Bleiben Sie schön - gesund


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Neuester Beitrag: 10.02.04 08:47
Eröffnet am:10.02.04 08:04von: SchmusAnzahl Beiträge:6
Neuester Beitrag:10.02.04 08:47von: vega2000Leser gesamt:594
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501 Postings, 7418 Tage SchmusBleiben Sie schön - gesund

 
  
    #1
10.02.04 08:04
Operation Patientenbetrug

Ärzte und Kassen wollen Qualitätsstandards nur für seltene Operationen einführen. Uni-Ärzte, Patientenbeauftragte und Gesundheitspolitiker fordern: Ulla Schmidt soll Druck machen

BERLIN taz Seit drei Jahren blockieren Ärzte- und Kassenvertreter die Umsetzung eines Gesetzes zur Qualitätssicherung in Krankenhäusern. Auch mit einer nun gefundenen Regelung werden Patienten betrogen, kritisierte die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD). Die Selbstverwaltung "unterläuft unsere Gesetze", erklärte sie der taz.

Der zuständige Bundesausschuss aus Ärzte- und Kassenvertretern hat festgelegt, dass es so genannte Mindestmengen nur für fünf seltene Operationen geben soll: Entfernungen der Speiseröhre, der Bauchspeicheldrüse sowie Leber-, Nieren- und Stammzelltransplantationen. Mindestmengen sind die Mindestanzahl von Operationen, die ein Krankenhaus für schwierige Eingriffe vorweisen muss. Nur wer genug Erfahrung hat, soll operieren, lautet die wissenschaftlich belegte Logik.

Der Bundesausschuss hätte Mindestmengen auch für häufige Eingriffe wie Brustkrebs- oder Prostata-OPs festlegen müssen, sagte Kühn-Mengel: "Da hätte mehr bei rumkommen müssen." Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Klaus Kirschner (SPD), sagte, der Beschluss "zeigt mal wieder, dass es in der Selbstverwaltung am allerwenigsten um die Patienten geht". Er forderte die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auf, "dass sie die Entscheidung zurückweist und deutlich macht, dass im Interesse der Qualitätssteigerung die Messlatte höher zu legen ist". Ausgesprochen scharfe Kritik an der Arbeit des Bundesausschusses kommt auch vom Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD).

In einer der taz vorliegenden VUD-Stellungnahme erklärten die Münchner und Tübinger Ärzte Rüdiger Strehl, Jörg Siewert und Martin Siess: Mit der Vereinbarung "wird der Gesetzgeber sein Ziel der Verbesserung des Versorgungsniveaus mit Sicherheit nicht erreichen. Im Gegenteil, es besteht die Gefahr, dass die Regelung mehr schadet als nützt." Die festgelegten Mindestmengen würden jeder auch noch so schlecht ausgerüsteten Klinik die Erlaubnis geben, auch Hochrisiko-Patienten zu behandeln.

In 300 großen Studien ist laut VUD nachgewiesen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Fallzahl und Ergebnisqualität für große Operationen und schwierige Krankheiten gibt: unter anderem Aids, viele Herz- und Herzkranz-Operationen und die Versorgung von Frühgeborenen. Vielleicht jedoch, ätzten die Uni-Mediziner, "ist der Wunsch nach einer Verbesserung der Ergebnisqualität nur bei Patienten entsprechend ausgeprägt".

Das Gesundheitsministerium erklärte sich bislang für nicht zuständig. "Das ist Sache der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen", sagte ein Sprecher zur taz. "Wir können das noch nicht einmal prüfen."

"ULRIKE WINKELMANN
brennpunkt SEITE 3

taz Nr. 7280 vom 10.2.2004, Seite 1, 95 Zeilen (TAZ-Bericht)  

501 Postings, 7418 Tage SchmusPatientenvertreter - nicht stimmberechtigt

 
  
    #2
10.02.04 08:08
Das Kartell der kleinen Schnitte

Das zentrale Selbstverwaltungsgremium im Gesundheitsbereich, der "Bundesausschuss", mauert. Die Gesundheitsministerin ist auf ihn angewiesen
AUS BERLIN ULRIKE WINKELMANN

Das Besondere am Gesundheitswesen ist, dass irgendwie immer alle im selben Boot sitzen. Da fällt es oft schwer, Interessen zu sortieren.

Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen zum Beispiel geht zusammen segeln. Ein Schwung älterer Herren setzt sich jährlich in ein Boot, um an der "Aal-Regatta" auf der Kieler Woche teilzunehmen. Dabei sind: der Chef der Großkrankenkasse AOK, Hans Jürgen Ahrens, der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Jörg Robbers, der Vizechef der Krankenkasse DAK, Herbert Rebscher, und Rainer Hess, der bis vor wenigen Wochen Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) war.

Jetzt ist Hess Chef des neuen "Bundesausschuss", des mächtigsten Selbstverwaltungsgremiums aus Kassen, Ärzten und neuerdings auch - nicht stimmberechtigten - Patientenvertretern. Hess findet nicht im Geringsten was dabei, dass wichtige Männer Freizeit zusammen verbringen, die sonst um die 260 Milliarden Euro streiten, die jährlich im Gesundheitssystem zu verteilen sind. "Das sind zwei Ebenen", sagt er. "Wenn man am Tisch gegeneinander verhandelt, kann man trotzdem zusammen segeln gehen."

Die Frage ist bloß, wessen Interessen am Verhandlungstisch des Ausschusses präsent sind. "Selbstverwaltung" klingt zwar immer gut, hat aber im Gesundheitswesen nichts mit Demokratie zu tun. Wutschnauben verursachte bei der SPD vor wenigen Tagen eine Entscheidung des Bundesausschusses zur Qualitätssicherung in Krankenhäusern.

Der Bundesausschuss hatte sich durchgerungen, ein drei Jahre altes Gesetz umzusetzen, wonach Mindestmengen für Operationen festzulegen sind. Krankenhäuser sollen nur noch Operationen machen dürfen, in denen es eine gewisse Routine gibt, denn: "Es besteht ein nachgewiesener Zusammenhang zwischen der Häufigkeit durchgeführter Operationen und der Qualität des Behandlungsergebnisses", so erklärt das Gesetz vom April 2001. Mag sein, befanden die Kassen, die privaten Krankenversicherer, die Krankenhausgesellschaft, die Bundesärztekammer und der Deutsche Pflegerat und einigten sich auf Mindestmengen für: Nieren-, Leber- und Stammzelltransplantationen, Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsenentfernungen.

Das, sagt der Gesundheitspolitik-Berater Karl Lauterbach, "entspricht zwei Promille des Versorgungsspektrums und damit einem Begräbnis des Gesetzes". Der Beschluss sei "eine Verhöhnung der Patienteninteressen". Der SPD-Gesundheitsexperte im Bundestag, Klaus Kirschner, erklärt, der Beschluss "zeigt mal wieder, dass es in der Selbstverwaltung am allerwenigsten um die Patienten geht". Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD), ergänzt: "Der Apparat überschlägt sich in der Qualitätsdebatte nicht gerade." Kühn-Mengel sagt: "Prostata, Brustkrebs, Bypass - diese Operationen werden wirklich oft gemacht, dafür brauchen wir Qualitätsstandards. Da hätte mehr bei rumkommen müssen." Die Selbstverwaltung "unterläuft unsere Gesetze".

Diesen Eindruck durften auch eine Reihe von Gesundheitsministerinnen und -ministern schon haben - inklusive Ulla Schmidt (SPD). Die allerdings behauptet, zuständig für Krankenhäuser seien die Bundesländer. "Wir können nichts machen", sagt ein Ministeriumssprecher. Die Zurückhaltung Schmidts könnte aber auch einen anderen Grund haben: Schmidt kann sich nicht noch mehr böses Blut bei der Umsetzung der Gesundheitsreform leisten. Sie braucht den Bundesausschuss für eine wichtige Entscheidung Mitte März. Dann wird der Ausschuss die Liste der nicht rezeptpflichtigen Medikamente bekannt geben, die noch von den Kassen bezahlt werden sollen. Je mehr populäre Pillen darauf landen, desto weniger öffentlichen Ärger wird es geben.

Das ist das Problem von Ulla Schmidt: Über ihrem Haupt entlädt sich die gesamte Empörung über Härten und Tücken der Gesundheitsreform. Mitte Januar behauptete Schmidt dann, die Selbstverwaltung sei an allem schuld. Im Spiegel sagte sie: "Den Ärztefunktionären und Kassen muss klar sein: Diese Gesundheitsreform ist ihre letzte Chance. Wenn es ihnen nicht gelingt, für bessere Qualität und mehr Wirtschaftlichkeit zu sorgen, verliert die Selbstverwaltung ihre Existenzberechtigung."

Diese hohle Drohung hat die Kooperationsbereitschaft der Gemeinten nicht vergrößert. Doch der Bundesausschuss-Chef Hess gibt sich gelassen. Zur Umsetzung der Reform verweist er darauf, dass die Sparvorgaben von der Politik kämen. Zur Umsetzung der Mindestmengen-Regelung von 2001 sagt er, es handle sich "nicht um eine Verweigerung", sondern um einen "behutsamen Einstieg" in die Qualitätssicherung. Ausdrücklich warnt Hess die Ministerin: Es dürfe nicht der "Eindruck entstehen, dass die Selbstverwaltung dauerhaft gegängelt wird".

Sonst, so steht zu vermuten, passiert eben gar nichts mehr. Aus diesem Dilemma kommt die Politik nicht heraus: Sie braucht minimales Wohlwollen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, um Gesetze umzusetzen. Das funktioniert jedoch nur, wenn weder Kassen noch Ärzte ihre Pfründen gefährdet sehen. Qualitätsmaßnahmen bleiben deshalb als Erstes auf der Strecke: Ärzte und Krankenhäuser wollen sich nicht kontrollieren lassen, und Kassen fürchten die Investition - selbst wenn gesteigerte Qualität auf Dauer günstiger, weil effizienter wäre. Bockt der Bundesausschuss jedoch bei politischen Sparvorgaben, kann dies für Kranke von Vorteil sein.

Es ist in der Gemengelage oft nicht einfach zu erkennen, wer die Interessen der Patienten wirklich vertritt - und was die wirklichen Patienteninteressen sind. Beinharte Qualitätssicherung in Krankenhäusern zum Beispiel hätte zur Folge, dass manches Haus schließen müsste. Und mit der Schließung von Krankenhäusern holen sich Politiker Protest an den Hals: Die Deutschen laufen ungern weit zur nächsten Klinik.

Das Merkwürdige am System der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen ist: Irgendwie sitzen alle immer im selben Boot.

taz Nr. 7280 vom 10.2.2004, Seite 3, 170 Zeilen (TAZ-Bericht), ULRIKE WINKELMANN  

501 Postings, 7418 Tage Schmus...

 
  
    #3
10.02.04 08:10
Das Steuerinstrument

Nicht an allem, was im Gesundheitswesen schief läuft, ist die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) schuld. Die Ärzteschaft und die Krankenkassen sind in der so genannten Selbstverwaltung organisiert. Sie ist maßgeblich dafür zuständig, Gesetze umzusetzen - so auch die aktuelle Gesundheitsreform.

Das zentrale Gremium der Selbstverwaltung ist der Bundesausschuss, in dem Vertreter der Ärzteschaft, der Krankenhäuser, der Krankenkassen und seit Anfang des Jahres auch der Patientenschaft sitzen. Die Patientenvertreter allerdings sind nicht stimmberechtigt. Der Bundesausschuss entscheidet, welche medizinischen Leistungen von den Krankenkassen bezahlt werden - und welche nicht. Er soll auch über Qualitätsstandards in der Medizin wachen.

In der Vergangenheit war er dabei nicht sehr eifrig. Er hat etwa das Gesetz aus dem Jahr 2000, wonach der Bundesausschuss Leitlinien - als Behandlungsorientierung für Ärzte - für zehn Krankheiten pro Jahr festlegen soll, bis heute nicht umgesetzt. Auch die gesetzlich verlangten vier bis sieben strukturierten Behandlungsprogramme für chronische Krankheiten - "Disease-Management-Programme" - lassen weiter auf sich warten. UWI

taz Nr. 7280 vom 10.2.2004, Seite 3, 34 Zeilen (TAZ-Bericht), UWI



Der Schwabe KLAUS KIRSCHNER (62) ist Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag. Der gelernte Werkzeugmacher sitzt seit 1976 als SPD-Abgeordneter im Parlament

taz Nr. 7280 vom 10.2.2004, Seite 3, 9 Zeilen (Portrait),  Foto-Text  

501 Postings, 7418 Tage SchmusSchwangere zahlen mehr

 
  
    #4
10.02.04 08:40
Gesundheitsreform

Schwangere zahlen mehr - und manchmal zu Unrecht
von Arndt Ginzel

Eigentlich ist alles klar: Medizinische Vorsorge für Schwangere bleibt auch nach der Gesundheitsreform kostenlos, also zuzahlungsfrei. Tatsächlich aber muss fast jede werdende Mutter Praxisgebühr und mehr bezahlen. Denn vorgeschrieben sind nur Minimalleistungen. So zählen die Herztonkontrolle ab der 28. Woche und bakteriologische Untersuchungen nicht zur Vorsorge.

Werdende Mütter haben es seit Einführung der Gesundheitsreform nicht leicht. Viele Fragen, Ratlosigkeit bei Ärzten, Kassen und Behörden. Was beschert die Gesundheitsreform den Schwangeren? "Man kriegt halt nicht mehr so einfach alles bezahlt. Das gilt für Sozialhilfeempfänger genauso wie für Schwangere", heißt es in der Pressestelle des Gesundheitsministeriums. Eines sei klar: Die Vorsorge für werdende Mütter ist generell kostenlos.

Quelle: ddp
Was fällt unter Vorsorge?
Was Vorsorge ist, hat der gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Kassen in den so genannten Mutterschaftsrichtlinien im Detail geregelt. Grundlage dieser Festlegungen sind zwei Gesetze - zum einen das Gesundheitsmodernisierungsgesetz, also das Gesetz zur Gesundheitsreform, zum anderen die Reichsversicherungsordnung, durch die seit 1911 die Leistungen für Schwangere und junge Mütter festgelegt werden. Doch zwischen den beiden Gesetzen, den daraus abgeleiteten Richtlinien und der medizinischen Praxis tun sich einige Widersprüche auf.

Patientinnenunfreundliche Minimalleistungen
Im Gesetz zur Gesundheitsreform steht, dass Schwangerenvorsorge zuzahlungsfrei bleibt. Werdende Mütter, die das z.B. auf den Internetseiten des Gesundheitsministeriums lesen, werden zunächst erleichtert aufatmen. Doch gehen sie zum Frauenarzt, behandelt sie dieser anhand der Mutterschafts-Richtlinien. Und glaubt man den Gynäkologen, so sichern die darin genannten Vorsorgeuntersuchungen lediglich eine Minimalversorgung. Andere, seit Jahren von Frauenärzten angewandte Vorsorgeuntersuchungen, fehlen. Wer sie in Anspruch nehmen will, muss automatisch Praxisgebühr bezahlen.

... z.B. Herztonkontrolle
So gehört die Herztonkontrolle mittels Ultraschall ab der 28. Woche nicht zum Pflichtkatalog der Mutterschafts-Richtlinien. Sie ist aber unverzichtbar, um Herzfehler bei Ungeborenen festzustellen. Zurzeit wird die Untersuchung nur für jene Frauen als Standard angeboten, bei denen bereits ein Risiko für Herzrhythmusstörungen bekannt ist. "Wenn das nicht mehr routinemäßig geprüft wird, wie soll ich dann plötzlich auftretende Herzerkrankungen erkennen?", klagt ein Frauenarzt aus Bautzen.

In den Richtlinien nicht enthalten ist auch die bakteriologische Untersuchung vor der Geburt. Sie dient der Erkennung von Infektionen. Ebenfalls Standard, aber inzwischen auch mit der Praxisgebühr belegt ist die Ultraschallmessung des Gebärmutterhalses. Bei der Untersuchung lässt sich erkennen, ob eine Frühgeburt droht.

Kaum eine Frau übersteht ihre Schwangerschaft ohne Beschwerden. Häufig haben Schwangere Scheidenentzündungen, Blutungen oder Sodbrennen. Beginnt der Arzt diese Leiden zu behandeln, wird die Praxisgebühr fällig. Eine Schwangerschaft dauert neun Monate und berührt im ungünstigsten Fall vier Quartale, macht 40 Euro.

Was noch bezahlt wird und was nicht
Wer Beschwerden hat, braucht Medikamente. Sicher beruhigend, dass auch weiterhin Arznei-, Verbands- und Heilmittel, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft verschrieben werden, von Zuzahlung befreit sind. Wie gesagt, wenn sie verschreibungspflichtig sind bzw. verordnet werden können. Aber für welche nicht (mehr) verschreibungspflichtigen Mittel darf der Arzt noch ein Rezept ausstellen? Bis zum 31. März wird der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine entsprechende Liste für solche Arzneien aufstellen.

Magnesium wahrscheinlich bald auf eigene Rechnung
Beim sächsischen Apothekerverband liegt seit Dezember vergangenen Jahres ein Arbeitspapier vor, wonach Magnesiumpräparate, Vitamin- und Jodpräparate auf der "Abschussliste" stehen. Frauenärzte haben diese Arzneien immer verschrieben, um schwangerschaftsbedingte Mangelerscheinungen auszugleichen. Einige Mittel wie Magnesium beugen Risikoschwangerschaften vor. Werden für diese Wirkstoffe keine Rezepte mehr ausgestellt, zahlt die Patientin sie allein.

"Handwerkliche Schwächen“
Häufig beginnt das Verwirrspiel für Patientinnen, Arzt und Krankenkassen schon mit der Diagnose "schwanger". Hat die Frau in dem Quartal noch keine Praxisgebühr bezahlt, kostet sie die frohe Botschaft des Arztes schon mal 10 Euro. So das bisher gängige Verfahren.

Der Arzt muss kassieren, weil er sich auf die gültigen Mutterschafts-Richtlinien verlässt. Und die schreiben in einer Fußnote vor, dass die Feststellung der Schwangerschaft nicht zur Vorsorge, sondern zur Behandlung ("kurativen Versorgung") gehört. Und für diese muss Praxisgebühr entrichtet werden. Soweit so gut, wäre da nicht das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG). Im Gegensatz zu den Mutterschaftsrichtlinien zählt unter Verweis auf die Reichsversicherungsordnung "die Feststellung der Schwangerschaft" zur Vorsorge. Und die ist doch von der Praxisgebühr befreit. Was stimmt nun, müssen Frauen für die Diagnose "schwanger" zahlen oder nicht?

Die Antwort liegt auf der Hand: Ein Gesetz steht höher als eine Verordnung. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz und Reichsverordnung (trotz seiner anderslautenden Bezeichnung ein Gesetz) haben Vorrang vor den Mutterschafts-Richtlinien, die lediglich Ausführungsbestimmungen zu Gesetzen sind.

Roland Stahl kann das Kuddelmuddel erklären: Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung spricht von "handwerklichen Mängeln", die den Gesetzgebern unterlaufen seien. Die Sprecherin der Bundes-AOK, Barbara Marnach, sagte auf Anfrage, dass Frauen für den Befund "schwanger" keine Praxisgebühr mehr zahlen müssten.

Das sagen die Mutterschafts-Richtlinien für Ärzte und Kassen:
"*) Die Untersuchung zum Zwecke der Feststellung der Schwangerschaft ist Bestandteil der kurativen Versorgung."
So legen es die Mutterschafts-Richtlinien in einer Fußnote fest. Die Gynäkologen behandeln auf Grundlage der Richtlinien.

Das sagen die Gesetze:
"(4) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers ... als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an den Leistungserbringer. Satz 1 gilt nicht für Inanspruchnahmen ... sowie Maßnahmen zur Schwangerenvorsorge nach § 196 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung ..."
Diese Ergänzung von § 28 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist im Gesundheitsmodernisierungsgesetz enthalten. Kostenlose Schwangerenvorsorge richtet sich nach den Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung.

"(1) Die Versicherte hat während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge sowie auf Hebammenhilfe. Die ärztliche Betreuung umfaßt auch die Beratung der Schwangeren zur Bedeutung der Muttergesundheit für Mutter und Kind einschließlich des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko sowie die Einschätzung oder Bestimmung des Übertragungsrisikos von Karies."
Absatz 1 von § 196 der Reichsversicherungsordnung.

Fazit: Kinderkriegen kostet. Inzwischen sogar mehr. Fragen Sie im Zweifelsfall Ihren Arzt oder Apotheker.
 

3051 Postings, 8933 Tage ruhrpottWenn eine

 
  
    #5
10.02.04 08:40
lebenserhaltene Operation 50.000 T€uronen kostet und eine gute
Beerdigung nur 5.000 T€uros kostet, kann man nur ins Grübeln kommen.


Viele Grüße



aus dem Ruhrpott  

Clubmitglied, 50092 Postings, 8639 Tage vega2000Löschung

 
  
    #6
10.02.04 08:47

Moderation
Zeitpunkt: 12.06.12 09:58
Aktion: Löschung des Beitrages
Kommentar: Erotischer Inhalt

 

 

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