Dr.Schulz: Weiter Weg bis zum Ausverkauf


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Neuester Beitrag: 07.10.01 17:21
Eröffnet am:06.10.01 11:52von: indexAnzahl Beiträge:7
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1125 Postings, 8778 Tage indexDr.Schulz: Weiter Weg bis zum Ausverkauf

 
  
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06.10.01 11:52
Weiter Weg bis zum Ausverkauf

Nachdem nun auch die letzte Bastion der Weltbörsen,
der Dow Jones Industrial Average, stark einbricht,
spricht es sich mehr und mehr herum, dass der
Bullenmarkt ein Ende genommen haben könnte. Die
am häufigsten gestellten Fragen lauten: „Wie tief fällt
es noch?“ und „Soll ich meine Aktien oder
Fondsanteile halten oder verkaufen?“

Die Antwort hierauf geben die Anleger selbst. Denn,
neben allen fundamentalen Einflußgrößen, sind sie
selbst es, die entscheiden, ob sie kaufen oder
verkaufen. Diese Entscheidung wird in hohem Maße
von Emotionen mitbeeinflusst. Den stärksten Effekt
auf die emotionale Verfassung des Anlegers hat die
Frage, ob er mit seinen Aktieninvestments im Gewinn
oder im Verlust liegt.

Fallende Kurse lösen beim Anleger mentale
Schmerzen aus, da er seine Buchgewinne schrumpfen
oder seine Verluste zunehmen sieht. Er verkauft aber
nicht, noch zögert er. Die Kurse fallen so lange
weiter, bis er völlig zermürbt aufgibt und endlich
verkauft. Durch die Verkäufe wird das Angebot
erhöht, was wiederum auf die Kurse drückt. Die
erneut fallenden Kurse erhöhen den Druck auf andere
Anleger, die auch nach und nach verkaufen. Der
beschriebene selbstverstärkende Prozess erreicht
seinen finalen Höhepunkt, wenn die Kurse so tief
fallen, dass sich sogar solche Anleger von ihren
Papieren trennen, die bisher „ganz ruhig geblieben
sind.“

Der Chart zeigt den amerikanischen Standard & Poors
500 Aktienindex von Januar 1973 bis Dezember
1977. Darunter sind die Daten einer regelmäßig
durchgeführten Börsenbriefauswertung geplottet. Es
wird der Anteil der negativ eingestellten Briefe an all
den Briefen dargestellt, die eine klare Meinung –sei es
eine bullische oder bärische- beziehen. Die dick
eingezeichnete Waagrechte bei 50% verweist auf eine
Gleichverteilung beider Gruppen. Im langfristigen
Mittel überwiegen allerdings die Bullen. Dies wird
unter Börsenpsychologen mit der dem Menschen
eigenen Haltung begründet, Risiken eingehen zu
wollen und dabei sogar eine gewisse Freude zu
empfinden. In Bezug auf das Verhältnis von
Verkaufsdruck und Kaufinteresse ist die
50%-Waagrechte demnach bereits stärker in Richtung
„Verkaufsdruck“ und fallende Kurse zu
interpretieren.



Seit Anfang 1973 fallen die Kurse stetig. Die Bullen
überwiegen die Bären während der Abwärtsstrecken.
Sobald die Bären in der Mehrzahl sind (Punkte
oberhalb der 50%-Waagerechten), stabilisieren sich
die Kurse. Es wird sogar aggressiv gekauft, was die
Kurse nach oben treibt. Gleichzeitig überlegen es sich
viele Bären anders und konvertieren ins bullische
Lager (Punkte 1 und 2). Erst im April 1974, als die
Marke von 90 Indexpunkten unterschritten wird,
nimmt die Sentiment-Verteilung Relationen an, die
man seit Bestehen der Erhebung noch nicht gesehen
hat. Während des 5 ½ Monate währenden scharfen
Bärenmarkts, der bis auf ca. 60 Indexpunkte führte,
kam im Durchschnitt ein Bulle auf zwei Bären.

„Vier lange Monate 60% und mehr Bären.“

Erst diese extreme Polarisierung der Emotionen
führte zu einer wirklichen Marktbereinigung, die den
zweieinhalb-jährigen Bärenmarkt beendete.
Entscheidend für die Anwendung der Vokabel
„Aufgabestimmung“ war zum einen die im Vergleich
zu den Vorjahren, ja Vorjahrzehnten extrem negative
Stimmung UND die lange Dauer, während der diese
Stimmung vorherrschte. Im Oktober und Dezember
1974 bildete sich ein mustergültiges Doppel-Bottom
heraus, welches einen neuen, zwei-jährigen
Bullenmarkt einläutete mit im Jahre 1976 äußerst
selbstzufriedenen Investoren, von denen nur 20%
bärisch waren.

Die große Frage lautet, wie es denn heute um das
Sentiment bestellt ist und ob es schon Kaufsignale
gibt.



Im Chart von 1996 bis 2001 wurde eine etwas andere
Darstellung gewählt: Bullen dividiert durch Bären.
Hohe Werte dieses Quotienten zeigen großen
Optimismus und parallel dazu Markttops an, wie
beispielsweise im Sommer 1998 oder Anfang 2000.
Hier wurde außerdem ein 10-wöchiger gleitender
Durchschnitt gewählt, um die hektischen
Oszillationen herauszufiltern und nur die großen
Schwingungen zu sehen. Extrempunkte im Indikator
werden aufgrund der Glättung mit einigen Wochen
Verspätung angezeigt.

Aktuell gibt es bereits in der dritten Woche in Folge
mehr Bären als Bullen, was zuletzt im Herbst 1998
der Fall war. Die exemplarisch eingezeichneten roten
Vertikalen zeigen zwei große Kaufsignale aus den
Jahren 1997 und 1998. Also jetzt wieder ein
Kaufsignal? Der S&P 500 jedenfalls hat nach dem
extremen Abverkauf nach den Anschlägen in New
York und D.C. V-förmig nach oben korrigiert. Wer
das Bild von 1996 bis 2001 alleine betrachtet und die
hohe Güte des Indikators sieht, wird jetzt Aktien
kaufen und halten und erwarten, daß die Kurse noch
weiter steigen, während sich der Pessimismus
schrittweise abbaut. Doch halt! Ist dies bereits das
Ende des Bärenmarktes?

Nein! Ein Blick zurück ins Jahr 1973 zeigt, wie
deutlich eine echte Aufgabestimmung im Indikator
aussehen kann: Auf einen Bullen kommen zwei Bären
und das während 3 Monaten. Rechnet man dies in die
Darstellung des im zweiten Chart gewählten
Sentiment-Indikaors um, so müßte dieser noch bis auf
0,50 fallen und zwar in der gewählten
Darstellungsweise des 10-wöchigen gleitenden
Durchschnitts. Wenn dann noch zusätzlich die
Titelseiten mehrerer (!) Zeitschriften das Ende der
Aktienanlage verkünden, ist es an der Zeit, Aktien auf
Sicht einiger Jahre zu kaufen.

Seit Beginn des Bärenmarktes Anfang 2000 ist die
positive Grundhaltung nicht gewichen. Erst seit drei
Wochen gibt es mehr Bären als Bullen und das seit 18
Monaten Bärenmarkt. Die Anleger beginnen offenbar
gerade eben zu merken, daß etwas nicht mehr stimmt
mit der heilen Welt stetig steigender Aktienkurse. Mit
anderen Worten: Die bisherige Dynamik des
Sentiment sagt uns, daß der Bärenmarkt noch in
seinen Anfängen steckt. Dies läßt für den weiteren
Kursverlauf nichts Gutes ahnen.

Das Argument, es könne doch so kommen wie ab
Oktober 1998, als zusätzliche Greenspan’sche
Liquidität die Kurse neu anfachte, steht auf tönernen
Füßen. Die letzten beiden Zinssenkungen der US Fed
zeitigten nicht die erhoffte Wirkung. Stattdessen plant
man in den USA die Auflage mehrerer
Konjunkturprogramme im drei-stelligen Milliarden
Bereich. Ein Vergleich mit der deflationären
Lähmung Japans drängt sich mehr und mehr auf.
Weltweit synchron zurückgehende
Kapazitätsauslastungen auf ohnehin nur mäßigem
Niveau lassen für Unternehmensgewinne Rückgänge
erwarten. 1998 sah die Verfassung der Weltwirtschaft
noch anders aus, von Rezession war keine Spur zu
sehen, im Gegenteil: die New Economy zog frei
werdende Kapazitäten in ihren Sog. Dieser Motor fällt
heute weg, im Gegenteil, er wird zur Bremse,
betrachtet man die Massenentlassungen in der
High-Tech-Branche.

Wegen der genannten realwirtschaftlichen Gründe, der
trotz Ankündigung ausbleibenden Wirkung der
Zinspolitik und dem Beginn einer staatlich
gesteuerten Konjunkturpolitik und der sich
abzeichnenden New Recession (ehemals New
Economy) sind für die Unternehmensgewinne und das
Wirtschaftsklima vornehmlich nach unten gerichtete
Impulse zu erwarten. Das aktuelle Kaufsignal aus
dem Sentiment könnte nur kurzfristig, auf Sicht
weniger Wochen, wirken. Was dann kommen könnte,
faßte Herr Köhler, der derzeitige Chef des
Internationalen Währungsfonds trefflich zusammen,
es bestehe die Gefahr einer dynamischen
Abwärtsspirale.

Wer vor dem Hintergrund der skizzierten Lage noch
Aktien hält, geht das Risiko erheblicher
Vermögenseinbußen ein. Das gleiche gilt für
Aktienfondsanteile mit der Ausnahme von
Garantiefonds, speziellen Seitwärtsfonds sowie
ausgewählter Branchenfonds wie Rohstoffe und
Minen.

Felix Pieplow/Büro Dr.Schulz  

305 Postings, 8924 Tage SherlockToller Mann! Endlich wird eine vernünftige

 
  
    #2
06.10.01 12:04
mathematische Theorie um das Aktienchaos gestrickt: Die Bärentheorie mit Bärenquotienten, Bärenalgebren, Bär-Sylow-Gruppen, Bärenintegralen und was es da noch alles Tolles gibt. Guter Mann, der hat Ahnung, aber ist doch alles viel zu komliziert. Bleiben wir bei unseren Leisten und laßt uns weiterhin Gummibärchen kaufen!

Sherlock  

445 Postings, 8468 Tage echekratesDanke index!

 
  
    #3
06.10.01 12:11
Ich finde das übrigens nicht so kompliziert, weil es endlich mal Licht in die vielen Sentimentspekulationen bringt, die man allerorten hören kann. Wirklich eine prima Analyse.
Gruss, echekrates  

1128 Postings, 8482 Tage TotalverlustHier ein ganz Aggressiver !

 
  
    #4
1
06.10.01 12:40

445 Postings, 8468 Tage echekrates:-)))))))))))))) o.T.

 
  
    #5
06.10.01 12:43

1489 Postings, 8820 Tage sforderzeit 0,78

 
  
    #6
06.10.01 12:43
a long way  

1489 Postings, 8820 Tage sforauf 2 wochen schnitt

 
  
    #7
07.10.01 17:21
habe mir mal den langfristchart zu gemüte geführt. es gab in den sechzigern und siebzigern nachdem kein neues hoch erreicht werden konnte einen ersten großen ausverkauf mit ca. 30%, danach gings wieder richtung doppeltop. man darf eins nicht vergessen, wir hatten einen kräftigen selloff, solange nicht klar ist, daß die rezession ewig dauert wirds nach meiner meinung nicht signifikant nach unten gehen. und das kann noch ein paar monate dauern.

sfor  

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