BVG und S-Bahn kassieren bei Ausländern ab


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19.08.03 07:12
BVG und S-Bahn kassieren bei Ausländern ab
Tourismus-Chef verlangt mehr Fingerspitzengefühl bei Kontrollen, weil Gäste das Verkehrssystem nicht kennen
   
Touristen können in Berlin viel erleben. Doch nicht immer freuen sie sich darüber - vor allem dann nicht, wenn sie an ruppige und verständnislose Fahrscheinkontrolleure von BVG und S-Bahn-GmbH geraten. In den vergangenen Wochen haben sich die Klagen von Berlin-Besuchern - besonders über Kontrolleure privater Sicherheitsfirmen - bei der Berlin Tourismus Marketing GmbH derart gehäuft, dass sich deren Chef Hanns Peter Nerger an BVG-Chef Andreas Graf von Arnim gewandt hat.

"Die BVG muss sofort reagieren", sagt Nerger. "Ich verlange keinen Freibrief für schwarzfahrende Touristen, sondern mehr Fingerspitzengefühl für die ausländischen Besucher, die weder unser Verkehrssystem kennen noch unsere Sprache sprechen", so Nerger. Was dem Tourismus-Chef Sorgen bereitet, zeigen Beispiele wie das von Lucy Chen (Name geändert) aus Singapur, die mit ihren Angehörigen Berlin besuchte. Als die Familie am 21. Juni am Kurfürstendamm in die U-Bahn stieg, war ihr nicht klar, dass sie ihre "Welcome"-Karten auch entwerten muss. "In vielen Ländern, aber auch anderen deutschen Städten, werden die Fahrscheine gleich bei der Ausgabe entwertet, deshalb nehmen viele Touristen an, dies sei auch hier so", sagt Gabriela Schweinberger, Leiterin der drei Berliner Tourismus-Info-Center. Die Kontrolleure verlangten von den Gästen aus Singapur dennoch 40 Euro pro Person und drohten Lucy Chen eine zusätzliche Strafe von 300 Euro und Schwierigkeiten bei einer künftigen Einreise an. Ein Polizist versuchte, zu vermitteln und bat die Kontrolleure um Kulanz. Es half nichts. Lucy Chen und ihre Begleitung mussten zahlen.

Ein Schweizer Tourist wollte im Frühjahr vom U-Bahnhof Eberswalder Straße eine Station bis zum Senefelderplatz zu fahren. Als er den Bahnsteig betrat, fuhr der Zug ein. Für den Kauf eines Tickets blieb keine Zeit, also beschloss er, den kurzen Weg zu Fuß zu gehen. Kontrolleure stoppten ihn und verlangten ebenfalls 40 Euro mit der Begründung, dass auf dem Bahnhofsgelände ein gültiger Fahrausweis notwendig sei. Der Mann wollte Einsicht in die gültigen Beförderungsbestimmungen nehmen, die die Kontrolleure aber in einer mehr als 20 Minuten dauernden Diskussion nicht vorlegen konnten. Er verweigerte die Zahlung, das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Das falsche "Mir geht's Berlin"-Gefühl bekamen dieser Tage auch zwei Familien aus Barcelona. Die neun Personen kauften auf einem Potsdamer Bahnhof Tickets und fragten Kontrolleure, die auf dem Bahnsteig standen, ob der bereitstehende Zug auch wirklich nach Berlin fährt. Diese bejahten freundlich, warteten, bis die Familien eingestiegen waren und verlangten von ihnen dann 360 Euro. Den Spaniern war nämlich auch nicht klar, dass sie ihre Fahrscheine hätten entwerten müssen.

Zumindest die S-Bahn-GmbH gibt sich angesichts solcher Vorfälle zerknirscht. "Eigentlich sind unsere Kontrolleure angewiesen, bei Touristen zu beraten und nicht zu kassieren. So etwas darf einfach nicht passieren", hieß es gestern. BVG-Vorstand Hans-Heino Dubbenkropp sieht dagegen sein Unternehmen zu Unrecht an den Pranger gestellt. "Kontrollieren wir zu wenig, werden wir kritisiert. Nun kontrollieren wir schärfer - und es ist auch nicht recht." Dubbenkropp sieht die steigende Zahl der Beschwerden von Touristen als Folge der verstärkten Kontrollen. Die Mitarbeiter würden speziell für den freundlichen Umgang geschult. Auch wenn die BVG "Kopfprämien" dementiert, stehen die privaten Kontroll-Firmen unter Druck, die Zahl der ertappten Schwarzfahrer von derzeit 350 000 jährlich auf etwa 500 000 zu erhöhen. "Die haben kein Interesse daran, kulant zu handeln. Ihr nächster Vertrag hängt von ihrer "Erfolgsquote' ab", so Christfried Tschepe vom Fahrgastverband Igeb.
 

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