Österreichisch : Maßeinheiten


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Neuester Beitrag: 23.01.03 20:05
Eröffnet am:23.01.03 18:12von: 54reabAnzahl Beiträge:2
Neuester Beitrag:23.01.03 20:05von: Mützenmach.Leser gesamt:431
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7336 Postings, 7797 Tage 54reabÖsterreichisch : Maßeinheiten

 
  
    #1
23.01.03 18:12
Ich wage zu behaupten, dass es keine Sprache  gibt,
die so unverbindliche  Maßeinheiten hervorgebracht hat,
wie  die Österreichische.
Das Vage und Dehnbare in unseren internen Maßeinheiten
scheint mir auch ein Indiz, ja eine Facette des
österreichischen Wesens an sich zu sein.
Schaun Sie: An der Aufforderung: "Noch ein  Wengerl,
ein Wengerl sitzen, ein  Wengerl da zu bleiben, noch
ein  Wengerl lustig zu sein", daran finden wir gar nichts
bemerkenswertes mehr, noch dazu wo sich dieses Wengerl
auch ausreichend als von "ein Wenig" herrührend erklären läßt.

Dass ein Weg breit ist, wenn er lang ist, wundert auch
keinen mehr: "Heast, wo woast denn? - Na is oba a brader Weg!"

Dass man endlos wartet und ewig nicht dran kommt,
auch daran hat man sich gewöhnt.

Ja selbst, dass jemand bei einem auf einen Hupfer
vorbeischaut, wird in den seltensten Fällen missverstanden
und stört selbst nach zwei Stunden noch niemanden.

Schwieriger wird es dann, wenn jemand um ein Euzerl daneben
liegt. Kann man zum  Beispiel auch um zwei Euzerln daneben
liegen? Waren in grauer Vorzeit einmal 10 Euzerln 1 Euz?
Und wenn etwas um 100 Euz nicht stimmt, kann man dann schon
sagen: "Na den Unterschied möcht ich Klavier spielen können"?

Wann hat man etwas um ein Haus, um Häuser oder gar um ein Eckhaus
verfehlt ?

Um welche Mengen handelt es sich wirklich wenn jemand sagt:
"Ich bin den ganzen Nachmittag eine Stunde herumgrennt.
I  war in 97 Gschäftln, hab 17 Sakkos in 1000 verschiedenen
Größen probiert. Kein einziges hat ma passt, bis auf  die zwa,
san gar net so schlecht. I hab a Lawine zahlt, und bin fix
und fertig, weil überall a ganzer Oasch voll Leut woar!"
Wie viele Leute gehen da hinein? Beziehungsweise, wenn besagter
Körperteil einer einflussreichen Persönlichkeit gehört, wie viele sind
schon drin?

Wann wird aus einem Tröpferl ein Tropfen? Wann daraus ein
Schluckerl? Wann kann  man von einem Glaserl sprechen?
Bitte, dass ein Flascherl Wein in Österreich meistens ein
Doppelliter ist, kann ja als  bekannt vorausgesetzt
werden. Jedoch, wie groß ist ein Futzerl? Wann mutiert es
zum Eckerl? Wann zum Stückerl? Welche Ausdehnung muss ein
Körper haben, dass wir ihn in der  Folge als Trumm, oder gar
als Mordstrumm bezeichnen können?

Wieviel ist ein bissi?
Bissi ist besonders heikel, weil man bissi so ambivalent
verwenden kann. Zum Beispiel: "Na is a bissi vü!" oder aber
auch: "Na is a bissi wenig!" ... "Bist ein bissi deppert."
Trägt noch ein harmloses, fast liebenswertes Irresein in sich.
Während: "Du bist mir scheint a bissl deppert!" bereits auf
ernsthaft gestörte Geisteszustände hinweisen möchte.
Die Bereitschaft zur physischen Attacke drückt diese dann nur
noch mehr durch die rhetorisch gestellte Frage aus, wenn sie
unter Weglassung sämtlicher Zischlaute gestellt wird, denn:
"Heat bid a bidl debad!" "A bidl", das kann man gar nicht
anders als drohend sagen.

Alle diese Beiläufigkeiten sind in ihrer Ungenauigkeit keine
fixen Größen, aber als Österreicher lebt man mit ihnen.
Wahrscheinlich könnten Etymologen unter zu Hilfenahme
diverser Lautverschiebungen ihre Herkunft einigermaßen klären.
Anthropologen werden unter Hervorkramen alter Sitten und
Gebräuche weiter Klarheit schaffen können, egal ob es sich
um ein Trumm, ein Eckhaus oder ein Futzerl handelt, aber
NIEMAND, NIEMAND kann erklären von wo es kommt oder gar von
welchem Brauch es sich ableitet, dass, wenn jemand gefragt
wird ob er beispielsweise seinen Zug erwischt hätte,
dieser dann antworten kann: "Oba ums Oaschleckn net!"

 

7089 Postings, 8070 Tage MützenmacherHahahahahahaha o. T.

 
  
    #2
23.01.03 20:05

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