IFCO Interview aus der goingpublic


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Neuester Beitrag: 25.04.21 00:13
Eröffnet am:23.10.00 18:20von: cap blaubärAnzahl Beiträge:1
Neuester Beitrag:25.04.21 00:13von: DianaiyalaLeser gesamt:1.332
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21160 Postings, 9182 Tage cap blaubärIFCO Interview aus der goingpublic

 
  
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23.10.00 18:20
Was ist bloß mit IFCO los? Seit Anfang September ist die Aktie von IFCO Systems rasant auf Talfahrt und hat von ihrem Sommer-Niveau mehr als 60 % an Wert eingebüßt. GoingPublic sprach mit dem CEO Martin Schoeller über die weitere Entwicklung.

GoingPublic: Herr Schoeller, der Kurseinbruch der IFCO-Aktie hat die Anleger verunsichert. Mancher vermutet Tatbestände, wie sie sich bei anderen, von der Börse mittlerweile abgestraften Aktien zugetragen haben. Haben beispielsweise Ihre Altaktionäre vorzeitig verkauft?

Martin Schoeller: Selbstverständlich nicht! Die Gründer haben kein Stück abgegeben, auch nicht beim IPO. Wir fühlen uns mit unserer Beteiligung am Unternehmen sehr wohl und würden jetzt gerne Aktien zukaufen. Es fehlen uns nur etwa 4 % bis zur 50 %-Grenze. Ein Großteil unseres Free Float wird von 20 institutionellen Top-Adressen der Finanzbranche gehalten. Wir wissen von einigen unserer institutionellen Investoren, daß sie kleinere Bestände verkauft haben. 17 der Top-20 sind nach wie vor mit im Boot.

GoingPublic: Wenn es keine fundamentalen Gründe gibt, warum haben denn die restlichen drei Investoren und offenbar eine Reihe von kleineren Privatanlegern ihre Aktien so eilig verkauft?

Martin Schoeller: Unsere Ergebnisse für das zweite Quartal waren wegen einer Reihe von Einmal-Effekten, Restrukturierung und Währungsverschiebung für die Analysten schwer nachzuvollziehen. Nach dem Kauf von PalEx in den USA haben wir beschlossen, die margenschwache Palettenproduktion herauszulösen und zu verkaufen. Hierdurch bleibt IFCO Systems ein reiner Logistik-Dienstleister mit besseren Margen, besserem Wachstum und größerer Focussierung. Durch die Entkonsolidierung der Palettenproduktion in den USA fällt ein Drittel der Umsätze weg; trotzdem hat sich IFCO Systems mit dem verbleibenden Teil der Palex-Akquisition noch verdoppelt. Mit der Ausgliederung unserer Produktionsstätten als "discontinued operation" und den damit verbundenen anderen Effekten haben wir Anleger und Analysten verwirrt. Wir haben in den letzten Wochen viel Zeit darauf verwendet, mit unseren Analysten die Überleitung im Detail durchzusprechen. Sowohl Lehman Brothers als auch Cazenove haben daraufhin wieder gute Bewertungen mit Kaufempfehlungen herausgegeben.

GoingPublic: Auf verfehlte Umsatzprognosen reagiert die Börse zunehmend empfindlich...

Martin Schoeller: Unser Management hat sich in den ersten sechs Monaten nach dem IPO auf die Integration der doppelt so großen PalEx konzentriert, mit dem Effekt, daß unser Innenwachstum schwächer als üblich ausfiel. Diesen Effekt und die Kosten der Integration haben wir unterschätzt. Mittlerweile sind die nötigen Strukturen installiert. Obwohl wir die Produktionszahlen nicht mehr berichten, sind wir immer noch Eigentümer der Produktion und verfügen - solange sie nicht verkauft ist - über deren Cash Flow. Sobald die Produktion verkauft ist, werden wir aus dem Verkauf weitere Mittel für unser Wachstum im Kerngeschäft zur Verfügung haben. Durch diese Maßnahmen entstand das Bild einer "Wachstums- und Umsatzdelle".

GoingPublic: Können Sie mich dazu bringen, Ihnen die "Delle" zu glauben?

Martin Schoeller: IFCO Systems ist während der vergangenen Jahre um 20 - 30 % p.a.  gewachsen, in den Anfangsjahren sogar über 100 %. IFCO führt mit einem Umsatz von nur 500 Mio. Euro den Substitionsprozeß eines Marktes mit einem weltweiten Potential von über 100 Mrd. Euro. Trotz des starken Focus des Managements auf die Integration gelang es uns, in Europa sechs neue große Handelsketten als Systempartner zu gewinnen sowie in Kanada weitere sieben Handelsketten für unser neues Palettenpoolkonzept als Vertragspartner einzubinden. Mengenauswirkungen hiervon sehen wir ab dem vierten Quartal 2000. Um unser Geschäft erfolgreich betreiben zu können, muß man vier Voraussetzungen erfüllen: 1. Branchen-Standards, 2. das logistische Netzwerk, 3. die kritische Masse und 4. eine spezialisierte Servicefähigkeit. Alle vier haben wir. Damit ist IFCO ideal positioniert, um von dem großen Wachstumspotential zu profitieren, und es wird nur sehr wenige Unternehmen geben, die die Voraussetzungen erfüllen, hier international mitspielen zu können. Wir haben aber nicht nur gute Wachstumsaussichten, sondern wir sehen schon dieses Jahr eine sehr erfreuliche Zunahme unserer EBITDA- und EBITA-Margen. Ich bin zuversichtlich, daß wir in Zukunft wieder Wachstumsraten (inkl. einiger Infrastruktur-Akquisitionen) über 20 % sehen werden.
GoingPublic: Im ersten Halbjahr berichteten Sie ein Wachstum von nur 9,5 %. Ihr Innenwachstum liegt bei knapp 15 %. Das sind nun gewiß keine Zahlen, die die Börse sonderlich beeindrucken können. Wenn Ihr RTC-System so hervorragend ist - und außerdem künftig weltweiter Standard-, dann müßte der Umsatz doch wesentlich schneller wachsen.

Martin Schoeller: Unsere Analysten erwarten, daß wir dieses Jahr in der Größenordnung von 12 % wachsen, wobei hier der Umsatz 2000 mit dem Proforma-Umsatz von IFCO und Palex im Jahr 1999 nach Herausrechnung der Produktion verglichen wird. Der Euro ist um ca. 20 % gefallen. Korrigiert man diesen Effekt, so ergibt sich ein Wachstum von ca. 18 %. Und vergleichen wir unseren GAAP-Umsatz mit dem Vorjahres-GAAP-Umsatz, so haben wir uns aufgrund der Palex-Akquisition mehr als verdoppelt. Die Proforma-Vergleichsbasis 1999 von zwei Firmen, die damals noch nicht fusioniert waren und unter unterschiedlicher Führung standen, ist nur bedingt aussagekräftig. Wir sehen die Wachstumsraten in allen Bereichen anziehen und erwarten noch ein deutlich besseres Wachstum in der Zukunft. Die Wachstumspotentiale ergeben sich durch neue Systempartner, neue Anwendungen und Zuwachs innerhalb der bestehenden Handelsketten sowie in der Entwicklung ergänzender logistischer Dienstleistungen.

GoingPublic: Was zum Beispiel steht auf ihrem Einkaufzettel?

Martin Schoeller: Weitere Standorte, um unser Netzwerk zu verdichten. Und jedes erworbene Unternehmen bringt eine Kundenkartei mit und schließt den Kreislauf zwischen Händler und Produzenten. Die Verdichtung unseres Netzwerks senkt die durchschnittlichen Rundlaufkosten. Da unser Netzwerk heute schon in USA und Europa mehr Menge aufnehmen kann, verursacht jeder neue Umsatz (egal ob durch neue Menge, Händler oder Anwendung) nur unterproportionale Kosten, d. h. unser Geschäftssystem ist wirklich skalierbar. Im Service-Bereich nehmen wir unsere Mission "The Future is e-Logistics" sehr ernst und haben einige interessante kleinere und auch größere Projekte in der Vorbereitung.

GoingPublic: Haben Sie außer Wal Mart noch weitere bekannte Großkunden - vorzugsweise hier in Europa?

Martin Schoeller: Unsere Systempartner bestehen aus dem Who is Who der europäischen Handelskonzerne einschließlich der Deutschen Post. Insgesamt bedient IFCO Systems weltweit 36 Handelsketten. Außerdem sind in den letzten Monaten folgende Handelsketten dazugekommen: in Frankreich ATAC und Système U, in Italien Rinascente, in Dänemark Supergros, die MIGROS in der Schweiz...

GoingPublic: Ist die Anzahl der Behälter ein Engpaßfaktor für ihr Wachstum?

Martin Schoeller: In Europa sicherlich nicht. Hier sind die Produktionskapazitäten doppelt so groß wie unser Spitzenbedarf. In den USA sind wir gerade dabei, die Produktionskapazität zu verdreifachen, um das dortige Wachstumspotential zu antizipieren. Wir sind in der Lage, bei gleichbleibender Qualität unsere RTCs weltweit einzukaufen. IFCO-RTCs werden in Südamerika, USA, Japan und Europa in ca. 15 Produktionsstätten hergestellt. Insgesamt wächst der Weltpool um etwa eine Million Kisten pro Monat. Aktuell sind wir bei etwa 68 Mio. Kisten, von denen jede im Jahresdurchschnitt knapp viermal vermietet wird. Zusammen mit den zugehörigen Paletten und den Informationsströmen dazu hat ein potentieller Mitbewerber eine hohe Einstiegshürde vor sich. Zusätzlicher Vorteil ist unsere Branchenneutralität.

GoingPublic: Stichwort Mitbewerber: Wie sortiert man IFCO korrekterweise in das Feld der Logistikunternehmen an der Börse ein?

Martin Schoeller: Wir gehören in die Gruppe der intelligenten Logistik-Systeme und -dienstleister. Wir laufen allerdings etwas außer Konkurrenz. IFCO können Sie als horizontale Querschnittfunktion für alle Teilnehmer einer Supply Chain-Kette verstehen. Wir bieten ein System, das jeder Verwender und jeder Anwender in einer Branche sowie jeder Spediteur/Frachtführer, jedes Lagerhaus und jeder Endempfänger verwenden kann. Das bedeutet eine generelle Effizienzverbesserung der jeweiligen Lieferkette. IFCO steht allen zur Nutzung zur Verfügung und nicht im Wettbewerb mit den einzelnen Logistikdienstleistern der Supply Chain. Wir verfügen über ein reales und substantielles Geschäft, gute Ergebnisse, wachsende Margen und ein Zukunfts- und Technologiepotential. Wir haben einen starken und weiter wachsenden Cash Flow. Die Logistikunternehmen am Neuen Markt sind bei vergleichbarer Anwendung der relevanten Multiplikatoren im Vergleich zu IFCO mehrfach überbewertet. Das führt dazu, daß Profis jetzt IFCO-Aktien kaufen.

GoingPublic: Wann werden Sie uns konkrete Neuigkeiten zum Geschäftsverlauf berichten können?

Martin Schoeller: In der zweiten Novemberhälfte werden wir über das dritte Quartal berichten. Nachdem nun unser Management-Focus wieder auf die Märkte gelegt werden kann, werden wir kontinuierlich über die weitere Geschäfts- und Marktentwicklung von IFCO Systems berichten.

GoingPublic: Ich bin sehr gespannt. Vielen Dank für das Interview.




 

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