen darf? Wer braucht überhaupt Promis?

Vermutlich gab es sie schon immer. Diese Prominenten, vulgo: Promis. Früher hießen sie bloß anders. Kein Wunder. Schließlich setzt sich der Begriff prominent mit all seinen Ablegern und Auswüchsen (Prominenz, Prominente/r, Promi) erst im 20. Jahrhundert durch. Entsprechend kurz fällt denn auch der Eintrag im Etymologischen Wörterbuch von Kluge aus:

prominent Adj. (

Tatsächlich: egal wo man hinschaut, überall ragen die Fratzen von Becker, Feldbusch & Co. hervor. Sogar jenseits des Bildschirms machen sie sich breit. Trotzdem ergeben die Suchbegriffe 'Promiseuche' und 'Promiplage' bei Google bislang jeweils 0 (in Worten: Null) Treffer. Merkwürdig. Findet niemand Worte für die Omnipräsenz von Dieter Bohlen? Man kann ja nicht mal mehr Joghurt kaufen, ohne visuell belästigt zu werden vom grienenden Bohlenschädel. Dabei ist Halloween längst vorbei. Naja, wird sich schon wieder legen. Beckenbauer hat ja auch ausgeblubbert bei O2. Und nicht nur dort. Auffällig still ist es geworden um den Kaiser. Nur schade, dass er von einem noch unerträglicheren Werbeträger abgelöst wurde.

Schon seltsam, dass diese PR-Leute nicht begreifen wollen, dass die beworbenen Produkte nicht wegen, sondern trotz der plärrenden Promis gekauft werden. Oder gibt es auch nur einen vernünftigen Menschen, der nur deshalb zu Gummibärchen greift, weil ein aufdringlicher Kerl mit Locken nach allem grapscht, wo Haribo draufsteht? Wer glaubt schon an die Zukunft der Post, wenn den Verantwortlichen nichts besseres einfällt, als die Gebrüder Gottschalk unter Vertrag zu nehmen? Und was ist eigentlich ins ZDF-Personal gefahren, als man Gottschalk zur Stimmung in Kalifornien  befragte, nachdem Schwarzenegger zum Gouverneur gewählt worden war? Gibt es nicht genügend Korrespondenten vor Ort? Muss man ausgerechnet eine selbstverliebte Plaudertasche befragen, die noch nicht mal der Intendant des ZDF  witzig findet?

Diese klitzekleine 'Schalte' zu Gottschalk war der letzte Beweis dafür, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen endgültig auf den Promi gekommen ist: egal worum es geht, erst mal einen Promi fragen. Man kann nur hoffen, dass Gottschalk kein Honorar bekommen hat für seine Plattitüden. Schließlich gehört Herr Gottschalk via Wetten dass...? quasi zum Haus.

Doch zurück zur ARD und Bunte TV. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen einen Pakt eingeht mit einem Klatschblatt. Schon die Überlegung, wer da eigentlich von wem profitiert, beziehungsweise wer wem Geld gibt, sollte man sich verkneifen. Ein Anruf in der Redaktion von Bunte TV beim Hessischen Rundfunk macht deutlich: Allein die Frage, ob Bunte TV durch GEZ-Gebühren finanziert wird, ruft Empörung hervor. Selbstverständlich werde Bunte TV über einen Mix aus GEZ, Werbeeinnahmen und Sponsoring finanziert. Wie jede andere Sendung des ARD auch. Das sei schon immer so gewesen und sei auch so üblich. Die GEZ alleine reiche ja leider nicht aus. So eine der Redakteurinnen von Bunte TV gegenüber Telepolis.

Und was ist mit dem so genannten 'Bildungsauftrag' des öffentlich-rechtlichen Fernsehens? Was spricht eigentlich dagegen, dass der Hessische Rundfunk verstärkt Dokumentarfilme produziert? Muss ja nicht teuer sein. Für den Anfang wäre eine Homestory über den  Hausschwamm vollkommen ausreichend. Der harmlos klingende Untermieter kann immerhin Häuser zum Einsturz bringen und wurde nicht zuletzt deshalb von der deutschen Gesellschaft für Mykologie zum Pilz des Jahres 2004 gekürt. Irgendwer muss ja auf die heimliche Gefahr des Pilzgeflechts aufmerksam machen. Aber solange das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu den Opfern der Promiseuche gehört, wird man solche aufklärerischen Beiträge mit der Lupe suchen müssen.

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/16088/1.html  

95441 Postings, 8521 Tage Happy EndDas Letzte im Ersten

 
  
    #4
15.11.03 15:11
Patricia Riekel führt Promis im "BUNTE TV" vor. Die ersten Gäste waren Karl Lagerfeld und Angela Merkel. Jetzt wissen wir: Er bewegt sich nicht im Schlaf, sie ißt gerne Bratkartoffeln.

Wenn das Erste so tut, als wäre es RTL2, dann stellt es seinen Zuschauern eine Preisfrage. "In welchem Land lebt Karl Lagerfeld? Deutschland oder Frankreich?" Damit möglichst viele den Test bestehen, gibt es vorher einen kleinen Hinweis: Das Erste besuche den "Meister der Mode" in Paris. Unter denjenigen, die richtig getippt haben, werden dann 6o Flaschen Fürst Metternich Riesling Sekt verlost. Obwohl es Champagner von Veuve Cliquot sein müßte, denn ehe Karl Lagerfeld deutschen Sekt an seinen Gaumen läßt, wird die ARD privatisiert und läßt Heidi Klum die Nachrichten ansagen.
Auch das ist nur noch eine Frage der Zeit. Denn alles, was die Privaten können, das können die Öffentlich-Rechtlichen noch besser: Schleichwerbung, Sponsoring, Product-Placement. Nur in einem Segment liegen die Privaten vorne: Bei den Promi-Magazinen. Das ZDF quält sich mit "Leute heute" über die Runden, bei der ARD gibt es nichts Vergleichbares. Um diesem Mißstand abzuhelfen, hat der Hessische Rundfunk "BUNTE TV" ins Erste gehoben, Freitagabend lief die erste von vorerst sechs Folgen.

"Untypisch für das Gewerbe"

Er sei, erzählt Bernd Küsters, Unterhaltungschef des HR, "schon länger auf der Suche nach einem geeigneten Format" gewesen, etwas in der Art von "Bitte umblättern", ein "buntes Fernsehen mit Boulevard-Geschmack, das nicht doof und nicht platt ist". Dann habe er eines Tages Patricia Riekel, die Chefredakteurin der "Bunten" getroffen, "eine bemerkenswerte Person, untypisch für das Gewerbe, still und nachdenklich, was man von einer gut abgehangenen Boulevard-Journalistin nicht erwartet".

Gemeinsam habe man dann das Konzept für "BUNTE TV" entwickelt. "Wir hätten nie eine eigene Redaktion aufbauen können", bei der Bunten dagegen "gab es schon den Apparat" und Patricia Riekel hat "Zugang zu den richtigen Leuten", ihr stehen "viele Türen offen, die uns verschlossen geblieben wären". So kam es zu einem "joint venture" zwischen dem Burda Verlag und dem Hessischen Rundfunk, zum Nutzen beider Parteien.

Im Quotenkonzert mithalten

"Wir profitieren von der sehr guten Entwicklung der "Bunten" und die "Bunte" profitiert von der Repräsentanz im Fernsehen." Eine private Produktionsfirma stellt die 30-Minuten-Sendung her, "Bunte" und der HR teilen sich die Kosten im Verhältnis 60 zu 40. Eine Aushöhlung öffentlich-rechtlicher Prinzipien kann Küsters nicht erkennen, denn erstens "ist die Abnahme ganz klar bei uns" und zweitens sei "die Zusammenarbeit mit einem kommerziellen Medium sehr erwünscht", um "im Quotenkonzert mithalten zu können".

Ein Marktanteil von 10 Prozent sei das Ziel, "aber eigentlich möchte ich 12 Prozent haben", dann wird "BUNTE TV" auch im Jahre 2004 laufen, einmal im Monat auf dem HR-Ticket in der ARD. Es hat also alles seine Richtigkeit, die geschäftlichen und moralischen Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Fernsehens werden nicht verletzt. Bleibt nur die Frage: Muss es sein? Braucht die ARD ein "People-Magazin", um Menschen vorzustellen, die man sowieso immerzu und überall sehen kann, in jeder Talkshow, bei jeder Gala, bei Nina Ruge und Frauke Ludowig, bei Stefan Raab und Harald Schmidt? Gehört Klatsch und Tratsch zur "Grundversorgung"?

"Für mich ist nichts zu groß"

Offenbar ja. Also fährt Patrcia Riekel nach Paris, um Karl Lagerfeld zu besuchen. Der ist nicht nur bekannt "als toller Gesprächspartner", er residiert auch in einem Stadtpalais in St. Germain auf 1.800 Quadratmetern Fläche. Allein das Speisezimmer, das auch als Tanzsaal dient, ist so groß wie ein mittleres HR-Studio. Es gäbe also genug Stoff für ein aufregendes Gespräch. Doch was will Frau Riekel von Herrn Lagerfeld wissen? "Ist es nicht einsam?" Nie und nimmer! antwortet Lagerfeld, "für mich ist nichts zu groß", Einsamkeit sei ein toller Luxus. "Sie haben 4o Kilo abgenommen", sagt Frau Riekel, die sich auf den Besuch bei dem Modefürsten gut vorbereitet hat. "43 Kilo", antwortet Lagerfeld, der auf Genauigkeit Wert legt.

"Parallell mit dem Gewichtsverlust hat sich der Einrichtungsgeschmack geändert", setzt Frau Riekel nach. Lagerfeld zeigt das Bett, in dem er schläft. "Ein erstaunlich schmales Bett", wundert sich Frau Riekel. "Ich hasse breite Betten", sagt Lagerfeld, "ich bewege mich nicht im Schlaf", er wache in derselben Position auf, in der er eingeschlafen sei.

Das sind wichtige Informationen, die eine lange Anreise wert sind. Die aufregenden Fakten werden mit Lebensweisheiten angereichert. "Es ist amüsant zu sammeln, es ist nicht amüsant zu besitzen", sagt Lagerfeld. Frau Riekel tut so, als habe sie diese Antwort noch nie gehört und will anschließend wissen: "Wie war Ihre Kindheit?" Lagerfeld drückt auf einen Knopf und spult die bekannte Antwort ab. Von der Mutter, die ihm gesagt habe: "Du musst hier weg, hier kannst du nur Zeichenlehrer werden." Frau Riekel scheint zufrieden, und am Ende des Gesprächs legt Lagerfeld ein Geständnis ab: "Karl Lagerfeld ist eine virtuelle Sache, eine Chimäre." Das haben wir schon die ganze Zeit geahnt.

"Lassen Sie Ihr Herz sprechen?"

Von St. Germain in Paris geht es nach Templin in der Uckermark, wo Angela Merkel darauf wartet, ganz privat vorgeführt zu werden. Sie besucht ihr altes Gymnasium und wundert sich. "Ich hatte das größer in Erinnerung." Weil es aber nicht auf die Größe, sondern auf die inneren Werte ankommt, will Patricia Riekel wissen: "Sind Sie ein Mensch, der vom Verstand geprägt ist oder lassen Sie Ihr Herz sprechen?" Mal so und mal so, je nach der Situation, sowohl als auch, sagt Angela Merkel und gibt über ihr Leben Auskunft, wie Politiker über ihr Leben Auskunft geben.

Sie sei gerne im Garten, gehe gerne spazieren, achte darauf, dass sie wenigstens einen Abend pro Woche zu Hause sein kann und esse gerne Bratkartoffeln. Es sind Antworten, die auch Karl Lagerfeld geben könnte, denn ob es St. Germain in Paris ist oder Templin in der Uckermark, der Himmel sieht überall gleich aus, und die Menschen, die Patricia Riekel besucht, ähneln sich so wie eine Ausgabe der "Bunten" der anderen ähnelt.

Würde "BUNTE TV" in einem privaten Sender laufen, wäre es eine "Dauerwerbesendung", nur im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das nach 2o Uhr keine Werbung senden darf, ist es ein Beitrag zum Programm. Adieu ARD! Nächste Woche besucht Patricia Riekel den Stehgeiger Andre Rieu und die Schauspielerin Ingrid Caven. Zwei "No-Names", die man kennen muss.

spiegel.de  

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