Spiegel: Angela Merkel soll unberührt sein?


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Neuester Beitrag: 03.04.03 13:11
Eröffnet am:03.04.03 10:30von: Doktor NoAnzahl Beiträge:4
Neuester Beitrag:03.04.03 13:11von: ottifantLeser gesamt:814
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124 Postings, 7715 Tage Doktor NoSpiegel: Angela Merkel soll unberührt sein?

 
  
    #1
03.04.03 10:30
SPIEGEL ONLINE - 02. April 2003, 16:36
URL: 
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,243087,00.html

Angela Merkel
 
Die Unberührbare

Von Markus Deggerich

Angela Merkel lässt sich nicht beirren. Trotz erster Parteiaustritte hält sie an ihrer Nibelungentreue zu US-Präsident George W. Bush fest. Muss sie auch, denn zurück kann sie nicht mehr.

Führungskraft: Angela Merkel
DDP
GroßbildansichtFührungskraft: Angela Merkel
Berlin - Angela Merkel wirkt dieser Tage kriegerischer als Colin Powell. Während die CDU-Chefin eisern an ihrem außenpolitischen Kurs festhält, versucht der US-Außenminister die zerrissenen Fäden der Diplomatie wieder aufzunehmen.

Erstmals seit Kriegsbeginn suchen die USA wieder offiziellen Kontakt zu EU und Nato und schicken Powell dieser Tage zur Goodwill-Tour nach Brüssel und Ankara. Er soll türkische Truppen vom Einmarsch in den Nordirak abhalten und Europa für den Wiederaufbau gewinnen. Merkel stellt an der Heimatfront die Machtfrage und zwingt ihre Mannschaft hinter einen Kurs, von dem sie nun den ohnehin nicht mehr abweichen kann.

 CDU/CSU - Was ist die Linie der Union?

Merkel ist im Moment die Amerikanerin in Deutschland, Powell der Europäer. Noch am Dienstag ließ die CDU-Chefin den parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Volker Kauder, erklären, die Fraktion stehe in der Irak-Frage mit "überwältigender Mehrheit" hinter Merkel. Kauder gestand zwar ein, dass es in der Union auch kritische Stimmen zur proamerikanischen Haltung Merkels gebe. Vorsichtshalber gab es jedoch keine Abstimmung unter den Abgeordneten. Verhängnisvoll sei der Kurs von Merkel, schimpfte CSU-Wüterich Peter Gauweiler: "Wenn die Union in dieser Frage so weitermacht, wird sie von einer Fast-Regierung zur Daueropposition". Von einem "Aufstand der Basis" aber könne keine Rede sein, sagte Kauder und disqualifizierte dann Kritiker wie Rita Süßmuth, Heiner Geißler und den früheren außenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Karl Lamers, als "Polit-Rentner".

Hoffen auf ein schnelles Ende

"Wer sich seiner Sache sicher ist, muss renommierte Kritiker der eigenen Couleur nicht als Polit-Rentner, Gefühlsduseler oder Störenfriede diffamieren", lästert die "Süddeutsche Zeitung" über Merkels verordneten harten Kurs. Während sich die Parteichefin in der Post-Kohl-Ära um neue Offenheit und Debattenkultur in der Union bemühte, führt sie nun ausgerechnet beim Thema Krieg und Frieden die Hardliner an. Sie setzt nun auf ein schnelles Ende des Krieges und hofft, dass ihr die Geschichte Recht gibt.

Angesichts der Powellschen Einlenkungsmanöver ahnt Merkel, dass sie sich unnötig isoliert hat. Vorsichtig tastet sie sich nach vorne und versuchte am Mittwoch ihre Ausgangposition für das zu erwartende Rededuell mit Gerhard Schröder am Donnerstag im Bundestag zu verbessern. Angesichts des Scheiterns der Diplomatie vor dem Irak-Krieg plädiert die CDU-Chefin nun für eine vorsichtige Neuausrichtung der Außenpolitik. Das Bekenntnis zur europäischen Einigung und zur transatlantischen Partnerschaft müsse zwar bestehen bleiben, sagte Merkel am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Allerdings müsse darüber nachgedacht werden, ob im Hinblick auf die neuen Bedrohungen auf der Welt etwa die Strukturen der Vereinten Nationen geändert werden müssten.

Wieder vordenken statt vorgeben

Merkel geht beim Vordenken in die Vorlage, sie will nicht als gedankenlose Bush-Kriegerin dastehen. In der EU werde sich die Frage einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nach der gespaltenen Haltung in der Irak-Frage sehr viel vehementer als bisher stellen, sagte Merkel. Der Verfassungskonvent biete eine hervorragende Möglichkeit, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Die Frage stehe drängender denn je auf der Tagesordnung. Möglich sei eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nur, wenn sie auf einem gemeinsamen Werteverständnis mit den USA fuße. Das schließe in Einzelfällen Meinungsverschiedenheiten nicht aus, aber ein Grundvertrauen müsse vorhanden sein.

Wichtig sei auch, sich über die Zukunft der Nato Gedanken zu machen, fuhr Merkel fort. Sie sei Ausdruck der transatlantischen Partnerschaft im Sicherheitsbereich. Allerdings brauche ein solcher Sicherheitsverbund ein gemeinsames Verständnis von der Bedrohung. Dies sei im Augenblick nicht ausreichend vorhanden.

Argumentationsbasis verbreitern

Mit diesen etwas sanfteren Tönen versucht sie, Schröder die Angriffsspitzen zu nehmen. Sie ahnt, dass es angesichts der Kriegsskepsis in Deutschland für ihn am Donnerstag im Bundestag ein Leichtes wäre, die Oppositionführerin als Kriegstreiberin zu disqualifizieren.

Merkel muss deshalb ihre Argumentationsbasis verbreitern. Ihre US-Treue stellt sie nun dar als der Boden, auf dem Partnerschaft erst wieder wachsen könne. Sie sagt das alles nur sehr vorsichtig, weil ein grundsätzlicher Kurswechsel ihre Glaubwürdigkeit vollends zerstören würde. Sie kann nicht mehr zurück - auch wegen vergifteter Solidaritätserklärungen von Konkurrenten wie Roland Koch. Der schaut nun in Ruhe zu, wie sie sich verrennt. Merkel spürt längst das Unbehagen, aber einen radikalen Kurswechsel würde ihr nun keiner mehr abnehmen, die Glaubwürdigkeit wäre endgültig dahin.

Deshalb muss sie nun Nachrichten wie diese aussitzen: In Thüringen hat es laut "MDR" bereits mindestens 13 Parteiaustritte gegeben. Diese seien ausdrücklich mit der Amerika-freundlichen Position der Parteispitze begründet worden. In zahlreichen Fällen handele es sich um langjährige und engagierte Mitglieder. Umstritten sei vor allem Merkels "rückhaltlose Unterstützung der USA", hieß es. Nach Ansicht des Kreisvorsitzenden des Wartburgkreises, Stefan Baldus, läuft die CDU mit ihrer bisherigen Politik Gefahr, als Organisation eingestuft zu werden, die einen nicht legitimierten Krieg rechtfertige.

Lehren von 1991

Merkels Position ist für die meisten Bürger nicht nachvollziehbar. Ihr Standpunkt, der auch im Hinblick auf nun vorgetragene völkerrechtsbejahende und moralische Prinzipien nicht frei von Widersprüchen ist, hat die christlich geprägte Union in schwere Gewissensnöte gestürzt. Statt diese auszutragen, klagt sie Gefolgschaft ein auf dem US-Weg mit ungewissem Ziel.

Würde Colin Powell auf seiner erneuten Europa-Mission bei Merkel vorbeischauen, könnte er ihr erzählen, wie es damals war, als man 1991 für George Bush senior in die Schlacht am Golf zog, einen Krieg gewann - und der Präsident dennoch die nächste Wahl verlor.


 

4969 Postings, 8798 Tage chreilWundert dich das? o. T.

 
  
    #2
03.04.03 10:35

21368 Postings, 8360 Tage ottifantDie Quoten-Tussi aus dem Osten

 
  
    #3
03.04.03 10:49

21368 Postings, 8360 Tage ottifantDie Überschrift hätte auch lauten können

 
  
    #4
03.04.03 13:11
Die Unvernünftige  

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