Japans Freude am schwachen Yen


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02.09.06 08:11

Schwindende Bedeutung als internationale Reservewährung

tf. Tokio, 1. September/NZZ

Der Yen verliert seit Monaten an Wert, durchaus zur Freude der japanischen Exporteure. Dies gilt namentlich gegenüber dem Euro, der im Verlauf dieser Woche erstmals die Marke von 150 Yen überschritten und damit seit Anfang Jahr um rund 7% an Wert zugelegt hat. Nach einem soliden Jahresauftakt tendiert der Yen seit Mitte Mai aber auch gegenüber dem Dollar schwächer; dasselbe gilt mit Blick auf das Pfund. Für die jüngsten Kursbewegungen sind zwar nicht zuletzt schwache Konjunkturdaten Japans verantwortlich; etwa ein unerwarteter Rückgang der Industrieproduktion und die - nach neuer Berechnungsweise - klar tiefere Inflation als bisher angenommen. Die robusteren Wachstumsperspektiven im Euro-Raum erklären aber nur einen Teil der Marktbewegungen. Auf lange Sicht weit gewichtiger ist der schleichende Bedeutungsverlust des Yen als internationale Reservewährung.

So zeigen die Statistiken des Internationalen Währungsfonds, dass der Yen Ende März nur noch für 3,4% der weltweit gehaltenen Währungsreserven verantwortlich war. Dies entspricht einem Rückgang im Vorjahresvergleich um 0,5 Prozentpunkte. Japans Landeswährung ist damit bei den weltweit wichtigsten Währungsreserven vom dritten auf den vierten Rang zurückgefallen; und zwar nach dem Dollar, der 66,3% aller Reserven spiegelt, dem Euro (24,8%) und dem Pfund (4,0%). Zwar verhalten sich nicht alle Notenbanken ähnlich radikal wie die schwedische, die im April ankündigte, den bisher auf einem Niveau von 8% gehaltenen Anteil von Yen zugunsten des Euro auf 0% hinunterzufahren. Das Vorgehen spiegelt aber gleichwohl einen Trend. Dabei verliert der Yen als Reservewährung vor allem zugunsten des Euro an Gewicht. Die in Europa stärkere Inflationsgefahr und die Erwartung steigender Eurozinsen verstärken den Verdrängungseffekt zusätzlich.

Der schwindende Einfluss des Yen auf der internationalen Bühne mag allenfalls am Ego einiger Regierungspolitiker kratzen. Japans Unternehmen, die ihren Gewinnprognosen im laufenden Geschäftsjahr einen Euro-Kurs von durchschnittlich 135 bis 140 Yen zugrunde legen, kommt der Trend aber entgegen. Auch konjunkturell hat der starke Euro seine positive Seite, zumal laut Schätzungen des Dai-ichi Life Research Institute Europa zwar lediglich für 15% der japanischen Exporte verantwortlich ist, jedoch für 46% des Überschusses beim Handel mit Gütern und Dienstleistungen. Der stimulierende Effekt eines soliden Euro ist somit überproportional stark. Freuen können sich zudem die Hersteller der Elektronik- und der Autoindustrie am Umstand, dass der Yen vor allem auch gegenüber dem südkoreanischen Won besonders stark an Wert eingebüsst hat. Auf den Auslandmärkten sind daher die Preisunterschiede zwischen den (bisher zumeist teureren) japanischen Angeboten und den konkurrierenden Modellen aus Südkorea zusehends kleiner geworden.

Eine Ungereimtheit der zu beobachtenden Währungsentwicklung mag sein, dass die jüngsten geldpolitischen Entscheide der amerikanischen und der japanischen Notenbank keineswegs jene Effekte zeigten, die intuitiv zu erwarten gewesen wären. Während nämlich das Fed Anfang August die seit Mitte 2004 praktizierte Straffung der Geldpolitik zu einem temporären Ende brachte, hatte sich die Bank of Japan wenige Wochen zuvor für eine Beendigung der Nullzinspolitik und somit für die erstmalige Erhöhung des Schlüsselsatzes seit bald sechs Jahren entschieden.

Die damit einhergehende Verkleinerung der Zinsdifferenz zwischen den USA und Japan hätte eigentlich eine zumindest leichte Stärkung des Yen gegenüber dem Dollar erwarten lassen. Dies war aber nicht der Fall, und der Greenback sah sich in den letzten Wochen in einem engen Band zwischen 114 Yen und 117 Yen gar mit leichtem Aufwärtsdruck konfrontiert. Angesichts des noch immer extrem tiefen Zinsniveaus in Japan scheinen heimische Investoren auf der Suche nach ertragreichen Engagements nach wie vor Anlagen in ausländischen Währungen zu bevorzugen; der stete Rückgang von in Yen denominierten Transaktionen stützt diese Vermutung.

 
 

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