Konkurrenz hat keine Lust auf Holzmann


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Neuester Beitrag: 03.04.02 07:52
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03.04.02 07:52
Von Klaus Max Smolka, Frankfurt

Der Kreis der deutschen Baukonzerne, die den zahlungsunfähigen Konkurrenten Philipp Holzmann aufkaufen könnten, wird kleiner. Züblin und Walter Bau sind nicht die einzigen, die dankend ablehnen.

Walter Bau, Züblin sowie Wayss und Freytag und ihre niederländische Muttergesellschaft Hollandsche Beton Groep (HBG) erklärten am Dienstag auf Anfrage allesamt, sie hätten kein Interesse an Unternehmensteilen von Holzmann.

Der Frankfurter Traditionskonzern ist mit 1,5 Mrd. Euro verschuldet und verbuchte im vergangenen Jahr einen Verlust von 237 Mio. Euro. Vorvergangene Woche beantragte er die Insolvenz. Wie der vorläufige Insolvenzverwalter Ottmar Hermann sagte, seien bei ihm bereits schriftliche Angebote für Unternehmensteile eingegangen. Bisher hat aber kein Unternehmen ein solches Gebot bestätigt.

Walter Bau ist zu beschäftigt

Die Augsburger Walter Bau ist gegenwärtig zu sehr damit beschäftigt, ihren Zusammenschluss mit Dyckerhoff+Widmann (Dywidag) aus dem vergangenen Jahr zu verdauen. "Wir haben aktuell kein Interesse an Holzmann", sagte ein Sprecher. "Wir sind selbst gerade in der Restrukturierung und machen unsere Hausaufgaben." Walter Bau wies für 2001 mit 240 Mio. Euro einen ähnlich hohen Verlust aus wie Holzmann und streicht massiv Stellen. Branchenkenner sehen das Unternehmen daher momentan gar nicht in der Lage zu einer größeren Übernahme.

Auch die Frankfurter Gesellschaft Wayss und Freytag sowie deren Muttergesellschaft HBG haben momentan anderes zu tun, als sich an einer Ausschlachtung von Holzmann zu beteiligen. HBG hat eben erst ein Übernahmeangebot des spanischen Konkurrenten Grupo Dragados akzeptiert. "Dem gilt unsere ganze Aufmerksamkeit, das ist jetzt unsere Priorität", sagte ein Sprecher des Unternehmens mit Sitz in Rijswijk bei Den Haag. Wayss und Freytag gehört seit 1997 zu den Niederländern.

Züblin hat keinen Bedarf

Auch im Baukonzern Züblin wird Insolvenzverwalter Hermann keinen Käufer finden. "Wir haben keinen Bedarf. Das ist gar kein Thema", hieß es in Stuttgart. "Wir sehen uns in den Feldern, in denen wir tätig sind, gut gerüstet." Züblin ist zum Beispiel im Tunnelbau und beim Bau von Bahnstrecken tätig - im Straßen- und Wohnungsbau dagegen fast gar nicht. "Wir sind in unserer Firmenanlage ziemlich rund. Da besteht keine Veranlassung, darüber nachzudenken." Züblin ist mit Walter Bau über eine gegenseitige Minderheitsbeteiligung verbunden. Beide agieren aber völlig unabhängig voneinander.

Bisher haben alle befragten Holzmann-Konkurrenten verneint, ein schriftliches Gebot für Unternehmensteile abgegeben zu haben. Allerdings hat Strabag Interesse an der Straßenbau-Sparte Deutsche Asphalt bekundet, über die das Kölner Unternehmen im vergangenen Jahr bereits einmal verhandelt hatte.

Bilfinger Berger (Mannheim) erwägt, die amerikanische Tochtergesellschaft J.A. Jones zu übernehmen, in der ein Großteil des Auslandsgeschäft von Holzmann zusammengefasst ist. Die US-Tochter gilt als eines der Filetstücke des Konzerns. Auch der Essener Hochtief wird ein Interesse an diesem Geschäft nachgesagt - ebenso an der Gebäudedienstleister-Sparte HSG.

Geld vom Arbeitsamt

Hermann fungiert gegenwärtig als vorläufiger Insolvenzverwalter und muss prüfen, ob Holzmann genug Vermögen hat, um die Kosten für ein Verfahren zu decken. Erst dann kann er das endgültige Insolvenzverfahren eröffnen. Holzmann hat von den Gläubigerbanken mehr als 60 Mio. E Massekredit bekommen, um seine Geschäfte zunächst fortführen zu können. Den Beschäftigten sind die Gehälter für die kommenden Monate sicher. Das Arbeitsamt Frankfurt stimmte gestern der Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes durch die Banken zu.

Eigentlich erhalten die Mitarbeiter eines insolventen Unternehmens erst rückwirkend vom Tag der Verfahrenseröffnung vom Arbeitsamt für drei Monate Insolvenzgeld. Damit sie aber bis dahin nicht mit leeren Händen dastehen, können die Banken das Insolvenzgeld vorfinanzieren. Dafür treten die Beschäftigten ihnen ihre Gehaltsansprüche ab. Die Banken holen sich das Geld dann nach Eröffnung der Insolvenz vom Arbeitsamt zurück.

In den nächsten Tagen soll sich ein Ausschuss der Gläubiger konstituieren. Ihm sollen etwa zehn Vertreter unter anderem der Geldinstitute und der Arbeitnehmer angehören.



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