Der Frust der Sandwich-Generation
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Eröffnet am: | 23.08.03 11:17 | von: Nassie | Anzahl Beiträge: | 10 |
Neuester Beitrag: | 23.08.03 18:18 | von: 310367a | Leser gesamt: | 544 |
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Die Eltern sollen es gut haben und der Nachwuchs auch, doch das wird teuer — die Generation der 30- bis 40-Jährigen fühlt sich in die Enge getrieben.
Von Markus Zydra
(SZ vom 23.08.2003) — "Nichts haben meine Eltern erzählt, rein gar nichts." Veronika Siepen* kann es immer noch nicht fassen. "Das ging alles so schnell." Sie ist wütend, das ist zu spüren. Aber auf wen? Auf den Vater, der vorher kein einziges Wort über das finanzielle Elend verlor? Oder auf sich selbst, die nichts von den Problemen gemerkt hatte?
Ein Zufall war es, dass die Tochter den Brief der Bank sah. Das elterliche Haus solle gepfändet werden, las sie. Der Familienbetrieb, eine Metzgerei, stand vor dem Ruin. Das Geschäft war die Alterssicherung gewesen, das Geld aus ihren Lebensversicherungen hatten die Eltern dort investiert. Jetzt war alles weg. Als selbstständige Unternehmer würden sie kein Arbeitslosengeld erhalten.
"Mein Vater und meine Mutter mussten Sozialhilfe beantragen", sagt die Tochter immer noch ungläubig. Sie betont dieses mein und meine, denn dass dies ihren Eltern widerfahren würde, damit hatte sie nie gerechnet. Genauso wenig, wie sie erwartet hatte, dass auch sie Post vom Sozialamt erhalten würde.
Auskunft über die Vermögensverhältnisse
Das Schreiben forderte die Grafikdesignerin auf, Auskunft über ihre Vermögensverhältnisse zu geben. "Das war ein zweiter Schock", sagt Siepen, die bis dahin noch nie etwas von der gesetzlichen Unterhaltspflicht der Kinder für ihre Eltern gehört hatte: Die Behörde treibt einen Teil der Sozialhilfe für Mutter und Vater bei der Tochter ein.
Weil die 30-Jährige als Berufsanfängerin wenig verdient, sind das nur 30 Euro pro Monat. Das ist es nicht, was weh tut. "Aber der offizielle Brief des Sozialamts hat mich erschüttert. Ich habe das Gefühl, der Staat hat mich am Haken."
Viele Menschen zwischen 30 und 40 Jahren empfinden so ähnlich wie Veronika Siepen. Sie fühlen sich erdrückt von den finanziellen Ansprüchen, die ihre Eltern und auch ihre Kinder an sie haben werden. Die Ansprüche wachsen, weil die Gesellschaft stetig altert. Sie wachsen auch, weil der deutsche Staat hoch verschuldet ist und sparen muss.
Lange war Siepens Leben ganz behütet verlaufen. Kindheit und Jugend waren unbeschwert, die Eltern unterstützten die Tochter. Dann kam die Ausbildung, das Studium und endlich der Traumberuf. "Ich dachte, jetzt geht es los, doch stattdessen spüre ich die Bürde." Siepen fühlt sich erdrückt beim Gedanken an die Zukunft. "Was passiert, wenn meine Eltern ins Altenheim müssen?", fragt sie.
Die staatliche Grundsicherung, auf die ihr Vater und ihre 65-jährige Mutter an Anspruch haben, werde kaum reichen. "Der Staat wird sich das Geld bei mir holen. Doch wie viel? Kann ich mir selbst Kinder leisten? Wie soll ich bei dieser Unsicherheit mein eigenes Leben finanziell planen?"
Dienstwagen als Gehaltserhöhung
Die letzte Gehaltserhöhung hat sie sich in Form eines Dienstwagens geben lassen. Ein höheres Gehalt hätte sie dem Sozialamt melden müssen. "Das geht dann alles nur mit Anwalt. Mein Leben hat gerade erst begonnen, und schon muss ich mit dem Sozialamt kämpfen."
Die junge Frau hat sich in Rage geredet, jetzt hält sie inne. Sie weiß, dass es ihr materiell derzeit eigentlich noch sehr gut geht. Aber wie viel Geld wird sie im Alter haben? Der fragende Blick aus dem Fenster. Ein kleines Dorf im Odenwald. Viel Grün, eine ungemähte Wiese, ein Garten mit Obstbäumen, Salat, Kartoffeln.
Eigentlich hasst sie es zu jammern. Ihre Nachbarn würden wohl kaum annehmen, dass diese Frau Angst hat vor der erdrückenden finanziellen Belastung, vor einem Staat, der immer mehr nimmt und immer weniger gibt.
Auch die Nachbarn von Frank Steiner* dürften vermuten, dass hier ein Mann lebt, der seine Kraft darauf verwendet, mit seinen Kindern nach Feierabend im Garten des Frankfurter Mehrfamilienhauses zu spielen.
Das macht er auch gerne, mit Ball und Schaukel, wenn er nicht gerade grübelt. "Man hat das dumpfe Gefühl, dass das gesamte System gegen einen läuft. Es ist aber alles noch sehr diffus, man kann die Konsequenzen nur erahnen", sagt der 37-jährige Geisteswissenschaftler.
Er spricht vom deutschen Staat, dem er nicht mehr viel zutraut. "Die Tatsache, dass ich ohne Steuerberater keine Steuergerechtigkeit erwarten kann, sagt alles über dieses Land." Der Angestellte aus Frankfurt wünscht sich Klarheit. "Entweder wir sind für uns selbst verantwortlich, oder der Sozialstaat bleibt erhalten – aber das Mischmasch ist unerträglich."
Seine Frau und die beiden Söhne kommen dazu. Die Fünf- und Siebenjährigen toben durch die Wohnung. Aus ihnen kann etwas werden. "Eine Privatschule sollte es schon sein. Dafür wird gespart", sagt Steiner, der aber weiß, dass er für sich und seine Frau auch noch für die eigene Altersvorsorge sparen muss. Doch das Geld ist knapp. "Zusatzversicherung beim Zahnersatz, Gebühr beim Arztbesuch, steigende Kommunalgebühren. Und dazu die hohen Steuern und Abgaben. Der Staat saugt uns aus."
Unweit der Mainmetropole, in Gießen, sitzt Reimer Gronemeyer in seinem Büro in der Universität. Der 63-Jährige beschäftigt sich schon lange mit den Steiners und Siepens dieser Republik. Vor zehn Jahren warnte er in einem Buch, dass Deutschland ein Generationenkonflikt drohe. "Die damalige Bundesfamilienministerin Ursula Lehr beschimpfte mich daraufhin als Panikmacher", erinnert er sich.
"Die Alzheimergesellschaft"
Jetzt schreibt er wieder ein Buch zum Thema. "Die Alzheimergesellschaft" lautet der Arbeitstitel. Gronemeyer hat Verständnis für die Jüngeren: "Die heute 65-Jährigen haben ihren Kindern versprochen, dass alles noch besser wird. Man hätte jedoch sehen können, dass die Rechnung nicht aufgeht", sagt der Soziologe mit einem Unterton, in dem mitklingt, dass er sich von der Kritik nicht ausnehmen will.
Für Wissenschaftler gehören die Geburtsjahrgänge von Veronika Siepen und Frank Steiner zur so genannten Sandwichgeneration. Den Begriff will sagen: Von oben, den Eltern, und von unten, den eigenen Kindern, wächst der finanzielle Druck, weil der Staat mit seinen Mitteln am Ende ist.
"Dass die mittlere Generation für die Älteren sorgte und auch die Kinder großzog, das war zwar immer so. Doch wir können jetzt nicht mehr damit rechnen, dass unsere Kinder unsere Rente oder Pflege bezahlen. Das ist das Neue", befürchtet Steiner – und mit ihm immer mehr Menschen in Deutschland.
Nur 58 Prozent der jungen Generation zwischen 14 und 25 Jahren sind der Überzeugung, dass ihr Alterseinkommen ausreichend gesichert ist, ergab eine Umfrage der Infratest Sozialforschung im April dieses Jahres. Steiner mit seinen 37 Jahren hat dieselben Sorgen. "In die gesetzliche Rentenversicherung zahle ich mehr Geld ein, als ich am Ende herausbekommen werde", sagt er.
Dieses Gefühl haben viele Menschen in seinem Alter. Der deutsche Staat hat sich finanziell übernommen. Bernd Raffelhüschen, Jahrgang 1957, macht den Schuldenberg in seiner ganzen Höhe sichtbar. "Die Summe aller ungedeckten Schecks übertrifft schon heute mit 5,6 Billionen (5600000000000, Anm. d. Red.) Euro die offizielle Staatsverschuldung um mehr als das Vierfache", so das Ergebnis seiner Generationenbilanz.
Neben der Staatsverschuldung berücksichtigte der Freiburger Finanzwissenschaftler auch die so genannten unverbrieften Verbindlichkeiten, die sich aus Pensionsverpflichtungen und den umlagefinanzierten Sozialsystemen bei Rente, Gesundheit und Pflege ergeben. "Das System fliegt uns ohne grundlegende Reform um die Ohren", so Raffelhüschen, der damit ausspricht, was viele Bürger nicht mit Worten begründen können, aber immer deutlicher empfinden.
Frank Steiner macht sich Gedanken über die Finanzkraft seiner bald 70-jährigen Eltern. "Ein ordentliches Altersheim kostet viel Geld. Natürlich würde ich etwas bezahlen, wenn die Rente nicht reicht und vom Staat nichts kommt", versichert der Mann, dem es nicht darum geht, den Alten pauschal Vorwürfe zu machen.
Mitschuld der Sandwichgeneration
Schließlich trägt seine Sandwichgeneration Mitschuld. Sie hat zu wenige Kinder gezeugt, was bis 2040 zur gravierenden Überalterung dieser Gesellschaft führt. Schon kursieren Vorschläge, Patienten über 85 Jahre sollten künstliche Hüftgelenke künftig privat bezahlen.
"Bewusster Verzicht ist nötig, sowohl der Jungen als auch der Alten", fordert der Soziologe Gronemeyer. Nur so könne man einen Generationenkonflikt verhindern. Doch gibt es diese "Bereitschaft zur Selbstbescheidung", die der Generationenforscher anmahnt? Können wir alle uns mit weniger abfinden? Genug Reichtum, um zurückzustecken, wäre ja da. Bis zum Jahr 2010, so Expertenschätzungen, wird ein Erbschaftsvolumen von 2200 Milliarden Euro den Besitzer gewechselt haben.
Schon bisher kamen 1,8 Millionen deutsche Haushalte durch Erbschaft in den Besitz eines Eigenheims. Die Nachkriegsgeneration sparte, die Kinder sollten es besser haben. Reichtum wurde vererbt und nicht verbraucht. So war es bisher. "Diese Rücklagen müssen nun aufgezehrt werden. Der Kettenbrief der privaten Vererbung muss ein Ende finden", fordert Raffelhüschen, der jedoch zugesteht, dass ihm dieser Vorschlag privat auch nicht gerade sympathisch ist.
"Sicher ist das unangenehm." Dennoch: Die Familien sollten erst ihre eigenen Schätze versilbern, bevor sie beim Staat die Hand aufhalten.
Doch der Zeitgeist ist ein anderer. Sauer erspartes Privatvermögen soll nicht aufgebraucht werden für die tägliche Pflege im Altenheim. "Meine Eltern überlegen schon, wie sie ihr Erspartes für mich retten können, bevor sie es später womöglich für das Wohnen im Pflegeheim einsetzen müssen", erzählt Steiner.
Das Vertrauensband zwischen Bevölkerung und Staat scheint zerrissen. Veronika Siepen sagt: "Die ganze Zeit denke ich darüber nach, Vermögen aufzubauen, an das der Staat dann nicht herankommt.“
keiner tut was
nach der nächsten wahl wird alles besser........
der wunsch der politiker nach mehr innerer sicherheit wird ausgeprägter..
die intelligenz verlässt deutschland......
guter Beitrag,300367a...
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Das nannte man früher Lehensherrschaft, heute: soziale Gerechtigkeit (huahuahahahahaa).
Es wird weitergehen: wer arbeitet, wird hungern, wer nix tut, dem geht es gut. Die DDR hatte die einmalige Chance, eine Alternative zur Ausbeutung zu schaffen. Sie haben es vermasselt. Warum? Weil die DDR in Deutschland liegt. Der Neid frißt jeden auf hier.
Kotz-Country. Eine Bombe auf Deutschland und das Gejammer ist endlich vorbei. Scheiß-Jammern auf höchstem Niveau. Zum Kotzen.