Die Wurzeln des Dschihad


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Eröffnet am:02.03.03 20:01von: Happy EndAnzahl Beiträge:3
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02.03.03 20:01
Während die Tommies von Blair und die GIs von Bush nach Osten reisen, wäre es gut, wenn die Menschen, die sie geschickt haben, sich ein wenig Zeit für einen kurzen Ausflug in die Geschichte nehmen würden. Die Briten haben sich schon früher auf einem solchen Weg zum Krieg befunden. Das Ergebnis war eine derartige Katastrophe, dass Whitehall noch immer nicht die Tausenden von Toten anerkennen will, die mit der einfachsten und gewöhnlichsten Kriegsauszeichnung endeten. Es gibt keine Denkmäler, um an diese Toten zu erinnern. Die Story wurde aus der britischen Geschichte getilgt.

Der vergessene Krieg fand zwischen 1951 und 1954 in den eintönigen Wüstenhügeln statt, die sich auf beiden Seiten des Suez-Kanals hinziehen. Er endete mit dem schmählichen Rückzug der Briten aus einem Land (wie Irland, Palästina oder Vietnam), in dem die "kleinen Leute" sich weigerten, eine fremde Herrschaft zu dulden. Das Land war Ägypten.

Die Lektion ist einfach, und sie ist jedem Soldaten Napoleons während des langen Rückzugs von Moskau im Jahr 1812 bis hin zum letzten amerikanischen Marine bekannt, der um seinen Platz im letzten Hubschrauber kämpfte, der 1975 aus Saigon flüchtete. Sie besteht darin, dass eine offensichtlich ganz einfacher militärischer Eroberungsfeldzug in Wirklichkeit eine Illusion ist, um die Unaufmerksamen in die Falle zu locken: ein politisches Wunder. Der wirkliche Krieg beginnt mit der Besetzung. Als ein Teilnehmer des vergessenen britischen Wüstenkriegs, weiß ich, dass der auf die Eroberung folgende Konflikt aus Terror, Mord und Chaos besteht, dass er ohne Glanz und mit zunehmender Grausamkeit auf Seiten der Besetzer und auf der der Besetzten geführt wird.

Es gibt ein gemeinsames Element, das die verbrannte Erde in Russland (1812 und 1942), die durch die Artillerie von der See zerstörten Häuser von Dublin (1916), den Geruch von Napalm am Morgen wie in Vietnam (1972) und die Berge ägyptischer Leichen in Ismailia (1852) verbindet. Das ist die Verpflichtung eines ganzen Volkes, falls notwenig Jahre lang Widerstand zu leisten. Die Verpflichtung zum Widerstand und der islamische Glaube waren die Hauptfaktoren, die wir in Ägypten unterschätzt hatten und die von den ölsüchtigen westlichen Demokratien zweifellos wieder unterschätzt werden, wenn sie dem Irak ihre Vorstellungen von einer Regierung aufzwingen.

Im Sommer 1951 fuhren wir, die Soldaten der 16. Fallschirmspringerbrigade, auf den Flugzeugträgern Bulwark und Warrior von demselben Kai in Portsmouth weg, von dem auch die Ark Royal vor kurzem in Richtung Golf ablegte. Ein einsamer schottischer Dudelsackpfeifer verabschiedete uns mit der Klage: "Yer no awa' tae bide awa" (Ihr fahrt nicht für immer fort). 400 von uns sollten nicht mehr zurückkehren.

Wir gingen davon aus, dass unser endgültiges der Golf und dort das iranische Ölfeld von Abadan sein würde, das ein radikaler Politiker, der Ministerpräsident Mossadeq, sich gerade von einem britischen Unternehmen angeeignet hatte. Wir, die "Paras", würden das Ölfeld mit Gewalt mit einem massenhaften Absprung zurück erobern. Ein vorsichtiger Uncle Sam interven ierte. Die CIA übernahm den Job, unterstützte mit viel Geld Straßenkämpfe, aufgrund derer die Regierung von Mossadeq stürzte und durch einen dem Westen freundlich gegenüber stehenden Schah ersetzt wurde. Als dieser Schah dann vertrieben wurde, nahm man die Angestellten der amerikanischen Botschaft als Geiseln. Durch einen katastrophalen Beifreiungsversuch von Spezialkräften stürzte ein amerikanischer Präsident.

Wir, die Paras, waren für einen Kampf bereit, wo auch immer wie ihm begegnen würden. Auf dem Meer tanzten wir auf dem Flugzeugdeck und sangen raue Lieder über "die Kameltreiber". Jeder wusste schließlich, dass es einer von uns mit sechs von ihnen aufnehmen konnte. Wir gingen in Zypern an Land. Eine andere Gelegenheit für einen Krieg lag direkt vor uns.

Die Briten hatten Ägypten seit 1882 besetzt und bewachten den Suez-Kanal, die Nabelschnur, durch die Europas Öl floss. Wir waren nicht willkommen. Große Aufstände und immer mehr Opfer wurden zum Alltag während der nächsten 70 Jahre. Wir allerdings hingen an dem Glauben fest:
 
"Whatever happens we have got
The Maxim Gun, and they have not!"  
 
1951 hob die ägyptische Regierung ein Abkommen auf, dass es 10.000 britischen Soldaten erlaubte, in der Kanalzone zu bleiben (in Wirklichkeit waren dort 60.000 stationiert). Es folgten antibritische Aufstände. Drei Tage später nahmen die Paras strategisch wichtige Punkte wie Brücken oder eine Eisenbahn gewaltsam ein. Es gab nicht viele Tode. Danach begannen die Generäle gegen den Rat der Diplomaten mit Aktivitäten, die sich zu einem privaten Krieg auswuchsen.

Overkill

Die Ägypter befahlen allen zivilen Arbeitern, etwa 10.000, jede Unterstützung der britischen Stützpunkte zu unterlassen. Jetzt mussten die Tommys alle Arbeiten von der Arbeit am Kai bis zu den Wasseraufbereitungsanlagen selbst ausführen. Man überlebt ohne sauberes Wasser nicht lange in der Wüste. Die Aufbereitungsanlagen wurden von Scharfschützen beschossen. In der "Operation Flatten", die von den Paras angeführt wurde, zerstörten unsere Tanker ein Dorf in der Nähe von Suez. Eine schlimme Erinnerung an die Nazi-Untaten in Polen 1943. Sir Thomas Rapp, unser Einsatzleiter in Kairo und ein Kriegsheld, beschrieb Flatten als eine "diplomatische Katastrophe".

Wir waren, wohin wir auch seitdem gingen, bewegliche Ziele für Anschläge, die normalerweise von hinten geschahen, oder Opfer von Entführungen. Ein britischer Offizier wurde langsam mit Bajonetten getötet, sein Gesicht brutal in den Wüstensand gepresst. Anders wie ein Zwei-Sterne-General der Luftwaffe verschwand, ohne noch einmal gesehem zu werden. Unser Feind - muslimische fundamentalistische Guerilleros der Islamischen Bruderschaft - schlich sich in der Dunkelheit in den Raum zwischen unseren mit Stacheldraht geschützten Lagern, feuerte ein paar Kugeln in jede Richtung und zog sich dann wieder zurück, während die Briten darauf so reagierten, dass sie aufeinander schossen.

General Erskine, unser Kommandeur, verachtete sowohl die "Gippos" als auch die britischen Diplomaten, die einen nichtmilitärischen Weg vertraten. Er musste ein persönliches Gespenst vertreiben. In der Normandie war er 1944 für ein übervorsichtiges Verhalten im Kampf kritisiert und von seinem Kommando abgesetzt worden. Sechs Jahre später stand er in Ägypten Guerilleros in zerfetzten Hosen und kaum ausgebildeten sowie schlecht bewaffneten Hilfspolizisten gegenüber. Erskine schaltete in den Overdrive hoch und begann mit einem Overkill.

Der deprimierendste Außenposten war in El Kebir, ein Nichts irgendwo platziert. Es handelte sich um ein Nachschublager mit einem Umfang von 30 Kilometern, in dem es Nachts klirrend kalt und tagsüber unerträglich heiß war und das permanent Sandstürmen ausgesetzt war. Nach jedem Sturm kam die nächste Plage: Sandfliegen. Sie fraßen unsere Lebensmittel und krabbelten über unsere schwitzenden Körper. Für einige Wehrpflichtige, das waren wir fast alle, war der einzige Weg aus dieser Hölle darin, am Ende eines Seils zu baumeln, der vom Wasserturm des Lagers herabhing.

Zu diesen Schrecken gesellten sich nun auch noch die "Jugendkommandos". Sie überfielen einen Militärzug und sprengten eine Patrouille der Scottish Highlander in die Luft, die zur Rettung kamen. Wir umzingelten die Kommandos in einer Oase, riefen Panzer und bombardierten den Ort. An dem Tag starben 12 Ägypter, 15 wurden verwundet. Später setzten wir schwere Artillerie gegen ein nahegelegenes Dorf ein, in dem sich Scharfschützen versteckten.

Weitaus Schlimmeres folgte ein paar Tage später in Ismailia, einer grünen Marktstadt am Kanal. Den ägyptischen Polizisten, die sich in ihre Baracken zurückgezogen hatten, wurde befohlen, ihre Waffen niederzulegen. Auf Befehl ihrer eigenen Regierung weigerten sie sich. Wir ließen Panzer auffahren und bombardierten das Gebäude mit Anti-Panzer-Geschossen, Mörsergranaten und den Maschinengewehren auf den Panzern. Dann griffen die Lancashire Fusiliers mit Bajonetten an und warfen Granaten. Später "füllten tote und verwundete Ägypter die Räume der Baracke", so ein Augenzeuge, umgeben von "einem pathetischen Haufen an blutgetränkten Decken".

Die "Wogs" hatten sich tapfer fünf Stunden lang verteidigt, lediglich ausgerüstet mit Gewehren und ein paar leichten Maschinengewehren. Vierzig von ihnen starben, 70 wurden verwundet. "Ob wir die ägyptische Polizei lieben oder nicht", so David Webster, der Reporter des Daily Mirror zu dieser in einem von Whitehall nicht gerne gesehenen Artikel, "so haben sowohl die Berufs- als auch die Aushilfspolizisten in einem Ausmaß Widerstand geleistet und gekämpft, wie unsere Behörden dies nicht einen Augenblick lang erwartet haben."

Wir verloren drei Mann, 13 wurden verwundet. Wir verloren vor allem jede moralische Autorität im Mittleren Osten. Sir Cecil Campbell, der Präsident der Britischen Wirtschaftskammer in Ägypten, sagte: "Der Gebrauch der Gewalt in Ismailia ... hat alle Ägypter gegen uns vereinigt. In Ismailia haben wir Ägypten politisch und endgültig verloren."

Schwarzer Samstag

Sir Alexander Keown-Boyd, der ehemalige Geheimdienstchef in Ägypten, bezeichnete die Operationen von Erskine als politische Katastrophen. Der britische Botschafter kam zum Schluss, dass der höchste General seines Landes in der Region "einer extremen Politik in eigener Verantwortung nachging". Aber in London applaudierte ein gerade wiedergewählter Ministerpräsident Winston Churchill das Militär.

Am Tag nach Ismailia übernahm der Mob die Herrschaft in Kairo, angeführt von rebellischen und verbitterten Polizeioffizieren, die Waffen verlangten, um ihre Kameraden zu rächen. Die Menge brannte 750 ausländische Geschäftsgebäude, darunter solche Kolonialprunkstücke wie das Shepard's Hotel nieder. Der Großteil des verwestlichten Kairo ging in Flammen auf. Zu den 26 Toten gehörte der kanadische Handelsbeauftragte, der im Turf Club verbrannte. Der tag ging in die lokale Geschichte als "Schwarzer Samstag" ein. Wir, die Paras, bereiteten uns für einen Absprung auf Kairos größten Flugplatz vor. Schließlich setzten sich klügere Berater durch, die sich gegen einen vollen Krieg mit Ägypten aussprachen.

Für die Briten gab es keine Zukunft mehr in Ägypten. Der Overkill hatte das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung. Innerhalb von zwei Jahren nach der militärischen Aktion in der Kanalzone hatten wir die unvermeidliche Folge akzeptiert und einem Abzug zugestimmt. Trotz des verrückten Versuchs, 1956 wieder in Ägypten in israelisch-französischer Zusammenarbeit einzumarschieren, hielten sich die Briten aus guten Gründen zurück.

Der einige wichtige Unterschied zwischen damals und heute ist, dass die Amerikaner damals aus ihren eigenen Gründen gegen die britische Repression in Ägypten waren. Jetzt sind die USA die imperiale Macht, die mit der größten Knarre und Nuklearwaffen ausgestattet und zu ihrer Anwendung bereit sind, ohne zu bedenken, worauf das hinauslaufen könnte. Ich gehe davon aus, dass der kommende Krieg mindestens ein halbes Jahrhundert dauern wird. Das ist im Mittleren Osten nichts Besonderes. Sie waren schon davor da. Und im Unterschied zu den Angelsachsen vergessen sie nicht.  

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02.03.03 20:12
Die Armee Gottes gegen die CIA

Das ägyptische Volk akzeptierte niemals eine Fremdherrschaft. Die Briten besetzten das Land 1882, um den Suezkanal zu schützen, die Lebensader, durch die London seine Kolonien in Indien und im Fernen Osten im Zeitalter vor den Supertankern beherrschte. In den Jahren 1919, 1930 (als zwei britische Kriegsschiffe Alexandria bedrohten), 1931 und 1935 gab es immer wieder blutige Aufstände in den Straßen aller großen Städte.

Das ideologische Herz des Widerstandes war (und ist immer noch) die alte islamische al-Azhar Universität in Kairo. Dort hatte Anfang des 20.Jahrhunderts Muhammed Abdu, ein charismatischer Dozent, seine Studenten überzeugt, dass "die Araber sich mithilfe eines reformierten und neu belebten Islams den Herausforderungen der modernen Welt stellen könnten." Scheich Ahmed Yassin, der Anführer der Hamas - der palästinensische Guru der Selbstmordattentäter - ist der aktuellste Absolvent der al-Azhar Universität und einer von vielen, der die westlichen Werte herausfordert.

Abdus Lehre einer islamischen Selbstgenügsamkeit ist im Nahen Osten nach wie vor eines der zwei wichtigsten Elemente in der Geschichte des Widerstandes gegen Fremdherrschaft. Das andere ist militärisch, säkular, modern und nationalistisch. Diese beiden Traditionen geraten so oft aneinander, wie sie sich gegen den Westen verbünden. Der militante Islam - ein philosophisches Verweigern der westlichen Kultur - hat sich als dauerhafter erwiesen. Diese Lehre der religiösen Reinheit wurzelt in den Schriften Ibn Taymiyyhas (1268-1328), die von der Muslimischen Bruderschaft in Ägypten, von Sayyid Qutb (dem "Vater des modernen Fundamentalismus"), in den 1950er Jahren aufgegriffen wurden, und dank Osama Bin Laden von Al-Qaida weltweit verbreitet wurden. (Qutb ist auf einer Schiffsreise in die Vereinigten Staaten angeblich vollkommen traumatisiert worden, da eine amerikanische Frau sehr offensiv versucht haben soll, ihn zu verführen.)

Der Vorbote des religiösen militärischen Widerstandes war Scheich Izzeddin Qassam, auch ein Absolvent der al-Azhar Universität. Qassam war in Syrien von der französischen Besatzungsmacht zum Tode verurteilt worden und 1922 nach Haifa geflohen. Dort rekrutierte er 800 potentielle Märtyrer, um die beginnende jüdische Immigration nach Palästina zu stoppen. 1917 hatte England erklärt, den Wunsch der Juden nach einer nationalen Heimstätte in Palästina unterstützen zu wollen.

1935 schrieb der Arabist David Hirst:

Das britische Gesetz vernachlässigt die arabischen Interessen in einem Maße, das unerträglich ist....Eine wirtschaftliche Krise, zum Teil das Ergebnis unkontrollierter Immigration, hat zu einer katastrophalen Zunahme von Arbeitslosigkeit unter den Arabern geführt. Die Ideale, für die Scheich Qassam und seine Anhänger bereit sind zu sterben, könnten keinen fruchtbareren Grund finden als diese arme ländliche Schicht, die an der Peripherie von Städten angesiedelt ist.

Die folgende militärische Aktion war eine makabre komische Oper. Sie war auch von großer Tragweite. Die Briten hatten Hinweise, dass Qassam und seine Männer sich in Höhlen verschanzten und eine bewaffnete Revolte vorbereiteten. Eine gemischte Truppe von Tommies und arabischen Söldnern umzingelten sie in den Bergen von Jenin. Aufgefordert sich zu ergeben, antwortete Qassam: "Niemals. Dies ist der Dschihad für Gott und Vaterland." Er und eine Handvoll andere wählten einen trotzigen Tod und wurden zu den ersten "Fedayin" (Märtyrer) des palästinensischen Kampfes.

Die meisten seiner Kameraden gaben kampflos auf. Dennoch entwickelte sich eine Legende von heiligen Opfern, die das Bewusstsein von Tausenden junger Idealisten schärfte. In vieler Hinsicht war es mit dem Aufstand von Dublin (1916) vergleichbar: Militärisch gesehen eine verlorene Sache, aber ein politischer Vulkan. Ein Vulkan, der 1951 wieder ausbrach, als sich belagerte ägyptische Polizisten britischen Panzern entgegenstellten und der die letzten beiden Jahre während der palästinensischen Intifada geschwelt hat.

Ein weiterer Pionier des philosophischen Widerstands war Hassan al-Banna, 1906 geboren und im Februar 1949 ermordet, höchstwahrscheinlich auf Veranlassung von König Farouk hin, der Großbritanniens Günstling in Ägypten war. 1928 gründete al-Banna in Ismailia die Moslem Brüderschaft, eine Bewegung, die ursprünglich für Bildung auf dem Weg zur islamischen Revolution in Ägypten eintrat. Al-Bannas Vision war die Wiederherstellung des alten Kalifats, was Land einschließt, das weit über Ägypten hinaus geht, u.a. Syrien. Die Briten merkten nichts von seinen Plänen, wohl aber die ständig wachsende Generation von ägyptischen Berufsmilitärs. Eine Verschwörung von jungen Offizieren, darunter zwei zukünftige Präsidenten (Nasser und Sadat), baute während des Zweiten Weltkrieges Brücken zu der Brüderschaft und zu dem deutschen Afrika Korps.

Der britische Diplomat Anthony Nutting schreibt in seiner Nasser-Biografie.

In den ersten drei Jahren des Zweiten Weltkrieges verbreitete der ägyptische General Aziz al-Masry Propaganda für die Deutschen, nicht etwa weil er Deutschland so gemocht hätte. Sondern weil er der Meinung war, dass nur die Art von Macht, die Hitler repräsentierte, die Briten aus Ägypten vertreiben könnte. Wie schon die alte arabische Maxime sagt: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Jeder ägyptische Nationalist aus der Moslem Brüderschaft erklärte den Studenten: Wir sind Rommel's Soldaten

Sadat war der Verbindungsmann zwischen der Brüderschaft und den "Freien Offizieren". Viel später sollte er auch ein geschätztes Werkzeug der CIA und ein Opfer eines Mordkomplottes der Brüderschaft werden.

Die "Freien Offiziere" entstammten einem Experiment aus den 30ern, als man versucht hatte, die ägyptische Armee zu demokratisieren. Sie unterschieden sich wesentlich von der Brüderschaft. Der israelische Gelehrte Eliezer Be'esri hat folgendes beobachtet:

Nur sehr wenige ägyptische Offiziere sind Söhne von religiösen muslimischen Funktionären....Es waren Söhne und Brüder von jenen, die eine eher westliche oder technische Ausbildung hatten, die einen hohen Prozentsatz des Offizierskorps bildeten.

Zweimal, 1935 und noch einmal 1965, forderte al-Banna, im so genannten Supreme Guide der Brüderschaft, dass ein gewisser Prozentsatz der Provisionen für die Armee den Absolventen der islamischen al-Azhar Universität zugesprochen werden sollte. Davon wollte die Armee nichts wissen. Dabei kämpfte die Bruderschaft bei den Befreiungskämpfen der Ägypter und Palästinenser meist an vorderster Front.

Als die Amerikaner in den 1950ern anfingen, sich um Einfluss in Ägypten zu bemühen, umwarben sie mehr die militärische Kaste mit ihrem säkularem Stil als die Fundamentalisten in der Moschee. Es ist wahrscheinlich, dass die US-Diplomaten im Irak diesen Fehler wiederholen werden, den sie auch im Iran gemacht haben und soeben in Afghanistan machen.

Von seinem Hochsitz in Kairo aus sah der irisch-amerikanische Botschafter Jefferson Caffery zu, wie die Briten sich in der Suez-Kanal-Zone ihr eigenes Grab schaufelten. Nach dem Massaker an Polizisten in Ismailia im Januar 1952, ließ er das Außenministerium wissen, dass die Briten "mehr getan hatten, als nötig gewesen wäre, um die Unruhen niederzuhalten". Der US-Botschafter in London schloss daraus, dass als Folge des britischen Overkill ‹ uns das Gebiet versagt bleibt, das wir für militärische Stützpunkte gebraucht hätten, und darüber hinaus der uns nützliche Einfluss von Ägypten in der arabischen Welt."

Der britische Diplomat Anthony Nutting schloss, dass Caffery "alles tue um die Briten zu verjagen." Ein paar Monate früher hatten die Amerikaner eine Krise im Golfgebiet abgewendet. Eine radikale populistische Iran-Regierung hatte die Ölfelder von Abadan besetzt, die unter der Kontrolle einer britischen Firma standen. Großbritannien bereitete als Antwort seine paramilitärischen Truppen vor, um sich das Öl mit Gewalt wieder zu holen. Von Präsident Truman zurückgepfiffen, mussten sie dann allerdings zusehen, wie der tödliche Dollar sein Werk verrichtete. Die CIA orchestrierte Krawalle, um die teheranische Moussadeq-Regierung zu stürzen und den Schah auf seinen Platz zu setzen.

Nach diesem Triumph wendete die CIA ihre Aufmerksamkeit Kairo zu. Ihr Arabien-Experte Kermit Roosevelt entwickelte eine nette Duzfreundschaft zu Oberst Gamal Abdel Nasser, einem Helden der schmählichen Niederlage, die Israel der ägyptischen Armee 1948 zugefügt hatte. Nasser war außerdem ein Veteran der dissidenten Gruppe der "Freien Offiziere". Im Juli 1952 ergriff diese Gruppe die Macht und zwang König Farouk ins Exil zu fliehen. Er segelte auf seiner Yacht davon, an Bord die Goldreserven seines Landes. Die Briten hatten keine Ahnung was passiert war, bis die Amerikaner es ihnen erzählten. Caffery genüsslich:

Es tut mir leid, feststellen zu müssen, dass die Briten Anzeichen von leichter Verstimmung darüber zeigen, dass sie praktisch keine Beziehungen zum ägyptischen Militär haben, während unsere Verbindungen zu ihm so herzlich sind.

Später, als die Politik des Kalten Krieges diese Beziehung belastete, gab es eine lange Entfremdung zwischen den USA und Ägypten, immer noch das Machtzentrum arabischer Identität. Nasser wurde als Günstling von Sowjetrussland entdeckt. Aber mit der Ankunft von Anwar Sadat geriet Kairo aufs neue unter den Einfluss von Washington und zwar zu einem beträchtlichen Maß. Sadats persönlicher Schutz wurde von der CIA organisiert.

Sadat kam 1970 zur Macht und hatte innerhalb von zwei Jahren die russischen Berater des Landes weggeschickt. Die CIA übernahm daraufhin Ägyptens Spionagedienst sowie die persönliche Leibwache des Präsidenten. Wie Bob Woodward in seiner Geschichte der CIA erzählt, wurde die CIA richtiggehend süchtig nach intimem Klatsch aus der Politik Kairos.

Am 6. Oktober 1981 richteten Männer aus Sadats eigenen Truppen bei einer öffentlichen Parade ihre Waffen gegen ihn. Die Brüderschaft hatte mal wieder zugeschlagen. Bill Casey, Kopf der CIA, war entsetzt. Betraut mit der Camp David Vereinbarung mit Israel und anderen politischen Dingen, darunter dem Schutz von Sadats Protege, Hosni Mubarak, befahl er.

‹Schickt Männer raus in die verdammten Straßen, um zu sehen, ob jemand gerade Mubarak erschießt"

Ähnlich wie beim Sturz eines anderen amerikanischen Günstlings, dem Schah, war es ein Fall, in dem Menschen stärker waren als ein massiver staatlicher Sicherheitsapparat. Casey soll später zu seinen Mitarbeitern gesagt haben:

Kümmert euch um den Ayatollah - das ist der Mann von morgen, der die wütenden Massen führen könnte

Von der Allianz mit den freien Offizieren und dem Hinauskomplimentieren der Briten bis zur heutigen Zeit, wirft Amerikas Engagement in Ägypten einen langen Schatten auf den bevorstehenden Krieg mit dem Irak (und seine Besetzung). 1956, als die Briten zurück in die Suez-Kanal-Zone stürmten, eine Invasion, die sie zusammen mit Israel und Frankreich in geheimer Absprache geplant hatten, wurden sie von den Vereinigten Staaten zurück gepfiffen - London wurde der wirtschaftliche Ruin angedroht. Man stand an einem historischen Kreuzweg und England musste zähneknirschend begreifen lernen, dass es keine eigene unabhängige Außenpolitik riskieren konnte, wenn damit eine Missachtung der Wünsche seines größeren transatlantischen Bruders verbunden war.

Wird, was die Bush-Administration abfällig als "Altes Europa" bezeichnet - gemeint ist damit faktisch die wiederbelebte französisch-deutsche Partnerschaft -, künftig eine Alternative zur amerikanischen Vorherrschaft anbieten, während sich der Himmel über dem globalen Dorf mit Kriegswolken verfinstert ?

Die Antwort zu dieser Frage könnte sich im Verlauf des nächsten langen und bitteren Konflikts im Mittleren Osten als Schlüssel für all das erweisen, was uns noch bevorstehen mag.  

95441 Postings, 8511 Tage Happy EndDie Wurzeln des Dschihad II

 
  
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02.03.03 20:12
Die Armee Gottes gegen die CIA

Das ägyptische Volk akzeptierte niemals eine Fremdherrschaft. Die Briten besetzten das Land 1882, um den Suezkanal zu schützen, die Lebensader, durch die London seine Kolonien in Indien und im Fernen Osten im Zeitalter vor den Supertankern beherrschte. In den Jahren 1919, 1930 (als zwei britische Kriegsschiffe Alexandria bedrohten), 1931 und 1935 gab es immer wieder blutige Aufstände in den Straßen aller großen Städte.

Das ideologische Herz des Widerstandes war (und ist immer noch) die alte islamische al-Azhar Universität in Kairo. Dort hatte Anfang des 20.Jahrhunderts Muhammed Abdu, ein charismatischer Dozent, seine Studenten überzeugt, dass "die Araber sich mithilfe eines reformierten und neu belebten Islams den Herausforderungen der modernen Welt stellen könnten." Scheich Ahmed Yassin, der Anführer der Hamas - der palästinensische Guru der Selbstmordattentäter - ist der aktuellste Absolvent der al-Azhar Universität und einer von vielen, der die westlichen Werte herausfordert.

Abdus Lehre einer islamischen Selbstgenügsamkeit ist im Nahen Osten nach wie vor eines der zwei wichtigsten Elemente in der Geschichte des Widerstandes gegen Fremdherrschaft. Das andere ist militärisch, säkular, modern und nationalistisch. Diese beiden Traditionen geraten so oft aneinander, wie sie sich gegen den Westen verbünden. Der militante Islam - ein philosophisches Verweigern der westlichen Kultur - hat sich als dauerhafter erwiesen. Diese Lehre der religiösen Reinheit wurzelt in den Schriften Ibn Taymiyyhas (1268-1328), die von der Muslimischen Bruderschaft in Ägypten, von Sayyid Qutb (dem "Vater des modernen Fundamentalismus"), in den 1950er Jahren aufgegriffen wurden, und dank Osama Bin Laden von Al-Qaida weltweit verbreitet wurden. (Qutb ist auf einer Schiffsreise in die Vereinigten Staaten angeblich vollkommen traumatisiert worden, da eine amerikanische Frau sehr offensiv versucht haben soll, ihn zu verführen.)

Der Vorbote des religiösen militärischen Widerstandes war Scheich Izzeddin Qassam, auch ein Absolvent der al-Azhar Universität. Qassam war in Syrien von der französischen Besatzungsmacht zum Tode verurteilt worden und 1922 nach Haifa geflohen. Dort rekrutierte er 800 potentielle Märtyrer, um die beginnende jüdische Immigration nach Palästina zu stoppen. 1917 hatte England erklärt, den Wunsch der Juden nach einer nationalen Heimstätte in Palästina unterstützen zu wollen.

1935 schrieb der Arabist David Hirst:

Das britische Gesetz vernachlässigt die arabischen Interessen in einem Maße, das unerträglich ist....Eine wirtschaftliche Krise, zum Teil das Ergebnis unkontrollierter Immigration, hat zu einer katastrophalen Zunahme von Arbeitslosigkeit unter den Arabern geführt. Die Ideale, für die Scheich Qassam und seine Anhänger bereit sind zu sterben, könnten keinen fruchtbareren Grund finden als diese arme ländliche Schicht, die an der Peripherie von Städten angesiedelt ist.

Die folgende militärische Aktion war eine makabre komische Oper. Sie war auch von großer Tragweite. Die Briten hatten Hinweise, dass Qassam und seine Männer sich in Höhlen verschanzten und eine bewaffnete Revolte vorbereiteten. Eine gemischte Truppe von Tommies und arabischen Söldnern umzingelten sie in den Bergen von Jenin. Aufgefordert sich zu ergeben, antwortete Qassam: "Niemals. Dies ist der Dschihad für Gott und Vaterland." Er und eine Handvoll andere wählten einen trotzigen Tod und wurden zu den ersten "Fedayin" (Märtyrer) des palästinensischen Kampfes.

Die meisten seiner Kameraden gaben kampflos auf. Dennoch entwickelte sich eine Legende von heiligen Opfern, die das Bewusstsein von Tausenden junger Idealisten schärfte. In vieler Hinsicht war es mit dem Aufstand von Dublin (1916) vergleichbar: Militärisch gesehen eine verlorene Sache, aber ein politischer Vulkan. Ein Vulkan, der 1951 wieder ausbrach, als sich belagerte ägyptische Polizisten britischen Panzern entgegenstellten und der die letzten beiden Jahre während der palästinensischen Intifada geschwelt hat.

Ein weiterer Pionier des philosophischen Widerstands war Hassan al-Banna, 1906 geboren und im Februar 1949 ermordet, höchstwahrscheinlich auf Veranlassung von König Farouk hin, der Großbritanniens Günstling in Ägypten war. 1928 gründete al-Banna in Ismailia die Moslem Brüderschaft, eine Bewegung, die ursprünglich für Bildung auf dem Weg zur islamischen Revolution in Ägypten eintrat. Al-Bannas Vision war die Wiederherstellung des alten Kalifats, was Land einschließt, das weit über Ägypten hinaus geht, u.a. Syrien. Die Briten merkten nichts von seinen Plänen, wohl aber die ständig wachsende Generation von ägyptischen Berufsmilitärs. Eine Verschwörung von jungen Offizieren, darunter zwei zukünftige Präsidenten (Nasser und Sadat), baute während des Zweiten Weltkrieges Brücken zu der Brüderschaft und zu dem deutschen Afrika Korps.

Der britische Diplomat Anthony Nutting schreibt in seiner Nasser-Biografie.

In den ersten drei Jahren des Zweiten Weltkrieges verbreitete der ägyptische General Aziz al-Masry Propaganda für die Deutschen, nicht etwa weil er Deutschland so gemocht hätte. Sondern weil er der Meinung war, dass nur die Art von Macht, die Hitler repräsentierte, die Briten aus Ägypten vertreiben könnte. Wie schon die alte arabische Maxime sagt: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Jeder ägyptische Nationalist aus der Moslem Brüderschaft erklärte den Studenten: Wir sind Rommel's Soldaten

Sadat war der Verbindungsmann zwischen der Brüderschaft und den "Freien Offizieren". Viel später sollte er auch ein geschätztes Werkzeug der CIA und ein Opfer eines Mordkomplottes der Brüderschaft werden.

Die "Freien Offiziere" entstammten einem Experiment aus den 30ern, als man versucht hatte, die ägyptische Armee zu demokratisieren. Sie unterschieden sich wesentlich von der Brüderschaft. Der israelische Gelehrte Eliezer Be'esri hat folgendes beobachtet:

Nur sehr wenige ägyptische Offiziere sind Söhne von religiösen muslimischen Funktionären....Es waren Söhne und Brüder von jenen, die eine eher westliche oder technische Ausbildung hatten, die einen hohen Prozentsatz des Offizierskorps bildeten.

Zweimal, 1935 und noch einmal 1965, forderte al-Banna, im so genannten Supreme Guide der Brüderschaft, dass ein gewisser Prozentsatz der Provisionen für die Armee den Absolventen der islamischen al-Azhar Universität zugesprochen werden sollte. Davon wollte die Armee nichts wissen. Dabei kämpfte die Bruderschaft bei den Befreiungskämpfen der Ägypter und Palästinenser meist an vorderster Front.

Als die Amerikaner in den 1950ern anfingen, sich um Einfluss in Ägypten zu bemühen, umwarben sie mehr die militärische Kaste mit ihrem säkularem Stil als die Fundamentalisten in der Moschee. Es ist wahrscheinlich, dass die US-Diplomaten im Irak diesen Fehler wiederholen werden, den sie auch im Iran gemacht haben und soeben in Afghanistan machen.

Von seinem Hochsitz in Kairo aus sah der irisch-amerikanische Botschafter Jefferson Caffery zu, wie die Briten sich in der Suez-Kanal-Zone ihr eigenes Grab schaufelten. Nach dem Massaker an Polizisten in Ismailia im Januar 1952, ließ er das Außenministerium wissen, dass die Briten "mehr getan hatten, als nötig gewesen wäre, um die Unruhen niederzuhalten". Der US-Botschafter in London schloss daraus, dass als Folge des britischen Overkill ‹ uns das Gebiet versagt bleibt, das wir für militärische Stützpunkte gebraucht hätten, und darüber hinaus der uns nützliche Einfluss von Ägypten in der arabischen Welt."

Der britische Diplomat Anthony Nutting schloss, dass Caffery "alles tue um die Briten zu verjagen." Ein paar Monate früher hatten die Amerikaner eine Krise im Golfgebiet abgewendet. Eine radikale populistische Iran-Regierung hatte die Ölfelder von Abadan besetzt, die unter der Kontrolle einer britischen Firma standen. Großbritannien bereitete als Antwort seine paramilitärischen Truppen vor, um sich das Öl mit Gewalt wieder zu holen. Von Präsident Truman zurückgepfiffen, mussten sie dann allerdings zusehen, wie der tödliche Dollar sein Werk verrichtete. Die CIA orchestrierte Krawalle, um die teheranische Moussadeq-Regierung zu stürzen und den Schah auf seinen Platz zu setzen.

Nach diesem Triumph wendete die CIA ihre Aufmerksamkeit Kairo zu. Ihr Arabien-Experte Kermit Roosevelt entwickelte eine nette Duzfreundschaft zu Oberst Gamal Abdel Nasser, einem Helden der schmählichen Niederlage, die Israel der ägyptischen Armee 1948 zugefügt hatte. Nasser war außerdem ein Veteran der dissidenten Gruppe der "Freien Offiziere". Im Juli 1952 ergriff diese Gruppe die Macht und zwang König Farouk ins Exil zu fliehen. Er segelte auf seiner Yacht davon, an Bord die Goldreserven seines Landes. Die Briten hatten keine Ahnung was passiert war, bis die Amerikaner es ihnen erzählten. Caffery genüsslich:

Es tut mir leid, feststellen zu müssen, dass die Briten Anzeichen von leichter Verstimmung darüber zeigen, dass sie praktisch keine Beziehungen zum ägyptischen Militär haben, während unsere Verbindungen zu ihm so herzlich sind.

Später, als die Politik des Kalten Krieges diese Beziehung belastete, gab es eine lange Entfremdung zwischen den USA und Ägypten, immer noch das Machtzentrum arabischer Identität. Nasser wurde als Günstling von Sowjetrussland entdeckt. Aber mit der Ankunft von Anwar Sadat geriet Kairo aufs neue unter den Einfluss von Washington und zwar zu einem beträchtlichen Maß. Sadats persönlicher Schutz wurde von der CIA organisiert.

Sadat kam 1970 zur Macht und hatte innerhalb von zwei Jahren die russischen Berater des Landes weggeschickt. Die CIA übernahm daraufhin Ägyptens Spionagedienst sowie die persönliche Leibwache des Präsidenten. Wie Bob Woodward in seiner Geschichte der CIA erzählt, wurde die CIA richtiggehend süchtig nach intimem Klatsch aus der Politik Kairos.

Am 6. Oktober 1981 richteten Männer aus Sadats eigenen Truppen bei einer öffentlichen Parade ihre Waffen gegen ihn. Die Brüderschaft hatte mal wieder zugeschlagen. Bill Casey, Kopf der CIA, war entsetzt. Betraut mit der Camp David Vereinbarung mit Israel und anderen politischen Dingen, darunter dem Schutz von Sadats Protege, Hosni Mubarak, befahl er.

‹Schickt Männer raus in die verdammten Straßen, um zu sehen, ob jemand gerade Mubarak erschießt"

Ähnlich wie beim Sturz eines anderen amerikanischen Günstlings, dem Schah, war es ein Fall, in dem Menschen stärker waren als ein massiver staatlicher Sicherheitsapparat. Casey soll später zu seinen Mitarbeitern gesagt haben:

Kümmert euch um den Ayatollah - das ist der Mann von morgen, der die wütenden Massen führen könnte

Von der Allianz mit den freien Offizieren und dem Hinauskomplimentieren der Briten bis zur heutigen Zeit, wirft Amerikas Engagement in Ägypten einen langen Schatten auf den bevorstehenden Krieg mit dem Irak (und seine Besetzung). 1956, als die Briten zurück in die Suez-Kanal-Zone stürmten, eine Invasion, die sie zusammen mit Israel und Frankreich in geheimer Absprache geplant hatten, wurden sie von den Vereinigten Staaten zurück gepfiffen - London wurde der wirtschaftliche Ruin angedroht. Man stand an einem historischen Kreuzweg und England musste zähneknirschend begreifen lernen, dass es keine eigene unabhängige Außenpolitik riskieren konnte, wenn damit eine Missachtung der Wünsche seines größeren transatlantischen Bruders verbunden war.

Wird, was die Bush-Administration abfällig als "Altes Europa" bezeichnet - gemeint ist damit faktisch die wiederbelebte französisch-deutsche Partnerschaft -, künftig eine Alternative zur amerikanischen Vorherrschaft anbieten, während sich der Himmel über dem globalen Dorf mit Kriegswolken verfinstert ?

Die Antwort zu dieser Frage könnte sich im Verlauf des nächsten langen und bitteren Konflikts im Mittleren Osten als Schlüssel für all das erweisen, was uns noch bevorstehen mag.  

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