Das Geheimprojekt


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512 Postings, 9088 Tage drakiDas Geheimprojekt

 
  
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27.12.00 19:51
Das Geheimprojekt "Netdocs" ist bei Microsoft umstritten
von Ulf Heyden

  Im Juni diesen Jahres gab der Softwarekonzern Microsoft in einem grossen
Rollout die Änderung seiner Strategie bekannt. Die gesamte Windowsplattform
soll netzfähig gemacht werden - alles zusammengefasst unter dem Schlagwort
"Microsoft.NET".

Nachdem Firmengründer Bill Gates das operative Geschäft nun Steve Ballmer
überlassen hat, konzentriert sich Gates als "Softwarearchitekt" wieder voll auf
die Entwicklung anwendergerechter Programme und Applikationen.

Über den spannendsten Teil dieser Strategie sind nun die Spekulationen
entbrannt: Die Frage, in welcher Form die Microsoft-Office-Software und der
Kommunikationssoftware Outlook netzfähig gemacht werden soll, so dass man
mit jedem Gerät von überall darauf zugreifen kann.

Ein gewagter Schritt und in der Firmengeschichte nur vergleichbar mit der
Umstellung von DOS auf Windows Ende der Achtziger Jahre: Die Cashcow
Windows soll internetfähig gemacht werden. Das fallen Entscheidungen nicht
leicht - 23 Milliarden US-Dollar setzt der Softwareriese immerhin jährlich mit
den Windowsprogrammen um. In den vergangenen Jahren stieg der Umsatz
durchschnittlich um 36 Prozent. Doch seit der Einführung von Windows 2000
scheint der Markt gesättigt zu sein. So stieg der Umsatz im letzten Quartal nur
noch um 7,7 Prozent und dabei trügen die externen Firmenbeteiligungen des
Konzerns sogar noch einen stattlichen Teil des Gesamtergebnisses bei.

Bislang war offiziell von Microsoft wenig über das neue Projekt zu erfahren, das
unter dem Codenamen ?Netdocs? kursiert. Doch nun sind aus Firmenkreisen
Details zu dem Geheimprojekt bekannt geworden.

Netdocs soll eine rein internetbasierte Anwendung werden, mit der die
Funktionen wie E-Mail, Kalender, Instant Messaging sowie personalisiertes
Dokumentenmanagement gebündelt werden. Damit sollen sogenannte
"Knowledge-Worker" angesprochen werden, also Menschen, die von überall
aus kommunizieren müssen - sei es im Büro, Zuhause, unterwegs auf dem
Handy oder mit dem Laptop bzw. tragbaren Kleincomputer.

Die gesamte Software soll auf XML (Extensible Markup Language) basieren. So
hatte Microsoft noch im Spätsommer die Auslieferung der neuen Version des
SQL Datenbank Servers 2000 um mehrere Monate verschoben, um eine
Portierung auf XML zu gewährleisten.

Momentan arbeiten 40000 Mitarbeiter des Konzernes mit Hochdruck an der
?.NET?-Strategie. Doch das Projekt ist auch innerhalb der
Entwicklungsabteilungen von Microsoft umstritten: So will
Netdocs-Projektmanager Brian McDonald die Umstrukturierung aggressiv
vorantreiben. Doch Gegenwehr kommt von dem für das Office-Geschäft
zuständigen Steven Sinofsky, der um die zehn Milliarden Umsatz seines
Bereiches bangt.

Die beiden Teams des Softwareunternehmens arbeiten gleichzeitig an
eigenständigen, unterschiedlichen Plänen. Firmenchef Bill Gates will erst
Anfang des Jahres entscheiden, auf welche Strategie er mit seinem Konzern
setzen will. Der Vorstandsvorsitzende Steve Ballmer deutete schon mal eine
mögliche Lösung an: Das alte Microsoft-Office Paket solle für Firmenkunden
weiter entwickelt werden, während sich Netdocs vor allem an Privatnutzer und
Freiberufler wenden solle.

An Unterstützung für die Strategiewende mangelt es in anderen Firmen jedoch
nicht. Sogar der als Netscape-Gründer ehemalige Microsoft-Rivale Marc
Andressen will mit seiner neuen Firma Loudcloud die Microsoft.NET
Technologie unterstützen.

Wie der Konzern allerdings diesen gewaltigen Schritt bewältigen will und ob
Microsoft es schafft, die Balance zwischen den alten und den neuen Produkten
zu wahren, ist ungewiss. Firmenchef Steve Ballmer zeigte sich auf die Frage hin
angesprochen in der englischen Wirtschaftszeitung Businessweek
optimistisch, dass Microsoft den Paradigmenwechsel bestehen könne. Neuen
Technologien so sagte er, ?müsse eine Chance gegeben werden, ohne dass
dem Mutterschiff der Atem ausgehe.?

 

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