Harald Schmidt: Der Darm hat Imageprobleme


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Neuester Beitrag: 02.03.03 20:45
Eröffnet am:02.03.03 12:43von: brudiniAnzahl Beiträge:4
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2709 Postings, 8464 Tage brudiniHarald Schmidt: Der Darm hat Imageprobleme

 
  
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02.03.03 12:43
„Der Darm hat Imageprobleme“
 
Harald Schmidt liebt Arztbesuche und Krankengespräche, meditiert, kurt, isst Fritten und setzt sich für die Krebsfrüherkennung ein
 
  FOCUS: Männer gehen seltener zum Arzt und zur Vorsorgeuntersuchung als Frauen. Warum sind Sie anders?

  Schmidt: Ich bin Hypochonder.

  FOCUS: Ein Hypochonder befürchtet, ständig krank zu sein oder zu werden. Wissenschaftler meinen, das liegt an einer allzu exzessiven Selbstbeobachtung. Können Sie das bestätigen?

  Schmidt: Ich habe mal in der „Bunten“ gelesen, dass Herr Flick in Begleitung von zwei Ärzten um seine Jacht schwamm. Da hatte ich ein Ziel.

  FOCUS: Warum gehen Sie gern zum Arzt?

  Schmidt: Es gibt keine Art von Voruntersuchung, die ich nicht mal durchgetestet habe, angefangen vom 24-Stunden-EKG, Darmspiegelung, Magenspiegelung. Was ich noch nicht gemacht habe, ist eine Computertomographie, aber das möchte ich mir in diesem Jahr leisten.

  FOCUS: Erkundigen Sie sich, ob der Arzt, zu dem Sie gehen wollen, auch ein Experte seines Faches ist?

  Schmidt: Das kriegt man schnell raus. Jürgen von der Lippe ist auch ein großer Hypochonder, der mir Tipps gibt.

  FOCUS: Der Darm ist ein Tabuthema. Kein Dichter hat je eine Ode auf den Darm geschrieben, kein Liedermacher ihn besungen. Das Organ gilt allenfalls als übel riechender Schlauch ...

  Schmidt: Tabuthema? Überhaupt nicht!

  FOCUS: Öffentlich spricht man höchstens über seine Herzprobleme, kaum über Verstopfung und Darmkrämpfe.

  Schmidt: Das hat damit zu tun, dass der Darm Scheiße produziert. Tja, das ist für mich als Medienschaffender nichts Ungewöhnliches, deshalb habe ich kein Problem, damit umzugehen. Der Darm ist ein phantastisches Organ, das nur ein Imageproblem hat.

  FOCUS: Wie könnte man das ändern?

  Schmidt: Mit einer Sendung „Deutschland sucht den Superdarm“. Das ist eigentlich auch kein großer Unterschied zu der Sendung, wie sie jetzt läuft.



Harald Schmidt




Schauspieler, Kabarettist, Entertainer, Hypochonder

•  45 Jahre alt
Der gesundheitsbewusste „Mister Late Night“ geht gern zum Arzt und auch zur Vorsorgeuntersuchung.

•  Krankheiten
Darmpolypen, Sodbrennen und Refluxkrankheit, wackliger Backenzahn, Hautprobleme



  FOCUS: Haben Sie kein Problem mit Körperausscheidungen?

  Schmidt: Man sollte ab und zu seinen Stuhlgang anschauen. Nicht nur auf Urlaubskassetten, sondern auch in der Schüssel. Es geht ja auch darum, Begriffe wie okkultes Blut nach vorn zu bringen. Da muss man einfach sagen, ich habe Blut im Stuhl, und ich gehe zum Arzt. Man sollte den Leuten helfen, ihre Scham zu überwinden oder über das notwendige Vokabular zu verfügen.

  FOCUS: Zum Beispiel?

  Schmidt: Das heißt Stuhlgang – da gibt es regional recht unterschiedliche Bezeichnungen – und After und Darm. Mit diesen drei Begriffen kann man einem Arzt ziemlich viel erklären.

  FOCUS: 30 000 Menschen sterben jährlich an Darmkrebs, weil die Diagnose meist zu spät gestellt wird. Mit Stuhl-Blut-Tests und einer frühzeitigen Vorsorge-Darmspiegelung könnten viele Menschen gerettet werden, weil Polypen, die entarten könnten, erkannt und entfernt werden. Warum engagieren Sie sich in der Kampagne der Felix Burda Stiftung?

  Schmidt: Ich mache mit, weil es wichtig ist, den Leuten die Angst vor einer Darmspiegelung zu nehmen. Es ist harmlos, wenn es nicht Onkel Heinz in der Garage macht, sondern ein Gastroenterologe. Es tut absolut nicht weh. Ich lass mir immer eine Schlafspritze geben, wie wir Laien sagen. Nach eineinhalb Stunden bin ich wieder einsatzbereit. Übrigens ein tolles Gefühl, wenn der Darm mal so komplett leer ist.

  FOCUS: Haben Sie das Innere Ihres Darms auf dem Bildschirm gesehen?

  Schmidt: Nein, ich bekomme eben Dormicum, was auch immer wieder ein tolle Sache für mich ist. Man versucht, das Einschlafen zu verhindern, und wenn man aufwacht, liegt man wieder angezogen da, alles ist vorbei, und man fragt sich, wann es losgeht. Ein tolles Gefühl. So würde man auch gern Familienfeiern bestreiten.

  FOCUS: Haben Sie keine Angst?

  Schmidt: Sie werden Leute finden, die sagen, da ist ein Risiko von 0,3 Promille. Da ist einer danach aufgewacht, dann hat ihm das linke Ohr gefehlt und so. Das kann sein, aber ich glaube, der Vorteil überwiegt. Bei mir wurden immerhin zwei Polypen entfernt.

  FOCUS: Darmkrebs tritt in bis zu 30 Prozent der Fälle in Familien gehäuft auf. Deshalb sollte jeder nachforschen, welche Krankheiten bei Verwandten aufgetreten sind. Haben Sie bei Ihren Familienfeiern mal nachgefragt?

  Schmidt: Das war nicht nötig, weil es bei uns auf Familienfeiern kein anderes Thema als Krankheiten gab. Es hieß: „Da kommt die Edeltraud.“ „Wer?“ „Der haben sie doch die Brust abgenommen.“ „Ach so.“ Die Leute wurden nur durch Krankheiten definiert. Der hinkt, dem haben sie die falsche Niere herausgenommen, der hätte eigentlich eine Ohrspülung gebraucht, man hat ihm aber einen Katheter gelegt. In Nürtingen hieß es immer: „Der ist krank? Sofort nach Tübingen!“



„Es ist ein Privileg, wenn man in einem so eitlen Medium wie dem Fernsehen mit einer so schlechten Haut Karriere machen kann“

Harald Schmidt, Talk-Master, Köln



  FOCUS: Und wie ist das Ergebnis Ihrer Familienkrankengeschichten?

  Schmidt: Es gab zum Glück keinen Krebs bei uns in der Familie, selbst Onkel Alfred, der glaube ich 400-mal pro Tag geraucht hat, ist eines Tages an einem Schlaganfall gestorben.

  FOCUS: Sie rauchen nicht?

  Schmidt: Ich habe aufgehört, bild ich mir ein.

  FOCUS: Wie?

  Schmidt: Ja, ich glaube, ich habe wirklich aufgehört.

  FOCUS: Wie lange schon?

  Schmidt: Seit vier Monaten.

  FOCUS: Was tun Sie sonst noch für Ihre Gesundheit?

  Schmidt: Ich gehe gern in Ärztehäuser mit vielen Fachärzten. Um acht Uhr morgens anfangen und dann von oben nach unten durch die Etagen gehen, auch zum Zahnarzt. Implantate sind ein wichtiges Thema.

  FOCUS: Sie sprechen von Ihrem Backenzahn?

  Schmidt: Ich kämpfe jetzt seit sieben Jahren um ihn. Jetzt wird er gerettet, mit einem Zahnimplantat.

  FOCUS: Sie haben vor einigen Monaten Ihrem Darm eine Art Säuberungskur verordnet und eine Mayr-Kur begonnen. Trockene Brötchen und Milchsuppe. Wie fühlen Sie sich jetzt?



Darmkrebsmonat März




Viele Aktionen machen auf das Thema Darmkrebsfrüherkennung aufmerksam.

•  Das Gesundheitsbuch
Der Darm ist die Quelle unseres Wohlbefindens; 70 Prozent aller Immunzellen kämpfen dort gegen Krankheitserreger, und 100 Millionen Darm-Nervenzellen steuern seine Funktionen. Das faszinierende Organ sollte man pflegen, um Verstopfung, Krämpfe, Entzündungen und Krebs zu verhindern. Wie, beschreibt „Gesundheit aus dem Darm“, Zabert Sandmann Verlag, 19,95 Euro

•  Die Fernseh-Show „Stars mit Mut“
Um das Tabuthema Darmkrebs dreht sich eine ARD-Show am Karfreitag. Stars, Musik und Comedy sollen die Zuschauer aktivieren, denn „Früherkennung rettet Leben!“. Moderator der Sendung ist Frank Elstner.

•  Test in Apotheken
In 21 500 deutschen Apotheken hängen Plakate zum Thema „Darmkrebsprävention“. Ein neuer Stuhl-Blut-Test zum Selbstauswerten kostet in der Apotheke 12,50 Euro.

•  Infobroschüren
In bayerischen Arztpraxen liegt der Flyer „Aktiv gegen Darmkrebs“ aus. Den Gießener und Marburger Tageszeitungen liegt das Magazin „Leben & Gesundheit“ der Aktion „Hessen und die Kurpfalz gegen Darmkrebs“ bei.

•  www.darmkrebsmonat.de
News, Termine und Hintergründe bietet diese Homepage im Internet.



  Schmidt: Toll. Ich habe hervorragende Erfahrungen damit gemacht. Ein Supermittel, was nix kostet. Eine echte Verbesserung mit Wohlfühleffekt.

  FOCUS: Was sind die positiven Effekte?

  Schmidt: Jeden Bissen 50-mal kauen, langsam essen und drei bis vier Liter Wasser oder Kräutertee pro Tag trinken. Diese Mayr-Kur ist eine einzige Hymne auf den Darm. Der Darm ist neben dem Gehirn das wichtigste Organ, weil dort der ganze Stoffwechsel stattfindet. Man macht sich ja gar nicht klar, wie ein paar Fritten oder ein Bier umgewandelt werden müssen. Mich hat das fasziniert.

  FOCUS: Wie geht es Ihrer Speiseröhre?

  Schmidt: Ich hatte Sodbrennen. Das ist so: Wenn Sie abends heavy essen gehen, einen doppelten Cognac trinken und einen Espresso um halb zwölf, dann haut es Ihnen einfach nachts die Soße raus, wenn Sie damit zu tun haben. Seit ich das nicht mehr mache, habe ich auch kein Sodbrennen mehr. Ich brauche nicht mal mehr die Säurehemmer zu nehmen.

  FOCUS: Simple Maßnahmen.

  Schmidt: Sag ich ja.

  FOCUS: Die Gastroenterologen halten von der Milch-Semmel-Kur des Militärarzts Franz Xaver Mayr wenig.

  Schmidt: Man kann keinen zwingen, etwas davon zu halten. Ich bin schwer beschimpft worden. Auch von Ärzten. „Diese Mayr-Kur ist das Letzte, kompletter Quatsch.“ Aber die Propheten dieser Kur sind alle über 80 und haben eine Superlaune.

  FOCUS: Worin sehen Sie die Ursachen vieler Krankheiten?

  Schmidt: Die Leute ernähren sich falsch und bewegen sich zu wenig. Egal welche Fitnesstheorie sie sich anschauen, es läuft immer darauf hinaus.

  FOCUS: Der dritte Pfeiler der Gesundheit neben Ernährung und Bewegung sind doch auch Psychohygiene und Stress-Management. Wer mit Belastungen nicht gut umgehen kann, schädigt auf Dauer seine Gesundheit.

  Schmidt: Aber es gibt doch eigentlich keinen Stress.

  FOCUS: Kennen Sie das nicht?

  Schmidt: Man kann Stress haben, wenn man ein schwer krankes Kind hat oder droht, den Arbeitsplatz zu verlieren. Das sind Probleme. Aber was die meisten Menschen als Stress bezeichnen, ist die Unfähigkeit, sich zu organisieren. Jede Art von Problem wird gleich wichtig genommen, ob ich einen Autounfall habe, den Haustürschlüssel vergesse oder mein Sonnenschirm umfällt.



„Der Darm ist ein phantastisches Organ, braucht aber ein besseres Image. Zum Beispiel eine Sendung ,Deutschland sucht den Superdarm'“

Harald Schmidt, Talk-Master, Köln



  FOCUS: Woher nehmen Sie Ihre Gelassenheit?

  Schmidt: Ich habe mir in den letzten Jahren Folgendes angewöhnt: Mir ist einfach alles wurscht. Im Klischee bezeichne ich das für mich als asiatisch.

  FOCUS: Deshalb meditieren Sie?

  Schmidt: Ja, das mache ich.

  FOCUS: Aber wie überwindet man den inneren Schweinhund, bei Wind und Wetter zu joggen, weil es gesund ist?

  Schmidt: Ich find es okay, wenn jemand raucht und säuft. Bekannt ist, dass das Leben endlich ist, für alle. Irgendwann ist Feierabend. Wenn ich jeden Tag einen Kasten Bier trinke und zwei Schachteln Zigaretten rauche, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass früher Schluss ist, ziemlich groß. Wer das will oder nicht stark genug ist, sich dagegen zu wehren, der trägt dieses Risiko.

  FOCUS: In New York klagen jetzt mehrere übergewichtige junge Leute gegen Fast-Food-Ketten, weil sie durch Burger dick geworden seien. Finden Sie das okay?

  Schmidt: Nee, finde ich nicht okay. Es ist einfach bekannt, dass man davon dick wird. Aber ich gehe auch gern zu McDonald's, ich esse gern eine Currywurst, und ich bin auch gern mal besoffen. Das Wichtigste ist die Balance. Es gibt Phasen, da schmier ich mir fingerdick Butter unter die Leberwurst, und Phasen, da esse ich abends nichts mehr.

  FOCUS: Ihnen schmeckt ein Burger?

  Schmidt: Ein Burger mit einer fetten Sauce und doppelte Fritten rot-weiß sind was Tolles. Schmeckt irgendwie besser als Gemüse. Aber wahrscheinlich ist das eine Frage des Trainings der Geschmacksnerven.

  FOCUS: Joggen Sie?

  Schmidt: Tja, da bin ich faul. Das möchte ich aber in den nächsten fünf Jahren ändern.

  FOCUS: Lesen Sie eigentlich Fitnessbücher, rein präventiv, zum Beispiel von Fitnesspapst Strunz?

  Schmidt: Nein. Ich möchte auf keinen Fall so aussehen wie Herr Strunz, wie ein Brathähnchen mit einer Beckenbauer-Brille. Das hätte keine Coolness. Ich finde, so ein gepflegter Verfall – das hat was. Leute, die permanent gesund sind, können einem auch furchtbar auf den Keks gehen, oder? Mein Idol ist der Nobelpreisträger, der sich mit 90 noch selber die Schuhe zubinden kann.

  FOCUS: Wäre eine eigene Gesundheitssendung nichts für Sie?

  Schmidt: Ich hatte mal die Idee für eine Gesundheits-Show, die sollte heißen „Wie geht's?“. Von der Pharma-Industrie bezahlt, komplett. So in der Art „Fliege auf Medizin“. Von mir selber moderiert. Da haben mir die Industrie und das Fernsehen die Tür eingerannt. Gesundheit ist das große Thema. Aber ich habe ja schon eine Sendung.

Interview: Gaby Miketta

Quelle: Focus-Online

 

Clubmitglied, 50056 Postings, 8629 Tage vega2000Guter Artikel

 
  
    #2
02.03.03 17:28

34698 Postings, 8640 Tage DarkKnightBodenständig. Echt gut, der Mann. o. T.

 
  
    #3
02.03.03 17:37

2709 Postings, 8464 Tage brudiniWoher stammt eigentlich der Name "Darmstadt"?

 
  
    #4
02.03.03 20:45

Auch nicht gerade vorteilhaft...  

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