Jan Ullrich: Wie alles begann


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Eröffnet am:24.07.03 07:02von: big lebowskyAnzahl Beiträge:1
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10373 Postings, 7787 Tage big lebowskyJan Ullrich: Wie alles begann

 
  
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24.07.03 07:02

Jan Ullrichs Radsportwiege steht in Hohenschönhausen

Von 1987 bis 1991 besuchte das Talent die Kinder- und Jugendsportschule in Berlin

von Guntram Doelfs

Bodo Kriegs erinnert sich gut an seinen ersten Eindruck. "Man sah sofort sein großes Talent. Aber er war damals noch nicht der Beste. Er musste erst reifen", sagt der Geschäftsführer der Radfahrsparte beim SC Berlin über Jan Ullrich, einem seiner wohl berühmtesten Vereinsmitglieder. Nur wenige wissen, dass Ullrich seine Radsportkarriere in Berlin startete. Vorläufiger Höhepunkt: 1997 der erste deutsche Sieg bei der Tour de France. Damals konnte sich der SC Berlin vor Anfragen und Anmeldungen kaum retten. ."Nun hoffen wir auf einen neuen Schub, denn uns drücken Nachwuchssorgen", sagt Kriegs.

Ullrich war 1987 von Rostock an die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) in Höhenschönhausen gewechselt, einer von vier DDR-Eliteschulen für den Sportnachwuchs. Die heutige Werner-Seelenbinder-Sportschule galt als Talentschmiede und machte auch Franziska van Almsick, Jens Fiedler oder Andreas Wecker zu Stars. Hier nahm ihn Peter Becker, Ullrichs langjähriger Trainer, den 14-Jährigen unter die Fittiche. Für Rainer Hägeholz, zu jener Zeit Geschäftsführer beim SC Berlin, zeichnete "Ullrich schon damals sein großer Ehrgeiz und die Bereitschaft, sich zu quälen, aus". Allerdings betraf das wohl eher den Sport, weniger den normalen Schulunterricht. "In Physik war er eher mittelprächtig", erzählt Ullrichs ehemalige Physiklehrerin Kerstin Tittel. "Nur wenn es um Mechanik und die Hebegesetze ging, war er prima dabei", sagt die Lehrerin über ihren Schüler, den sie ansonsten als "sehr ruhig" in Erinnerung hat. Ullrich fügte sich klaglos in die harten Regeln des Sportinternats. Dessen drei Grundgesetze hießen: trainieren büffeln, trainieren. Morgens vor dem Frühstück 90 Kilometer auf dem Rad, dann ging es auf die Schulbank, später folgte noch ein Abstecher ins Kraftstudio. Nur bei der Radpflege legte das "Riesentalent" (Hägeholz) öfters den Bummelgang ein, wie der heute 77-jährige Radmechaniker Afred Bullack aus leidvoller Erfahrung erzählt. "Da war er eher ein wenig schlampig", so Bullack.

Ende 1991 brach Jan Ullrich jedoch die Zelte - und eine Mechanikerlehre - in Berlin ab, was weniger an dem jungen Rennfahrer, sondern mehr an den Querelen um die Auflösung der KJS und die Weiterverpflichtung des Trainers lag. Als Hägeholz Ullrichs Trainer und Mentor Peter Becker nicht mehr als eine ABM-Stelle bieten konnte, wechselte Becker nach Hamburg und nahm drei seiner Schützlinge mit, darunter auch Jan Ullrich. "Wenn wir damals Peter Becker eine Stelle als Landestrainer hätten anbieten können, wäre Jan Ullrich wohl noch heute in Berlin", glaubt Hägeholz, der heute eine kritische Sicht auf die Sportförderung hat. "Viele Talente brechen uns mit der 10. Klasse weg, wenn die Frage der Berufsausbildung aktuell wird und die Firmen nicht mitziehen."

Inzwischen gibt es keine Kontakte mehr zwischen Jan Ullrich und dem SC Berlin und der Werner-Seelenbinder-Schule. "Leider", wie Bodo Kriegs und auch die stellvertretende Schulleiterin Helga Köhler sagen. Kriegs träumt davon, Jan Ullrich noch einmal an dessen alte Schule zu locken. "Vielleicht erzählt er dann ein bisschen aus seiner Karriere."

Artikel erschienen am 24. Jul 2003

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