Völler rechnet mit Basler ab


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Neuester Beitrag: 08.09.03 12:13
Eröffnet am:30.05.03 17:38von: NassieAnzahl Beiträge:4
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16074 Postings, 8208 Tage NassieVöller rechnet mit Basler ab

 
  
    #1
30.05.03 17:38
Wolfsburg - Mit der wohl endgültigen Ausmusterung von Jörg Böhme und einer gnadenlosen Abrechnung mit "Lästermaul" Mario Basler hat Rudi Völler am Freitag im Quartier der deutschen Fußball-Nationalmannschaft das anstehende Testspiel gegen Kanada völlig in den Hintergrund gedrängt. Nach nur einer gemeinsamen Nacht in Wolfsburg sortierte der Teamchef außerdem den Schalker Jörg Böhme aus seinem Aufgebot für die Partie am Sonntag in der Volkswagenarena und die EM-Qualifikationsspiele in Schottland und Färöer aus - vermutlich ein Abschied für immer.

Vernichtendes Urteil über Böhme

"Er ist körperlich und geistig nicht in der Lage, uns weiterzuhelfen", fällte Völler ein vernichtendes Urteil über den 29-jährigen Böhme. Der Mittelfeldspieler, der schon bei der WM unter merkwürdigen Begleiterscheinungen vorzeitig nach Hause geflogen war, hatte mit dem Hinweis auf Rückenprobleme erst gar nicht anreisen wollen. Nach einem längeren Gespräch am Freitagmorgen entschied sich Völler dann angesichts Böhmes psychischer Verfassung für die Trennung. "All die Dinge, die in den vergangenen Wochen um seine Person vorgefallen sind, sind nicht spurlos an ihm vorübergegangen", so Völler: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass es einen Sinn macht, wenn er hier bleibt."

Erinnerungen an Trapattoni

Die Frage, ob Böhmes Karriere in der DFB-Auswahl nach zehn Länderspielen beendet sei, ließ der Teamchef unbeantwortet. Klare Worte fand er hingegen an die Adresse Baslers, der in mehreren Interviews die heutige Spielergeneration - vor allem Carsten Ramelow und Bernd Schneider - als langweilig und einsilbig und die deutsche Vize-Weltmeisterschaft in Japan als "grausam" bezeichnet hatte. Völlers Antwort wurde zum fünfminütigen Epilog, der an den legendären Auftritt von Giovanni Trapattoni bei Bayern München erinnerte.

Rudi redet sich in Rage

"Ich hätte mir gewünscht, dass Mario zum Ende seiner Karriere eingestanden hätte, dass es besser gewesen wäre, statt in zehn Minuten fünf Weizenbiere ex zu trinken oder eine Schachtel Marlboro zu rauchen ab und zu einmal auf den Trainer zu hören", sagte Völler, der sich über Baslers Äußerungen ("ich bin ein Typ") richtig in Rage redete: "Ein Typ ist, wer Woche für Woche Weltklasse-Leistungen bringt. Nur das zählt, nicht der ganze Scheißdreck nebenan."

Basler hat zu wenig aus seinem Talent gemacht

Basler, der nach dem Pokal-Finale am Samstag seine Karriere in Katar ausklingen lassen will, habe aber sein Talent verschleudert: "Er hatte die Möglichkeit, ein ganz Großer zu werden, und vielleicht wären wir mit ihm 1998 oder 2002 Weltmeister geworden. Doch er hat viel zu wenig aus seinem Talent gemacht." Das unterscheide ihn von denjenigen, die er heute angreife: "Ramelow und Schneider sind Spieler, die alles für ihre Karriere und für Deutschland getan haben."

"Hör’ mal weg, Tobias"

Der Noch-Wolfsburger Tobias Rau, der am Sonntag vor seinem dritten Länderspiel-Einsatz steht, saß bei der Pressekonferenz in der Volkswagenarena angesichts der ungewohnten Völler-Töne mit großen Augen und noch größeren Ohren neben dem Teamchef. "Hör’ mal weg, Tobias", sagte Völler und plauderte dann aus dem Nähkästchen: "Lothar Matthäus, Andreas Brehme und ich haben auch mal eine Kiste Bier ausgetrunken, aber zum richtigen Zeitpunkt", so Völler. Rau umschrieb die Prioritäten der heutigen Spielergeneration mit den Worten: "Wir reißen uns den Arsch auf und versuchen, alles auf dem Platz zu zeigen. Außerhalb verhalten wir uns unauffällig", sagte der künftige Bayern-Profi. Den Beweis dafür will die Nationalelf bereits am Sonntag gegen die Kanadier liefern.

Viele Spieler sollen Spielpraxis bekommen

"Ich bin davon überzeugt, dass wir engagiert spielen werden", erklärte Völler, der wegen des Pokal-Endspiels auf Oliver Kahn, Michael Ballack, Jens Jeremies und Miroslav Klose verzichten muss. Im Tor wird der Schalke Frank Rost beginnen und in der Halbzeit durch den Leverkusener Jörg Butt abgelöst. In der Abwehr steht laut Völler einem Einsatz von Arne Friedrich (Hertha BSC), der zuletzt über Adduktorenprobleme geklagt hatte, nichts im Wege. Insgesamt will Völler in der noch nicht ausverkauften Partie möglichst allen Spieler eine Einsatzchance geben.
 

95441 Postings, 8527 Tage Happy EndVöller rechnet mit Delling ab

 
  
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07.09.03 22:03
DOKUMENTATION DES VÖLLER-AUSRASTERS

"Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören"

Seit dem Gezetter des damaligen Bayern-Chefs Giovanni Trappatoni hat es das im deutschen Fernsehen nicht mehr gegeben: Ein Fußballtrainer flippte vor laufenden Kameras aus. Diesmal bekamen es aber nicht die Spieler ab, sondern die Journalisten. Die Nachrichtenagentur dpa hat Rudi Völlers Aussagen dokumentiert.

Rudi Völler im ARD-Interview mit Waldemar Hartmann:
"Delling, das ist ein Sauerei, was der sagt. Die Geschichte mit dem Tiefpunkt, und noch mal ein Tiefpunkt. Da gibt's noch mal einen niedrigen Tiefpunkt. Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Da stelle ich mich vor die Mannschaft. Natürlich war das heute nicht in Ordnung. Aber ich weiß nicht, woher die das Recht nehmen, so etwas zu sagen. Das verstehe ich nicht. Dann soll er doch Samstagabend Unterhaltung machen und keinen Sport, keinen Fußball. Dann soll er 'Wetten das' machen und den Gottschalk ablösen."... "Aber ich kann diesen Käse nicht mehr hören nach jedem Spiel, in dem wir kein Tor geschossen haben, dann ist noch ein tieferer Tiefpunkt. Das ist das Allerletzte. Wechselt den Beruf, das ist besser. Ich sitze jetzt seit drei Jahren hier und muss mir den Schwachsinn immer anhören. Das ist einfach so."...

"Wir haben 0:0 gespielt beim Tabellenführer. Das ist sicher ein Tick zu wenig für unsere Ansprüche, wir sind Vizeweltmeister. Da muss ein bisschen mehr kommen. Aber der Scheiß, der da immer gelabert wird. Da sollten sich alle wirklich mal Gedanken machen, ob wir in der Zukunft so weiter machen können. Immer diese Geschichte, alles in den Dreck ziehen, alles runter ziehen. Das ist das Allerletzte - und ich lasse mir das nicht mehr so lange gefallen, das sage ich euch ganz ehrlich."...

"Wieso müssen wir denn die Mannschaften klar beherrschen? Die Isländer sind Tabellenführer, das weißt du Waldi, oder nicht? Sind sie Tabellenführer oder nicht? Na also. Und da müssen wir den Gegner auswärts beherrschen. In welcher Welt lebt ihr denn alle. Ich habe doch die Mannschaft kritisiert, das war heute nicht in Ordnung. Ihr müsst doch mal von eurem hohen Ross runter kommen, was ihr euch immer alle einbildet, was wir für einen Fußball in Deutschland spielen müssen. Der Günter (Netzer) was die früher für einen Scheiß gespielt haben, da konntest du doch früher überhaupt nicht hingehen, die haben doch früher Standfußball gespielt."...

Zu ARD-Moderator Waldemar Hartmann, bei dem sich Völler später entschuldigt hat:

"Die Schärfe bringt ihr doch rein. Müssen wir uns denn alles gefallen lassen? Du sitzt hier locker auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken. Natürlich war das von dem einen oder anderen nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Es kann doch keiner verlangen, dass wir hier her fahren und die Isländer 5:0 weg putzen. Aber so redet ihr doch alle."... "Das ist doch richtig, dass wir sicherlich in den letzten Monaten Spiele abgeliefert haben, die nicht in Ordnung waren. Nur wehre ich mich dagegen, dass man nach solchen Spielen alles total in den Dreck zieht. Das ist das Allerletzte, unterste Schublade."

Völler, nachdem er sich nochmals in der ARD zuschalten ließ:

"Gewisse Dinge gehören sich einfach nicht. Ich bin auch nicht so wie der Erich Ribbeck und der Berti Vogts, die jahrelang an ihrem Stuhl festgehalten haben, egal was die Journalisten geschrieben haben oder im Fernsehen gesagt haben. Das ist mir das Ding nicht wert."...

Völler auf der Pressekonferenz:

"Das ist so ein bisschen ein Ausbruch von mir gewesen, das lag mir schon lange auf der Seele. Es war Pech für Delling/Netzer, dass die Beiden es gerade waren. Das ist doch schon lange so im deutschen Fußball, das geht doch gar nicht so sehr nur um die deutsche Nationalmannschaft. Alle Gurus, diese Ex-Gurus, die irgendwann mal Fußball gespielt haben. Ob's der Kaiser (Franz Beckenbauer, die Red.) ist, den ich ja mag, der ja mein Trainer war, der mich nicht kritisieren würde. Der aber öfter in seinen Aussagen absolut überzieht, ob es bei Bayern ist oder bei uns. Und der Günter ja auch, und der Breitner auch. Natürlich sind sie Fußball-Experten. Aber es gibt bei uns im Moment in Deutschland eine Steilkurve nach oben, diese Häme, diese Kritik, gerade von Ex-Trainer oder Spielern, die früher große Karrieren hatten. Natürlich müssen sie ihren Lebensunterhalt verdienen, da habe ich absolutes Verständnis dafür. Aber ich finde es eben total überzogen."...

"Ich könnte es mir einfach machen, mich kritisiert ja keiner. Da wird der Sturm kritisiert, da wird der kritisiert, da wird die Abwehr kritisiert. Ich könnte mich locker zurücklehnen uns sagen, och, ich hab ja nichts damit zu tun. Aber da wäre ich natürlich an der falschen Position. Da müsste ich sofort aufhören. Da wäre ich als Trainer untragbar. Und dieses ganze Gebilde, unsere Nationalmannschaft, die muss ich in Schutz nehmen."...

"Was ich absolut ein Unding finde: Dieser absolut fehlende Respekt auch vor unseren Gegner. Natürlich haben wir schlecht gespielt und Glück gehabt, dass wir nicht verloren haben, aber diese ganzen Gurus. Wenn ich immer höre, wie gut die früher waren. Gegen die Isländer und gegen die Albaner haben sie alle nur hoch gewonnen früher. Das ist für mich eine absolute Sauerei. Das ist eine Meinungsmache. Das ist das Allerletzte. Das lasse ich mir nicht gefallen. Ich habe mit dem Berti Vogts ein sehr gutes Verhältnis, mit dem Erich Ribbeck sowieso, aber die haben sich das alles gefallen lassen. Die mussten das alles immer runter schlucken. Die haben sich nicht gewehrt. Und das mache ich nicht. Das ist mir die Geschichte nicht wert."

Nach der Pressekonferenz sagte Völler auf die Frage, ob das als Rücktrittsdrohung verstanden werden kann: "Nein, nein. Ich musste das jetzt mal loswerden, bevor ich Magengeschwüre kriege."  

74 Postings, 7554 Tage rudi völlerAlso ich rechne erstmal mit Hartmann ab

 
  
    #3
08.09.03 10:45

So, das waren drei Weizen.....



 

95441 Postings, 8527 Tage Happy EndKäse, Scheißdreck, Weizenbier

 
  
    #4
08.09.03 12:13
Käse, Scheißdreck, Weizenbier: Rudi Völler, Waldemar Hartmann, Gerhard Delling und Günter Netzer machen Abendunterhaltung.

 
Es kann manchmal sehr ermüdend sein, was Fußballer, Trainer und manchmal auch die Kommentatoren und Moderatoren nach einem Fußballspiel von sich geben. Ja gut, ich sach’ mal, sach’ ich – etwas in diesem Stil. Am Samstag aber geriet ARD-Interviewer Waldemar Hartmann an einen Teamchef Rudi Völler, in dem der alte Mittelstürmer durchbrach. Vollspann verwandelte Völler die Vorlage der Studio-Moderatoren Gerhard Delling und Günter Netzer in eine Brandrede, die auch die drei Fernsehweisen nicht mehr löschen konnten. Ein Stück TV- und Fußballgeschichte, kaum gekürzt und nur sparsam geglättet.

Delling: Spätestens jetzt steht fest: Die Samstagabend-Unterhaltung steckt in einer tiefen Krise. (...) Wenn man sagt, das war wieder einmal ein absoluter neuer Tiefpunkt – trifft es das?

Netzer: Ja, das ist ein Tiefpunkt. Und ich verstehe die Spieler nicht, zum Schluss jetzt auch noch Kehl. Warum sagen sie nicht einfach: „Das war ein schöner Mist, den wir da gespielt haben“? Da gibt es keine Entschuldigung für. Sucht er nach den Stärken von Island, was die alles besser können und besser gemacht haben? Das darf doch nicht das Kriterium sein. Das ärgert mich ein wenig.

Delling: (...) Rudi Völler ist bei Waldemar Hartmann, und wir sind gespannt, was dabei herauskommt.

Hartmann: Das sind wir sicherlich alle und auch die Zuschauer. Rudi, herzlich willkommen. Als Teamchef hat man nach meiner Meinung nach so einem Spiel zwei Möglichkeiten: Die eine ist, man stellt sich vor die Mannschaft, weil man weiß, man braucht sie am Mittwoch gegen Schottland wieder. Die andere ist, sie mit harten Worten aufzurütteln, weil man sie am Mittwoch braucht und vielleicht ganz anders als heute. Für welche haben Sie sich entschieden?

Völler: Man muss ja beides versuchen, ich doch ganz klar. Ich wurde nach dem Färöer-Insel-Spiel ein bisschen belächelt, als ich meine Mannschaft in Schutz genommen habe. Das ist natürlich heute schwierig, weil wir vor allem in der zweiten Halbzeit viel zu behäbig gespielt haben. In der ersten Halbzeit, finde ich, haben wir es noch ganz ordentlich gemacht, hatten die Isländer ganz gut im Griff, haben uns die eine oder andere Torchance erarbeitet, aber die zweite Halbzeit war einfach zu wenig. Da kamen zu wenig Impulse aus dem Mittelfeld, im Sturm konnten wir uns kaum durchsetzen. Und wir haben uns auch eindeutig zu wenig bewegt. Eines ist klar: Am Mittwoch können nur Spieler auflaufen, die mir von vornherein das Versprechen abgeben, dass sie hundertprozentig laufen und für die Mannschaft da sein werden.

Hartmann: Da müssen wir auch Tore schießen gegen Schottland, (...) das ist das Problem der deutschen Nationalmannschaft. Wie kann man das beheben?

Völler: Wir müssen daran arbeiten. Wir müssen Geduld haben, wir müssen versuchen, das Beste aus unseren Möglichkeiten zu machen. Wir haben’s ja auch versucht. (...) Aber grundsätzlich ist natürlich richtig, wir machen zu wenig Tore, wir haben heute 0:0 gespielt, das ist natürlich zu wenig. Aber trotzdem möchte ich ein bisschen den Sebastian Kehl in Schutz nehmen: Ich weiß, meine beiden . . . Jungs hier von der ARD, der Günter und auch der Delling, die natürlich . . . vor allem Delling, das ist natürlich schon ’ne Sauerei, was der hier sagt, das muss ich einfach mal so sagen. Ich kritisier’ die Mannschaft, aber muss natürlich auch die Mannschaft in Schutz nehmen, und was der Delling macht, ist nicht in Ordnung.

Hartmann: Was meinen Sie da jetzt genau?

Völler: Ja, einfach die Sache mit dem Tiefpunkt und nochmal ’n Tiefpunkt und noch mal ’nen niedrigeren Tiefpunkt. Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören, muss ich ganz ehrlich sagen. Da stelle ich mich vor die Mannschaft. Natürlich war das heute nicht in Ordnung, aber man sollte schon mal überdenken, wenn man solche Berichterstattung macht, dass man . . . Also ich weiß nicht, woher die beiden überhaupt das Recht nehmen, so was zu sagen. Kann ich . . . verstehe ich nicht.

Hartmann: Die Frage von Gerhard Delling war, ob es ein Tiefpunkt war. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen . . .

Völler: Auch die Geschichte mit der Unterhaltung am Samstagabend . . . dann soll er doch Samstagabend-Unterhaltung machen und keinen Sport, keinen Fußball. Soll er „Wetten, dass...?“ machen und Gottschalk ablösen.

Hartmann: Das ist im anderen Kanal, das ist beim ZDF. . .

Völler: Dann soll er da hingehen.

Hartmann: . . . und es gibt eine Krise, das hat auch die ARD schon gesagt, in der Samstagabend-Unterhaltung, und daher hat er das auch genommen. Ich bin auch nicht der Rechtsbeistand von Gerhard Delling, bin aber auch Journalist und erlaube mir zu sagen – das wissen Sie auch selbst, Sie haben das ja auch gesehen, dieses Spiel – dass es in den ersten 45 Minuten, die Sie jetzt noch gut bewertet haben, ganz sicher auch ein statisches Spiel war. Ich war hinter dem Tor gestanden mit Sepp Maier. Wir waren uns da einig, es ist zu wenig gelaufen worden, man hat sich zu wenig angeboten.

Völler: Das ist ja auch alles in Ordnung, aber ich kann diesen Käse nicht mehr hören, und nach jedem Spiel, wenn wir kein Tor geschossen haben, dann ist das noch ein tieferer Tiefpunkt, als wir eigentlich schon hatten. So einen Scheiß, den kann ich nicht mehr hören. Also da werde ich . . . das ist für mich das Allerletzte, muss ich ehrlich sagen. Wechsel’ den Beruf, ist besser.

Hartmann: Suchen Sie sich denn nicht im Moment den Falschen . . .

Völler: . . . nein, ich suche mir genau den Richtigen. Ich sitze jetzt seit drei Jahren hier und muss mir diesen Schwachsinn immer anhören. Das ist einfach so.

Hartmann: Ja, aber die Mannschaft ist doch der Ansprechpartner, der allererste.

Völler: Die kriegen auch ihr Fett weg. Aber ich kann diesen Käse nicht mehr hören, immer nach jedem Spiel, ich kann’s nur wiederholen, die mit diesem Tiefpunkt und noch einmal tiefer. Natürlich, wir haben heute – und da hat der Sebastian Kehl Recht – wir haben heute beim Tabellenführer gespielt, wir haben 0:0 gespielt, das ist sicher nicht in Ordnung, das ist einen Tick zu wenig für unsere Ansprüche, wir sind Vizeweltmeister. Da muss ein bisschen mehr kommen. Aber diesen Scheiß, der da immer gelabert wird, da sollten sich alle mal Gedanken machen, ob wir in der Zukunft so weitermachen können. Immer diese Geschichte, alles in den Dreck ziehen, alles runterzuziehen, das ist das Allerletzte, und ich lasse mir das nicht mehr so lange gefallen, das sage ich Euch ganz ehrlich.

Hartmann: Rudi, darf ich noch einmal zu dem Spiel heute zurückkommen?

Völler (knirschend): Ja gerne.

Hartmann: Okay. Die meisten isländischen Spieler spielen in England in der zweiten Division, sind da auch nicht Stammspieler. Wir müssen doch eigentlich von der Position her, von der Besetzung, die wir haben, die Mannschaft klar beherrschen. Das haben wir nicht.

Völler: Wieso müssen wir die klar beherrschen? Die Isländer sind Tabellenführer, das weißt Du gar nicht. Sind die Tabellenführer oder nicht?

Hartmann: Richtig.

Völler: Na also. Da müssen wir den Gegner auswärts klar beherrschen? In welcher Welt leben wir, lebt Ihr denn alle?

Hartmann: Ne, ich hab’ gedacht, in der einzelnen Position, eins zu eins.

Völler: Nein, ich hab’ doch die Mannschaft kritisiert, ist doch ganz klar. Da war zu wenig Laufbereitschaft, und Mittwoch werden nur die Leute spielen, die sich wirklich hundertprozentig den Arsch aufreißen. Aber Ihr müsst doch mal von Eurem hohen Ross runterkommen. Was Ihr Euch alle immer einbildet, was wir für einen Fußball hier in Deutschland spielen müssen. Ihr habt doch früher – der Günter, was die für einen Scheiß gespielt haben! Da konntest du doch früher gar nicht hingehen, die haben doch Standfußball gespielt, früher.

Hartmann: Ich kann jetzt nicht verstehen, warum die Schärfe reinkommt.

Völler: Die Schärfe bringt Ihr doch rein. Müssen wir uns denn alles gefallen lassen?

Hartmann: Ja, ich hab’ doch keine Schärfe jetzt da reingebracht.

Völler: Ja, Du nicht. Du sitzt locker bequem auf Deinem Stuhl und hast drei Weizenbier getrunken.

Hartmann: Also, in Island gibt es kein Weizenbier, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich bin auch kein Weizenbier-Trinker. Ich weiß auch nicht, ob wir jetzt in dem Stil weitermachen sollen. Du hast es ja gesagt, jetzt sind wir schon da, wo wir waren, warum sollen wir nicht zu dem Du kommen, wo wir schon lange sind? Am Mittwoch müssen die da sein, die sich „den Arsch aufreißen“. Sitzen die auf der Bank, oder sind die heute schon auf dem Feld gewesen? Und warum haben sie es heute nicht gemacht?

Völler: Es war natürlich auch ein Gegner auf dem Platz. Natürlich war das von dem einen oder anderen nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Natürlich habe ich in der Halbzeit gesagt, wir müssen noch einen Tick drauflegen, aber es wurde dann ein bisschen weniger. Es wurde eigentlich noch weniger als in der ersten Halbzeit. Aber immer dieses hohe Ross, das alle haben, ich kann das nicht verstehen. Island ist Tabellenführer gewesen. Natürlich müssen wir hier etwas besser spielen, aber es kann doch keiner von uns verlangen, dass wir hierher fahren und die Isländer 5:0 wegputzen!

Hartmann: Das hat ja auch keiner gesagt.

Völler: Aber so redet Ihr doch alle! Unsere Ansprüche sind so: Wir müssen hier mal locker herfahren, und wir müssen die ganz locker wegputzen.

Hartmann: Also ich muss auch mal ganz deutlich sagen, Rudi, das macht hier nicht die ARD, das macht nicht das ZDF, und wir machen uns keine Gaudi daraus. Das machen wir nicht für unser Poesiealbum und finden uns besonders toll und schlagen uns auf die Schulter.

Völler: Ne? Bist Du Dir sicher?

Hartmann: Ich kann auf jeden Fall für mich sprechen.

Völler: Na gut.

Hartmann: Ich habe auch keine drei Weißbier getrunken. Ich mache dieses Interview, und wir können danach die Alkoholprobe bei der Dopingprobe machen.

Völler: Jetzt sei nicht beleidigt.

Hartmann: Ich bin ja nicht beleidigt, Rudi, aber die Kollegen von den Zeitungen, die schreiben doch das auch, was sie glauben, was der Leser genauso merkt, da sind doch wir nicht die einzigen. Es ist doch nicht so, dass wir im luftleeren Raum schweben und die Zeitungen die deutsche Mannschaft in dem einen Jahr nach der Weltmeisterschaft ständig bewundert haben.

Völler: Darum geht’s doch gar nicht. Das ist doch richtig, dass wir natürlich in den letzten Monaten Spiele abgeliefert haben, die nicht in Ordnung waren. (...) Nur wehre ich mich dagegen, dass man nach solchen Spielen alles total in den Dreck zieht. Das ist allerletzte, unterste Schublade. (...) Da wehr’ ich mich natürlich auch dagegen. (...) Die Situation hat sich für uns auch nicht so viel verändert: Wir haben heute nicht verloren, wir hatten ein bisschen Glück, wir hätten auch verlieren können am Ende. Aber wir müssen die Schotten schlagen, das bleibt letztendlich.

Hartmann: Okay. Also, jetzt sind natürlich . . .

Völler: . . . ’tschuldigung, die Geschichte mit dem Weizenbier habe ich nicht so gemeint – alles andere habe ich so gemeint, wie ich es gesagt habe.

Hartmann: Okay, und jetzt glaube ich auch, die zwei, die jetzt betroffen waren und die Du jetzt angegriffen hast, haben das Recht zu kontern, so wie im Fußball.

Völler: Wie sie das in ihrer altbewährten Form eben machen.

Hartmann: ’Ne Konferenzschaltung ist glaube ich die fairste Nummer für eine Live-Sendung im deutschen Fernsehen. Wir haben Samstagabend, bessere Unterhaltung gibt’s gar nicht. Jetzt kommen Delling und Günter Netzer.

Völler: Der Unterhaltungschef Delling kommt jetzt.

Delling: Ganz so schlimm ist es nicht, aber da muss man mal durchschnaufen, offenes Visier, machen wir von hier oben aber auch. Und das mit dem hohen Ross – ich glaube, das haben wir nicht dabei. Wir gucken das Spiel und bewerten es und müssen nach wie vor sagen: Es war kein gutes Spiel. Man hätte sich vielleicht gewünscht, der eine oder andere ginge so aus sich heraus wie Rudi Völler.

Netzer: Das ist in der Tat so. (...) Nicht nur, dass er mich angesprochen hat, was wir in der Vergangenheit für einen Scheiß gespielt haben. Das sage ich oft genug hier, dass wir einen schönen Mist gespielt haben früher. Nur: Die Anhäufung der schlechten Spiele dieser Mannschaft von Rudi Völler ist etwas, was zu denken gibt. Das war bei uns nicht der Fall. Wir sind in Albanien ausgeschieden, haben in Zypern verloren. Aber dann kamen zehn überragende Spiele. Das kann ich hier überhaupt nicht feststellen. Und wir haben nicht übermäßig kritisiert. Die können froh sein, dass sie bei uns beiden im letzten Jahr so weggekommen sind.

Delling: Vielleicht ist Rudi Völler gedanklich einfach nur ein bisschen weiter, um es positiv zu formulieren. Er hat gesagt, wir erwarten einfach ein bisschen zu viel von dieser Mannschaft. Und da muss ich ihm mittlerweile ehrlich gesagt Recht geben. Wir sind hier mit der deutschen Mannschaft beim Tabellenführer, der sich so viele Chancen erspielt, dass man doch Angst haben muss.

Netzer: Aber was ist das für eine Aussage? Wir erwarten zu viel von der deutschen Mannschaft, die in Island nicht nur nicht gewinnen kann, sondern eine Art Fußball spielt, die wir nicht tolerieren können? Das sollten wir nicht tun. Wir sollten diese Maßstäbe nicht anlegen. Dass wir solche Schwierigkeiten haben. Selbst beim Tabellenführer. Weiß der Teufel, wie der da hingekommen ist! Island – Tabellenführer! Da gehören wir hin, Deutschland gehört in die Tabellenführung! So, und diese Ansprüche wollen wir uns von Rudi Völler nicht wegnehmen lassen. Die müssen wir nach wie vor besitzen im deutschen Fußball.

Delling: (...) Ich höre, Rudi Völler ist noch bei Waldemar Hartmann, dann wollen wir doch mal zurückgehen.

Hartmann: Also, liebe Zuschauer, ich denke, Sie waren von Anfang an bei dieser auch verbalen Auseinandersetzung ohne Ball mit dabei und haben das mitbekommen. (...) Hier in Reykjavik haben schon russische Staatsoberhäupter und amerikanische Präsidenten Friedensgespräche geführt. Ich will jetzt nicht den Friedensnobelpreis gewinnen, Rudi, aber ich stelle jetzt mal eine These auf: Wir haben ausgemacht, als Du angefangen hast, dass wir per Sie sind, weil wir . . . (Völler winkt ab), nein, nein, vor der Kamera, weil nach dem Spiel, ich weiß, ein Teamchef – das war bei Berti Vogts genauso – unter Hochspannung steht. Das war heute auch so. Ist diese Auseinandersetzung, die jetzt zustande gekommen ist, auch ein Zeichen dafür, dass Du einfach richtig sauer warst? Auch sauer auf die Leistung dieser Mannschaft?

Völler: Vielleicht habe ich auch in meinen Worten etwas überzogen. (...) Aber trotzdem bin ich der Meinung, gewisse Dinge, die gehören sich einfach nicht. Ich bin nicht so wie der Erich Ribbeck oder Berti Vogts, die dann jahrelang immer im Stuhl festgeklebt haben, egal was die Journalisten geschrieben haben oder was Ihr im Fernsehen gesagt habt. Das ist mir das Ding nicht wert. Ich versuche, bestmöglich hier mein Ding zu machen; dass wir erfolgreich und schön Fußball spielen. Immer gelingt uns das nicht. Und manchmal, wie heute, sieht’s auch mal ein bisschen schlechter aus. Nur, eines müssen wir uns merken – und auch was der Günter gesagt hat, die haben früher zwar mal schlechte Spiele gemacht, aber danach zehn überragende Spiele: Also, die zehn überragenden nach dem schlechten Spiel, die hätte ich gerne mal gesehen. Das muss noch vor dem Zweiten Weltkrieg gewesen sein. Aber Spaß beiseite. Da gehe ich auch nicht von ab: Ich finde, dass viel zu hart berichtet wird. Immer wieder muss es sein, Kritik. Und heute ist die Kritik ja auch angebracht. Wenn ich mich hier her setze, da bin ich natürlich schon sauer auf meine Mannschaft, aber da muss ich den Herrn Delling hören . . . das ist halt nun mal unsere Zeit, so extrem negativ zu sein, und das kann ich nicht akzeptieren. Ich kann mich doch locker zurücklehnen, Herr Hartmann, und könnte sagen: Keiner kritisiert mich, sondern nur die Mannschaft. Aber da wäre ich am falschen Platz, da müsste ich mir einen neuen Beruf suchen, das wäre nicht richtig. (...) Da muss ich die Mannschaft in Schutz nehmen. Und diese Aussagen, die ab und zu mal gemacht werden, das ist für mich eine absolute Sauerei. Ich weiß, irgendwann krieg’ ich das selbst wieder auf die Nuss, aber das kann ich ab. Ich brauch’ auch nicht, dass alle immer „Rudi, Rudi“ schreien oder „Du bist der Größte und der Schönste“. Will ich gar nicht. Ich will nur, dass ordentlich berichtet wird.

Hartmann: Ich werde mir erlauben, auch am Mittwoch oder bei anderen Länderspielen kritisch das zu fragen, was zu fragen ist. Ich denke, wir werden es auch weiterhin schaffen. Ich bedanke mich, dass Du da warst. Und wenn der deutsche Fußball, die deutsche Mannschaft so viel Elan, so viel Feuer und so viel Verve hätte wie ihr Teamchef, dann wäre er wahrscheinlich weiter, und wir müssten nicht noch zwei Heimspiele zittern.

Völler: Danke.  

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