Null-Bock bei den Genossen


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1943 Postings, 8862 Tage TraderNull-Bock bei den Genossen

 
  
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02.12.02 08:55

Von Susanne Scheerer, FAZ

02. Dezember 2002 Udo Lindenberg hatte Recht, als er resignierend textete: „Die Polit-Popper in Bonn, die kannste vergessen. Die haben die Weißheit mit zu kleinen Löffeln gefressen. Einen Lügendetektor gibt´s im Bundestag nicht, der wär´ auch dauernd kaputt ...“ Das war in den 80ern , als der Patient Deutschland noch nicht auf der Intensivstation lag und die Null-Bockstimmung ein Luxus war, den sich die Jugend leisten konnte. Im neuen Jahrtausend steht Deutschland nach der Wiedervereinigung vor seiner größten Bewährungsprobe: Wie reformfähig ist dieses Land? Die Polit-Popper, die heute an der Spree und nicht mehr am Rhein sitzen, würde man ja gerne vergessen. Aber die Zeit drängt so sehr, dass sich der Weg des Souveräns in die innere Emigration verbietet. Nie zuvor war den Menschen bewusster, dass sie morgen die Quittung für das kassieren, was die Politik heute unterlässt. Zwanzig Jahre später ist „Lindis“ Song richtig und falsch, aktuell und überholt zugleich: Die Null-Bock-Stimmung herrscht nicht mehr bei der Jugend, sondern bei den Regierenden, die ihren Dämmerzustand positiv wenden und dem Volk als „Politik der ruhigen Hand“ verkaufen. Dumm oder frech?Eine weitere Kostprobe jener Passivität gab am Wochenende der Generalsekretär der Sozialdemokraten, Olaf Scholz. In Blümscher Die-Rente-ist-sicher-Manier gaukelte der Genosse dem zeitungslesenden Publikum vor, dass es einer weiteren Reform des Rentensystems vorerst nicht bedarf. Dumm oder frech? Vielleicht beides. Auf jeden Fall aber ein neuer Schuss vor den Bug des kleinen Koalitionspartners, der sich gerade noch gerühmt hatte, eine Kommission durchgesetzt zu haben, die Vorschläge ausarbeiten soll zur künftigen Sicherung der Sozialsysteme. Die Replik der Versenkten kam prompt. „Beine machen“, wollen die Grünen der SPD. Der Ton wird schärfer, die Geduld ist - fast - am Ende.Die Partei, die sich gerne das Markenzeichen „Generationengerechtigkeit“ anheftet, muss höllisch aufpassen, dass sie ihren Kredit bei den Stammwählern nicht ganz verspielt. Schon das Nachgeben bei der Rentenbeitragserhöhung hat die Grünen in den Augen der Betroffenen diskreditiert. Wenn jetzt auch noch die kleinste Reformperspektive von der SPD kaputt geredet wird, braucht die Parteispitze gute Gründe, um ein Verbleiben in der Koalition vor ihren Wählern zu rechtfertigen.Wenig GemeinsamkeitenDas wohlterminierte Angebot zweier CDU-Politiker zur Zusammenarbeit sollten die Grünen nicht leichtfertig ausschlagen: aus taktischen, aber auch aus inhaltlichen Erwägungen. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass es wenig Gemeinsamkeiten gibt zwischen dem linksbürgerlichen Lager und einer gewerkschaftshörigen SPD, die - obwohl Volkspartei - unverantwortliche Klientelpolitik betreibt. Wie sang Lindenberg noch in den 80ern: „Wir sind auf Odyssee, und keiner weiß, wohin die Reise geht“. Stimmt. Aber die Jugendlichen von damals wollen heute Land sehen.

Gruß
Trader  

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